Architekt: Professor Franz Stuck in München. Im Verlaufe des vergangenen Jahres ist in bevorzugter Lage in München, in den Gasteig-Anlagen, das villenartige Einzel-Wohnhaus des Malers Prof. Franz Stuck entstanden, ein Bau, welcher, nach den Entwürfen seines Besitzers errichtet, sowohl aus diesem Grunde wie bei der Stellung, welche Stuck im Kunstleben unserer Tage einnimmt, eine besondere Beachtung beanspruchen darf.
Wir beobachten in der letzten Zeit vielfach die Erscheinung, dass die Schranken unserer durch die Scheuklappen-Aesthetik abgegrenzten Kunstgebiete fallen und dass im Sinne der Einheit der Kunst, wie sie namentlich in der Renaissance bestand, Architekten sich auf verwandten Kunstgebieten und Vertreter dieser Gebiete in der Architektur mit Erfolg bethätigen. Ein Beispiel dafür ist das inrede stehende Wohnhaus.
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Seit einiger Zeit schon haben in München auf den tektonischen Gebieten antike Bestrebungen wieder Eingang gewonnen; wir erinnern an den schönen Ludwigs-Brunnen für Aschaffenburg von Pfann, an den pompejanischen Raum der letzten Münchener Ausstellung von Em. Seidl, an die Formenwahl für die Kraft- und Arbeitsmaschinen-Ausstellung des vergangenen Jahres, an das letzte Münchener Künstlerfest usw. Der Kreislauf der Stile hat sich nach etwa 100jähriger Bahn wieder geschlossen; an die pompejanische Villa in Paris schliesst sich das griechische Wohnhaus in München.
Von letzterem eine ausführliche Beschreibung zu geben, wird durch die zahlreichen Abbildungen unnöthig gemacht. Ein Wort nur für den Grundriss, Er trägt durchaus die Züge individuellen Zuschnittes, ist aber kein Meisterstück räumlicher Gruppirung, wenn auch die Raumgestaltung im einzelnen eine zweckentsprechende und den künstlerischen Absichten des Besitzers entgegenkommende ist.
Es giebt in jeder Kunst doch gewisse Dinge, deren befriedigende Lösung ohne eine reichere Erfahrung auch der entwickelsten Künstlernatur zur Unmöglichkeit wird. Der künstlerische Schmuck aber der Räume ist ein vornehmer, auserlesener und wirkungsvoller; in seiner feinen Abstimmung im Aufwand von Farbe und Form sichert er jedem Raume seine ihm im gesellschaftlichen Leben zukommende Bedeutung.
Die Rohbauarbeiten des Hauses sind durch die Firma Heilmann & Littmann in München zur Ausführung gelangt. Am inneren Ausbau waren thätig Johann Odorico in München für die umfangreichen Steinmosaik-Arbeiten, die Hartmann’sche Parketbodenfabrik für Holzarbeiten, Zwisler & Baumeister für die Marmor-Arbeiten, Rudorffer, Eschle, C. Leyrer, Kampmüller, Hiessmannseder u. a. für die kunstgewerblichen Arbeiten des inneren Ausbaues. Die textilen Ausstattungsstücke wurden dem Hause L. Bernheimer in München entnommen. Das Aeussere wurde mit Terranova der Firma „Terranova-Industrie München“ geputzt. –
Dieser Artikel erschien zuerst am 10.06.1899 in der Deutsche Bauzeitung.