Synagoge in Kaiserslautern

1891, Architekt: Professor Ludwig Levy in Karlsruhe. Die israelitische Kultusgemeinde in Kaiserslautern übertrug dem Unterzeichneten im Jahre 1882 den Entwurf zum Neubau einer Synagoge. Das alte Gotteshaus war zu klein geworden und entsprach auch seinem Aussehen nach nicht mehr seinem hohen Zwecke und der Würde der Gemeinde. Nach Genehmigung der Pläne durch die kgl. Regierung der Pfalz und durch das kgl. bayer. Staatsministerium des Innern, wurden die Arbeiten im Juni 1883 unter Leitung des Verfassers in Angriff genommen; am 29. Oktober desselben Jahres ward der Grundstein gelegt.

In den Jahren 1884 u. 1885 gediehen die Arbeiten so weit, dass am 26. Februar 1886 die Synagoge in feierlicher Weise eingeweiht werden konnte.

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Die Gesammt-Anlage wurde vor allem beeinflusst durch den Umstand, dass beim Gebet das Gesicht nach Sonnenaufgang gerichtet sein muss. Dadurch war die Hauptaxe von W. nach O. und der Haupteingang an der Westfassade festgelegt. Von der offenen Vorhalle gelangt man sowohl unmittelbar ins Innere als auch auf die Treppen zu den Frauen-Emporen. Die durch den Ritus vorgeschriebene Trennung der Geschlechter ergiebt eine zweigeschossige Anlage; die Emporen sind für die Frauen, der untere Hauptraum für die Männer bestimmt. Das Innere ist massiv überwölbt, und es wird das Ganze durch eine von massiven Pfeilern getragene 8,5m weite Kuppel überragt.

Synagoge in Kaiserslautern – Grundriss EG

An den Hauptraum schliesst sich nach O., um mehre Stufen erhöht, der Almemor, die Vorbeterbühne, mit dem Tisch des Kantors, und hieran wieder das Allerheiligste, mit der Kanzel an. Das Allerheiligste, das zur Aufbewahrung, der Bibelrollen dient, wurde ganz frei gestellt, um einen prozessionsartigen Umgang zu ermöglichen. Die Kanzel liegt in der Hauptaxe der ganzen Anlage, so dass sie gleich gut von beiden Einporen gesehen werden kann. – An den Almemor grenzen Zimmer für Rabbiner und Vorstand, darüber (in Emporenhöhe) befinden sich Zimmer zum Aufenthalte für Frauen.

Synagoge in Kaiserslautern – Grundriss Empore

Was die formale Gestaltung betrifft, so tritt beim Synagogenbau die, Stilfrage in den Vordergrund. Einen herrschenden Stil besitzt unsere Zeit nicht; man ist also genöthigt, zu einem gegebenen, hergebrachten zu greifen, indem man gleichzeitig die Umgebung sowie die zur Verfügung stehenden Mittel und Materialien berücksichtigt. Der romanische Stil hätte im vorliegenden Falle am meisten entsprochen, wenn nicht zu bedenken gewesen wäre, dass ein rein romanisches Gotteshaus leicht den Charakter einer christlichen Kirche, nicht aber den besonderen einer Synagoge erhält. Der Stempel der Heimath, den der israelitische Ritus trägt, ward daher Veranlassung, den romanischen Formen morgenländische Anklänge zu geben.

Synagoge in Kaiserslautern

Der Bau wurde in graugelbem und rothem Sandstein, beide in der nächsten Umgebung von Kaiserslautern gebrochen, ausgeführt. Die sichtbare Holzkonstruktion der Emporen ruht auf Säulen von Nassauer Marmor. Eine Orgel mit 17 Registern befindet sich nebst der Sängerbühne auf der westlichen Empore. Die Wände sind in Kaseinfarben gemalt, die Fenster farbig verbleit. Alle Dächer sind mit Zink gedeckt, die Kuppeln in Rauten mit vergoldeten Wulsten und Spitzen.

Der Bau fasst bei 590 qm bebauter Fläche 620 Sitzplätze; die Bausumme betrug bei sehr niedrigen Preisen 193 328,18 M.; es entfällt also auf 1 Sitzplatz 311,81 M. und auf 1 qm 327,67 M. Das Kubikmeter stellt sich bei 9210 cbm umbauten Raumes (von Sockelunterkante bis zu den Hauptgesimsen gerechnet) sonach auf 20,99 M.

Dieser Artikel erschien zuerst 1891 in der Deutschen Bauzeitung, gekennzeichnet war er mit “Levy”.