Vorschlag zu einer neuen Rheinbrücke in Köln

Entwurf zu einer Strassenbrücke über den Rhein in Köln - Lageplan

Nach einem im Arch.- u. Ing.-Verein f. Niederrhein-Westfalen in Köln gehaltenen Vortrage des Hrn. Ing. K. Schott.
Für den Bau einer anstelle der jetzigen Schiffbrücke zu erbauenden festen Rheinbrücke in Köln kommt zu| nächst die Frage in Betracht, ob die Brücke an ihrer jetzigen Stelle belassen werden kann. Da die Friedrich Wilhelm-Str. sehr schmal ist und vollständig verbaut würde, ist jedoch eine Verschiebung der Brückenaxe stromabwärts erforderlich. Die Breite der Brücke ist zu 12 m für den Fahrdamm, je 4 m für die beiderseitigen Bürgerstege angenommen, d. h. breiter als die feste und die Schiffbrücke zusammen. Es sind hier nur 2 Strompfeiler in der Axe des 1. und 3. Pfeilers der festen Brücke vorgesehen, sodass sich also eine mittlere Spannung von 180 m von Pfeiler zu Pfeiler ergiebt. Um die beiderseitigen Uferstrassen möglichst wenig einzuschränken, muss das Breitenmaass der Uferpfeiler möglichst gering gehalten werden. Man kommt dann zur Anwendung eines eisernen Ueberbaues, und zwar einer eisernen Balkenbrücke, die nur senkrechten Auflagerdruck ausüben kann. Vorgeschlagen wird eine Auslegerbrücke, welche nur etwa 2 m starke Uferpfeiler erfordert.

Für die Höhenlage der Brücke ist maassgebeud, dass die Strombau-Verwaltung in 100 m Breite 17 m Lichthöhe über dem Wasserspiegel verlangt, eine Forderung, durch welche die Anlage der Rheinbrücken sehr erschwert wird. (Wird voraussichtlich noch ermässigt werden.) Nach dem Ufer zu kann die Brücke dann mit 1:40 fallen, wodurch am Ufer die vorgeschriebene Höhe von 15,40 m erreicht wird. Im übrigen muss die Eisenkonstruktion so ausgebildet werden, dass der Verkehr auf den Uferstrassen aufrecht erhalten werden kann. Die Schwierigkeit der Aufgabe liegt nun hauptsächlich in der zweckmässigen und gleichzeitig ästhetischen Lösung der Rampenfrage.

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Auf der Kölner Seite ist der Anfangspunkt der Rampe an der Nordseite des Heumarktes möglichst hoch gewählt. Sie beginnt dort auf + 11,0 K.P., steigt mit 1:38 bis zum Ufer, dann, wie schon gesagt mit 1:40. Die Rampe ist schräg durch einen Baublock geführt, wobei der alte Verkehrsweg bewahrt bleibt. Ausserdem ist der völlige Abbruch der alten Gebäude mit Sicherheit zu erreichen. Zu einer vortheilhaften Auftheilung des Baublockes ist allerdings die Einführung einer lex Adickes erforderlich, die eine zweckentsprechende Veränderung der Besitzgrenzen gestattet. Für Grunderwerb wird bei reichlicher Schätzung etwa 1 Million erforderlich werden, wobei jedoch zu berücksichtigen ist, dass eine im hygienischen Interesse ohnehin wünschenswerthe Neueintheilung des durchschnittenen Bauviertels keinesfalls ohne städtische Bauhilfe möglich wird. Vom ästhetischen Standpunkt aus ist diese schräge Einmündung der Rampe in die Brücke kein Fehler, da man zunächst nur einen Theil der ansteigenden Strasse, dann die Brücke etwas von der Seite sieht, wobei ihre Konstruktion besser zur Geltung kommt. Die Uferstrasse ist ganz unbehindert durchgeführt; man gelangt von derselben mittels Treppen zur Brücke.

Entwurf zu einer Strassenbrücke über den Rhein in Köln - Lageplan
Entwurf zu einer Strassenbrücke über den Rhein in Köln – Lageplan

In Deutz liegt die Frage der Rampenbildung schwieriger, da die Freiheitstrasse auf wenig mehr als 8 m Höhe liegt. Man muss also fast 10 m bis zur Brückenbahn hinaufsteigen. Wenn diese Steigung in gerader Richtung genommen werden muss, so wird wieder der ästhetische Eindruck ein unbefriedigender sein. Beim Bergisch-Märk. Bahnhof erhebt sich die Urbanstrasse auf + 100 K.P. Die Rampe ist von der Brückenbahn aus zunächst rechtwinklig nach Norden bis auf + 12,5 geführt, dann nach Süden gedreht und durch die Urbanstrasse bis zur Freiheitstrasse geführt. Man hat also eine natürliche Maske benutzt, um auf die Höhe zu kommen. Wenn dabei der Eingang in die Freiheitstrasse bestehen bleibt, dann braucht man mit Ausnahme eines kleinen Streifens am alten Pfarrhaus gar keinen Grunderwerb; es ist jedoch zweckmässiger, die Urban- und die Mindenerstrasse unter Wegfall der Hallenstrasse durchzuführen, Man steigt dabei anfangs mit 1:40, weiter am Drehpunkt mit 1:50 zur Brückenbahn auf und sieht die Brücke erst, wenn man hoch steht, von der Seite, also unter gutem Winkel. Von der Freiheit-Strasse aus sieht man ebenfalls seitwärts auf die Brücke, also nicht in gerader Richtung hinauf. Der Fussgängerverkehr geht von der Werft die Treppe hinauf. Der an sich nicht sehr angenehme Knick der Deutzer Rampe wird gemildert dadurch, dass die Fahrbahn auf 20 m verbreitert ist. Die Anlage setzt natürlich die Beseitigung des Deutzer Bahnstranges voraus. Da dies aber mit der Deutzer Stadterweiterung eng zusammenhängt, so ist auch gleich damit gerechnet worden. Die Rampe ist von der Biegung in diagonaler Richtung weiter nach dem zukünftigen Deutzer Bahnhof zu geführt worden. Ein Theil des Verkehrs biegt bereits in der Uferlinie nach Mülheim ab. Das anschliessende Gelände wird aufgeschlossen für Fabriken und andere Bauten.

Für die Entwicklung von Deutz möchte ich annehmen, dass 75% der Bevölkerung im Norden und nur 25% im Süden wohnen werden, sodass also eine Rampenentwicklung nach Norden begründet ist. Wollte man die Deutzer Rampe in der Brückenaxe weiter führen, dann käme man ungefähr bis zur neuen katholischen Kirche, würde also den Verkehr von da bis zum Ufer ausschalten. Der Vorortverkehr braucht nicht durch die Brücke gezwängt zu werden. Die Aussenbahnen können wie jetzt auf der Freiheitstrasse endigen. Nur der innere Stadtverkehr muss über die Brücke hinweg geführt werden und schliesst dann an die Vorortbahnen an. Der Uferverkehr kann ebenfalls durchgehen, wenn man den Unterbau der Brückenrampe aus Eisen baut. Die gewählte Brückenbauart ist jedenfalls sehr billig und genügt den Verkehrsansprüchen; sie hat ausserdem den Vorzug, dass man gar nicht merkt, wie man auf die Brücke kommt.

Der Bau einer leistungsfähigen Brücke an dieser Stelle wird es ermöglichen, dass dann die jetzige feste Brücke dem Eisenbahnverkehr übergeben werden kann, worauf man mit zwei weiteren Geleisen nach dem Bahnhof gelangen könnte. Der Fussgängerverkehr wird natürlich erhalten werden müssen.

Der Wagenverkehr dagegen geht schon jetzt hauptsächlich über die Schiffbrücke, auf welche 85 % entfallen gegenüber 15% der festen Brücke. Andererseits würden die Bahnhofsverhältnisse durch Freigabe der Brücke für den Eisenbahnverkehr sehr gewinnen. Es würde weiter der jetzige einseitige Damm zur festen Brücke wegfallen, wenn dann dazu noch der Eisenbahndamm fortkommt, dann wird der Blick auf Deutz frei. Geht man dagegen mit der Rampe gerade nach Deutz hinein, dann ist eine schwere Konstruktion nöthig, die vielleicht später den Deutzern noch weniger gefallen wird. Bei der gewählten Art wird man in Deutz von der Brücke nichts sehen, bis man oben ist, namentlich dann, wenn man sich am Rampenanfang ein grosses hervortretendes Gebäude denkt, welches vielleicht frühere Marienbildchen ersetzt und ein Gegengewicht gegen die Brücke bilden würde.

Die vorgeführte Lösung sieht auf den ersten Blick wegen ihrer Linienführung etwas eigenartig aus, wenn man aber fragt, was der Verkehr braucht und wie sich die Kostenverhältnisse dabei stellen, dann gewinnt der Vorschlag, bei dem für Grunderwerb usw. sicher 1,5 Millionen M. gespart werden können, ein wesentlich günstigeres Ansehen. –

Diese Vorschläge des Hrn. Ing. Schott fanden eine sehr verschiedene Aufnahme, namentlich hinsichtlich der Rampenführung auf der Deutzer Seite. Während von einer Seite die Lösung für Deutz als besonders günstig und zweckentsprechend angesehen wurde, erhoben sich dagegen von anderer Seite die schwersten Bedenken. Namentlich wurde geltend gemacht, dass der Entwurf auf der Beseitigung der Ufergleise basire, mit der man aber bisher stets habe rechnen müssen. Ferner sei eine derartige Konstruktion der Rampe, selbst bei Ausführung in Eisen, nicht als eine Freihaltung der Uferstrasse anzusehen. Schliesslich wurde von mehreren Seiten betont, dass die Entwicklung von Deutz gerade nach Süden vor sich gehen würde, da dort Wasser- und Eisenbahnanschlüsse mit erschwingbaren Kosten möglich sein würden. Auch die scharfen Kurven der Rampe wurden bemängelt, während andererseits die für eine solche Führung geltend gemachten ästhetischen Vorzüge nur in beschränkte Maasse anerkannt wurden. Gefordert wurde ausserdem die Durchführung des Vorortverkehrs, welcher bei dieser Rampenentwcklung Schwierigkeiten bereitet. Vor allem aber wurde betont, dass die Kostenfrage in einer für die Entwicklung beider Städte so wichtigen Entscheidung keinesfalls in erster Linie stehen könne.

Zu einer Kundgebung zu Gunsten des vorliegenden Entwurfes konnte sich der Verein daher nicht entschliessen, dagegen wurde die Arbeit allseitig als ein weiterer interessanter Beitrag zur Klärung der Brückenfrage mit Dank anerkannt. –

Dieser Artikel erschien zuerst am 24.08.1901 in der Deutsche Bauzeitung.