Ein bedrohtes altes deutsches Baudenkmal

Ueber ein bedrohtes deutsches Baudenkmal am Rhein, in seinen frühen Theilen im 12. Jahrhundert erbaut, enthielt die „Kölnische Zeitung“ die folgenden Ausführungen:

„Die Stadt Andernach, die unter den kleinen Rheinstädten zwischen Köln und Koblenz weitaus den grössten Reichthum an mittelalterlichen Denkmälern aufweist, die sich von je der Beachtung aller rheinischen Kunstfreunde und der besonderen Fürsorge der rheinischen Provinzialverwaltung zu erfreuen gehabt haben, ist noch immer von einer bedenklichen Verunstaltung bedroht, die ihr wichtigstes und schönes profanes Denkmal ganz entstellen würde, und zwar von einer Seite bedroht, die sonst immer selbst aufs lebhafteste für die Erhaltung der Denkmäler eintritt: von dem Staate. Mitten in den wundervoll malerischen Ruinen der erzbischöflichen Burg, der aus der Mitte des 14. Jahrhunderts stammenden südlichen Grenzfeste des Erzstifts Köln, die die ganze südliche Stadtansicht beherrscht, soll das neue Amtsgericht aufgeführt werden, das die ganze Hauptfassade der Ruine verdecken und zerschneiden würde, und aus keinem anderen Grunde, als weil die Burg, die als früheres kurkölnisches Schloss jetzt fiskalisch ist, zufällig dem Justizfiskus überwiesen ist und dieser die Kosten für den Grunderwerb sparen will.

Die königliche Regierung und der Provinzialausschuss, die staatliche und die provinziale Denkmalpflege haben sich aufs entschiedenste gegen diese Verunstaltung erklärt, aber der Staat zeigt sich noch immer nicht geneigt, diesen nur zu berechtigten Wünschen nachzugeben. Die Stadt Andernach, die das grösste Interesse daran haben muss, dass eines ihrer schönsten Denkmäler nicht durch moderne Einbauten geschädigt werde, hat wesentliche Opfer gebracht, um die Ruine von der Wallseite freizuhalten, jetzt gedenkt der Justizfiskus die Ruine dafür von der Stadtseite zu verbauen. Wie peinlich das wirken muss, versteht nur der, der erfahren hat, mit welcher Zähigkeit und welcher Härte der Staat auf die Erhaltung solcher Ruinen drängt, sobald sie sich im Besitze von Gemeinden befinden. Es darf doch nicht der Eindruck aufkommen, als ob er diesen idealen Standpunkt nur auf Kosten anderer und aus der Tasche anderer vertreten könnte.

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Die Klagen haben sich jedenfalls gehäuft, dass gegenüber der Opferwilligkeit der Gemeinden und der rheinischen Provinzial-Verwaltung, die jährlich über 100 000 M. für die Erhaltung ihrer Denkmäler aufbringt, die Leistung des Staates in der Rheinprovinz nicht Schritt hält und weder im Verhältniss steht zu der Fülle der hier vorhandenen Denkmäler, noch seiner eigenen Würde entspricht. Im vorliegenden Falle handelt es sich zudem nur um ein paar Tausend Mark für den Erwerb eines von der königlichen Regierung vorgeschlagenen anderweitigen Bauplatzes, um die jetzt das Finanzministerium knausert. Hoffentlich findet dieser unwürdige Zustand bald ein Ende: wenn irgendwo, so hat der Staat gerade hier, bei diesen idealen Fragen, mit gutem Beispiel voranzugehen. Und im Anschluss daran erinnert sich der Justizfiskus vielleicht auch seiner Verpflichtung zur baulichen Unterhaltung und zur Sicherung der Burgruine.“

Ein bedrohtes altes deutsches Baudenkmal

Vorstehende Zeilen bringe ich zur Kenntniss der Herren Kollegen, ohne zu den Thatsachen selbst etwas hinzufügen zu können. Das beifolgende Bild giebt jedoch einen Begriff des augenblicklichen Zustandes der bedrohten Ruine. Bestrebungen, welche diese schönen Reste einer unserer vielen Burgen vor jeder Beeinträchtigung bewahren sollen, werden alle Fachgenossen sicher gerne unterstützen. Geschichtlich ist zu bemerken, dass die Burg nach Piper 1109 (auf römischen Resten) erbaut und 1355 zuerst zerstört wurde. 1365 wieder hergestellt, 1491 neugebaut, wurde sie 1688/89, wie so viele andere unserer herrlichen deutschen Schlösser, von den Franzosen endgiltig zur Ruine gemacht. Bodo Ebhardt, Berlin-Grunewald.

Dieser Artikel erschien zuerst am 20.07.1898 in der Deutsche Bauzeitung.