Berliner Neubauten 85 – Der Erweiterungsbau des Reichspostamtes an der Leipziger- und Mauerstrasse

Vor 26 Jahren, in No. 52 Jhrg. 71 d. Bl., veröffentlichte der damalige Architekt der deutschen Postverwaltung, Bauinspektor Schwatlo, den von ihm aufgestellten Entwurf für das neue Dienstgebäude des kaiserlichen General-Postamtes auf dem Grundstück Leipzigerstr. 15, mit dessen Ausführung man soeben begonnen hatte.

Nicht ohne einen gewissen Stolz wies derselbe auf die grossartige Entwicklung des preussischen bezw. deutschen Postwesens hin, welche dazu geführt hatte, der obersten Leitung desselben ihren eigenen Sitz in einem so bedeutenden Monumentalbau zu schaffen. Und zwischen den Zeilen seiner Darlegung konnte man deutlich die Annahme herauslesen, dass dieser Bau dem Bedürfniss der Behörde auf lange Zeit hinaus genügen werde. Wurde doch darauf aufmerksam gemacht, dass für spätere Erweiterungen der zunächst als Garten eingerichtete hintere Theil des Grundstücks – beiläufig ein Gelände von 31,40 m Tiefe und rd. 47 m mittlerer Breite zur Verfügung stehe.

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Die Entwicklung, welche die deutsche Reichspost seither genommen hat, ist jedoch über alle Erwartungen, welche man damals hegen konnte, weit hinaus gegangen. Die Steigerung des Verkehrs und mit ihm diejenige der Geschäfte des „Reichspostamtes“, welchen Namen die Behörde mittlerweile angenommen hatte, war eine derartige, dass das i. J. 1874 vollendete Gebäude nur wenige Jahre später nicht mehr ausreichte. Schon als im Jahre 1876 die Vereinigung der Telegraphie mit der Post sich vollzog, konnte die neu hinzutretende Abtheilung des Reichspostamtes in ihm nicht mehr Platz finden. Die i. J. 1880 erfolgte Einführung des Fernsprechwesens, die Heranziehung der Postverwaltung für die Zwecke der sozialen Gesetzgebung, die derselben übertragene Oberleitung der Reichsdruckerei, endlich die Gründung des Weltpostvereins und die Einverleibung der deutschen überseeischen Kolonien schufen neue Bedürfnisse und liessen eine umfassende Erweiterung des Reichspostamtes als unabweislich erscheinen. Und nicht zuletzt drängte hierzu das Anwachsen des von dem verstorbenen Leiter der Reichspost, Staats-Sekretär Dr. Heinrich von Stephan begründeten Post- oder besser Verkehrs-Museums, das in dem Schwatlo’schen Bau nur eine sehr nothdürftige Unterkunft hatte finden können und infolge dessen von der Oeffentlichkeit bei weitem nicht in dem Maasse gewürdigt wurde, wie es verdiente. –

Blick aus der zweiten Gallerie des Postmuseums nach der Halle und dem Hauptsaale

Mit sicherem, weit vorausschauendem Blick hat die Reichspost-Verwaltung diese Verhältnisse seit lange erkannt und dafür gesorgt, dass sie in einer Weise befriedigt werden konnten, die nicht nur dem vorläufigen Bedürfnisse genügt, sondern auch der Bedeutung der Post im Kulturleben der Gegenwart wie der Würde des Reiches entsprechend Rechnung trägt. Sie hat zu diesem Zwecke allmählich die an das ältere Gebäude anstossenden Grundstücke Leipziger Strasse 14, sowie 16-18 und Mauerstr. 69-75 erworben. Im Frühjahr 1893 begann sodann der im grossen Stile geplante Erweiterungs-Bau, der – nachdem einzelne Theile desselben schon früher in Benutzung genommen worden waren – am 1. Januar 1898 zum völligen Abschluss gelangt ist. Für die weiteren Kreise der Bevölkerung hat sich dieser Abschluss allerdings erst mit der vor einigen Wochen erfolgten Wiederöffnung des in seinen gegenwärtigen Räumen neu geordneten Postmuseums vollzogen. –

Während das ältere Haus eine bebaute Grundfläche von 2940 qm umfasste, beträgt diejenige des Erweiterungs-Baues nahezu das Doppelte, nämlich 5495 qm. Auf dem Gesammtgrundstück, dessen Flächeninhalt sich auf 14 595 qm bemisst, sind demnach gegenwärtig 8435 qm bebaut.

Das Reichspostamt in Berlin, Leipziger-Strasse 14-18 und Mauer-Strasse 69-75

Wie der Grundriss auf zeigt, ist die Anordnung der neuen Theile, welche das alte Haus von beiden Seiten umgeben, derart getroffen, dass sich die Quer-Korridore des letzteren innerhalb des Neubaues fortsetzen. Eine unmittelbare Beleuchtung dieser Korridore durch seitliche Fenster hat sich dabei allerdings nicht erreichen lassen, doch ist durch grosse Oberlichte in den Wänden wenigstens für eine ausreichende mittelbare Erhellung derselben von den Diensträumen her gesorgt worden. Dagegen hat sich von selbst eine bessere Beleuchtung der grossen, früher an den Grenzmauern liegenden Korridore des alten Hauses ergeben.

Einer näheren Beschreibung des Grundrisses, insbesondere einer Angabe, wie die Diensträume und Sitzungssäle der 4 Abtheilungen des Reichspostamtes sich nunmehr innerhalb des Hauses vertheilen, wird es an dieser Stelle nicht bedürfen. An Dienstwohnungen enthält derselbe nur diejenige des leitenden Staats-Sekretärs (im 2. Obergeschoss des älteren Baues), die um einen grösseren Festsaal vermehrt worden ist, sowie Wohnungen für einige Unterbeamte. Im Erdgeschoss des Vorderbaues an der Mauerstrasse hat ein Stadtpostamt (No. 66), in dem anschliessenden Grenzflügel die Bibliothek des Reichpostamtes mit ihrem von Oberlicht erhellten, durch beide Obergeschosse reichenden Büchermagazin Platz gefunden. Eine völlig selbständige Stellung im Organismus der ganzen Anlage nimmt endlich das Postmuseum ein, dem der im Grundriss keilförmige, nach aussen im flachen Bogen abgerundete Bautheil an der Ecke der Leipziger und Mauer-Strasse angewiesen worden ist. Von den benachbarten Diensträumen geschieden, setzt es sich in 3 Geschossen je aus einer Reihe an der Front gelegener Räume und einem hallenartigen, mit Säulenstellungen nach dem grossen inneren Lichthofe geöffneten Umgange zusammen. An der dem Eingange entgegen gesetzten Seite, im Winkel des Keils ist die durch einen besonderen kleinen Hof erleuchtete Treppe angeordnet.

Die Halle des Postmuseums

Wie für den Grundriss der neuen Theile der Anschluss an die Korridore des älteren Hauses erforderlich war, so mussten für den Aufbau derselben natürlich auch die Geschosshöhen des letzteren festgehalten werden. Doch ist dies in voller Strenge nur bezüglich des Erdgeschosses und des 1. Obergeschosses beobachtet worden, denen demnach eine Höhe von 5,5 m bezw. 5,80 m gegeben worden ist. Für das 2. Obergeschoss und ebenso für das an den Seiten- und Querflügeln der Höfe überall durchgeführte 3. Obergeschoss hat man die im alten Hause angeordneten überflüssig grossen Geschosshöhen von 4,95 m bezw. 4,87 m jedoch auf 4,30 m und 4 m ermässigt, da die kleine Unbequemlichkeit verschiedener Fussbodenlagen im 3. Obergeschoss gegenüber der hierdurch zu erzielenden Ersparnisse nicht ins Gewicht fiel.

Mit grossem Geschick ist die Frage der Fassadengestaltung des Erweiterungsbaues gelöst worden.

Dass die Architektur des älteren Hauses auch an jenem durchgeführt werden konnte, verbot sich von selbst. Denn abgesehen davon, dass die etwas trockene Haltung derselben in hellenisirenden Formen mit ihrer in den beiden Obergeschossen sich wiederholenden Pilasterstellung den heutigen künstlerischen Ansprüchen an sich nicht mehr genügend zusagt, war es dringend erforderlich, für eine Fassade von solcher Ausdehnung wirkungsvollere Motive zu verwenden. Andererseits war eine auch äusserliche Verknüpfung der neuen Theile mit dem alten Hause eben so wenig zu entbehren, wie es ausgeschlossen war, an der Fassade des letzteren Aenderungen oder gar eine völlige Umgestaltung vorzunehmen.

Die zweite Gallerie mit der Treppe des Postmuseums

Ein glücklicher Ausweg wurde darin gefunden, zwar die Gesimslinien des Schwatlo’schen Baues festzuhalten, im übrigen aber die Fassaden des Erweiterungsbaues in selbständiger Architektur durchzubilden. Man hat auch nicht Anstand genommen, statt des röthlich gelblichen Seeberger und Nebraer Werksteins, der an jenem Verwendung gefunden hatte, Warthauer und Cudowaer Sandstein, für den Sockel Syenit (in einzelnen Theilen polirt) zu wählen. Die Kunstformen der neuen Theile sind die des kraftvollen italienischen Barockstils. Soweit die Rücklagen inbetracht kommen, sind in dem durch Bossenquaderung hervorgehobenen Erdgeschoss einfache Rundbogenfenster, im Hauptgeschoss Rundbogenfenster mit Pilasterumrahmung und Giebelverdachung, im 2. Obergeschoss schlichter umrahmte Fenster mit gerader Verdachung angeordnet; den Abschluss bildet ein kräftiges Konsolgesims mit Attika-Ballustrade. Dementsprechend, nur mit Bogenverdachung der oberen Fenster, sind auch die Risalithe behandelt, von denen diejenigen an der Mauerstrasse mit Figuren, diejenigen des Eckbaues dagegen mit thurmartigen offenen Aufbauten bekrönt sind, deren Steinhelme in auf Kissen ruhende Kaiserkronen endigen. Reicher künstlerischer Schmuck ist auf die von diesen beiden Thurmrisalithen eingefasste Rundung gehäuft. Hier öffnen sich im Erdgeschoss die 3 mit schmiedeisernen Gittern versehenen Eingangspforten des Postmuseums. Entsprechend dem durch die beiden Obergeschosse reichenden, von der Front bis zum Lichthofe durchgehenden Hauptsaale des Museums sind diese beiden Geschosse auch äusserlich durch eine Säulenstellung von 11,5 m Höhe zusammen gezogen. Die grossen rundbogigen Fensteröffnungen der 3 Zwischenfelder sind durch eine eingesetzte Fenster-Architektur mit Hermenpfeilern getheilt. Der Raum über ihnen wird durch Reliefs ausgefüllt, deren Mittelpunkt Kartuschen mit den in Galvano-Bronze hergestellten Porträt-Reliefs der 3 bisherigen deutschen Kaiser bilden. In der zu grösserer Mächtigkeit gestalteten Attika ist im Mittelfelde das vergoldete Reichswappen angebracht; neben diesem thronen auf den Postamenten der Attika 2 die Wissenschaft und den Handel darstellende Figurengruppen, hinter ihm ragt auf einem Stufenunterbau eine in Kupfer getriebene, 5,5 m hohe Gruppe von Giganten, welche die Weltkugel tragen, empor.

Der Eindruck der inrede stehenden Schöpfung, in der ein gewisser Einfluss des Reichshausbaues nicht zu verkennen ist, darf als ein bedeutender bezeichnet werden. Mag man auch nicht mit jeder künstlerischen Einzelheit sich einverstanden erklären, so wird doch Niemand der Wirkung dieses durchaus eigenartigen und packenden Fassadenbildes sich entziehen können, durch welches der ganze benachbarte Stadttheil ein neues Gepräge erhalten hat

Vom Eckbau des Reichpostamtes in Berlin. Photogr. Aufnahme von H. Rückwardt in Berlin

Die Hoffassaden des Erweiterungsbaues sind in schlichter Rundbogen-Architektur durchgebildet worden – auf dem Grundstücke Leipziger Strasse 14 (rechts von dem älteren Gebäude) mit geputzten Wandflächen und Gesimsen sowie Fenstereinfassungen von rothem Miltenberger Sandstein, in den übrigen Theilen in hellgelblicher Backstein-Verblendung mit Gesimsen und Streifen von lederfarbenen Ziegeln.

Was die Ausgestaltung des Inneren betrifft, so sind die eigentlichen Diensträume und die zu ihnen gehörigen Vorräume, Korridore und Treppen selbstverständlich in würdiger Einfachheit gehalten. Eine Ausnahme machen nur der im 3. Obergeschoss an der Leipziger Strasse zwischen dem Postmuseum und dem älteren Bau gelegene grosse Sitzungssaal und das Konferenz-Zimmer. Jener Saal, dem unter Abblendung der nach aussen sich öffnenden Fenster eine einheitliche Oberlicht-Beleuchtung gegeben worden ist, hat eine massige Wandtäfelung und eine Kassetten-Decke in Eichenholz erhalten, an welcher letzteren die Glühlichter zur künstlichen Beleuchtung des Raumes vertheilt sind; der obere Theil der Wände ist mit einer japanischen Ledertapete bekleidet. Aehnlich ist das Konferenz-Zimmer ausgestattet; nur dass für Wandtäfelung und Decke Kiefernholz verwendet ist.

Erweiterungsbau des Reichspostamtes an der Leipziger- und Mauerstrasse

Der unterhalb des Sitzungssaales liegende, seiner grossen Tiefe wegen durch eine Pfeilerstellung getheilte neue Festsaal der Wohnung des Staatssekretärs, aus dem eine Thür in die zweite Gallerie des Postmuseums führt, ist in maassvoller Barock-Architektur durchgebildet und in lichten, cremefarbigen Tönen gehalten, die durch sparsame Vergoldung belebt werden.

Durch einen Druckfehler ist auf S. 170 die Lage dieser Wohnung falsch angegeben worden; sie liegt im 1., nicht im 2. Obergeschoss.

Es berührt sehr wohlthuend, dass von der Entfaltung eines falschen Prunkes, zu der an dieser Stelle die Verführung nahe lag, abgesehen worden ist.

Dagegen ist durch gediegene Monumentalität der Ausführung und reichen künstlerischen Schmuck danach gestrebt worden, dass der Innenraum des Postmuseums dem Werthe dieser Sammlung, welche die Bedeutung des Verkehrs im Kulturleben unserer Zeit veranschaulichen will, entspreche und hinter den Erwartungen nicht zurückbleibe, welche die Fassade dieses Bautheils erweckt.

Die grosse durchgehende Halle des Museums, von welcher die sie in 3 Geschossen umgebenden Räume ihr Licht empfangen, ist in echter Werkstein-Architektur von Cottaer Sandstein durchgebildet worden. Um ihre Erscheinung noch mehr zu heben, ist der mit rothem Terrazzo ausgestattete, durch einen Mosaikfries und ein entsprechendes Mittelfeld belebte Fussboden des Raumes um 6 Stufen gegen denjenigen der Erdgeschoss-Gallerie vertieft worden. Die letztere, in welcher, wie beiläufig erwähnt sei, die Modelle der hervorragendsten deutschen Postbauten aufgestellt worden sind, öffnet sich nach der Halle mit einer kräftigen, durch ein Gebälk verbundenen Pfeilerstellung, der auf der Eingangsseite ein Säulenportal vorgesetzt ist. Darüber folgt die zweite Gallerie mit Rundbögen, die auf dunkelblaugrauen Doppelsäulen von Labrador mit Kapitellen und Basen von Galvanobronze ruhen, endlich die dritte, wieder mit geradem Gebälk abgeschlossene Gallerie mit Doppelsäulen aus gelbbraunem Brocatello-Marmor, deren Kapitelle und Basen aus sandsteinfarbigem Incrustatstein hergestellt sind. In dem Felde der Eingangsseite ist jedoch statt der beiden oberen Gallerien eine einzige grosse Oeffnung angeordnet, die den an der Ecke gelegenen Hauptsaal des Museums mit der Halle verbindet. An dieser Eingangsseite, welche unsere Bildbeilage zur Anschauung bringt, ist reicher plastischer Schmuck gehäuft. In der grossen Bogenöffnung über dem Portal eine Büste S. M. des Kaisers mit den Figuren des Friedens und der Arbeit von Prof. Carl Begas in Kassel, in den seitlichen Pfeilernischen die Figuren der Wissenschaft und des Verkehrs von Bildhauer E. Wenck, unten Wappenschilder Preussens und der Stadt Berlin, über dem Bogen kranzspendende Genien und als Bekrönung das Reichswappen. Einen weiteren Schmuck des Raumes bilden 6 realistisch gehaltene Figuren des Landbriefträgers und Postillons, der Vertreter des Verkehrs mit Dampfkraft und zur See, des Telephonarbeiters und des Telegraphisten, die in der Höhe der oberen Gallerie auf Säulen mit verkröpftem Gebälk stehen, welche in den Ecken des Raumes bezw. in der Mitte der Langseiten sich vorlegen. Leider dass gerade diese, von den Bildhauern Prof. Janensch, Ö. Riesch und Pohlmann modellirten, in Galvanobronze hergestellten Figuren nicht so gelungen sind, wie man im Interesse ihrer Volksthümlichkeit wünschen möchte. – Ein mächtiges durch farbiges Ornament belebtes Oberlicht, das sich aus einem entsprechend umrahmten Mittelfelde und einer grossen Glasvoute zusammensetzt, sichert der Halle selbst an trüben Tagen eine Fluth von Licht.

Von der reichen Art, in welcher die Decken der Nebenräume ausgestaltet sind, giebt das Kopfbild eine Vorstellung; der Fussboden derselben ist gleichfalls in Terrazzo mit Mosaik-Einlagen hergestellt. Eine selbständige architektonische Durchbildung hat nur der Hauptsaal erhalten, in welchem auch entsprechender malerischer Schmuck – Glasmalereien in den 3 grossen Fenstern aus der Kunstanstalt von Paul Förster und ein allegorisches Deckengemälde von Prof. Dettmann – zur Verwendung gekommen ist. Nach einer Angabe im „Archiv für Post und Telegraphie“ soll dasselbe den Weltverkehr veranschaulichen; dem uneingeweihten Beschauer dürfte die Bedeutung dieses in seiner Farbenwirkung an sich ansprechenden Bildes jedoch wohl ebenso dunkel bleiben, wie diejenige des im Treppenhause von Arthur Fitger in Bremen ausgeführten Wandbildes, das nach jener Quelle den Verkehr in antikisirendem Sinne darstellen soll. Das Oberlicht des Treppenhauses und das Fenster im Erdgeschoss desselben sind in ähnlicher Weise mit ornamentalen Glasmalereien ausgestattet, wie das Oberlicht der Halle und die Fenster der Halle. Die Treppe selbst ist in Marmor ausgeführt. –

Inbetreff der Konstruktionen des Baues ist zu bemerken, dass sämmtliche Dächer desselben in Eisen hergestellt sind; besondere Hervorhebung verdient die mit sehr geringem Material-Aufwand bewirkte Konstruktion des Dach- und Deckenwerkes über der Halle des Post-Museums. Die Dächer sind zumtheil als flache Holzzement-Decken mit Kiesbeschüttung ausgeführt, zumtheil mit Schiefer gedeckt. Die Decken der Geschosse haben mit Ausnahme der beiden Quergebäude auf dem Grundstück Leipzigerstrasse 14 eine Massiv-Konstruktion, zumtheil in Ziegelwölbung, zumtheil aus Beton zwischen Eisenträgern erhalten. Bei den letzteren ist in nachahmenswerther Weise die Anbringung eines Lehrgerüstes dadurch erspart worden, dass man zunächst die untere Haut der Decke in Rabitz-Konstruktion ausgeführt und demnächst auf dieser ausreichend tragfähigen Unterlage den Betonguss mit entsprechender Eiseneinlage bewirkt hat. Die Fussböden in den Diensträumen zeigen einfachen Linoleum-Belag auf der Betonfläche, während in den Korridoren Terrazzo verwendet ist. Zur Heizung des gesammten Erweiterungsbaues dient eine in 3 Systemen angeordnete Warmwasser-Heizung, deren Heizkörper in den Fensternischen angeordnet sind. Die künstliche Beleuchtung erfolgt überwiegend durch elektrisches Licht; dieselbe ist von vorn herein auch für das Postmuseum eingerichtet worden, obwohl dasselbe dem Publikum zunächst nur in den Vormittagsstunden geöffnet ist.

Die auf 3 177 000 M. berechneten Anschlagskosten des Baues sind in der Ausführung nicht ganz erreicht worden. –

Was endlich die bei dem Werke besonders betheiligten Persönlichkeiten betrifft, so ist der allgemeine Entwurf des Erweiterungs-Baues im technischen Baubureau des Reichspostamtes durch Hrn. Geh. Ob.-Postrath Hake aufgestellt worden. Die weitere Ausarbeitung des Entwurfs und die Leitung der Bauausführung war unter Oberleitung des Hrn. Postbauraths Techow dem Hrn. Postbauinsp. Ahrens anvertraut, der durch die treffliche Lösung der ihm gestellten Aufgabe seinen Namen der Fachwelt in vortheilhafter Weise bekannt gemacht hat.

Von den beim Schmuck des Hauses betheiligten Künstlern sind einige schon oben erwähnt worden.

Es ist hier nachzutragen, dass die Skulpturen des Aeusseren von den Bildhauern E. Wenck, Klimsch und Dammann herrühren, unter welchen die beiden ersten auch im Inneren des Hauses thätig waren. Die Giganten-Gruppe über der Ecke ist nach dem Modelle Wencks von hrn. Lind in Kupfer getrieben worden; sämmtliche Galvano-Bronzen sind von der Württemberg Metallwaarenfabrik in Geislingen geliefert.

Die Maurerarbeiten sind von Maurermstr. G. Teichfischer, die Zimmerarbeiten von Hofzimmermstr. Alb. Krause, die Sandsteinarbeiten des Aeusseren von Hofsteinmetzmstr. C. Schilling, diejenigen des Inneren von der Firma P. Wimmel & Co. Ausgeführt. Die Eisenkonstruktionen, deren Berechnung von dem Ingenieur Schumacher in Friedenau bewirkt ist, lieferte die Firma Steffens & Nölle, die Marmorarbeiten die Firma Rödel & Co. (Saalburger Marmorwerke), die Labradorsäulen im Postmuseum die Firma Kessel & Röhl.

Die reichen Tischlerarbeiten aus Eichenholz für das Museum fertigte der Hoftischlermstr. W. Naumann (Cöthen), die Beschlagarbeiten dazu der Schlossermstr. P. Heinrichs. Letzterer und die Firma Langer & Methling theilten sich in die kunstvollen Schmiedearbeiten des Innern. Die eisernen Gitterthore am Eckbau sind aus der Werkstatt von Ed. Puls hervorgegangen.

Die Glasdecke über der Halle des Museums ist von der Firma J. Schmidt (Genthinerstr.) angefertigt worden, während die übrigen Glaserarbeiten des gesammten Baues durch den Glasermstr. J. Salomonis geliefert wurden.

Die Terrazzo-, Mosaik- und Stuckmarmorarbeiten lagen in den Händen der Firma Joh. Odorico; die Fliesenlegearbeiten waren der Firma E. Ende und Eust. Neumann übertragen, welch’ letztere Firma auch den sehr grossen Bedarf an Verblendsteinmaterial für die Hoffronten des gesammten Baues lieferte; das Material für die Gartenfronten ist aus der Hersel’schen Ziegelei Ullersdorf bezogen worden. – Die Beton-Decken sind von der Firma Boswau & Knauer in Gemeinschaft mit Joh. Odorico ausgeführt. Boswau & Knauer war auch die Ausführung der Decken der Gallerien im II. und III. Geschoss, sowie die des Hauptsaales übertragen worden, während die im I. Geschoss an die Firma König & Albert vergeben war.

Ferner waren noch mit grösseren Arbeiten beauftragt: die Firma W. Neumeister (Dachdeckerarbeiten), E. Henschel und C. Hardt (Tischlerarbeiten), Müller u. Heinrichs (Anschlägerarbeiten), Schmitt & Pachel (Malerarbeiten), W. Hoffmann (Klempnerarbeiten), Giulio Fabbris (Zementarbeit), Stolte (Decken II. Bauabschnitt), Spinn & Sohn (Beleuchtungskörper), Allgemeine Elektricitäts-Gesellschaft (Elektrische Beleuchtungsanlage); die Firma Grün (Gas- und Wasseranlagen II. Bauabschnitt) und Eigendorff (desgl. I. Bauabschnitt), Blömendal & Grünberg (Kunststeintreppe), Poppe & Wirth (Linoleum), Rietschel & Henneberg (Heizungsanlagen).

Die Rohbaumaterialien lieferten Lorenz, Rusch, Burg, Scheer & Petzold (Hintermauerungssteine), Jany & Pesenecker (Kalk), G. Güttner (Sand), Quistorp (Zement).

Dass der ganze Bau – alles in allem wohl der bedeutendste unter den bisher von der Bauverwaltung des Reichspostamtes ausgeführten Monumentalbauten – dieser Verwaltung und allen Betheiligten zur Ehre gereicht, kann keinem Zweifel unterliegen. Wehmüthig berührt es, dass der Mann, der diese ganze Bauthätigkeit der Reichspost ins Leben gerufen und sich damit um die Entwicklung der deutschen Baukunst so grosse, von uns stets aufs freudigste anerkannte Verdienste erworben hat, Staatssekretär Heinrich von Stephan, seine Vollendung nicht mehr erlebt hat. Immerhin war die Ausführung desselben zur Zeit seines Todes schon so weit vorgeschritten, dass am Palmsonntag des Jahres 1897 in der vorläufig hergerichteten Halle des Postmuseums seine Leichenfeier stattfinden konnte. Das Haus des Reichspostamtes ist dadurch auch äusserlich zu einem Denkmale für den grossen Neugestalter des Postwesens, den Schöpfer der Deutschen Reichspost und des Weltpostvereins geweiht worden.

Dieser Artikel erschien zuerst am 02. & 09.04.1898 in der Deutsche Bauzeitung, er war gekennzeichnet mit „-F.-“.