Das Haus der Studentenverbindung „Frankonia“ am Platzl in München

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Architekten: Heilmann & Littmann in München.

Seit einer Reihe von Jahren schon treten bei den studentischen Verbindungen der deutschen Hochschulen Bestrebungen nach dem Besitze eigener Verbindungshäuser hervor, die zum Theil zu sehr bemerkenswerthen architektonischen Lösungen geführt haben, und zwar sowohl in den kleineren Hochschulstädten, wo die Studentenhäuser vielfach als freie, in villenartiger Anordnung malerisch gruppirte Bauten entstanden, wie auch in den Grosstädten, wo sie sich als Reihenhäuser in die Strassenlinie einfügen mussten.

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Das bis jetzt schönste und bemerkenswertheste Beispiel für letztere Anordnung bietet München, wo am Platzl nach dem Umbau des Hofbräuhauses und nach Abtragung einiger alter Baulichkeiten ein grösseres Strassengelände frei wurde, das sich vom Hofbräuhaus bis an den Schnittpunkt der Neuthurmstrasse hinzieht und wenn wir nicht irren – von der Firma Heilmann & Littmann mit der Absicht erworben wurde, nur eine dem Charakter des neuen Hofbräuhauses harmonisch sich angliedernde Architektur zuzulassen. Diese Absicht ist in bester Weise erreicht worden und heute bietet sich das ehemals nicht eben eine Perle unter Münchens Plätzen gewesene Platzl als eine kleine Platzbildung von hohem malerischem Reiz dar. Das ist erreicht durch die verständnissvolle Gruppirung des neuen Hofbräuhauses, durch die interessante Ausbildung, die Osterrieder dem gegenüberliegenden Geschäftshause gegeben, durch den Umbau des Orlando di Lasso und hauptsächlich auch durch die architektonische Ausbildung der vier Studentenhäuser, die sich an das Hofbräuhaus bis zur Neuthurmstrasse hin anschliessen. Die Ecke am Platzl und Neuthurmstrasse bildet das „Bayernhaus“, ihm folgt das Haus der „Makaria“, diesem das hier kurz zu schildernde Haus der „Frankonia“, an welches sich das der „Rheno-Palatia“ anschliesst.

Das Haus der Studentenverbindung Frankonia am Platzl in München
Das Haus der Studentenverbindung Frankonia am Platzl in München

Das ohne Zweifel eigenartigste dieser Verbindungshäuser ist das nach den Entwürfen von Heilmann & Littmann ausgeführte Frankenhaus. Es erhebt sich auf einer nur etwa 10 m breiten und nicht sehr tiefen Baustelle und dient im Gegensatz zu den übrigen Studentenhäusern, die bei den hohen Bodenwerthen der Verzinsung des Anlagekapitals ihren Einfluss einräumen mussten und daher ausser zu rein studentischen auch noch anderen Zwecken dienstbar gemacht wurden, nur den geselligen Anforderungen der Verbindung Frankonia.

Das Haus baut sich in Keller-, Erd-, Zwischen- und Hauptgeschoss auf. Es enthält im Keller nach vorne eine Hausmeisterwohnung, darunter die Heizanlage, dahinter eine Kegelbahn. Ein halbkreisförmig abgeschlossener, geräumiger Fechtsaal nimmt die sonst Hofzwecken dienende Fläche ein und ist durch Oberlicht beleuchtet. Das erhöhte Erdgeschoss enthält nach vorne, durch ein breites Korbbogenfenster ausgezeichnet, die Kneipe der Philister, nach rückwärts die Bibliothek. Hauseingang und Hausflur sind auf die nothwendigsten Abmessungen beschränkt. Das Zwischengeschoss, das durch einen wappengeschmückten Erker ausgezeichnet ist, wird nach der Strasse durch einen geräumigen Kneipraum mit Schenke und Kleiderablage, nach dem Hofe durch ein Konventzimmer in Anspruch genommen. Im Hauptgeschoss liegt, die volle Breiten-Entwicklung der Fassade einnehmend, der Festsaal, zu welchem man nach Zurücklegung einer einläufigen Treppe, die vom Erdgeschoss zum ersten Obergeschoss führt, auf einer zweiarmigen, nach rückwärts gelegenen Treppe gelangt. Hinter dem Festsaal liegen das Buffet, Nebenräume und eine zur Musikertribüne und Küche führende kleine Treppe.

Das Haus der Studentenverbindung Frankonia am Platzl in München - Grundrisse
Das Haus der Studentenverbindung Frankonia am Platzl in München – Grundrisse

Die vorzügliche Raumausnutzung ist aus den umstehenden Grundrissen, sowie aus dem schematischen Durchschnitt mit genügender Klarheit zu erkennen. Die Vorzüge der Anlage kommen in der Architektur des Aeusseren zu sprechendem und wahrem Ausdruck. Mit grosser Kunst ist die Flächenbehandlung des Erdgeschosses in die starke Theilung der Obergeschosse übergeleitet und mit feinem Gefühl ist durch den Erker über dem Eingang ein bescheidenes Relief in die sonst in Oeffnungen aufgelöste Fassade gebracht. Die Pfeilerarchitektur, die Bekrönung derselben durch eine reichere Attika, die Bildung der Dachform und der trennende Giebel, alles das ist mit so echtem Ausdruck geschaffen, dass man wähnen könnte, eine etwa der schmalen Hausfassaden Danzigs nach München übertragen zu sehen. Bei aller Bescheidenheit der Aufgabe ist dieselbe hier mit einem grossen und liebevollen Eingehen auf ihre besonderen Erfordernisse gelöst. –

Dieser Artikel erschien zuerst am 17.02.1900 in der Deutsche Bauzeitung.