Die neueren Volksbadeanstalten in Hamburg

(Mitgetheilt von Bauinsp. Wulff nach seinem im Arch.- und Ing.-Verein zu Hamburg am 18. Januar 1895 gehaltenen Vortrag.) Auf dem Gebiete der Gesundheitspflege nimmt die Reinlichkeitsfrage unbestritten eine hervorragende Rolle ein, aber die Erkenntniss- ihrer grossen Bedeutung für das Volkswohl, welche bei den alten Kulturvölkern dazu geführt hatte, das öffentliche und private Badewesen auf eine Höhe zu erheben, wogegen unsere modernen Einrichtungen zwergenhaft erscheinen, und welche auch in Deutschland bis weit in das Mittelalter hinein im Volke lebhaft geblieben, dann aber abgenommen hatte und in den Wirren des 30 jährigen Krieges schliesslich fast gänzlich verloren gegangen war, fängt erst gegen die Mitte unseres Jahrhunderts an, in den Kulturstaaten Europas sich wieder Bahn zu brechen.

England, welches 1842 mit der Anlage zweier Badeanstalten und zwar in Verbindung mit öffentlichen Wäscherei-Einrichtungen in Liverpool zuerst vorging, ist auch wohl dasjenige Land, in welchem sich zurzeit das Öffentliche Badewesen wieder am höchsten entwickelt hat. Schon durch Parlamentsakte von 1846 wurde den Stadtgemeinden: und Kirchspielen eine weitgehende Macht zur Aufbringung der Mittel für die Anlage öffentlicher Stadtbäder mit Schwimmhallen und Waschanstalten gegeben. Wie es aber in einem Lande wie England, in welchem alle Bevölkerungskreise so grosses Gewicht auf die Ausbildung zu körperlicher Tüchtigkeit legen, nicht anders zu erwarten ist, hat man sich mit diesem staatlichen Vorgehen nicht begnügt. Es haben sich vielmehr auch das Privatkapital und für die Sache sich interessirende Privatkreise diesem Zweige der Gesundheitspflege zugewandt und es sind unabhängig von dem vorerwähnten Gesetz noch eine ganze Reihe vorzüglich eingerichteter Badeanstalten mit grossen Schwimmhallen entstanden.

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In Deutschland ist die in Hamburg im Jahre 1855 vom Ingenieur W. Lindley als Aktien-Unternehmen mit staatlicher Unterstützung durch freie Hergabe des Bauplatzes und des Wassers nach englischem Vorbilde am Schweinemarkt erbaute Wasch- und Badeanstalt, welche ausser den Einrichtungen der Wäscherei nur Wannenbäder enthält, die erste derartige dem Allgemeinwohl–dienende Anstalt gewesen.

Dem hiesigen Unternehmen folgten dann bald zwei finanziell ähnlich begründete, mit kleiner Schwimmhalle versehene Anstalten in Berlin, denen mit der wieder zunehmenden Erkenntniss des Nutzens derartiger Bäder für die Gesundheit des Volkes in immer rascherer Reihenfolge – zunächst hauptsächlich in den grösseren Städten, dann aber auch in vielen kleineren Orten – den an solch Volksbäder zu stellenden Ansprüchen immer besser entsprechende, auf privaten oder staatlichen bezw. kommunalen Grundlagen erbaute Institute sich anschlossen. Sehr weit entwickelt sind diese Einrichtungen in Westfalen und der Rheinprovinz, wo voraussichtlich bald fast jede kleine Stadt ihre auf das gediegenste eingerichtete öffentliche Badeanstalt mit wenigstens einer bedeckten Schwimmhalle haben wird. Während anfänglich die meisten der in Deutschland entstandenen Volksbadeanstalten (von Flussbadeanstalten immer abgesehen) gemeinnützige Privat-Unternehmungen waren, denen allerdings häufig staatsseitig oder seitens der Gemeinden Beihilfen durch unentgeltliche Hergabe des erforderlichen Geländes, des Wassers usw. gewährt wurde, haben in neuerer Zeit auch die Staats- und Stadtverwaltungen sich veranlasst gesehen, die Erbauung der öffentlichen Bäder selbst in die Hand zu nehmen und auch den Betrieb unmittelbar zu leiten. So sind z. B. in Berlin in den letzten Jahren zwei von der städtischen Verwaltung erbaute Volksbadeanstalten mit bedeckter Schwimmhalle, Wannen- und Brausebädern eröffnet worden. Die in der Thurmstrasse (Moabit) belegene Anstalt wurde im Jahre 1892 fertig gestellt. Das andere an der Schillingsbrücke im Osten der Stadt belegene Bad ist im Jahre 1893 dem Betriebe übergeben worden. Die erstgenannte Anstalt besitzt 56 Wannenbäder, 30 Brausebäder und ihr Schwimmbassin misst 9 m zu 18 m, bei einer grössten Tiefe von rd. 3m. Die letztgenannte Anstalt besitzt ebenfalls 57 Wannenbäder, 70 Brausebäder und ein nur 8 m zu 16 m grosses Schwimmbassin. Die Schwimmhallen sind zu gewissen Tagesstunden nur für Frauen und Mädchen geöffnet. Beide Anstalten werden unter Leitung eines Magistrats-Sekretärs betrieben. Es liegt die Absicht vor, in den nächsten 8 Jahren noch 4 ähnliche Anstalten, auf verschiedene Stadttheile Berlins vertheilt, zu erbauen.

Hamburg besass bisher, ausser seinen ausschliesslich während der wärmeren Jahreszeit benutzbaren öffentlichen Freibädern in der Elbe, Alster und Bille und abgesehen von Privat-Unternehmungen, von denen das Hansabad in der Theaterstrasse ein recht gutes Schwimmbad enthält, sowie den Badezimmern in den Privatwohnungen, welche schon die stattliche Zahl von 16 300 erreicht haben, nur die beiden von der schon erwähnten gemeinnützigen Aktiengesellschaft errichteten Volksbadeanstalten am Schweinemarkt und am Schaarmarkt. Die letzte ist im Jahre 1881 vom Architekten Robertson nach den in seinem im Jahre 1879 in der 7. Versammlung des Vereins für öffentliche Gesundheitspflege erstatteten Referat enthaltenen, von ihm und dem um die hygienischen Einrichtungen unseres Staates hochverdienten Oberingenieur F. Andreas Meyer betreffs der Erbauung von Stadtbädern gemeinschaftlich ausgearbeiteten Grundsätzen erbaut worden und enthält ausser 40 Wannenbädern ein 8,5 m zu 20,5 m grosses, 300 cbm fassendes bedecktes Schwimmbassin. Zu diesen Unternehmungen, die – weil sie staatsseitig durch unentgeltliche Hergabe des Bauplatzes und des zum Betriebe der Anstalt nöthigen Wassers unterstützt werden – einen gewissen öffentlichen Charaker tragen, ist zunächst im Jahre 1892/93 ein unmittelbar von staatlicher Seite erbautes und betriebenes, zu jeder Jahreszeit geöffnetes kleines Brausebad in St. Pauli getreten, das an der Ecke der Davidstrasse und der Kastanienallee liegt und mit 14 Zellen, 10 Männer- und 4 Frauenzellen, ausgerüstet ist.

Brausebad in St. Pauli

Es ist diese im Juni 1893 eröffnete Anstalt gemäss Beschluss von Senat- und Bürgerschaft dem Vorbilde des auf dem Merianplatz in Frankfurt a. M. stehenden Brausebades nachgebildet worden. Die Grundrissform des hiesigen Bades weicht jedoch insofern von derjenigen der Frankfurter Anstalt ab, als letztere, ihrem Standort auf einem freien Platz entsprechend, 8-eckig angeordnet ist, während das hiesige Brausebad, der Lage an der Strassenecke entsprechend 4-eckig, die Eingangsecke abgestumpft ausgebildet wurde, wodurch an Warteraum vor den Zellen gewonnen worden ist.

Die Anordnung der Anstalt ist die folgende. Durch die beiden von einander getrennten Eingänge für Frauen und Männer gelangt man zunächst an die Kasse, die nach beiden Seiten hin Schalterthüren hat. Dann gelangt man durch eine weitere Thür in den Warteraum und Korridor vor den Badezellen. Die Badezellen bestehen aus 2 Abtheilungen. In der vorderen derselben, der mit einer eisernen Eingangsthür versehenen Auskleidezelle, befindet sich in einer Ecke die Ausströmungs-Oeffnung der Luftheizung, unter einem schrankartigen Vorbau, welcher auch zur Anwärmung der Badewäsche gebraucht werden kann. Die dahinter liegende eigentliche Brausezelle war von jener anfänglich durch einen Gummivorhang getrennt, welcher sich jedoch nicht bewährt hat und daher kürzlich ebenfalls durch eine eiserne Thür ersetzt worden ist; sie ist mit einer Vertiefung im Zementfussboden zum Fusswaschen, einem aufklappbaren Sitz mit Hartgummibelag, Seifennapf und Brause ausgestattet. Die Brausen sind so gestellt, dass das Wasser unter einem Winkel von rd. 45 Grad gegen die Horizontale austritt. Mittels der beiden Ventile für die Warm- und Kaltleitung kann der Badende sich das Wasser nach Wunsch mischen.

Der Raum im Erdgeschoss des Gebäudes, der zwischen dem in der Mitte desselben liegenden Schornstein und den Brausezellen sich befindet, dient als Wäsche- und Trockenraum und ist mit den für die Handwäscherei erforderlichen Einrichtungen versehen. Ausserdem sind in diesem Raum, durch welchen auch die Lüftung der Anstalt erfolgt, das Warm- und Kaltwasser-Reservoir von je 2,8 cbm Inhalt und die Kühlapparate untergebracht. Die letzteren wurden deshalb erforderlich, weil die Eröffnung der Anstalt noch in die Zeit vor Fertigstellung der zentralen Sandfiltration fiel und in jener Zeit die Verwendung des ungereinigten, ungekochten Elbwassers auch für Badezwecke der Choleragefahr wegen nicht für zulässig gehalten wurde. Die Sterilisirung des Wassers wurde durch Erhitzung desselben bis zum Siedepunkt in dem im Keller der Anstalt stehenden Heisswasserkessel bewirkt, von dem aus es in die erwähnten nach dem Gegenstromprinzip ausgeführten beiden Kühlapparate gelangte, welche mit einem kleinen, aus den Leitungen der Stadt-Wasserkunst gespeisten Kaltwasser-Reservoir in Verbindung stehen; in dem einen dieser Apparate auf 40 Grad C., in dem anderen auf 20 Grad C. Gekühlt, wurde es schliesslich den beiden Verbrauchs-Reservoiren zugeführt. Das zum kühlen benutzte vorgewärmte Wasser gelangt in den Heizwasserkessel. Der Einfluss für das gekochte Wasser liegt am Kopf der Apparate einige Centimeter höher, als die Oberfläche des kleinen Speise-Reservoirs des Kessels, es muss das Wasser also wirklich kochen, um in den Apparat auslaufen zu können; im anderen Falle würde, da dann Gleichgewicht der Wassersäulen vorhanden wäre, kein Auslaufen stattfinden können. Die Apparate für das Warm- und Kaltwasser sind ganz gleich konstruirt, die grössere Abkühlung in dem Kaltwasser-Apparat wird durch langsamere Zuführung des gekochten Wassers bewirkt. Nach Fertigstellung der zentralen Sandfiltration ist der Kühlapparat für das Kaltwasser ausser Thätigkeit gesetzt worden und das betreffende Reservoir wird unmittelbar aus der städtischen Leitung gespeist. Der Apparat für das Warmwasser ist aber beibehalten, da eine Veränderung der betreffenden Leitungsanlagen mancherlei Schwierigkeiten und nicht unerhebliche Kosten gemacht haben würde

Im Keller der Anstalt befindet sich ebenfalls der Luftheizofen mit einem gemauerten Verbrennungsraum mit Schüttfeuerung und daran anschliessendem eisernen Rippenheizkörper. Die frische Luft wird der Heizkammer durch einen gemauerten Kanal zugeführt. Die Leitungen der Heiz- und Zirkulationsluft sind, soweit sie innerhalb des Kellers liegen, in Monierkonstruktion und im übrigen aus glasirten Thonrohren hergestellt. Sowohl die Feuerung des Heisswasserkessels, als des Luftheizofens erfolgt mit Gaskoaks.

Das Aeussere des Gebäudes ist in einfachem Backstein-Fugenbau mit rauhem Zement-Füllungsputz gehalten. Die Zellenwände sind, namentlich um Platz zu gewinnen, in 4 cm starker Monierkonstruktion ausgeführt. Alle inneren Wandflächen des Gebäudes sind geputzt und gemalt.

Es lag anfänglich in der Absicht, jedem Badenden nach dem sogenannten „Börner’schen“ System, ausser einer beliebigen Menge kalten Wassers, in einem Reservoir nur eine bestimmte Menge warmen Wassers und zwar 50 zur Verfügung zu stellen. Da sich diese Methode aber im allgemeinen nicht gut bewährt hat und man fast allenthalben dort, wo sie eingeführt war, wieder davon abgegangen ist, wurde auch bei der hiesigen Anlage davon Abstand genommen und die Einrichtung derart getroffen, dass nunmehr jeder Badende nach Belieben soviel warmes Wasser für sich verwenden kann, als es ihm in der für das Bad zur Verfügung stehenden Zeit von 20 Minuten (einschl. Aus- und Ankleiden) möglich ist (System Lassar). Hierbei stellt sich nun der Gesammtverbrauch für den Besucher und das Bad, einschl. des für die Reinigung der Anstalt und die Wäsche nöthigen Wassers nicht höher, als die für jeden Badenden angenommenen 50 l. Der Preis des Bades, einschl. Seife und Handtuch, beträgt 10 Pf.

Der Bau ist vom Staat an einen Uebernehmer verpachtet, der die Anstalt zusammen mit einer Wärterin, welche auch die Wäscherei besorgt, betreibt. Im Eröffnungsjahr 1893 betrug der Besuch durchschnittlich 147 Personen auf den Tag. Er war in den warmen Monaten ein bedeutend stärkerer, als in den kälteren Monaten, und von den Wochentagen sind der Sonnabend und der Sonntag (an letztgenanntem Tage wird nur bis Mittags gebadet) die bevorzugtesten. Das Jahr 1894 zeigte annähernd dieselbe Besuchsziffer. Es badeten im letztgenannten Jahr imganzen 48 138 Personen, demnach durchschnittlich am Tage 132 Personen. Es können aber ohne Ueberanstrengung der Einrichtungen der Anstalt 450 Bäder am Tage gegeben werden. Am 7. Juli 1894 sind sogar 597 Bäder verabreicht worden. Der Besuch des Bades bleibt hiernach hinter den gehegten Erwartungen zurück. Namentlich macht nach den Mittheilungen des Pächters der Arbeiter verhältnissmässig wenig Gebrauch von der Einrichtung; vielmehr gehören die Besucher hauptsächlich den kleinbürgerlichen Kreisen an. – (Schluss folgt.)

Die neueren Volksbadeanstalten in Hamburg.

Auch in Hamburg beabsichtigt man, nach und nach alle Distrikte mit im Winter und Sommer geöffneten Volksbade-Anstalten auszustatten und dabei im Hammerbrook, sowohl wegen seines Charakters als Fabrikdistrikt, als auch deshalb, weil der Staat hier nicht im Besitz von Plätzen sich befindet, welche für die Anlage von grösseren Anstalten mit Swimmhallen geeignet erscheinen und weil das vorhandene Marschgelände für derartige grössere Bauten kostspieligere Gründungen erforderlich machen würde, an verschiedenen Stellen Brausebäder, u. Umst. in Verbindung mit Wannenbädern, zu errichten.

Zunächst ist mit der Erbauung der nachstehend beschriebenen Volksbade-Anstalt auf dem Schäferkamp, an deren Entstehung Oberingenieur F. Andreas Meyer ebenfalls einen hervorragenden Antheil hat, in dem ehemaligen Vorort Eimsbüttel der Anfang gemacht worden.

Dieselbe ist gemäss den vom Senat und Bürgerschaft im Juni 1893 genehmigten Plänen errichtet worden.

Ursprünglich sollte der Zugang zur Anstalt von der Ecke der Strassen Hoheweide-Weidenstieg erfolgen; wegen Erbauung der Realschule am Weidenstieg, wobei das Gelände des genannten Zugangs mit für Schulzwecke herangezogen werden musste, wurde der Bauplatz für die Badeanstalt weiter nach Nordost verschoben und der Zugang von der Strasse Hoheweide her geschaffen.

Volksbadeanstalt auf dem Schäferkamp in Hamburg – Lageplan

Die Anordnung der Anstalt ist die folgende. Auf dem 5 m breiten Zugang gelangt man über die vor dem Hause liegenden Treppen an die zwischen den Eingangsfluren liegende Kasse, welche rechts den Schalter der Frauenabtheilung, links denjenigen der Männerseite hat. Von den Vorplätzen der Kasse führt auf jeder Seite eine Treppe hinunter zu den im Keller belegenen Warteräumen II. Kl. und durch diese hindurch zu den Wannenbädern II. Klasse. Die Warteräume und Wannenbäder I. Klasse liegen im Erdgeschoss und sind ebenfalls von den genannten Vorplätzen zugänglich. Die Gesammtzahl der Wannen beträgt 60. Hiervon entfallen auf die Männerseite 40 und auf die Frauenseite 20. Diese theilen sich auf der Männerseite wieder in 12 Wannen I. Klasse und 28 Wannen II. Klasse, auf der Frauenseite in 7 Wannen I. Klasse und 13 Wannen II. Klasse. Die Grösse der Zellen beträgt, abgesehen von einigen anormalen, 2,10 m zu 2,04 m; die Zellenwände sind nicht bis unter die Decke geführt. Für Abortanlagen ist in diesen Räumen in genügender Weise Sorge getragen. Der Fussboden des Erdgeschosses liegt rd. 1,50 m über Erdgleiche, der Kellerfussboden ungefähr 2,20 m unter derselben. Die Höhe der Räume der Wannenbäder II. Klasse beträgt bis Unterkante Gewölbeträger 3 m, die Höhe der Räume I. Klasse beträgt 3,50 m. Durch den Korridor, welcher hinter der zu den Dienstwohnungen hinaufführenden Treppe belegen ist, gelangt man an der Wäscheausgabe vorüber in die Schwimmhalle. Diese enthält, um das bei 400 cbm Wasserinhalt 228 qm Wasserfläche (12 m zu 19 m) haltende Schwimmbassin gruppirt, an den beiden kurzen Seiten über einander 53 hölzerne 1,50 x 1,34 m grosse Auskleidezellen und 14 freiliegende Bankplätze. Wie es bei den modernen Schwimmhallen üblich ist, führt um das Bassin herum ein Umgang, welcher nur mit unbekleideten Füssen betreten werden darf, während das Betreten der Auskleidezellen von dem aussen herumführenden Korridor aus erfolgen muss. Der 50 cm über das Bassin übergebaute Umgang ist mit einem Cocosläufer belegt. Vor dem tiefen Ende des Schwimmbassins liegt las Reinigungsbad, welches jeder Badegast, bevor er sich ins Bassin begiebt, zu benutzen hat. Dasselbe enthält 6 Brausen mit Schaffstädt’schen Mischhähnen, sowie eine Strahl- und eine Regendouche für kaltes Wasser und ausserdem 2 flache Wannen in Monier-Konstruktion, welche einen immerwährenden Zulauf frischen warmen Wassers erhalten, worin namentlich die Füsse gebadet werden sollen. Am flachen Ende des Bassins neben den Zugangstreppen befinden sich noch eine kalte Strahldouche und eine kalte Regendouche. Die Tiefe der Bassins am flachen Ende beträgt 0,75 m, am tiefen Ende 2,70 m. Das Bodengefälle ist ein gleichmässiges. Am tiefen Ende führen neben dem Sprungbrett 2 Leitern aus dem Wasser heraus. An diesem Ende liegt in der linken Ecke das durch einen Abschlusschieber verschlossene 30 cm weite Abflussrohr, welches sich an die 38 cm weite Hauptsiel-Leitung anschliesst; in der rechten Ecke liegt das Saugrohr für den Pulsometer, welcher dazu dient, das im Schwimmbassin befindliche Wasser in fortwährender Bewegung zu erhalten, zu welchem Zwecke derselbe das geförderte Wasser durch eine in dem Kanal, welcher in dem um das Bassin herumführenden Umgang angelegt ist, liegende Leitung, zu dem am flachen Ende des Bassins stehenden, die Gestalt eines in Kupfer getriebenen Riesenfrosches zeigenden Wasserspeier befördert; dem Umlaufswasser wird dabei das kontinuirlich zugeführte frische Zuflusswasser beigemischt. Durch die um das Bassin in der Wasseroberfläche herumlaufende Rinne wird sowohl das Oberflächenwasser des Bassins wie das Ablaufswasser vom Fussboden des Schwimmbassins dem oben erwähnten Kanal zugeführt und durch ihn in das Haussiel geleitet. Für die Benutzung beim Schwimmunterricht sind auf beiden Längsseiten des Bassins, welches keine Geländer-Einfassung erhalten hat, zwei bewegliche Ausleger mit kurzen Geländerstücken vorgesehen. An dem äusseren Umgang der Schwimmhalle liegt die Abortanlage und ein Raum zur Aufbewahrung der Abonnentenwäsche.

Am mittleren Lichthof liegt der Wasch- und Trockenraum, unter letzterem ein Utensilienkeller mit Abortanlage für das Personal. Aus diesem Kellerraum kann auch die aus den Wannenbädern kommende gebrauchte Wäsche mittels eines maschinell betriebenen Aufzugs in den Waschraum befördert werden. Der Waschraum enthält 2 Einweichfässer, ein Kochfass, eine Wasch- und Spülmaschine und eine Zentrifuge. Im Trockenraum, worin der Koulissen-Dampftrockenapparat sich befindet, welcher, um das Gelbwerden der Wäsche möglichst zu hindern, mit einem Oberlicht ausgestattet ist, steht eine Maschinen-Mangel. An letzteren Raum schliesst sich der Wäsche-Aufbewahrungsraum an. Letzter ist nur ein Proyisorium, da er, wenn das für die Zukunft in Aussicht genommene Damen-Schwimmbassin zur Ausführung kommt, den Zugang zu der hierfür zu schaffenden Schwimmhalle bilden wird.

Volksbadeanstalt auf dem Schäferkamp in Hamburg – Grundriss Erdgeschoss

Hinter dem Wasch- und Trockenraum, zwischen der Maschinenstube und der Schwimmhalle, befindet sich das Kesselhaus. Es enthält 2 Cornwall-Dampfkessel mit je 1 Flammrohr zur Herstellung von Dampf von 3 Atm. Ueberdruck für die Versorgung der Heizeinrichtungen der Anstalt, für den Umwälzungs-Pulsometer des Schwimmbassins, für die Wäscherei und den Trockenapparat und für die 5 pferdige Maschine, welche die Wäschereimaschinen treibt. Ferner enthält es die beiden Zweiflammrohrkessel, in denen das für die Anstalt erforderliche Heisswasser auf rd. 90° C, erhitzt hergestellt wird. Je einer der erwähnten Kessel dient als Reserve und es ist diese ganze Anlage überhaupt so bemessen, dass sie auch für ein hinter den Wannenbaderäumen der Frauenseite des Hauses der Zukunft vorbehaltenes Frauenschwimmbad mit ausreicht. Neben dem Kesselhause liegt rechts die Maschinenstube und links der Raum, in welchem der Umwälzungs-Pulsometer und ein Körting’scher Strahlapparat (letzter im Sommer zur Wirksamkeit kommend, wenn durch den Pulsometer die Wassertemperatur des Schwimmbassins in unerwünschter Weise erhöht werden sollte), sowie ein heizbarer Verschlag zum Trocknen von Fussläufern und Korken untergebracht sind. Vor dem Kesselhaus liegt die Kohlenkasematte, zu welcher von der Strasse her ein Schienengleise von 50 cm Spurweite für Handbetrieb führt. Die Kasematte hat Raum für eine Kohlenmenge, die für etwa 3 Monate des stärksten Anstaltsbetriebes genügen wird. Die Kohlen werden aus dieser Kasematte mittels eines durch den Druck in den Leitungen der Stadtwasserkunst betriebenen hydraulischen Aufzuges auf kleinen Wagen von 4 hl Inhalt ins Kesselhaus befördert.

Volksbadeanstalt auf dem Schäferkamp in Hamburg – Grundriss des Kellers

Die hinter der Kasse liegende Treppe führt zu den im 1. Obergeschoss liegenden beiden Dienstwohnungen hinauf. Damit die betreffenden Familien nicht nöthig haben, die für das Badepublikum bestimmten Eingänge der Anstalt zu passiren, ist ein besonderer Zugang zu diesen Wohnungen vom Keller her geschaffen, welcher vor der Anstalt in einem kleinen Fachwerkshäuschen endigt.

Eine besondere Gebäude-Gründung war nicht erforderlich; es konnten die gemauerten Fundamente unmittelbar auf dem vorhandenen, aus sandigem Lehm bestehenden festen Baugrund angelegt werden.

Die Ausstattung des Bauwerks ist eine ganz einfache. Das Hauptgewicht ist auf die Verwendung guter haltbarer Baustoffe gelegt. Aeusserlich zeigt sich das Gebäude als ein schlichter rother Backsteinbau, dessen Fensterschrägen, äussere Gesims- und Sockelschrägen und Fensterbänke mit Platten aus sogenanntem belgischen Granit (Marmor) belegt sind. Innen sind mit Ausnahme der Wände der Zellen der Wannenbäder, des Reinigungsbades und der Wände an den zu den Wannenbädern II. Klasse führenden Treppen, sowie der Abortanlagen, die Mauer- und Gewölbeflächen geputzt und gemalt und nur die Ecken und Sockel mit rothen Backsteinen verblendet. Die vorhin ausgenomrnenen Wände sind mit glasirten Platten aus den Mettlacher und Witteburger Fabriken belegt; ebenso die Stirnwände vor den Wannen.

Sämmtliche Korridore sind mit Sinziger Platten belegt. Die übrigen Fussböden des Erdgeschosses und des Kellers, mit Ausnahme der Warteräume der Wannenbäder I. Klasse und der Kasse, welche Holzfussböden erhalten haben, wurden als Zementfussböden, in der Schwimmhalle mit Thonfliesenfries, hergestellt. Der Fussboden des Schwimmbassins ist ebenfalls mit Platten aus der Sinziger Fabrik, die Wände sind mit weissglasirten Platten aus den Fabriken von Villeroy & Boch (Mettlach) belegt; aus letztgenanntem Material bestehen auch die um das Schwimmbassin herumlaufende Rinne mit den dahinter liegenden Abfluss- und Spucköffnungen, sowie der Unterbau des Wasserspeiers. Der Einfassungswulst des. Bassins besteht aus Teakholz.

Volksbadeanstalt auf dem Schäferkamp in Hamburg – Schnitt

Das Mittelschiff der Schwimmhalle hat eine spitzborige Holzdecke, die beiden Seitenschiffe haben Monierdecken in Kreuzgewölbeform erhalten.

Mit Ausnahme der Dächer des Kessel- und Waschhauses, welche mit Wellblech gedeckt sind, wurden die Dachflächen des Gebäudes mit gutem Moselschiefer in deutscher Deckung belegt.

Die Räume des Gebäudes werden, mit Ausnahme der Dienstwohnungen, welche Ofenheizung erhalten haben, sämmtlich mittels Dampfheizung von 3 Atm. Spannung erwärmt. In den Zellen der Wannenbäder sind Rippenheizkörper unter der Sitzbank angebracht. Im übrigen sind an passenden Stellen an den Wänden und in den Nischen unter den Fenstern diese Heizkörper, entsprechend verkleidet aufgestellt. Die Temperatur der Schwimmhalle und der Räume für die Wannenbäder soll mittels der Heizung auf 21 Grad C., die Temperatur der übrigen Räume auf 18 Grad C. gehalten werden. Die Dampfleitungen für die Heizung bestehen aus 3 Hauptsträngen, einem für die Schwimmhalle und die zugehörigen Räume, einem für die Wannenbäder der Männerseite und einem für die Wannenbäder der Frauseite, welche jede für sich an den Dampfvertheilern im Kesselhause abgesperrt werden können. Ausserdem können die Leitungen der I. und II. Klasse jede für sich abgeschlossen werden. In der Hauptsache kann das Kondenswasser mittels Kondenstöpfen nach Erforderniss in das Schwimmbassin oder in das Haussiel abgeführt werden. Auch der Abdampf der Maschine kann ins Schwimmbassin oder, wenn erforderlich, zum Dach hinausgeführt werden. Einige Leitungen (Reinigungsbad, Trockenapparate usw.) entwässern auch in das Speisereservoir des Kesselhauses.

Die Zuführung der frischen Luft erfolgt sowohl in der Schwimmhalle als auch in den Wannenbädern hinter einigen der an den Korridoren stehenden Heizkörper, so dass die Luft vorgewärmt in die Räume gelangt. Die Abführung der schlechten Luft erfolgt in der Schwimmhalle und in den Wannenbädern durch unter oder nahe den Decken angebrachte Dunstabzüge mit Klappen- oder Jalousieverschluss. Für den Sommer ist ausserdem noch eine reichliche Lüftung mittels in den Fenstern angebrachter Klappen- und Jalousie-Verschlüsse vorgesehen.

Das zum Betriebe der Anstalt erforderliche Wasser wird der städtischen Wasserleitung mittels eines an die 30 cm weite Hauptleitung im Weidenstieg und vorsichtshalber auch an die in der Strasse Hoheweide liegende 10 cm weite Wasserleitung angeschlossene, 15 cm weite Versorgungsleitung entnommen, welche sich hinter dem im Keller liegenden Wassermesser in die verschiedenen für den Betrieb erforderlichen Rohrstränge verzweigt. Einer dieser Stränge versorgt die im 1. Obergeschoss hinter den Wohnungen stehenden Wasser-Reservoirs von je ungefähr 24 cbm Inhalt. Von diesen Reservoirs, welche durch eine Rohrleitung mit einander verbunden sind und in welche das Expansionsrohr der Heisswasserkessel mündet, wird das Wasser diesen Kesseln, dem Reinigungsbad, den Douchen am Schwimmbassin und der Wäscherei zugeführt. Das am hinteren Ende den Heisswasserkesseln aus den Reservoirs zugeführte kalte Wasser steigt erhitzt in den Röhren am vorderen Ende desselben bis unter das Dach des Kesselhauses und wird von hier ebenfalls durch die verschiedenen Stränge seinen Bestimmungsorten zugeleitet. Alle Kalt- und Heisswasserleitungen sind mit den erforderlichen Schieberabschlüssen versehen.

Volksbadeanstalt auf dem Schäferkamp in Hamburg

Bis auf einige Stücke der Kaltwasserleitung, welche unter dem Fussboden liegen, sind sämmtliche Wasserversorgungsrohre, Dampf- und Kondensleitungen so verlegt, dass sie frei zugänglich sind. Die Rohre der Wasserleitungen für Badezwecke von 50 mm Durchmesser und abwärts, sowie die Dampf- und Kondensleitungen sind aus Kupfer hergestellt. Die Wasserleitungsrohre von über 50 mm Weite sind dagegen aus Gusseisen und zwar die zuerst genannten unter dem Fussboden liegenden und die die Zuleitung zur Anstalt bildenden als Muffenrohre, alle übrigen als Flanschenrohre hergestellt.

Die Wannenbäder beider Klassen enthalten beste englische, innen glasirte Fayence-Wannen mit darüber liegender kalter Douche. Die Wannen sind oben mit Platten aus belgischem Granit (Marmor) abgedeckt, aussen vermauert und mit Kacheln bekleidet. Von den Kalt- und Warmwasserleitungen, welche mit den Korridorwänden der Wannenbäder auf Konsolen gelagert sind, führen Ableitungen bis zu dem vor jeder Zelle am Korridor liegenden, nur vom Wärterpersonal mittels eines aufzusetzenden Griffes zu Öffnenden Mischventil, an welches sich das zum Füllen der Wannen dienende kupferne Mündungsrohr anschliesst. Für die Douchen der Anstalt ist nicht die sonst übliche Brauseform gewählt, sondern es sind, um das bei den letzten vorkommende Nachtröpfeln und das Verstopfen der feinen Durchlöcherungen zu umgehen, Körting’sche Patent-Zentrifugal-Streudüsen angewandt.

Aus den mit Gummistöpseln verschlossenen Abflussöffnungen der Wannen gelangt das gebrauchte Wasser in die in der Decke bezw. dem Fussboden der II. Klasse liegenden gemauerten und geputzten Abflusskanäle, über welchen in jeder Zelle ein mit Geruchverschluss versehener Rost liegt, um das übergespritzte und das Reinigungswasser aufzunehmen und um etwa in den Abflusskanal gelangte verlorene Gegenstände aus diesen Oeffnungen wieder herausnehmen zu können. Zu diesem Zweck befinden sich an den genannten Stellen der Kanäle Absätze, hinter denen sich derartige Gegenstände fangen sollen. Die Abflusskanäle schliessen sich unter dem Kellerfussboden an die äusseren Haussiele an, wobei ebenfalls an geeigneten Stellen die erforderlichen Geruchverschlüsse eingeschaltet sind. Die sämmtlichen in der Badeanstalt liegenden Abflussleitungen sind starke gusseiserne Muffenrohre. Ausserhalb des Hauses liegen Thonrohrleitungen.

Die Klosets sind sämmtlich freistehende sogen. amerikanische Klosets (Systeme Tornado und Simplex), welche mittels des Aufzuges stark und reichlich gespült werden können. Die Pissoirs sind mit automatischer, in gewissen Zeitabschnitten energisch wirkender Spülung ausgerüstet.

Die Anstalt wird durch eine Gasanlage, welche aus 150 Einzeflammen und ausserdem aus 5 Regenerativlampen am Schwimmbassin besteht, beleuchtet. Auch die Weite der Gasleitungen ist so gewählt, dass bei Ausführung des der Zukunft vorbehaltenen Frauenschwimmbades keine wesentlichen Aenderungen der Leitungen nöthig sein werden.

Die Eröffnung der Anstalt, deren Betrieb nicht staatsseitig, sondern von derselben Aktiengesellschaft ausgeübt wird, welche wie vorhin erwähnt, die beiden Anstalten am Schaarmarkt und Schweinemarkt betreibt, erfolgte am 30. März d. J. Für das zum Betriebe erforderliche Wasser empfängt der Staat keine Vergütung. Die annähernd 380 000 M. betragenden Ausführungskosten der Anstalt werden von der Gesellschaft dem Staate verzinst.

Dieser Artikel erschien zuerst in zwei Teilen am 02. & 05.10.1895 in der Deutsche Bauzeitung.