Das Warenhaus Knopf in Strassburg im Elsass

Das Warenhaus Knopf in Strassburg im Elsass

Architekten: Berninger & Krafft in Strassburg im Elsass.

Die konstruktiven Eigenschaften des vorstehenden Warenhauses, welches im vergangenen Herbste dem geschäftlichen Betriebe übergeben wurde, sind es, welche uns veranlassen, das Werk hier zu besprechen. Der Ladenbetrieb der modernen Geschäfte, die sich in den Zentren der Städte zusammendrängen, ist mehr und mehr auf die Ausnutzung jeder kleinsten Bodenfläche der Räume und jedes Centimeter Fläche der Schaufenster gerichtet.

Dieses Bestreben stellt an die konstruktive Gestaltung naturgemäss besondere Anforderungen. Dem gemauerten Fassadenpfeiler folgte der Pfeiler aus hartem Sandstein; eine weitere Verringerung der Pfeilerfläche trat ein, als man für den Pfeiler vulkanisches Hartgestein wählte. Auch in der Richtung bewegten sich die Bestrebungen, den Raum der stützenden Theile möglichst zu verringern und den der Schauflächen möglichst zu vermehren, dass lediglich die Endpfeiler der Fassadenbegrenzung in Stein errichtet wurden, die zwischen ihnen sich ergebende weite Oeffnung aber durch hohe Träger entlastet und durch leichtes Eisenwerk getheilt wurde. Bei dem inrede stehenden Warenhause hat man nun auch noch das letzte Kompromiss beseitigt und das Haus durchaus in Eisen errichtet. Veranlassung waren die höchste Raumausnutzung einer in ihrem Umfange nur beschränkten Baustelle und der theuere Preis derselben. Die Baustelle liegt an der Ecke der Gewerbslauben, der verkehrsreichsten Strasse des alten Strassburg, und der sehr schmalen Dominikanergasse; sie ist, wie die Grundrisse darthun, sehr unregelmässig und mündet mit einem schmalen hinteren Theil auf den Neukirchplatz. Fünf alte, winklige, dunkle und feuchte Häuser aus der „partie honteuse“ der elsässischen Hauptstadt mussten dem Neubau weichen. Der Abbruch der alten Gebäude und die Gründungs- Arbeiten des Neubaues brachten manche Ueberraschung durch den schlechten Zustand der Nachbarhäuser, welche theilweise keine, oder ungenügend tiefe Fundamente hatten, auf welchen baufällige Giebel standen. Pfahlroste und römische Mauern mussten mit grosser Mühe entfernt werden.

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Sämmtliche Fundamente des Neubaues sind mit Zementbeton oder Backsteinmauerwerk in Zement ausgeführt. Die Gründungsarbeiten konnten so gefördert werden, dass Ende April mit der Aufstellung der Eisenkonstruktion begonnen werden konnte, und Ende Oktober war der Bau vollendet. Die innere Einrichtung, das Mobiliar, die Lagerung und Sortirung der Waren beanspruchten einige Wochen, so dass Anfangs Dezember v. J. die Eröffnung erfolgen konnte.

Das vierstöckige Gebäude enthält im Kellergeschoss Lagerräume, die Niederdruck-Dampfheizungs-Anlage, die elektro-hydraulische Zentrale des Personen-Auszuges, eines grossen und zweier kleiner Waren-Aufzüge, die Kleiderablage des Personals, Werkstätte, Kohlenmagazin und im vorderen Theil Schaufenster-Auslagen. Durch Niveau-Unterschiede zwischen Neukirchplatz und Gewerbslauben konnte auf der Seite des ersteren ein Zwischenkeller angeordnet werden, in welchem Klosets für männliches und getrennt für weibliches Personal nebst grossem Toilettenraum Aufnahme fanden.

Das Warenhaus Knopf in Strassburg im Elsass - Grundrisse
Das Warenhaus Knopf in Strassburg im Elsass – Grundrisse

Im Erdgeschoss wie auch im 1., 2, und 3. Obergeschoss befinden sich Verkaufsräume. Im 1. Stock ist eine Trinkstube mit Konditorei und im 3. Obergeschoss sind die Bureaus eingerichtet. Das 4. Obergeschoss ist mit dem 5. (Kehlgebälk) zu Lagerräumen verwendet. Zwei, durchaus von 40 cm starken Mauern umgebene eiserne Treppen, deren Stufen mit Holz belegt sind, verbinden alle Stockwerke.

Das Warenhaus Knopf in Strassburg im Elsass
Das Warenhaus Knopf in Strassburg im Elsass

Eine grosse, mit Kuppel überdeckte Zentraltreppe verbindet das Erdgeschoss mit dem ersten und zweiten Obergeschoss; eine innere Nebentreppe die weiteren Stockwerke.

Diese in grossen Verhältnissen angelegte Zentraltreppe spendet dem Inneren ein reiches Licht und ist auch durch ihre dekorative Behandlung der Mittelpunkt der Anlage geworden. Wir geben davon in No. 70 Abbildungen.

Obere Abdeckung des Zentralraumes
Obere Abdeckung des Zentralraumes
Unterer Theil des Zentralraumes
Unterer Theil des Zentralraumes

Unter der Leitung und nach den Plänen der Architekten Berninger & Krafft in Strassburg i. E. ist der ganze Bau zur Ausführung gelangt, bei welchem das Eisen als konstruktives und als dekoratives Material eine ganz hervorragende Rolle spielt. Die groben Eisenwerke sind durch die Firma Rohnstadt & Zweigle und die dekorativen Schmiedearbeiten, wie die Fassadenbekleidung, die grosse Treppenanlage und sämmtliche Gitterwerke durch die Gebr. Armbrüster in Frankfurt a. M. ausgeführt worden.

Das Warenhaus Knopf in Strassburg im Elsass
Das Warenhaus Knopf in Strassburg im Elsass

Der besondere Vorzug dieser eisernen Fassaden für Waren- und Geschäftshäuser, der darin besteht, dass durch das schmale zierliche Rahmenwerk grosse Schauflächen erreicht werden und die ausgestellten Waren sofort in die Augen springen, ist einleuchtend. Die Architektur bewegt sich in der Richtung der modernen Bestrebungen; über manche Bildung, wie über die Ecklösung, wird man hinwegsehen müssen. Imganzen aber darf das Haus als ein interessanter Versuch betrachtet werden, dem modernen Kaufhaus das Eisen durchaus dienstbar zu machen. –

Dieser Artikel erschien zuerst in der Deutsche Bauzeitung vom 30.08.1899.