Der Freihafen in Bremen

Der Freihafen in Bremen. Originalzeichnung von W. Stöwer

Bei den Verhandlungen über den Zollanschluß der freien Hansestadt Bremen an das deutsche Reich im Jahre 1884 wurde Bremen gleichwie Hamburg ein Freihafenbezirk zugestanden, der für die Welthandelsstellung der Stadt von der größten Bedeutung ist.

Um aber im Wettbewerbe mit den anderen Häfen der Nordseeküste bestehen zu können, würde es nöthig, nicht nur einen neuen, allen Ansprüchen der Gegenwart genügenden Hafen zu bauen, sondern im Anschluß daran auch große, zollfreie Lagerplätze innerhalb des Freihafenbezirkes zu errichten. Ein 90 Hektar messendes, unterhalb der Stadt am rechten Weserufer liegendes Stück Ackerland wurde für die neue Anlage ausersehen und die Arbeit mit solchem Eifer gefördert, daß binnen drei Jahren das gewaltige Werk vollendet war, und der auf unserem Bilde dargestellte Bremer Freihafen eröffnet werden konnte.

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Das Becken hat eine Länge von 2200 Meter, eine Breite von 120 Meter, welch‘ letztere jedoch bei der Einfahrt sich auf 60 Meter verringert, und ist von gewaltigen Quaimauern eingefaßt, die auf einem Pfahlroste von 30,000 Stämmen ruhen, 7 Meter hoch und oben noch 5 Meter breit sind.

Der Freihafen in Bremen. Originalzeichnung von W. Stöwer
Der Freihafen in Bremen. Originalzeichnung von W. Stöwer

Innerhalb dieser Mauern läuft ringsum ein Stollen, worin sich die Leitungen zum Betriebe der hydraulischen Krähne, die Drähte der elektrischen Beleuchtung, die Wasserleitungsröhren u. s. w. befinden. Die Schuppen für den durchgehenden Verkehr liegen zu beiden Längsseiten des Hafenbeckens und nur gerade so weit zurück, daß zwei Eisenbahngeleise zwischen Wasserkante und Schuppen haben gelegt werden können. Hinter diesen Gebäuden, von ihnen durch eine Straße getrennt, auf welcher Eisenbahn- und Pferdebahnlinien den Güter- und Personenverkehr nach der Stadt besorgen, erheben sich die Speicher.

Der Transport der Waaren von den Schiffen in die Schuppen und von dort in die Speicher erfolgt mittelst gewaltiger, fahrbarer hydraulischer Krähne. Am Kopfende des Hafens (im Mittelpunkte unseres Bildes) liegt das stattliche Hafenhaus mit den Betriebsgebäuden und Comptoiren. Das gewaltige Werk hat die Summe von 33 Millionen Mark verschlungen und geht vorläufig noch weit über die Anfordernisse, die der Bremer Schiffsverkehr stellt, hinaus. Erst wenn die in Angriff genommene Austiefung der Unterweser bis zum Meere vollendet sein wird, so daß die schweren Seeschiffe, welche bisher ihre Ladung in Bremerhafen löschen mußten, bis Bremen hinauf können, wird die alte Handelsstadt von der mit so großen Opfern durchgeführten Umgestaltung den vollen Nutzen haben.

Dieser Artikel erschien zuerst in Heft 10/1890 des Das Buch für Alle.