Das Kontor-Gebäude der Firma Ad. Hagens & Co. in Bremen neben der Kaiserbrücke

Das Kontor-Gebäude der Firma Ad. Hagens & Co. in Bremen neben der Kaiserbrücke

Arch.: Joh. Rippe in Bremen. Zwischen der Kaiserbrücke und dem Theerhof in Bremen, einer mit Speichern (Packhäusern) besetzten Landzunge, von der Ostseite durch die „Grosse Weser“ und von der Westseite durch die „Kleine Weser“ begrenzt, ist im Laufe des vorigen Jahres, als Abschluss dieser Speichergruppe, für die Handlungsfirma Ad. Hagens & Co. ein Kontor-Gebäude vom Unterzeichneten geplant und gebaut worden, welches von dem kunstsinnigen Chef der genannten Firma zur Verschönerung der Stadt Bremen in sonst hier nicht üblicher Ausbildung gewünscht wurde.

Bis dahin war diese nahe gelegene Gebäudegruppe für die Kaiserbrücke keine Zier. Erst mit Errichtung des Kontor-Gebäudes ist sie eine in sich geschlossene architektonische Anlage geworden, die auch mit den Portal-Bauten der Kaiserbrücke, mit ihrem Geländer usw., die wie das Kontor-Gebäude im gothischen Stile gehalten sind, zusammengeht. Das „Kontor-Gebäude“, im Thorcharakter gehalten, die Durchfahrt als Portal mit einem Ueberbau (Laufgang) versehen, giebt, am Weserstrom frei von 3 Seiten belegen, in Verbindung mit der Kaiserbrücke diesem Stadttheil eine malerische Gruppirung und bildet einen architektonischen Abschluss des Theerhofes.

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Das Aeussere des Gebäudes ist in Ziegelfugenbau ohne Anwendung von Sandstein erstellt und mit schwarzen Glasurschichten durchzogen; die Gesimse und Fensterschrägen, die Einfassungen der Fenster und Thüren usw. sind aus Profilsteinen hergestellt, Die Verzierungen und Wappen unter den Hauptgesimsträgern sind von gebranntem Thon; die Wappen sind farbig glasirt, sie zeigen die Zeichnung und die Farben der Staaten, mit welchen die Firma Handel treibt. Die Dachflächen sind mit englischem Schiefer gemustert gedeckt. Die Dachhauben und Kreuzblumen der Thürme, Walmspitzen usw. sind von der Firma Georg Victor Lynen in Eschweiler nach gegebenen Zeichnungen: aus Zink gefertigt.

Das Kontor-Gebäude der Firma Ad. Hagens & Co. in Bremen neben der Kaiserbrücke - Lageplan
Das Kontor-Gebäude der Firma Ad. Hagens & Co. in Bremen neben der Kaiserbrücke – Lageplan
Das Kontor-Gebäude der Firma Ad. Hagens & Co. in Bremen neben der Kaiserbrücke - Schnitt
Das Kontor-Gebäude der Firma Ad. Hagens & Co. in Bremen neben der Kaiserbrücke – Schnitt

Im grossen und ganzen ist der äussere Schmuck einfach, es wirkt die Architektur hier nur durch die Formen und die Gruppirung. Im Inneren ist die Ausstattung, da nur Kontor- und Proben-Räume erforderlich waren, einfach, doch stilgerecht durchgeführt.

Bei diesem Bau war die Fundirung insofern eine schwierige, als die angrenzenden Speicher nach der „Kleinen Weser“ auf dem angeschwemmten Lande ohne Pfahlrost (da sich erheblich viel Vorland vor den Speichern befindet), nach der „Grossen Weser“ aber auf etwa 1 m langen, 15 cm starken eingerammten Pfählen ohne Spuntwände vor denselben stehen. Der angrenzende Pfeiler der Kaiserbrücke steht zwar auf einem Pfahlrost mit davor stehender kräftiger Spuntwand, indessen ziehen sich beide Theile scharf an der Seite des Kontor-Gebäudes entlang, so dass hiermit gerechnet werden musste und unter Umst. Schädigungen beim Fundamentiren zu erwarten waren, falls Rammarbeiten zur Ausführung kommen sollten. Diese waren somit von vornherein auszuschliessen und so wählte der Unterzeichnete eine Fundirung mit gemauerten Senkbrunnen.

Das Kontor-Gebäude der Firma Ad. Hagens & Co. in Bremen neben der Kaiserbrücke
Das Kontor-Gebäude der Firma Ad. Hagens & Co. in Bremen neben der Kaiserbrücke

Aus dem Fundamentriss und dem Durchschnitt ist die Konstruktion derselben zu ersehen. Dazu mag noch bemerkt werden, dass diese Brunnen sich auf einen viereckigen Kranz von Winkeleisen in 15 cm Schenkelbreite setzen, welcher in den Ecken stark verlascht und mit Blechwinkeln versehen ist. Sodann sind an den Ecken bis zur Oberkante der Brunnen gehende Rundeisenanker angebracht, welche oben durch einen Flacheisenkranz unter sich verbunden sind und auch im Mauerwerk vermauert sitzen.

Die lothrechten Schenkel der Winkeleisen befinden sich ausserhalb der Brunnenwände, um so schärfer in den Baugrund einschneiden zu können. Die Brunnenwandungen steigen pyramidal an und sind 1 ½ Stein stark in Zement gemauert. Der Hohlraum im Innern wurde nach der Senkung, welche bis auf 4,50 m unter Bremer Null erfolgte, mit Beton gefüllt und in Lagen scharf gestampft, der obere Kopf von etwa 0,75 m Höhe aber als Bogenwiderlager vollgemauert. Von Brunnen zu Brunnen wurden Bögen geschlagen, auf die sich die Ufermauern setzten.

Die übrige Fundirung erfolgte durch Pfeiler auf Betonblöcken, in genügender Tiefe angelegt, wie die Zeichnungen ergeben. Eine kräftige Verankerung durch Queranker von Aussen, zur Aussenmauer gehend, wurde zur Sicherung angebracht, eine weitere Verankerung aber auch durch eiserne Balken, ringsum in verschiedenen Höhen des Gebäudes eingemauert, erzielt.

Das Kontor-Gebäude der Firma Ad. Hagens & Co. in Bremen neben der Kaiserbrücke
Das Kontor-Gebäude der Firma Ad. Hagens & Co. in Bremen neben der Kaiserbrücke

Die Senkung der Brunnen ging ziemlich rasch vonstatten, da die Bodenmassen, aus Flusssand bestehend, gleichmässig waren; nur etwa 3 m unter Null fand sich eine 0,60 m starke Moorschicht vor, welche im Laufe der Jahrtausende durch den Druck des Sandes und Wassers fast so hart wie Braunkohle geworden war und mit Stangen abgebrochen werden mussten. Durch eine besondere Belastung der Brunnen (welche in ganzer Höhe vor dem Senken ausgeführt waren und ein Gewicht von etwa 14 000 kg haben) von 3000 kg wurde die Senkung gefördert und in durchschnittlich 3 Tagen für 1 Brunnen ausgeführt.

Das Kontor-Gebäude der Firma Ad. Hagens & Co. in Bremen neben der Kaiserbrücke
Das Kontor-Gebäude der Firma Ad. Hagens & Co. in Bremen neben der Kaiserbrücke

Ein Aufhängen der Brunnen am Erdreich kam nicht vor, da die Keilform derselben solches hinderte; und wenn auch ab und an ein Ausserlothgehen beim Senken sich einstellte, so wurde dasselbe meistentheils ausgeglichen. Um ein Abtreiben der Bodenmassen hinter den Ufermauern zu verhindern, wurden statt der Spuntwände Schutzmauern in Betonbogenform von Senkbrunnen zu Senkbrunnen gespannt und vor den Ufermauern noch Steinpackungen hergestellt.

Die Bauzeit dauerte von Anfang Juli 1897 bis März 1898. Die Baukosten betrugen rd. 75 000 M.

Bremen, im Septbr. 1898. Joh. Rippe, Architekt.

Dieser Artikel erschien zuerst am 12.08.1899 in der Deutsche Bauzeitung.