Als wir unmittelbar nach der feierlichen Enthüllung des Kaiser Wilhelm-Denkmales in Koblenz, in No. 71 u. Bl., dieser gewaltigen Schöpfung einen kurzen Bericht widmeten, mussten wir uns damit begnügen, unseren Lesern die Erscheinung desselben in einer Ansicht vorzuführen, die – einer älteren Zeichnung von Prof. Bruno Schmitz nachgebildet – zwar die allgemeine Anordnung des Denkmals und seine Lage in der Landschaft trefflich wiedergiebt, aber mit der wirklichen Ausführung nicht ganz übereinstimmt und auch die künstlerischen Einzelheiten des Werks nicht ausreichend deutlich macht.
Wir behielten uns deshalb eine Ergänzung jenes Berichtes vor und lösen nunmehr unser Versprechen, indem wir einerseits eine Ansicht des Denkmals nach photographischer Aufnahme sowie einen auf die Umgebung desselben erstreckten Lageplan nachtragen, andererseits einige auf Maassangaben gestützte technische Erläuterungen hinzufügen. Die Grundlagen für letztere sowie der Lageplan sind einer von der Rheinischen Provinzial-Verwaltung herausgegebenen Festschrift bezw. einem sachverständigen Berichte der Köln. Ztg. entnommen: die inanbetracht der ungewöhnlich schwierigen Aufnahme-Verhältnisse bestens gelungene Photographie verdanken wir Hrn. Hofphotograph C. Wilhelm in Koblenz.
Schon ein Blick auf dieses Bild lässt an dem Maassstabe der auf ihr enthaltenen menschlichen Figuren die riesigen Abmessungen der Anlage erkennen, die allerdings wesentlich kleiner nicht hätte ausgeführt werden dürfen, um sich an der gewählten Stelle zu behaupten.
Dies ist ein historischer Text, welcher nicht geändert wurde, um seine Authentizität nicht zu gefährden. Bitte beachten Sie, dass z. B. technische, wissenschaftliche oder juristische Aussagen überholt sein können. Farbige Bilder sind i. d. R. Beispielbilder oder nachcolorierte Bilder, welche ursprünglich in schwarz/weiß vorlagen. Bei diesen Bildern kann nicht von einer historisch korrekten Farbechtheit ausgegangen werden. Darüber hinaus gibt der Artikel die Sprache seiner Zeit wieder, unabhängig davon, ob diese heute als politisch oder inhaltlich korrekt eingestuft würde. Lokalgeschichte.de gibt die Texte (zu denen i. d. R. auch die Bildunterschriften gehören) unverändert wieder. Das bedeutet jedoch nicht, dass die darin erklärten Aussagen oder Ausdruckweisen von Lokalgeschichte.de inhaltlich geteilt werden.
Der Platz, auf dem nunmehr das seine Umgebung weithin beherrschende Denkmal sich erhebt, die in einem spitzen Winkel von etwa 20° auslaufende Landzunge zwischen Rhein und Mosel, war vordem ein niedrig liegendes, zur Schuttablagerung benutztes Gelände, an dem ein kleiner Sicherheitshafen sich befand. Durch entsprechende Anschüttung und Aufführung einer i. g. rd. 350 m langen Ufermauer ist dieses Gelände mit den Kaipromenaden in angemessenen Zusammenhang gebracht und nach den beiden Strömen hin in monumentaler Weise abgegrenzt worden. Die Deckplatte der aus massigen, in der Ansichtsfläche unbearbeiteten Quadern geschichteten Ufermauer liegt auf + 7m über dem Nullpunkte des Koblenzer Pegels, d. i. etwa 4 m über dem mittleren Wasserstande des Rheins, so dass die Mauer, vom Wasser oder den gegenüber liegenden Ufern aus gesehen, als ein gewaltiger Fuss der Anlage wirkt. Zwei Freitreppen führen vom Rhein und der Mosel zu dieser Höhe empor. Sie münden zwischen je 2 Pfosten von über 6 m Durchmesser und 3 m Höhe, denen die Form von Schiffshaltern gegeben ist und die, durch Löwenköpfe mit Ringen geziert, den Vorplatz des Denkmals bestens beleben.
Um dem letzteren die erforderliche Masse zu verleihen, musste das bestimmungsgemäss anzuordnende Reiterbild mit seinem Sockel noch auf einen besonderen Unterbau von entsprechender Breite und Höhe gestellt werden. Der Künstler hat diesem die Form einer Hochterrasse gegeben, die in ihrem hinteren, mit einem Kreissegment abschliessenden Theile 7 m über dem äusseren Gelände liegt und seitlich mit Freitreppen zu diesem sich absenkt. Der durchgehende vordere Lauf dieser Freitreppen, der auf ein breites Vorpodest führt, misst rd. 50 m, während die grössten Durchmesser des ganzen Unterbaues nach der Tiefe rd. 65 m, nach der Breite rd. 75 m betragen. Seine erste Stufe liegt etwa 100 m von der nach dem Wasser zu vorspringenden abgerundeten äussersten Spitze des Vorplatzes entfernt. Die äusseren Mauern dieses Baukörpers sind in ähnlicher Weise wie die Ufermauern mit rauhen Quadern bekleidet und auf der Hinterseite in eine Reihe von durch Bögen verbundenen Pfeilern aufgelöst, zwischen denen eine nach Nassauer Art abgepflasterte Böschung hindurchschiesst. Die in mächtige Absätze zerlegten seitlichen Wangenmauern sind mit einfach profilirten Platten abgedeckt. Die Hinterwand wird von einer 7 m hohen Pfeilerstellung in wuchtigen Formen bekrönt, die man seltsamer Weise als „Pergola“ bezeichnet hat. Schön durchgebildete, ornamentale Aufsätze auf den beiden vorderen thurmartigen Eckpfeilern und 10 gekrönte W mit Bändern im Gesimsfriese mildern den strengen Ernst dieser ganz den eigenartigen Geist des Künstlers athmenden Architektur. Die Standbilder bedeutender Männer aus der Zeit Kaiser Wilhelms, welche dem Entwurfe nach vor den 10 Hauptpfeilern aufgestellt werden sollten, sind dagegen vorläufig noch nicht zur Ausführung gelangt.
Zwischen den beiden Freitreppen dieses Unterbaues schiebt sich nun der gewaltige Sockel des eigentlichen Denkmals vor, und zwar in zwei Abstufungen. Zunächst ein unterer Körper von kreisförmigem Grundriss mit einem Durchmesser von 31 m, der auf der Vorderseite geradlinig abgeschnitten ist. Die geböschten äusseren Flächen desselben, soweit sie zur Erscheinung kommen, zeigen wiederum urwüchsiges Quaderwerk. Doch ist in dasselbe auf der Vorderseite ein grosses allegorisches Relief eingelassen, das einen riesigen stilisirten Adler mit ausgebreiteten Schwingen über einer vielköpfigen Hydra und zu Boden gestreckten Dämonen enthält; es ist, wie der ganze mit der Architektur zusammenhängende übrige bildnerische Schmuck des Denkmals von Bildhauer August Vogel in Berlin modellirt. Ueber ihm ist in die Quaderung mit alterthümlichen Buchstaben die Widmungs-Inschrift: „Wilhelm dem Grossen“ eingemeisselt. Auf der Oberfläche dieses ersten Rundsockels, die etwa 2 m über dem Boden der Hochterrasse liegt und von dieser aus durch eine Freitreppe erstiegen wird, ergiebt sich ein erster, dem Publikum zugänglicher Umgang.
Der zweite, obere Sockel ist als eine rechteckige Pfeilerhalle von rd. 15,5 m und 13 m im Grundriss mit entsprechendem Fuss und Aufbau angeordnet und in Architekturformen durchgebildet, die denen der Pfeilerstellung auf der Hinterseite der Hochterrasse ähnlich sind. Vor den Eckpfeilern sind 8 Schilder mit in den Architrav reichenden Bekrönungen angebracht; zwischen letzteren steht auf der Vorderseite der Schenkendorf’sche Vers: „Nimmer wird das Reich zerstöret, wenn ihr einig seid und treu“, auf der Rückseite die Inschrift: „Errichtet von der Rheinprovinz i. J. 1897“. Man gelangt zu der Pfeilerhalle, deren Fussboden etwa 12 m über dem Aussengelände sich erhebt, von jenem ersten Umgange aus auf 3 Freitreppen; eine Wendeltreppe im Innern des hinteren Mittelpfeilers führt zu einer zweiten Pfeilerhalle und aus dieser auf einen zweiten oberen Umgang, der in Höhe von etwa 18 m liegt und eine treffliche Aussicht auf die ringsum sich ausbreitende herrliche Landschaft gewährt.
Auf dem das Dach der Pfeilerhalle bildenden, von einem doppelten Netze eiserner Träger getragenen, pyramidenförmig abgetreppten Quaderaufbau, setzt in etwa 22 m Höhe die von Prof. Hundrieser modellirte, von Rinkleben in Braunschweig in Kupfer getriebene Figurengruppe an, die bis zur Spitze des Helmbusches der Kaiser-Gestalt auf 36 m empor reicht. Wenn auch grössere Einzelfiguren bekannt sind, so ist eine Reiterfigur in diesen, etwa der 5 bis 6fachen Lebensgrösse entsprechenden Anmessungen doch bisher nicht ausgeführt worden. (Die Figur des Kaiser Wilhelm-Denkmals in Berlin misst nur 9 m). Der in Generals-Uniform mit dem Hermelinmantel dargestellte Kaiser hält in der Rechten den Marschallstab; sein Blick ist schräg über den Rhein stromabwärts gerichtet. Der zu seiner Linken einherschreitende weibliche Genius, eine geflügelte Figur von 9 m Höhe, trägt ein Kissen mit der von Lorbeer umrankten Kaiserkrone. –
In technischer Beziehung ist zu der Ausführung noch zu bemerken, dass die in ihrem unteren, vom Wasser bedeckten Theile mit Basaltlava, darüber mit Granit bekleideten, im übrigen aus Bruchstein konstruirten und 3 m starken Ufermauern auf einer Betonschicht zwischen Spundwänden gegründet sind. Der Mittelbau des Denkmals ruht auf einer 2,6 m starken, etwa 18 m zu 24 m grossen, gleichfalls zwischen Spundwänden hergestellten Betonplatte. Die äusseren Mauern des Unterbaues (die Treppenwangen und die Pfeilerstellung) sind auf 24 Brunnen gegründet. Das nicht sichtbare, wo es thunlich war, in Pfeiler und Bögen aufgelöste Mauerwerk des Unterbaues ist überwiegend in Ziegeln ausgeführt; zur Bekleidung der äusseren Mauern ist durchweg grauer Granit aus der Gegend von Achern im Schwarzwalde, für Abdeckungen und Plattenbeläge Niedermendiger Basaltlava verwendet worden. Um welche Massen es sich dabei handelte, geht aus der Mittheilung der Festschrift hervor, dass i. g. 2900 cbm Granit (darunter einzelne Blöcke im Gewicht von 200 Zentner), 4500 lfd. m Treppenstufen und 15 000 cbm Sand und Kies zur Aufschüttung der Hochterrasse geliefert worden sind.
Unternehmerin der Bauarbeiten war die Firma Philipp Holzmann & Co., G.m.b.H. in Frankfurt a. M., die auch die Lieferung der meisten Materialien mit Ausnahme der von der Firma Fr. Xav. Michels in Andernach bezogenen Plattenbeläge aus Basaltlava geliefert hat. Die Blitzableiter-Anlage, deren Anbringung man für nothwendig gehalten hat, ist von H. Berghausen in Köln ausgeführt worden. Um die Leitung der Bauausführung, die insbesondere bei den Gründungsarbeiten eine sehr schwierige war, haben sich die Hrn. Geh. Brth. Dreling und an erster Stelle der kürzlich verstorbene Landes-Oberbauinspektor Brth. Locher in Düsseldorf das grösste Verdienst erworben. – Die Gesammtkosten des Werkes dürften den Betrag von 1 ½ Mill. M. erreichen, also die ursprünglich in Aussicht genommene, für ein Denkmal an dieser Stelle allerdings völlig unzureichende Summe von 500 000 M. um das Dreifache übertreffen. –
Eine wenn auch kurze Würdigung der künstlerischen Bedeutung des Denkmals haben wir schon in unserer früheren Mittheilung gegeben.
Dieser Artikel erschien zuerst am 20.11.1897 in der Deutsche Bauzeitung, er war gekennzeichnet mit „-F.-“
Am 18. Oktober 1896, knapp ein Jahr vor der Enthüllung des vorstehend beschriebenen Denkmals, wurde in Koblenz das Denkmal der Kaiserin Augusta, der Gemahlin Kaiser Wilhelms I., enthüllt. Der Entwurf zu demselben ist aus einem Wettbewerb hervorgegangen, in welchem, wie beim vorgenannten Denkmal, wiederum Hr. Prof. Bruno Schmitz in Berlin Sieger blieb. Haben die Denkmäler, welche Kaiser Wilhelm allenthalben in deutschen Landen errichtet worden sind und noch errichtet werden, mehr den Charakter von Schlachten- und Siegesdenkmälern, so kommt in dem schönen Denkmal der Rheinanlagen in Koblenz der Beruf einer hohen Frau zum Ausdruck, die es sich zur Lebensaufgabe gemacht hatte, Barmherzigkeit zu üben, in Noth zu helfen und Wunden zu heilen. Das Denkmal steht in Koblenz, weil die Kaiserin 4. Jahrzehnte hindurch einen grossen Theil des Jahres hier verlebte und von hier aus ihre samaritanische Thätigkeit walten liess; es steht in den Rheinanlagen, weil ihre Entstehung auf die verstorbene Kaiserin zurückzuführen ist und weil sie in denselben mit Vorliebe verweilte.
Die Errichtung des Denkmales ist aus freiwilligen Spenden ermöglicht worden. Der Umstand, dass es das Denkmal einer in bescheidener Zurückhaltung wirkenden mildthätigen Frau ist, und dass es in den räumlich begrenzten Rheinanlagen steht, waren bestimmend für seine Grössenverhältnisse. Diese mögen aus unserer Abbildung nach der Angabe ermessen werden, dass die sitzende Figur der Kaiserin die Lebensgrösse nicht erheblich überschreitet. Der Platz für das Denkmal befindet sich an der Stelle, an welcher früher der nunmehr weiter stromaufwärts verlegte Salve-Tempel stand. Die Umgebung des Platzes ist dicht mit Bäumen und Sträuchern bestanden, welche in ihrem dunklen Grün einen wirkungsvollen Hintergrund für das in weissem Stein leuchtende Denkmal bilden. Dasselbe hat den Charakter eines Baldachindenkmals mit seitlichen Flügelbauten. Die sitzende Statue steht in einer durch jonische Säulen gegliederten Nische, welche in ihrem oberen Theile durch trompenartige Vorkragung in einen baldachinartigen Ueberbau übergeht, der in eine reich gebildete Bekrönung, welche in unserer Abbildung nach dem nach den Entwürfen des Hrn. Prof. Schmitz gearbeiteten Modell des Hrn. Bildhauer August Vogel in Berlin in grösserem Maasstabe dargestellt ist, ausklingt. Die Flügelbauten sind in zwei Zonen getheilt, deren obere in eine durchbrochene Pfeilerstellung mit nahezu quadratischem Querschnitt aufgelöst ist, während die untere, sockelartig wirkende Zone einen vornehmen Schmuck durch figürliche Reliefs erhalten hat. Stärker betonte pfeilerartige Ecklösungen mit bekrönenden Aufbauten schliessen die Flügel ab.
An der Seite dieser Endpfeiler wie auch an der Rückseite des Denkmals ist dem sprudelnden Wasser Gelegenheit zu erfrischendem Ausströmen geboten. Das Material des Denkmals ist weisser istrischer Kalkstein von Marzana für den Aufbau, Granit für die untersten Theile, wie Stufen, Brunnenschalen usw., sowie weisser Marmor für die figürlichen Theile. Die Steinmetzarbeiten lieferte die Firma O. Plöger in Berlin.
Die Figur des Denkmals ist unter dem Meissel des Prof. Friedrich Moest in Karlsruhe entstanden, Die aus weissem karrarischem Marmor gebildete überlebensgrosse Statue ist sitzend dargestellt, das Haupt mit einem Diadem geschmückt, von welchem ein faltenreicher Schleier herabfällt und ein malerisches Element in das Bildwerk bringt. Mit grosser künstlerischer Meisterschaft ist das prächtig umsäumte Gewand angeordnet und mit dem in Renaissance-Formen gehaltenen Lehnstuhl zusammengebracht. Das mit Treue dem Leben nachgebildete, leicht zur Seite gewandte Antlitz athmet Sanftmuth und Milde, Ruhe und Hoheit und es sind diese Eigenschaften zum nicht geringsten Theil die Ursache, dass die Statue den sympathischen Mittelweg zwischen realistischer Porträtdarstellung und zwischen der unbestimmten, mehr formalen Idealstatue einhält. – Die figürlichen Reliefs, welche in etwas anderer Komposition zur Ausführung gekommen sind, als sie unsere bildliche Wiedergabe darstellt, beziehen sich einestheils auf die Thätigkeit der Kaiserin im Dienste der leidenden Menschheit, andererseits auf die Oertlichkeit und stammen von Hrn. August Vogel.
Die sie und die Statue umschliessende Architektur ist ein mit dekorativer Meisterschaft entworfener und ausgeführter glänzender Rahmen für eine treffliche bildhauerische Leistung, das Ganze ein vornehmes Denkmal der Pietät und Dankbarkeit.
Die Kosten haben 78 000 M. betragen, von welchen allein 25 000 M. auf die Figur entfallen, sodass die gesammte architektonische Umrahmung für nur 53 000 M. hergestellt wurde, eine Leistung, die nur durch die Opferwilligkeit aller Betheiligten ermöglicht wurde.
Dieser Artikel erschien zuerst am 20.11.1897 in der Deutsche Bauzeitung, er war gekennzeichnet mit „-H.-“