Arch.: Martin Dülfer in München.
Die Häusergruppe, welche im vergangenen Jahre in der Friedrichstrasse in München, einem neuen stattlichen Strassenzuge hinter der Akademie und vor dem Siegesthor in Schwabing vor München entstanden ist und zu welcher die Grundrisse von dem Besitzer der ganzen Gruppe, dem Bauunternehmer Kalb, die Architektur von Martin Dülfer herrühren, verdient in mehr als einer Beziehung das Interesse weiterer Kreise.
Zunächst wegen des erfreulichen Umstandes, dass ein Bauunternehmer von grossen Gesichtspunkten Werth darauf legt, sich für die künstlerische Gestaltung seiner Unternehmungen die Mitarbeit eines ersten Architekten zu sichern und auf die Anregungen desselben verständnissvoll und bereitwillig einzugehen. Aus dieser Zusammenarbeit derselben Personen ist bereits eine grössere Wohnhausgruppe von monumentaler Haltung in der unmittelbaren Nähe des Siegesthores entstanden, die unzweifelhaft eine hervorragende Bereicherung des Strassenbildes und der Gruppe von Bauwerken, deren Mittelpunkt das Siegesthor ist, bildet.
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In zweiter Linie verdient die Baugruppe der Friedrichstrasse Beachtung wegen ihrer Gruppirung und stilistischen Material-Behandlung. Zwei herrschaftliche Wohnhäuser, an drei Seiten von Strassen umzogen, sind durch einen bescheidenen Verbindungsbau zu einer Einheit zusammengezogen, die in sich durch Vor- und Rücklagen, durch Giebel- und Thurmaufbauten doch wieder ein lebhaft bewegtes Bild zeigt und mit grossem Glück den Charakter der Wohnkaserne vermeidet. Die Flächen wie beinahe alle Architekturglieder, mit Ausnahme vereinzelter Fälle, in welchen Werkstein verwendet wurde, sind in Putzbau durchgeführt und in maassvoller Weise mit Ornament geschmückt, welches sich zumtheil etwas an das Louis seize anschliesst, zumtheil, wie in den Giebelfeldern und am Hauptfries, unter starkem Einfluss naturalistischer Elemente sich an das Ornament des breiten Barockstiles anlehnt, immer aber mit durchaus persönlichem Charakter und unter Vermeidung aller sklavischen Nachahmung. Bei der Flächenbehandlung spielt die Farbe, so bescheiden sie auch auftritt, eine nicht unwesentliche Rolle. Sie unterscheidet den schon durch seine rauhe Struktur veränderten Flächenputz von dem Putz der architektonischen Gliederungen und sie hebt, satt in die Tiefen des Grundes versenkt, das Ornament lebhaft heraus.
Die so erzielte Wirkung ist eine sicher berechnete und mit Erfolg erreichte. Hervorzuheben wären noch die sparsamen architektonischen Gliederungen, die breite Flächenbehandlung, die leicht geschwungenen Erkerausbauten, die maassvollen Dachaufbauten und das interessante Versetzen der Flächen-Fluchten der Fassaden mit den dadurch entstehenden, durch Thonziegel abgedeckten Schrägen und Verschneidungen.
Es ist der Eindruck einer starken, von festem, zielbewusstem Willen beherrschten Persönlichkeit, der aus dem interessanten Werke spricht, das in der Münchener Strassenarchitektur einen hervorragenden Rang einnimmt und auch die diesem Range entsprechende Werthschätzung findet. – .
Dieser Artikel erschien zuerst am 17.03.1900 in der deutsche Bauzeitung, er war gekennzeichnet mit „H.“.