Die Ausstellung für Unfallverhütung in Berlin

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Die „Allgemeine deutsche Ausstellung von Gegenständen zur Verhütung von Unfällen“ in Berlin (siehe unser Bild auf Seite 40) war ursprünglich nur für Betriebe des Brauereigewerbes geplant, die erfahrungsmäßig am meisten von Unfällen heimgesucht werden. Der zeitgemäße Gedanke einer Zusammenstellung von Schutzvorrichtungen für Arbeiter wurde aber bald auch von anderen Unternehmerkreisen willkommen geheißen und fand bei den maßgebenden Behörden so bereitwillige Förderung, daß beschlossen wurde, die Ausstellung auf alle den Unfallversicherungsgesetzen des deutschen Reiches unterliegenden Gewerbszweige auszudehnen.

Das Ausstellungsgebäude am Lehrter Bahnhofe nebst dem zugehörigen Park ist ursprünglich für ein Unternehmen begründet, welches man als einen Vorläufer der Ausstellung für Unfallverhütung betrachten darf, für die Hygieneausstellung. Seitdem ist das Gebäude aber in Staatsbesitz übergegangen und Seitens des Kultusministeriums ein- für allemal der akademischen Kunstausstellung vom 1. Juli jedes Jahres ab überwiesen. Für dieses Jahr aber hat der Senat der Akademie der Künste gegen eine Abfindung von 100,000 Mark gänzlich darauf verzichtet, und die Ausstellung für Unfallverhütung wird also den ganzen Sommer 1889 hindurch im Besitz der Ausstellungsräumlichkeiten bleiben, die des Interessanten so viel bieten.

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Der Ausstellungskatalog weist im Ganzen 1330 Nummern auf, darunter zahlreiche Sammlungen und Kollektiv-Ausstellungen. Von ersteren sind besonders zu nennen: die Ausstellung der königlich preußischen Staatseisenbahn-Verwaltung, des Reichsversicherungsamtes, des Reichs-Marineamtes, der königlichen Bergwerks Direktion zu Saarbrücken, des Berliner Hygiene-Museums, der mechanisch-technischen Versuchsanstalt des Berliner Polytechnikums, der Hamburger Seewarte, des Polytechnikums zu Hannover, der Gesellschaft zur Verhütung von Unfällen zu Mülhausen im Elsaß, des Verbandes der deutschen Dampfkessel-Ueberwachungsvereine. Mit Kollektiv-Ausstellungen haben sich die meisten Berufsgenossenschaften betheiligt. Die Ausstellungsgegenstände sind theilweise in Modellen oder Zeichnungen, theilweise in natürlicher Größe ausgeführt vorhanden; die letzteren sind fast sämmtlich im Betriebe. Jene Vorkehrungen an Maschinen und Apparaten, welche mittelbar oder unmittelbar den Schutz zu bewirken haben, sind durch einen auffallend rothen Anstrich kenntlich gemacht, um die Bestimmung dieser Theile besonders hervorzuheben.

Die Ausstellung für Unfallverhütung in Berlin
Die Ausstellung für Unfallverhütung in Berlin

Das gänzlich aus Eisen erbaute große Ausstellungsgebäude (Skizze 2), in welchem die Hauptgegenstände untergebracht sind, umfaßt fünfzehn geräumige Säle. Gehen wir von der Vorhalle und dem Empfangssaale aus rechts, so kommen wir in den Saal mit Apparaten aus dem Betrieb der preußischen Staatsbahnen, dann kommt die große langgestreckte Maschinenhalle. Wenden wir uns alsdann zur Linken nach dem Mittelpunkte des Gebäudes hin, so betreten wir einen großen Saal mit Kesseln und Kessel-Armaturen und einen anderen für die belgische Ausstellung. Vom Empfangsaal aus in einer Achse liegen sieben Säle in derselben Flucht hintereinander. Der ersten hat die Mülhausener „Gesellschaft zur Verhütung von Fabrik-Unfällen“ vollständig für sich in Beschlag genommen; es sind darin etwa 20 Maschinen verschiedener Art im Betriebe, deren Schutzvorrichuungen das Interesse der Sachverständigen lebhaft erregen.

Die Skizze 7 zeigt uns davon eine Schutzvorrichtung für Kreissägen, bestehend in einer hölzernen Umhüllung. Der zweite Saal enthält außer dem Aufbau für das Reichsversicherungsamt noch die Ausstellungsgegenstände der Rheinisch-Westphälischen Hütten- und Walzwerks Berufsgenossenschaft. Der dritte ist gefüllt mit Arbeiteranzügen und Ausrüstungsgegenständen, Schutzbrillen u. s. w., der vierte ausschließlich mit Gegenständen aus dem Bereiche der Feuerwehr, der fünfte und sechste enthält die österreichische Abtheilung; der siebente endlich umfaßt Rettungsgegenstände aus dem Verkehr zu Wasser und hat als Abschluß ein Bild von Prell, Kaiser Wilhelm H. auf der Kommandobrücke des „Hohenzollern“ darstellend (siehe die Skizze 3). Eine lange Seitenhalle enthält einige vollständig ausgerüstete Personenwagen der preußischen Eisenbahnverwaltung mit einer Lokomotive und einem Hilfsgeräthschaftswagen (siehe die Skizze 4), der benutzt wird, um bei vorkommenden Unfällen die Strecke möglichst rasch wieder fahrbar zu machen.

Skizze 1 stellt eine zur Bezeichnung des Fahrwassers an den Küsten oder Flußmündungen dienende Leuchttonne dar, die verankert wird und einen Leuchtvorrath von 60 Kubikmeter Fettgas enthält, Tag und Nacht brennt und für 3000 Brennstunden ausreicht. Skizze 6 zeigt eine äußerst sinnreiche Vorrichtung, um durchgehende Pferde sofort vom Wagen zu trennen, und Skizze 5 eine Sammlung von Rettungsapparaten für eine Badeanstalt. Aus dem Ausstellungspark ist namentlich die Nachbildung eines Bergwerks und das „feuersichere Theater“ erwähnenswerth.

Dieser Artikel erschien zuerst in Heft 2/1890 von Das Buch für Alle.