Berliner Neubauten 98 – Das Propsteigebäude St. Hedwig, Französische Strasse

Grundriss

Architekten: Cremer & Wolffenstein in Berlin.
Das alte, aus der Zeit Friedrichs des Grossen stammende, der katholischen Kirchengemeinde gehörige Gebäude auf dem sehr eingeengten Inselgrundstücke, zwischen Französische Strasse, Hedwigskirchgasse und hinter der katholischen Kirche belegen, ist im verflossenen Jahre durch ein sehr reizvolles neues Propsteigebäude, das gleichzeitig Verwendung zu Wohnzwecken für die Geistlichkeit von St. Hedwig findet, von den Architekten Cremer & Wolfenstein ersetzt worden.

Die geforderten Räumlichkeiten für das Hilfspersonal, und zwar die Wohnung des Küsters, Kirchendieners und Portiers liegen in dem 3,40 m hohen Untergeschoss. Die Geschäftsräume, Delegatur, Sitzungszimmer und Wohnung des Kantors in dem 4,05 m hohen I. Hauptgeschoss, die Wohnung des Propstes als fürstbischöflichem Delegaten im 4,35 m hohen II. Hauptgeschoss, die Wohnungen von 3 Kaplänen, eines geistlichen Sekretärs und Kreis-Vikars im 3,90 m hohen III. Hauptgeschoss, und endlich im Dachgeschoss einige Reservezimmer und Wohnungen für die Aufwärterinnen. Der Haupteingang musste hinter der katholischen Kirche angelegt werden und es ist zur Erleichterung de Portalanlage die scharfe Ecke daselbst abgerundet worden. Trotz der allseitig durch die bestehenden Grenzen festgelegten Grundfläche, haben die geforderten Räumlichkeiten verhältnissmässig grosse Abmessungen und durch die Anlage der Haupt- und der Nebentreppe gute Verbindung unter einander erhalten.

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Für die künstlerische Ausbildung der Fassade bestand nur die eine Vorschrift, an ihr das Standbild der hlg. Hedwig anzubringen. Die Künstler glaubten für die Propstei die Stilform des 18. Jahrhunderts anschliessend an die Kirche St. Hedwig wählen zu müssen und haben diesen Stil in seiner Ausreifung zur Anwendung gebracht.

Grundriss
Grundriss

Durch das Untergeschoss ist es möglich geworden, die Wohnung des Propstes als im eigentlichen Hauptgeschoss liegend besonders zu betonen, wozu das Standbild der St. Hedwig in architektonischer Verbindung mit schwebenden Engeln usw. an der Hauptfront Französische Strasse nicht unwesentlich mit beiträgt.

Das Gebäude ist im Inneren im grossen und ganzen einfach aber würdig ausgestattet worden. Die Decken über der Delegatur und Rendantur sind in Eisen mit massiver Deckeneinspannung, die übrigen Decken sind in Holz konstruirt. Das Haupttreppenhaus und der Speisesaal des Propstes sind reicher ausgebildet worden.

Das Haus hat Zentralheizung, die in dem das ganze Gebäude unterziehenden Kellergeschoss angelegt ist, und elektrische Beleuchtung.

Das Propsteigebäude St. Hedwig, Französische Strasse. Architekten Cremer und Wolffenstein in Berlin
Das Propsteigebäude St. Hedwig, Französische Strasse. Architekten Cremer und Wolffenstein in Berlin

Die Hauptfront in der Französischen Strasse ist in Werkstein, die übrigen Fassaden sind in Putz hergestellt. Die Bildhauerarbeit, insbesondere der Schmuck der Vorderfront und die Figur der heiligen Hedwig wurden von Hrn. Bildhauer Westphal modellirt. Die Steinmetzarbeiten lieferte Schilling, die Malerarbeiten Waller & Senttleben. Den gesammten Rohbau hatten Held & Francke übernommen.

Die Baukosten haben ausschl. der inneren Einrichtung rd. 240000 M. betragen. –

Dieser Artikel erschien zuerst am 20.10.1900 in der Deutsche Bauzeitung.