Berliner Neubauten 50 – Das neue Polizei-Dienstgebäude am Alexander-Platz

Architekt: Stadtbaurath H. Blankenstein. Nach den in Preußen geltenden Bestimmungen über die Verwaltung der Polizei zerfällt diese in die höhere politische, die sogenannte Landespolizei und die Ortspolizei. Erstere wird auf Kosten des Staates durch die Regierungs-Präsidenten, letztere auf Kosten der Gemeinden durch die Bürgermeister verwaltet. Nur in den grossen Städten oder solchen, bei welchen aus besonderen Gründen der Staat auch an der rein lokalen Verwaltung ein grösseres Interesse hat, wird auch die Ortspolizei durch eine königliche Behörde verwaltet und die Kosten werden in der Weise getheilt, dass die persönlichen dem Staat, die sogenannten sächlichen der Stadtgemeinde zur Last fallen. Für Berlin insbesondere ist die Einrichtung getroffen, dass der Polizei-Präsident Chef der Landes- und der Ortspolizei zugleich ist und die Kosten der Verwaltung werden in der Weise aufgebracht, dass der Staat für die Landespolizei die sämmtlichen Kosten – auch solche für die Beschaffung der Diensträume – trägt, während die für die Ortspolizei nach dem angegebenen Grundsatze gemeinsam getragen werden. Aus diesem Rechts-Verhältniss erklärt sich der dem Fernerstehenden befremdlich erscheinende Umstand, dass die Stadtgemeinde Berlin das Dienstgebäude für eine Königl. Behörde zu erbauen hat, auch Eigenthümerin desselben bleibt und, so lange keine Aenderung in der Gesetzgebung eintritt, Miethe für die, den Zwecken der Landespolizei dienenden Räume bezieht.

Nach jahrelangen Verhandlungen über verschiedene, die Polizei-Verwaltung betreffende Streitfragen und. über den Bau, während welcher das Raumbedürfniss beständig anwuchs, wurde endlich im Jahre 1879 zwischen den Staats- und den Gemeindebehörden ein Vergleich abgeschlossen, nach welchem die Stadtgemeinde sich verpflichtete, auf dem ihr zugehörigen Grundstücke am Alexanderplatz ein neues Dienstgebäude für das Polizei-Präsidium nach einem vom Minister des Innern endgültig festzustellenden Programm zu errichten, wogegen ihr ein bestimmter Theil des gegenwärtigen Polizei-Grundstücks am Molkenmarkt zufällt. Nach weiteren langwierigen Verhandlungen kam endlich das Bauprogramm zustande und wurde im Juli 1885 genehmigt, während etwa zur selben Zeit auch die Bauskizze, an welcher der Verfasser schon längere Zeit gearbeitet hatte, in der Hauptsache fertig und nach einigen nicht erheblichen Aenderungen im Oktober desselben Jahres genehmigt wurde. Das Bauprogramm, obwohl es nur auf die nächste Zukunft berechnet ist, forderte 21 752 qm nutzbaren Flächenraum, d, h. gerade doppelt so viel, als zur seiner Aufstellung dem Polizei-Präsidium überhaupt zur Verfügung stand.

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Dem zum Bau bestimmten Grundstücke musste zunächst theils durch Austausch, theils durch Hinzukauf von dem Gelände des ehemaligen Königsgrabens, eine wenn auch wenig günstige, doch bebaubare Form gegeben werden, wie sie sich auf dem Lageplan Abbild. 1 zeigt. An der Alexanderstrasse war behufs Verbreiterung der Strasse auf mindestens 19 m ein Zurücklegen der Bauflucht nothwendig, wodurch es gelang, eine im ganzen geradlinige 196 m lange Baufront und an der Kaisersrasse, woselbst die gegenüber liegenden Baufronten stark zurück treten, allerdings nicht in der Mitte der Fassade, ein kräftig vortretendes Risalit zu gewinnen. Dass die beiden Längsfronten nicht symmetrisch gestaltet werden konnten, erscheint als kein besonderer Uebelstand, da die geringe Breite der Strassen ein Ueberblicken der langen Fassaden doch nicht gestattet. Vor dem Kellergeschoss der zurück tretenden Fronten an der Alexanderstrasse sind tiefe Lichtgänge angelegt zur besseren Beleuchtung der hier untergebrachten Wohnungen und Verwaltungsräume. Bei der zweiten Langfront war eine Geradlegung nicht möglich, diese musste sich vielmehr der Krümmung der Stadtbahn anschliessen.

Abbildung 1 – Lageplan

Die dritte nur 92 m lange und deshalb für eine architektonische Ausbildung an sich günstigere Front liegt zur Hälfte an dem mit Garten-Anlagen zu schmückenden Alexanderplatz, zur Hälfte an einer untergeordneten, nur 19 m breiten Querstrasse. Zur Betrachtung aus angemessenem Abstande bietet eigentlich nur die Ecke am Alexanderplatz Gelegenheit, und da dies zugleich der am besten gelegene Theil des Grundstückes war, so ist das Schwergewicht der Architektur auf diese Ecke gelegt worden, welche auf dem beigefügten besonderen Blatte perspektivisch dargestellt ist.

Abbildung 2 – Grundriss vom Erdgeschoss

Die Anforderungen des Bauprogramms waren so bedeutend, dass sie nur durch Errichtung eines, ausser dem hohen Kellergeschoss 4 Geschosse hohen Gebäudes und vollständige Ausnutzung des Bauplatzes erfüllt werden konnten, wie dies die Grundrisse, Abbild. 2 u. 3, zeigen.

Sämmtliche Höfe sind durch Einfahrten zugänglich – wenn auch der eine nur durch eine solche im Kellergeschoss und haben, soweit Bureauräume an ihnen liegen, noch eine Breite von mindestens 17,50 m und eine Länge von 53 bis 60 m erhalten, so dass alle Arbeitsräume ausreichende Beleuchtung haben.

Abbildung 3 – Grundriss vom zweiten Geschoss

Für die Vertheilung der nach Bedeutung und Ausstattung sehr verschiedenartigen Räumlichkeiten war zunächst die Rücksicht maassgebend, dass den besseren Dienstwohnungen, namentlich denen des Polizei-Präsidenten und seines Stellvertreters die bevorzugte Lage am Alexanderplatz gegeben wurde, während Stallungen, Gefängnisse und dergl. an das entgegen gesetzte Ende verwiesen wurden und zwar so, dass alle Räumlichkeiten, welche dem Einblick des Publikums entzogen werden müssen, nach den Höfen oder nach der Seite der Stadtbahn gelegt wurden.

In Bezug auf die Eingänge zum Gebäude ist zu bemerken, dass ein sehr grosser Theil der Besucher von der Königstrasse und vom Stadtbahnhofe Alexanderplatz herkommen wird, weshalb es nothwendig erschien, einen Haupteingang auf die abgestumpfte Ecke an der Parallelstrasse der Stadtbahn und der neuen Querstrasse zu legen. Die ausschliesslich von dem Präsidenten zu benutzende Einfahrt zu seiner Wohnung liegt am Alexanderplatz, nahe der Ecke, und in der Mitte der Fassade ein dritter Eingang, welcher lediglich zu den an dieser Front belegenen Dienstwohnungen führt. Und zwar liegen hier im Erdgeschoss die Wohnung des Hausinspektors, im zweiten Geschosse ausser der Wohnung des Präsidenten die des Ober-Regierungsrathes, im dritten Geschosse die des Vorstehers des Central-Bureaus und des Kommandeurs der Schutzmannschaft, im vierten endlich die des Adjutanten desselben.

Bei der grossen Länge des Gebäudes erschien es als ein Bedürfniss, eine Durchfahrt quer durch dasselbe zu schaffen, und zwar am zweckmässigsten gegenüber der Kaiserstrasse. Der Hof zwischen den beiden Einfahrten, an welchem auch alle Geschosse und Korridore liegen, ist mit, Glas überdeckt, um einen gegen das Wetter geschützten Raum zum Verladen der Akten, vielleicht auch zu Versammlungen der Schutzmannschaft zu gewinnen. An der von diesem Hofe nach dem daneben belegenen Hofe V führenden Durchfahrt ist ein grosser hydraulischer Aufzug angebracht zur Beförderung grösserer Aktenmengen durch alle Geschosse des Gebäudes, während eine Anzahl kleinerer Aufzüge mit Handbetrieb für den inneren Verkehr auf verschiedene Punkte des Gebäudes vertheilt ist.

Bei der Vertheilung und Anordnung der Räume boten eigentlich nur die Dienstwohnungen und die Gefängnisse Schwierigkeiten. Im übrigen handelt es sich in der Hauptsache nur um Herstellung von Reihen gut beleuchteter und bequm zugänglicher Zimmer, welche an die verschiedenen Abtheilungen der Behörde nach Bedarf zu vertheilen sind und bei Aenderung der Bedürfnisse auch eine veränderte Benutzung, unter Herstellung grösserer oder kleinerer Räume zulassen müssen. Aus diesem Grunde sind überall da, wo nicht für bestimmte Zwecke bestimmte bauliche Eintheilungen getroffen sind, eiserne Querträger in die Decken und selbst in ausgeführte Scheidewände eingelegt, so dass ganz nach Bedarf massive Wände eingezogen oder beseitigt werden können, gleichviel ob darunter bezw. darüber Wände vorhanden sind: oder nicht.

Abbildung 5 – Querschnitt durch den Gefängniss-Flügel

Zur Unterbringung des Polizei-Gewahrsams (für vorüber gehend aufgegriffene Personen) und der polizeilichen Gefängnisse ist ein besonderer Querflügel errichtet worden, dessen Einrichtung aus den Grundrissen, Abb. 2 u. 3 und für die oberen Geschosse aus dem Durchschnitt Abb. 5 ersichtlich ist. Derselbe enthält im Erdgeschoss den Polizei-Gewahrsam, bestehend aus einem grösseren und einem kleineren Haftraum, zusammen 207 qm gross für Männer, bezw. für Weiber und 6 Isolirzellen für besonders Unruhige, darüber in 5 Geschossen die Polizei-Gefängnisse für Männer. Dieselben enthalten in den beiden unteren Geschossen 8 größere Räume zu gemeinsamer Haft für 175 Männer, pro Kopf 3 qm Grundfläche gerechnet, und ausserdem 153 Einzelzellen von derjenigen Einrichtung, wie sie gegenwärtig in Zellengefängnissen üblich ist, nebst den erforderlichen Klosets, Spülzellen und Aufseherzimmern.

Sämmtliche Gefängnissräume sind überwölbt.

Ganz getrennt von den Gefängnissen der Männer im 4. Geschoss an der Parallelstrasse der Stadtbahn, durch eine besondere Treppe zugänglich, liegt das Weibergefängniss, bestehend aus 3 größeren Räumen zu gemeinsamer Haft für 67 Personen und 22 Einzelzellen nebst den erforderlichen Nebenräumen und einer Wohnung für die Ober-Aufseherin. Es können sonach im ganzen 328 Männer und 94 Weiber gleichzeitig im Polizei-Gefängnisse untergebracht werden.

Die Verwaltungs-Bureaus für Polizeigewahrsam und Gefängnisse liegen im Erdgeschoss an der Alexander-Strasse neben der Wohnung des Gefängniss – Inspektors, während im Keller darunter die dazu gehörigen Wirttschaftsräume, namentlich eine Wasch- und eine Kaffeeküche, Wannen- und Brausebäder und zwei Desinfektionsräume untergebracht sind. Das Essen für die Gefangenen wird von auswärts bezogen.

Abbild 6 – Fassaden-System

Im Anschluss an das Polizeigebäude auf der Stadtbahnseite wird gegenwärtig staatlicherseits ein Gebäude für das Schöffengericht erbaut, welches im zweiten Geschosse mit dem Polizeigebände verbunden wird, um die polizeilichen Gefangenen unmittelbar vor das Gericht bringen zu können.

An den Gefängnissflügel schliessen sich zwei Querflügel mit Stallungen, zwischen welchen die mit Oberlicht versehene Reitbahn liegt. In der einen Abtheilung des Stalles sind 30 Wagenpferde und darüber die Wachtlokale der berittenen Schutzmannschaft, in der anderen Abtheilung in zwei Geschossen übereinander 60 Reitpferde untergebracht. Zur Verbindung der Wachtlokale mit dem oberen Stall dient eine, die Reitbahn durchschneidende Brück. Der obere Stall ist durch eine Rampe mit einer Steigung von 1:6,5 zugänglich, welche sich als so bequem erwiesen hat, dass die Schutzleute dieselbe sogar hinab reiten.

Ueber die beiden Haupt-Dienstwohnungen, deren Anordnung aus Abb. 3 ersichtlich ist, ist nur zu bemerken, dass an die des Präsidenten sich unmittelbar die Räume des Zentralbureaus, an die des Ober-Regierungsrathes die der I. Abtheilung anschliessen, wie durch das Bauprogramm vorgeschrieben war.

Die Höhen der verschiedenen Geschosse, von Oberkante zu Oberkante Fussboden gemessen, sind folgende:
1. Keller 3,50 m, 2. Erdgeschoss 5 m, 3. zweites Geschoss 4,75 m, 4. drittes Geschoss 4,75 m, 5. viertes Geschoss 4,50 m, 6. Dachgeschoss bis Oberkante des Hauptgesimses 1,75 m.

Ausserdem haben die beiden Hauptrisalite an den Langfronten und der Eckthurm aus architektonischen Rücksichten noch ein Obergeschoss erhalten, von denen vorläufig nur das eine an der Alexander-Strasse noch zur Montirungskammer der Schutzmannschaft hinzu gezogen ist.

Für einige grössere Räume im zweiten Obergeschoss war eine grössere Höhe, als die allgemeine Geschosshöhe erforderlich, ohne dass jedoch ihre Bedeutung oder ihre Abmessungen es gerechtfertigt hätten, ihnen doppelte Geschosshöhe zu geben. Es sind dies die beiden Konferenz- und Instruktions-Säle für Schutzleute an der Alexander-Straße und für Kriminalbeamte an der Stadtbahn, der Festsaal und das Eckzimmer in der Wohnung des Polizei-Präsidenten. Die Decken dieser Räume sind daher nach Bedarf, wie aus Abb. 4 ersichtlich ist, in die darüber belegenen Räume hinauf gerückt. Letztere werden vorwiegend zu Registraturen verwendet, wobei die geringere Höhe nicht besonders nachtheilig ist.

Inbetreff der Architektur, von welcher die perspektive Ansicht und das Fassadensystem, Abbild. 6, eine Anschauung geben, ist zu bemerken, dass der Sockel des Gebäudes mit sogenanntem belgischen Granit (einem blaugrauen Kohlen-Kalkstein) bekleidet ist. Sämmtliche Fassaden sind mit feinen Lochverblendern, ganzen Steinen als Läufern und und Viertelsteinen als Bindern, gleichzeitig mit dem Aufmauern verblendet.

Für die Aussenfronten sind hellrothe Steine von Lauban, für die Höfe lederfarbene verwendet, mit Ausnahme des Glashofes, welcher gelbe Verblendung mit rothen Gesimsen und Ornamenten und einigen farbigen Friesen erhalten hat.

Die Architekturtheile der Aussenfronten sind in schlesischem Sandstein hergestellt oder in einer denselben täuschend nachahmenden, vorzüglichen Terrakotta. Alle Ornamente, auch die figürlichen Reliefs sind in gebranntem Thon ausgeführt, z. Th. in Farben und auf glasirtem oder vergoldetem Grunde, Ebenso sind sämmtliche Architekturtheile der Hoffronten von gebranntem Thon gefertigt. Sämmtliche Dächer sind mit Holzzement gedeckt, mit Ausnahm der Kuppeln, welche mit Kupfer bekleidet sind.

In den Nischen auf beiden Seiten des Eckthurmes sollen die Statuen je eines Herrscherpaares (Vater und Sohn), in Bronze und in 1 1/2facher Lebensgröße ausgeführt, Aufstellung finden; nämlich auf der Seite der Alexanderstrasse der grosse Kurfürst und König Friedrich I. nach Modellen von Luerssen und Martin Wolff, auf der Platzseite die Kaiser Wilhelm I. und Friedrich III., beide von Calandrelli. Die Statuen befinden sich in der Giesserei Lauchhammer in Arbeit.

Abbild 7 – Querschnitt durch den Mittelbau

Die Ausführung des Innern ist überall eine solide.

Das Keller- und das Erdgeschoss ist durchweg und in den übrigen Geschossen sind sämmtliche Korridore theils zwischen gemauerten Gurten, theils zwischen eisernen Trägern gewölbt, ihre Fussböden mit Mettlacher Platten belegt. Die sämmtlichen Bureauräume haben ungenagelten eichenen Fries-Stabboden erhalten, während in den besseren Zimmern der Wohnungen Parketböden gelegt sind. Sämmtliche Treppen bestehen aus Granit mit Ausnahme der Haupt-Wohnungstreppe, die von Eichenholz und der Treppe zur Präsidentenwohnung, die von weissem Marmor hergestellt ist.

Die Erwärmung des Gebäudes erfolgt, abgesehen von den Wohnräumen, welche mit Kachelöfen versehen sind, durch eine zentrale Dampf-Warmwasser-Heizung mit Niederdruck für sämmtliche Bureaus, durch eine Dampf-Luftheizung für den Festsaal des Präsidenten und eine direkte Dampfheizung für Polizeigewahrsam und Gefängnisse, sowie für einige im Kellergeschoss liegende Räume. – Die Warmwasser-Heizung ist in 14, annähernd gleich grosse Systeme getheilt. Jedes derselben besteht aus einem, im Keller belegenen, gekuppelten Warmwasser-Kesselpaare, welches von kupfernen, durch Ventile absperr- und regulirbaren Dampfrohren durchzogen ist, und von welchem je ein Steigerohr nach dem Dachboden ausgeht, um sich hier nach den einzelnen, die Heizkörper speisenden Vertikalsträngen zu verzweigen. Die Heizkörper bestehen aus sogenannten Doppelrohr-Registern mit Holzsockeln und Zinkbekrönungen; nur einige besser ausgestattete Räume erhielten Zylinderöfen.

Die Lüftung der mit Warmwasser-Heizung versehenen Räume geschieht in der Weise, dass von besonderen, im Keller angelegten Luftkammern unter der Kellersohle liegende Haupt-Vertheilungskanäle zu den, nach den einzelnen Räumen führenden und unter den Heizkörpern ausmündenden Frischluft-Kanälen geleitet sind. Besondere, nach dem Dachboden aufsteigende Kanäle leiten die verdorbene Luft in horizontale Sammelkanäle, welche über den Korridorgewölben des obersten Stockwerkes liegen und von denen aus die Luft mittels grösserer Schächte über Dach geführt wird. Die Lufterneuerung ist auf durchschnittlich 60 cbm für 1 Stunde und Fensteraxe berechnet.

‘Die an die Zentralheizung angeschlossenen Räume enthalten 73 220 cbm Inhalt, zu deren Erwärmung und Ventilation bei – 10 Grad Aussen-Temperatur stündlich 1 100 000 Wärmeeinheiten erfordert werden. Zur Erzeugung derselben sind in einem auf dem Hofe IV. belegenen Kesselhause 4 Zweiflammrohr-Kessel von je 8 qm Heizfläche vorhanden, von welchen der eine als Reserve zu betrachten ist. Von diesen Kesseln sind zwei mit gewöhnlichem Planrost, zwei mit Donnely-Rost versehen, um vergleichende Versuche über Rauchentwickelung und Brennmaterial-Verbrauch anstellen zu können. Der Schornstein liegt innerhalb des IV. Querflügels zunächst dem westlichen Frontbau.

Die Kosten der ganzen Heizanlage, für welche die Fabriken: Cyclop (Mehlis und Behrends) die Dampfkessel, Rietschel & Henneberg den Rundstrang mit Zubehör, sowie Schaeffler & Walcker und Pflaum & Gerlach die Heizung und Lüftung ausgeführt haben, betragen rd. 271 000 M., ‚oder für 1 cbm zu heizenden Raum nicht ganz 3,5M.

Das Grundstück hat in seiner gegenwärtigen Begrenzung einen Flächeninhalt von 15 777 qm, wovon 10 610 qm bebaut sind, so dass das Gebäude nächst dem Königl. Schlosse und dem Reichshause, welches 11 183 qm bebaute Fläche enthält, das grösste in Berlin ist. Ein Theil desselben steht, wie schon im Eingang gesagt ist, auf dem Gelände des ehemaligen Königsgrabens, woselbst eine Fundamentirung in Senkkästen nöthig wurde, die indessen keine besonderen Schwierigkeiten bot und rd. 200 000 M. gekostet hat.

An nutzbaren Räumen sind geschaffen:

Buereau- und Aufenthaltsräume16 848 qm
Dienstwohnungen2 457 qm
Hafträume und Zubehör2 490 qm
Stallungen, Remisen, Reitbahn usw.2 570 qm
zusammen24 365 qm

Es ist sonach mehr Raum vorhanden, als im Bauprogramm gefordert war, so dass trotz der sehr bequeme: Einrichtung sämmtlicher Abtheilungen der Behörde gegenwärtig noch nicht alle Räume benutzt sind, und das Gebäude auf eine längere Reihe von Jahren hinaus vollständig genügen wird.

Zur Ausführung des Baues waren erforderlich:

gewöhnliche Mauersteine18 156 000
Verblender zu den Hoffronten680 000
desgl. zu den Aussenfronten502 000
zusammen19 338 000

Steine, wobei in den letzten Posten alle Steine auf ¾ Steine reduzirt sind.

Die gesammten Baukosten werden sich voraussichtlich für den Bau selbst auf 4 850 000 M für Beschaffung der Mobilien bei Wiederverwendung eines Theiles der alten auf 250 000 M. zusammen auf 5 100 000 M belaufen.

Bei der Bearbeitung des Entwurfes ist der Unterzeichnete durch die Reg.-Baumeister Zekeli und Hiller und später durch den Reg.-Baumeister P. Hesse unterstützt worden, welcher unter der Oberleitung des Stadt-Bauinspektor Lindemann und des Unterzeichneten die Ausführung geleitet hat.

Die Maurerarbeiten in Fundamenten und Kellergeschoss sind vom Raths-Maurermeister Gause, im übrigen vom Maurer- und Baumeister Karchow, die Zimmerarbeiten von den Zimmermeistern Kallmann, Scharnweber und Hesse ausgeführt worden. An denSteinmetzarbeiten waren vornehmlich die Geschäfte von Wimmel & Co., Metzing, Koerner und Schilling betheiligt. Die Holzzement-Dächer sind von Phil. Vender, die Kupferbekleidung der Kuppeln ist von F. Dietrich hergestellt worden.

Mit der Ausführung des Baues wurde, nachdem im Sommer 1885 die auf der Baustelle stehenden alten Gebäude des ehemaligen Arbeitshauses (Ochsenkopf) und der Irrenanstalt abgebrochen und im Winter die Erdarbeiten in Angriff genommen waren, im Frühjahr 1886 begonnen. Bis zum Eintritt des Winters wurde in der Hauptsache das Erdgeschoss vollendet und bis zum Winter 1897 das Dach aufgebracht mit Ausnahme der höher geführten Risalite und der Kuppelthürme. Die Stallungen nebst Reitbahn wurden, um den Platz für die Baumaterialien möglichst lange frei zu halten, erst im Sommer 1888 begonnen. Die Vollendung des Rohbaus und des inneren Ausbaues wurde in den Jahren 1888/89 trotz der verschiedenen, im letzten Jahre eingetretenen Arbeitseinstellungen so gefördert, dass vom 1. Oktober ab bis gegen Weihnachten sämmtliche Räume bezogen sind, mit Ausnahme der Dienstwohnung des Polizei-Präsidenten, des Zentralbureaus und der I. Abtheilung. Das Gebäude ist vollständig fertig, mit Ausnahme der 4 Statuen, deren Aufstellung erst zum Frühjahr zu erwarten steht. Die Bauausführung hat sonach nicht volle 4 Jahre in Anspruch genommen.

Berlin, im Dezember 1889.
Blankenstein, Stadtbaurath.

Dieser Artikel erschien zuerst am 04.01.1890 in der Deutschen Bauzeitung.