Die Chemie ist die Wissenschaft der Ueberraschungen. Eine zufällige Entdeckung kann Klarheit bringen in Dinge, über die wir bisher im Dunkeln getappt, sie kann aber auch das verdunkeln, was uns schon so klar und so selbstverständlich erschien; jede noch so gefestigte Theorie kann über Nacht durch Neues gestürzt werden. Aus den vier Elementen des Altertums wurden die 77 der Neuzeit, und schon beginnt man zu zweifeln, ob denn wirklich viele – oder alle – dieser 77 wahre Elemente, d. h. nicht zusammengesetzte Körper sind.
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Eins der jüngsten Elemente ist das Radium, das das Forscherehepaar Curie in Paris im Uranpecherz auffand. Der gleichzeitig mitgewonnene Stoff, den sie auch für ein Element hielten und Frau S. Curie, die eine geborene Polin ist, zu Ehren „Polonium“ nannten, entpuppte sich später als gewöhnliches Wismut, das die charakteristische Radioaktivität, d. h. die Eigenschaft, spontan Strahlen auszusenden, indirekt entlehnt hatte. Der englische Forscher Sir William Ramsay machte nun vor kurzem die verblüffende Entdeckung, daß Radium in Helium verwandelt werden kann, in ein Gas, das die Spektralanalyse auf der Sonne längst nachgewiesen hat, das auf der Erde aber erst in ganz neuer Zeit gefunden wurde.
Diese Umwandlung, für die weder Sir Ramsay noch irgendein Mensch bis jetzt eine Erklärung geben kann, bedeutet also nichts Geringeres als die tatsächliche Verwandlung eines Elementes in ein anderes. Alte Alchimistenträume erstehen wieder! Wenn erst einmal ein Stoff in einen andern umgeschaffen werden kann, warum sollte es dann nicht glücken, ein verwandtes Metall in Gold umzuwandeln? …
Dieser Artikel erschien zuerst in Die Woche 50/1903.