Hennef, Schloß Allner, die Meroderer-Brüder & die von Hatzfeld

Hennef.

Das auf dem linken Ufer gelegene, im Segen seiner Gärten und Fluren versteckte, gar freundlich einladende Hennef, eine Eisenbahn-Station, das alte Hanepha oder Hannapha, dessen Kirche Erzbischof Anno II. 1064 der von ihm gegründeten Abtei auf dem Siegberge schenkte, verdient auch einen Besuch. Einladend ist ebenfalls der Weg nach dem an der Berghalde sich lehnenden gar freundlichen Geistingen, dessen halbe Kirche auch zu den angeführten Schenkungen gehörte.

Über dem Orte geniesst man die schon angedeuteten Aussichten nur in anderer malerischer Verschiebung. Man beherrscht eine Strecke der Deutz-Giessener Bahn, und ein scharfes Auge unterscheidet, dem waldigen Gebirgssaume folgend, in der Ferne Schloss Bensberg. Nicht minder lohnend sind die Fernsichten auf dem nahebei gelegenen Steimelsberge.

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In der schönen Jahreszeit begegnen dem Wanderer zuweilen auf diesem Wege Gruppen von Männern, die entweder in lebendiger Unterhaltung, oder mit stummem Ernste neben einander daherschreiten. Es sind Pfleglinge der Irren-Heilanstalt, welche, unter sorgsamer Obhut, Ausflüge nach Hennef oder Geistingen machen, um dort bei einer Schale Kaffe ein Paar Stunden im Freien zuzubringen.

Schloß Allner.

Der Schloßwald.

Eine Brücke führt uns bei Warth, wo Landstrasse und Schienenweg hart am Flusse vorbeilaufen, wieder auf das rechte Ufer nach dem Schlosse Allner, welches sich malerisch an eine reich bewaldete Berghalde, den so genannten Schlosswald lehnt.

Geschichte.

Das in verschiedenen Perioden gebaute Schloss wurde am Ende des 16. Jahrhunderts durch den Amtmann von Blankenberg, den Freiherrn Bertram Scheiffart von Merode angelegt und zwar in Kreuzform. Spätere unregelmässige Vergrösserungsbauten, Anlagen von neuen Thürmen gaben dem Schlosse seinen malerischen Karakter, der in seiner östlichen Ansicht besonders überrascht.

Durch Heirath kam das Schloss an die Familie der Freiherren von Spies-Büllesheim, nachdem die Familie der Scheiffart von Merode ausgestorben war.

Meroderer-Brüder.

Wir können die von Merode urkundlich bis in’s dreizehnte Jahrhundert verfolgen, denn ein Herr Werner von Merode war als Ministerial des Herzogs Wilhelm von Jülich unter den Zeugen, als dieser 1263 am 7. Mai Bürger von Köln ward und sich verpflichtete, sich der Stadt in ihren Fehden mit 9 Rittern und 15 Knappen zu stellen, wogegen Köln ihm den Zuzug von 25 Mannen aus den Geschlechtern verspricht, „mit vunfinzwenzich mannin gewapint van geslechten in Kolne mit overdeckdin orsin (Rossen) na ieren eren up unse kost“ heisst es in der Urkunde. Die Stadt musste den 9 Rittern und 15 Knappen, die sich aber auch „mit den wappinen up overdeekdin orsin“ zu stellen hatten, für jeden Tag und Nacht fünf Mark kölnischer Pfennige als Kostgeld vergüten — „also dat si uns mit den vurgenumedin ludin gevin sulin ze unsir kost over dach inde over naht vunf marc kolschin penninge.“

Dieser Werner von Merode, urkundlich nach dem Stammschlosse auch de Rode genannt, war ebenfalls Bürger von Köln, wie denn auch 1308 seine Söhne und Enkel Johannes de Rode und Johannes genannt Scheyvart de Rode gegen ein Manngeld von 10 Mark. In den Urkunden des 14. Jahrhunderts wird diese mächtige Familie des Jülicher Landes, deren Stammschloss bei Düren liegt, bald Scheyvart van Meroide oder Merode genannt, bald Scheivart vamme Royde oder Meroyde als Herren zu Hemersberg, Bornheim u. s. w.

Im dreissigjährigen Kriege war ein von Merode Anführer eines Österreichischen Freikorps, welches sich unter dem Namen „Meroderenbrüder“ im Laufe des Kriegs einen so übel berüchtigtem Namen machte, dass die Franzosen ihr „maraudeur“ und „marauder“ von diesem Worte herleiteten. Dieser von Merode fiel in Köln im Zweikampfe mit Johann von Werth, dem er bei einem Banket auf dem Stadthause seine niedrige Herkunft vorgeworfen hatte. An Ort und Stelle wurde der Kampf ausgefochten.

Ein Zweig der Familie lebt noch in Belgien und, wie bekannt, ist ein von Merode jetzt päpstlicher Minister.

Fürst Franz Ludwig von Hatzfeld.

Nach einem langwierigen, über ein halbes Jahrhundert dauernden Prozesse, den die Familie Spies-Büllesheim mit dem Grafen von Hatzfeld (Haitzfeld) um die freiadliche Herrschaft Merten führte, entschied das Reichskammergericht zu Wetzlar endlich zu Gunsten des Grafen Clemens August von Hatzfeld. Die von Spies mussten die Herrschaft Merten abtreten und, um die zu einer ungeheuern Summe herangewachsenen Prozesskosten zu decken, sah sich die Familie genöthigt, Schloss Allner mit seinen Dependenzien an den Grafen von Hatzfeld zu verkaufen. Nach dem Tode des Grafen Clemens August von Hatzfeld 1790, fielen dessen Besitzungen an der Sieg seinem Bruder Franz Ludwig von Hatzfeld zu, den unser König Friedrich Wilhelm III. 1803 in den Fürstenstand erhob, die fürstliche Linie Hatzfeld-Wildenburg-Werther. Fürst Franz Ludwig von Hatzfeld, geb. 1756, war es, den Napoleon 1806 am 28. Oct. in Berlin verhaften liess, weil ein Brief von ihm aufgefangen, welchen er an den Major vom Generalstabe von Knesebeck geschrieben mit einigen Andeutungen über das französische Heer, aber noch sieben Stunden vor dem Einmarsche der französischen Avantgarde. Der Brief enthielt nichts Straffälliges, konnte aber in der Hand Napoleons zu einer den Tod fordernden Anklage werden. Des Fürsten Gemahlin, eine Gräfin von Schulenburg-Kehnert eilt zu Napoleon, um Gnade für ihren Gemahl zu erflehen. Der Kaiser übergiebt ihr den Brief, den einzigen Beweis der angeblichen Schuld ihres Gemahls und somit die Freiheit desselben. Im Jahre 1807 nahm Fürst Franz Ludwig seinen Abschied als Generallieutenant und starb 1827 am 3. Febr. als preussischer Gesandter in Wien.

Im Besitze des Fürsten von Hatzfeld, dessen Andenken die ganze Gegend ehrt, war Schloss Allner jedes Jahr während einiger Monate der Sitz einer wahrhaft fürstlichen Hofhaltung. Der Schwiegersohn des Fürsten, der Freiherr Clemens von Loé, erhielt, nach des Fürsten Tod, 1827 Schloss Allner, dessen Besitzungen er durch Ankäufe bedeutend erweiterte. Freiherr von Loé vertrat mit männlicher Festigkeit, ganz liberal auf dem Provinzial-Landtage den Katholizismus und die Rechte seines Standes. Er starb 1850, geistverwirrt, in der vollen Kraft des Lebens.

Schloss Allner ist jetzt gewöhnlich unbewohnt, seine Gärten und Parkanlagen sind aber dem Besucher geöffnet. Der Park, mit den Eichen- und Buchenwaldungen des Schlosswaldes zusammenhängend, ladet in das Dunkel seiner Schatten und hat in den, an seinem Ost- und Westende erbauten Pavillons malerisch reizende Aussichten.

Dies ist ein Textausschnitt aus dem Buch “Das Siegthal” von Ernst Weyden, zuerst erschienen im Jahr 1865. Das Buch ist nun wieder erhältlich, die Bilder sind Beispielbilder und i. d. R. nicht dem Buch entnommen.

Inhaltsverzeichnis
Vorwort.
Zur Einleitung.
Das Siegthal.

Die Sieg.
Sieg-Quelle, Lauf und Mündung.
Bergbau, Viehzucht und Köhler-Meiler.
Hauberg-Wirthschaft.
Wiesen-Cultur.
Ackerbau, Weinbau.

Von Beuel nach Blankenberg
Beuel, Landstrasse-Pützchen.
Von Beuel durch das Siebengebirge nach Siegburg.

Die Deutz-Giessener Bahn.
Der Bau.
Geheimer Baurath Haehner.
Baukosten.
Deutz-Bensberg.
Lüderich.
Wahner Heide.
Haltestellen – Lauf der Bahn.


Fusswanderungen durch das Siegthal.

Vom Rheine bis nach Siegburg.
Die Sieg-Mündung.
Die alte Sieg.
Regulirung der Flussmündung.

Isabellen-Insel.
Die Kriegsgeschichte der Isabelleninsel.
Fischfang, Alsen und Salme in der Sieg.
Die Kirche zu Schwarz-Rheindorf.
Maibeiern.
Mai-Lehen.
Maibaum.
Thierjagen.
Spinnstuben-Abende.
Volksgebräuche.
Martinsfeuer.
Bittwoche.
Spielbaehn.
Glockengiesser Claren.
Siegburg.


Siegburg und seine Umgebung.
Geschichte Siegburg’s.
Anno, der Heilige.
Legende.
Die Abtei.
Anno-Lied.

Schicksale der Stadt.
Hexenwesen in Siegburg und in Bonn.
Schicksale der Abtei.

Die Stadtkirche des h. Servatius.
Der Reliquien-Schatz.
Die Provinzial-Irren-Heilanstalt.
Ihre Einrichtung.
Garten-Anlagen.
Aussicht vom Kirchthurme.
Die Wolsberge.
Geognostisches.
Botanisches.


Von Siegburg nach Eitorf.
Geognostisches.
Rittersitz zur Mühle.
Legende.
Weinbau.
Seligenthal.
Schöne Aussichten.

Hennef.
Schloß Allner.
Der Schloßwald.
Geschichte.
Meroderer-Brüder.
Fürst Franz Ludwig von Hatzfeld.

Broelthal.
Ausflug in’s Broelthal.
Geognostisches.

Kloster Bödingen.
Der Silberling.

Rittersitz Attenbach.
Freiherr Theodor von Hallberg.


Blankenberg.
Die Burg.
Geschichte der Veste, der Stadt und des Amtes Blankenberg.
Stachelhardt.


Kloster Merten

Eitorf und seine Umgebungen.
Gasthöfe.
Geschichtliches.
Kirche.
Volksleben.
Dr. Meyer’s Heilanstalt für Nervenleidende und Gemüthskranke.
Ausflüge.
Hohenstein.
Geognostisches.
Burg Weltenroth.
Der hohe Schade.
Hippelroth.
Der Kelterberg.
Halft.
Die Schnepperstraße.
Die Siegwiese.
Bergbau.


Nach Windeck.
Wege von Eitorf nach Windeck.
Herchen.
Das Ohmbad-Thal.
Sage: Der Heilborn.
Nebenbäche.
Präsidenten-Brücke.
Botanisches.
Der Irserbach.
Der Hof Stein.
Durchstich.
Kesselthal von Stromberg.
Leuscheid.
Romanischer Taufstein.
Haltestelle.
Au und Umgebung.
Burgsitze bei Röcklingen.
Hoppengartner Berg
Höhe von Dreisel.
Das hohe Wäldchen, Baiershahns Höchste, der Altenstuhl, Bodenberg und die Wilhelmshöhe.
Wilbringhoven und Haus Broich.
Ritter von Huhn zu Broich.
Windeck.


Burg Windeck.
Geschichte der Veste und des Amtes Windeck.
Sage.
Adolph von Berg.
Opladener Ritterrecht.
Amt Windeck.
Burg Windeck im dreissigjährigen Kriege.
Zweite Einnahme durch Schweden und Hessen.
Zerstörung der Veste.
Disposition des Baues der Veste.
Neues Burghaus.
Curiositäten.
Die Burgterrasse.
Vesten und Burgsitze.
Erdwälle oder Schläge.
Amtleute.
Archiv von Windeck.
Eselshafer.


Von Windeck nach Schönstein.
Der Krummauel.
Station Schladern.
Rosbach und die Hohe Ley.
Bensekausen.
Faehren.
Von Au nach Hamm.
Bergbau.
Ausflug nach Kloster Marienthal.
Schatzgräberei.
Botanisches.


Wissen und seine Umgebung.
Burg Schönstein
Geschichtliches.
Schloß Grottorf.
Veste Wildenburg.
Geschichtliches.
Abstecher nach dem Westerwalde.
Bodengepräge und Bewohner.
Kloster Marienstatt (Locus Mariae)
Legende.
Die Kirche.


Von Wissen nach Kirchen.
Die Eiche bei Wissen.
Die Wingertshardts-Grube.
Erlaubnisscheine zum Besuch der Gruben.
Dasberg.
Betzdorf.
Ausflug nach dem Hellerthal.
Bergbau.
Hohenselbachs-Kopf.
Geschichtliches.
Die Buchensteine.
Wildhandel.
Der Hickengrund.
Seine Bewohner.
Erläuterungen zum Begriff „Zigeuner“
Zigeuner.
Die Meckeser.
Kirchen.
Der Druidenstein.
Botanisches.
Das Küppelsfest.
Weg nach Wildenburg.


Volkes Brauch und Volkes Sitte im mittlern Siegthale.
Bekleidung.
Speisen.
Kartoffelbau.
Geschichtliches.
Prozesssucht.
Franzosenherrschaft.
Paul von Bettenhagen.
Altherkömmliche Sitten.
Der Aberglauben.
Das Amerikafieber.


Nach Siegen.
Freusburg.
Die Sage von Schloß Freusburg.
Der Giebelwald.
Die Junkernburg bei Niederschelden.
Sage.
Bergbau.
Eisenfeld.
Ankunft in Siegen.


Siegen.
Geschichtliches.
Die Stadt und ihre Bauwerke.
Die St. Nicolaikirche.
Der Nassauische Hof.
Ausweisung der Mönche.
Fürstengruft.
Der Thiergarten.
Die eiserne Jungfrau.
Das Behweibchen vom Kirchhofe.
Die Geburtsstätte Rubens.
Siegerländer Berühmtheiten.
Geistiges Leben.

Volkes Brauch und Volkes Sitte im Sieger-Lande.
Volkskarakter.
Knappschaften.
Knappschafts-Ordnung.
Ackerbau, Wiesenkultur und Viehzucht.
Der Hirte.
Besehen.
Taufen.
Pfingstlümmel und andere Sitten.
Volksfeste.
Kaffebrech.
Hammerschmiede.
Hochwaldbestand.

Das Siegerland.
Verschiedene Ausflüge in’s Siegerland.
Bergbau und Hüttenbetrieb.

Ausflug nach Müsen.
Weg nach Müsen.
Der Köln-Müsener Bergwerk-Verein.
Bergmännisches.
Besuch der Gruben.
Die Sagen vom Kindelsberg und Altenberg.
Die böse Stadt.
Die Linde auf Schloss Kindelsberg.
Der Gasthof zum Kronprinzen von Preusen in Hilchenbach.
Das Stift Keppel.
Rückkehr nach Siegen.

Ausflug nach Ginsberg, Grund und Hilchenbach.
Karakter des Landes.
Die Sagen vom Schömelberge und der alten Burg.
Der Ginsberg.
Grund, Jung gen. Stilling.
Sein Denkmal.
Der freie Stuhl auf Schloß Ginsberg.
Der Raubritter Hübner.
Das Fehmgericht.
Geschichte der Fehme.
Hilchenbach.

Ausflug nach den Quellen der Lahn, der Sieg und der Eder.
Karakter der Gegend.
Weg von Siegen.
Wege von Netphen, Deutz.
Walpersdorf.
Der Lahnhof.
Quelle der Lahn.
Die Stiegelburg.
Fernsichten.
Das Denkmal in der Kirche zu Irmgarteichen.
Die Siegquelle.
Die Ederquelle.
Hohenrode.
Lützel.
Die Kronprinzen-Eiche.
Weg nach Siegen.
Schluß.