Volkes Brauch und Volkes Sitte im Sieger-Lande

Ehe wir unsere Ausflüge in das Siegerland antreten, will ich versuchen, in allgemeinen Umrissen ein Bild der Sitten und Bräuche des Volkes zu entwerfen, wie dieselben in ihrer Altherkömmlichkeit noch auf uns gekommen sind, sich bei der Stetigkeit der Beschäftigungen der Bewohner in der romantischen Bergeinsamkeit länger erhalten haben, als in Gegenden, die in lebhafterem Verkehr mit der Aussenwelt stehen, von welcher das Siegerland, ehe die neue Siegstrasse zum Rhein gebaut, ehe die Eisenbahn-Verbindungen eröffnet, mehr oder minder abgeschlossen war.

Volkskarakter.

Der Grundton des ganzen Wesens des Siegerländers ist die warme, treue Liebe, mit welcher er an seiner schönen, reichbegabten Heimath hängt. In dieser Liebe zur Heimath fusst der Stolz eines edlen Selbstgefühls, das sich durch oft starres Festhalten an dem Hergebrachten, an dem zur Überzeugung Gewordenen kundgibt, und dem Leben aller Klassen das Gepräge einer ernstabgemessenen Ordnungsliebe und Pünktlichkeit, das Selbstbewusstsein der Wohlhäbigkeit verleiht. In dieser Liebe zur Heimath wurzelt die strenge Religiösität, welche in einzelnen Revieren zum Mystizismus und Pietismus hinneigt, und hier dem Volkskarakter einen gewissen, mitunter puritanischen Ernst aufdrückt, der mitbegründet in dem Bodengepräge des Ländchens, in seinem Klima, in den Beschäftigungen seiner Bewohner und in ihrer frühern Abgeschlossenheit. Auffallend ist im Verhältnisse zur Einwohnerzahl des Ländchens die Menge der Selbstmorde.

Dies ist ein historischer Text, welcher nicht geändert wurde, um seine Authentizität nicht zu gefährden. Bitte beachten Sie, dass z. B. technische, wissenschaftliche oder juristische Aussagen überholt sein können. Farbige Bilder sind i. d. R. Beispielbilder oder nachcolorierte Bilder, welche ursprünglich in schwarz/weiß vorlagen. Bei diesen Bildern kann nicht von einer historisch korrekten Farbechtheit ausgegangen werden. Darüber hinaus gibt der Artikel die Sprache seiner Zeit wieder, unabhängig davon, ob diese heute als politisch oder inhaltlich korrekt eingestuft würde. Lokalgeschichte.de gibt die Texte (zu denen i. d. R. auch die Bildunterschriften gehören) unverändert wieder. Das bedeutet jedoch nicht, dass die darin erklärten Aussagen oder Ausdruckweisen von Lokalgeschichte.de inhaltlich geteilt werden.

Schlecht und recht, zuverlässig ist des Siegerländers Karakter, treufest beim Worte, weshalb auch die Schmeissfliegen unseres heutigen sozialen Lebens, die Schwindler, im Siegerlande noch keinen ergiebigen Boden finden konnten. Das praktische Nützlichkeitsprinzip ist bei Allem, was der Siegerländer thut und was er angreift, massgebend. Alles wird genau überlegt und berechnet, daher selbst Freud und Leid im gewöhnlichen Lebensverkehr nach Geldeswerth veranschlagt.

„Wäre mir doch ein Thaler, zehn Groschen nicht so lieb !“ — „Ich gäb’ einen Thaler drum.“ Diese und ähnliche sind stehende Redensarten, die in der täglichen Unterhaltung im Munde des Siegerländers immer durchklingen, seiner biederen, kernwüchsigen Offenheit in Handel und Wandel aber nicht den mindesten Abbruch thun.

Im Vergleich zu den Anwohnern der mittlern und untern Sieg ist der eigentliche Siegerländer zurückhaltend und verschlossen, scheinbar weniger leutselig, aber nur scheinbar, was Jedem auffallen muss, der siegaufwärts zieht und im Siegerlande nicht sofort das leichte, offene Entgegenkommen findet, das uns im Mittel- und Unterlauf des Flusses an die Heiterkeit des rheinischen Lebens mahnt, wie schwer auch an der untern Sieg der Frohndienst des Lebens auf den Bewohnern lastet, deren äussere Erscheinung selbst etwas Verkümmertes hat. Sie suchen dem Leben seine heitere Seite abzugewinnen, während der Siegerländer, im Durchschnitte ein kerniger, lebensfrischer Menschenschlag, bei dem echt deutsche Frauenschönheiten auffallend, und zwar nicht selten, in seinem ganzen Thun und Treiben einen gewissen Ernst beobachtet, sich in dieser Beziehung selten etwas vergibt, und nie das Nützlichkeitsprinzip aus dem Auge verliert. Dies zeigt sein Gewerbfleiss, die Bewirthschaftung seiner Äcker, die Bestellung seiner Hauberge, die Pflege seiner Wiesen, die freundliche Wohnlichkeit der Dörfer, mit geringen Ausnahmen selbst der ärmsten, die Reinlichkeit und Ordnungsliebe, welche uns aus den meisten Behausungen anheimelt. Der fast nie fehlende Schmuck des Wohnzimmers der Landleute ist der kleine Spiegel, hinter dem ein paar Pfauenfedern stecken, und der mit einigen gemachten, „gebackenen“ Rosen, sagt der Siegerländer, verziert ist. Unter dem Spiegel das Conterfei eines Soldaten in Paradeuniform, welches des Hauses Sohn vorstellen soll, und der hinkende Bote am Niederrhein, auf dem Reck die Familienbibel, einige Gesangbücher und auch wohl die eine oder andere von Jung-Stillings Schriften.

Knappschaften.

Gar freundlich schmuck sind die von Bergleuten bewohnten Dörfer. Sämmtliche Bergleute, die sich mit dem freudigen Aufschwunge des Bergbaues durch Einwanderungen bedeutend vermehrt haben, bilden eine eigenthümliche Kaste, die sogenannten Knappschaften. Frommer Ernst karakterisirt ihr ganzes Wesen, zu dem ihre schwarze Bergknappen-Tracht stimmt. Sie arbeiten S Stunden, eine Schicht, entweder bei Tage oder bei Nacht, nach welcher sie 16 Stunden Ruhe haben.

Jeden Morgen, ehe sie vor Ort fahren, begehen sie mit Gesang und Gebet eine gemeinschaftliche Andacht. In der Rastzeit bestellen sie entweder ihre Äcker, Wiesen und Hauberge, oder taglöhnern, wenn auch meist den Frauen und gedungenen Dienstboten die Bestellung der Ackerwirthschaft obliegt.

Knappschafts-Ordnung.

Die seit 1854 bestehende neue Knappschafts-Ordnung, nach welcher die Knappschafts-Kasse, zu der jeder Bergmann beiträgt, geregelt, sichert demselben bei Krankheits- und Unglücksfällen eine bestimmte Wochensumme, bestreitet die Begräbnisskosten, die Wittwen-Pensionen, die Erziehungskosten der Kinder u.s.w. Die Überwachung der gesetzlichen Handhabung der Knappschafts-Ordnung steht unter den, von den „Eigenlöhnern“ den Einzelneigenthümern der Bergwerke, oder von den „Gewerken“, haben Mehrere Antheil an einem Bergwerke, angestellten Schichtmeistern, über welche das Bergamt die Oberaufsicht übt.

Unter den Bergleuten begegnen wir manchen, durch die Anstrengungen ihres Berufes früh gealterten und gebückten Gestalten, nicht selten an Engbrüstigkeit und Asthma leidend, frühe Opfer der Schwindsucht. Trotz des musterhaften Volksschulwesens, ist der uralte Volksglauben an Berggeister, Kobolde und Gnomen, an Allraunen, Allrunwurzeln (Antropa Mandragora), welche nur gewisse bevorzugte Personen unter schwer zu erfüllenden Bedingungen finden können und die alle Krankheiten heilen, die Zukunft enthüllen und namentlich die Unfruchtbarkeit der Weiber heben sollen, der Aberglaube an Schatzgräberei und die damit in Verbindung stehenden Wünschelruthen (virgula mercurialis) zur Auffindung von verborgenen Schätzen, edlen Metallen, Erzgängen und Wasser, aus den Bergbaudistrikten des Siegerlandes noch nicht ganz verbannt. Wo Glauben, ist auch Aberglauben, und wird bestehen, so lange Menschen athmen, besonders in den Bergbaugegenden. Der Bergmann selbst ist für den Landmann noch immer eine geheimnissvolle Persönlichkeit, welcher sein Aberglauben mancherlei übernatürliche Kräfte und Künste zuschreibt.

Ackerbau, Wiesenkultur und Viehzucht.

Über drei Viertel der Bewohner des Kreises Siegen nähren sich von Ackerbau, von Wiesenkultur und der damit verbundenen blühenden Viehzucht, führen in ihren Thalgründen ein ruhiges idyllisches Leben.

Der Hirte.

In jedem Dorfe ist, wenn es ein Kirchdorf, neben Pfarrer und der Ortsbehörde der Hirt die hervorragendste und angesehenste Person. Einer meiner lieben Freunde, ein wackerer Siegerländer, schildert den Hirten seiner Heimath wie folgt:

D’r Sejerlänner Hirte.

A Sejerlänner Hirte ess
Gewess a groasser Ma;
Dä moss ej ich beschrieve etz,
So goot ech äwe ka.

M’r kennt ‘n schoa va wierem her
A sinnem stolze Gang,
A sinnem Hoot onn heässeln Stock. [Hasel-Stock]
Dä ess verdejwelt [verteufelt] lang.

Hä ess ä Ma uss ahler Zitt
Met sinnem Kammesöal,
Met sinne Renke [Schnallen] a de Knee,
Met Furstai [Feuerstein], Schwamm onn Stöahl.

Hä ess, wenn och net en d’r Stadt,
Doch Maister bi de Burn;
Bim Desch, bim Keh- onn Oassedusch [Küh- und Ochsentausch]
Moss Alles of ‘n lurn. [warten]

Hä ess d’r ainz’ge Ma em Dorf,
Dä Flaisch onn Zucker krijt,
Onn wenn hä nur sinn Mull offdeht,
Vor demm da Alles schwijt.

Hä waiss d’t Wärer vierze Dag
Gewess voruss ze sä,
Dat macht, hä guckt de ganze Zitt
Am Hemmel remm em Hä. [Hain (Wald)]

Hä ess zegliche Mätzeler,
Docter onn Heäwwelfrau; [Hebamme]
Hä waiss de beste Meddelcher
For Alles ganz genau.

Hä schräfft [schröpft], zitt Zeänn uss on verschriebt
For Deckewerk [Auflaufen (Krankheiten der Kühe, Seuche)] onn Kruch, [Krippe ( der Menschen)]
On wä herndah nom Docter scheckt,
Geäht secher enn de Struch.[stirbt]

Hä schniet de Lammer onn de Sej,[stutzt den Lämmern die Schwänze, castriert die Schweine, Säue]
Bennt Bäsem onn fängt Mell! [Maulwürfe]
Streckt Hoase,[Strümpfe] scharwt d’t Moos! [schneidet das Kraut] onn deht
For Geld, wat Jeder well.

D’r griässte Stöat vam Hirte ess
Doch awwer sinn Geschell, [Rinderglocken]
For schiäne Bejeln [Bügel] gett he her
Sinn groass onn klain Gemell. [Geld]

D’rem, Sejerlänner, warrer [was ihr] doht,
Loasst m’r de Hirte goa.
Hä ess a groasser Ma on wais,
Wat hä beditt [bedeutet], enjoa!

In den meisten Gemeinden hat der Hirt den altherkömmlichen langen weissen Kittel mit dem Kamisol vertauscht. Das Zeichen seiner Würde ist aber noch der lange Haselstab, der breitkrempige Hut und die Ringgeissel aus Lederstreifen bestehend, mit kupfernen Ringen verbunden, welche er en Bandoulidre trägt, und mit der er jeden Morgen das Zeichen zum Aufbruche der Heerden gibt. Im Frühjahre, ehe er mit seiner Heerde in die Berge zieht, macht er in Begleitung, des Schöffen seines Dorfes, oder auch wohl allein in den Ställen einen Rundgang, um den Kühen die Hörner zu stutzen, wofür ihm jede Haushaltung eine Anzahl Eier zum Festkuchen verehrt. Mit der ersten Ausfahrt der Heerden feiern die einzelnen Gemeinden unter der Oberaufsicht ihres Wirten das sogenannte „Ochsenstossen“, eine Art Stiergefecht der Ochsen der Heerden, zu dem sich die Nachbargemeinden einladen und festlich versammeln. Der Hirt hat darauf zu sehen, dass Alles mit rechten Dingen bei dem Stierkampfe zugehe, dass man den Ochsen die Schnauze nicht mitstinkendem Öle beschmiert, um die Angreifenden abzuscheuchen, oder sie mit Branntwein rasend macht. Es kommt bei dem Kampfe wohl vor, dass die Thiere in die äusserste Wuth gerathen, einem Stiere der Bauch aufgeschlitzt wird. Von welchem Stolze fühlt sich die Gemeinde gehoben, deren Ochs den Sieg davongetragen hat.

Feierlicher Empfang wird dem Hirten in jedem Dorfe, wenn er am Michaelistage in Begleitung seines Un- oder Onhirten (Unterhirten) und seiner Treiber mit seiner Heerde heimkehrt und sein Dorf wechselt. An der Gemarkung des Dorfes wird ihm das Geläute der Heerde abgenommen und an einer Stange befestigt der Heerde im Triumphe vorangetragen.

Besehen.

Wir haben gehört, dass der Hirt das Factotum seines Dorfes, dass er Geschick zu allen Geschäften hat, auch wohl mitunter neben dem Vieh Menschen kurirt. Er vertritt aber auch das Amt eines Eheprokurators. Hat ein Bauer einen heirathslustigen Sohn, so wendet er sich an den Hirten, der immer weiss, wo ein Thier oder eine Stirk steht, wie man die heirathsfähigen, bestätlichen Mädchen bezeichnet. Unter dem Vorwande, ein Stück Vieh zu kaufen, nimmt der Hirt in Begleitung des Vaters des Burschen das Hauswesen der Familie des Mädchens in Augenschein, was man Besehen nennt. Entspricht dies den Erwartungen, dann wird der Bursche an einem Sonntage nach dem Dorfe geschickt und macht der Schönen, gewöhnlich nach dem Gottesdienste, den ersten Antrag, indem er sie einladet, mit ihm in’s Wirthshaus zu gehen. Nimmt das Mädchen den Antrag an und lässt sich mit süssem Branntwein und Küchelchen von dem Brautwerber traktiren, ist die Sache unter den jungen Leuten abgethan. Der Vater des Burschen ordnet nun die Angelegenheit mit dem Mitvater, wie man den Schwiegervater nennt. Sind die beiden Alten einig, dann wird die Verlobung, der Weinkauf (Wengkef) gefeiert, welche die jungen Burschen des Dorfes, oft 30 oder 40 an der Zahl, unter furchtbarem Peitschenknallen und Gesang mitbegehen, wofür ihnen reichlichst Kümmel oder süsser Branntwein gespendet wird.

[Weinkauf, Wynkouf nannte man am Niederrhein den Abschluss eines Handels, besonders beim Verkauf von Grundstücken, wobei den Zeugen, den Wynkoufsluide, Wein gespendet wurde. Diese Weinspende wnrde später durch Geld ersetzt, woher der Name trockner Weinkauf.]

Taufen.

Die Taufen finden in den Kirchdörfern Statt, wohin der Täufling in Begleitung der Gevatterschaft gebracht wird. Nach vollendeter Taufhandlung zieht das Geleit nach dem Wirthshause, um sich an süssem Schnaps und Kuchen gütlich zu thun. Und soll es schon vorgekommen sein, dass die Gesellschaft des Guten so viel gethan, dass sie auf der Heimfahrt den Täufling vergassen, geradezu im Stich liessen.

Pfingstlümmel und andere Sitten.

In einzelnen Dorfschaften wird am zweiten Pfingsttage ein Knabe in blühenden Ginster eingebunden und so — der Pfingstlümmel — unter Absingung gewisser alter Lieder von seinen Gespielen durch das Dorf geführt, wobei Eier gesammelt werden.

Die Dorfjugend fängt auch wohl im Sommer einen jungen Habicht und trägt denselben an einem Sonntage in einem Korbe, mit gebackenen Rosen und Klappergold verziert, in den Dörfern umher, wofür ebenfalls Eier gespendet werden. Eine Belustigung der Jugend sind die Waldschaukeln, die sogenannten Schunken, wozu zwei junge Birkenstämme als Schaukel an den Ast einer Eiche gebunden werden, eine oft halsbrechende Unterhaltung. Das Schafwaschen im Juli, wo die Schafe in die aufgestauten Teiche getrieben werden, ist ebenfalls ein Fest der Jugend, wie auch das Hachen, die Ernte der Hauberge, was von den einzelnen Gemeinden stets in Gemeinschaft geschieht und wobei im Freien getafelt wird.

Dahin gehören auch die Lohfeste, wenn die Lohe an die Gerber verkauft wird, jetzt oft ein Schlag zu 900, 1000 bis 1200 Thaler. Die Zeiten sind nicht mehr, wo ein Gerber aus Siegen den ganzen Lohbestand einer Gemeinde auf 22 Jahre für 1100 Gulden erstand. Lustig geht’s bei diesen Gelegenheiten her, und wahre Zechfeste waren es, wenn früher monatlich das Erz auf den Halden von den Hüttenbesitzern angekauft wurde.

Volksfeste.

Im ganzen Siegerlande ist die Heu- und Grummeternte ein wahres Volksfest, das von jeder Gemeinde in Gemeinschaft begangen wird. Jung und Alt, besonders die Mädchen sind sonntäglich aufgeputzt, die Männer tragen reine Wäsche, weisse Schürzen, und die Rechen sind in bunten Farben neu angestrichen. Das Heu wird in reine Betttücher eingebunden, um ja nichts verkommen zu lassen, und in diesen Bündeln, zu 20 bis 30 auf einen Wagen verladen.

Früher waren die Jahrmärkte — die Märkte — die allgemeinen Volksfeste, was in katholischen Gegenden die Kirchweihfeste. Berühmt war der von Hilchenbach, viel besucht von den Bauern aus dem Sauerlande. Ein Markt ohne Prügelei war nicht denkbar. Eine gesunde Prügelei, wobei nicht selten die Chirurgen in Nahrung gesetzt wurden und die Gerichte Beschäftigung erhielten, war die eigentliche Würze eines solchen Festes. Die Schützenfeste haben die Jahrmärkte jetzt verdrängt.

Kaffebrech.

Unter dem Namen „Kaffebrech“ bestehen im Winter in den einzelnen Dörfern noch die Schwingabende. Zum Flachsbrechen versammeln sich die Mädchen des Dorfes in den Häusern und werden, nach, unter Scherz und Lied geschehener Arbeit, mit Kaffe und Weissbrod regalirt. Den Schluss der Kaffebrech macht ein Tänzchen, wobei Bier und Branntwein nicht fehlen darf.

Hammerschmiede.

Ein jetzt, eben noch in der Erinnerung lebender karakteristischer Typus des Siegerlandes waren die Hammerschmiede. Fabelhaftes wird von der Kraft dieser Hünen, wahre Cyklopen, erzählt. Man sagt einem nach, dass er am Feuer in der Arbeit an einem Tage 30 Maass Bier habe vertilgen können. Ein Hammerschmied, Namens Lohhenner, soll bei einem Ochsenstossen seinen Ochsen nach Hause getragen haben, weil er denselben beim Kampfe nicht besiegt sehen wollte.

Die Ehren-Auszeichnung der Hammerschmiede war am Sonntage das weiss- oder gelbgegerbte Schurzfell, mit Kopf und Füssen zubereitet. Der Kopf hing auf dem Rücken. Vor der Brust steckte auf der einen Seite die irdene silbergedeckelte Pfeife mit der Feuerzange im Schurzfelle, und auf der andern das rothe Taschentuch. Vollständig machte der breitkrempige Hut, der sogenannte Funkenfänger den Sonntagsputz der Siegerländer Hammerschmiede.

Hochwaldbestand.

In den obern Gegenden des Landes, die sich noch den herrlichen Schmuck des Hochwaldes erhalten haben, besitzt fast jede Gemeinde einen Strich Hochwaldbestand, in gleichen Theilen, Waldtheile, zu den alten Häusern gehörend. Diese Waldtheile können einzeln ohne die Häuser nicht verkauft werden.

Ich habe mich auf diese allgemeinen Andeutungen beschränken müssen, nur versucht, in Umrissen ein möglich karakteristisches Bild zu geben.

Dies ist ein Textausschnitt aus dem Buch “Das Siegthal” von Ernst Weyden, zuerst erschienen im Jahr 1865. Das Buch ist nun wieder erhältlich, die Bilder sind Beispielbilder und i. d. R. nicht dem Buch entnommen.