Von der Allgemeinen Gartenbau-Ausstellung in Hamburg 1897

Spät erst und in Wirklichkeit sogar „post festum“ gelangen wir dazu, unseren Lesern von der diesjährigen Hamburger Gartenbau-Ausstellung zu berichten ; denn schon am 4. Oktober d. J. haben sich die Pforten des glanzvollen Schauspiels geschlossen, das durch 5 Monate die Bevölkerung der alten „Freien- und Hansestadt“, sowie unzählige Gäste entzückt hat.

Aber wenn wir auch nicht mehr dazu beitragen können, die Zahl dieser Gäste zu vermehren, so lohnt es sich doch immerhin und ist eine nicht zu umgehende Pflicht, zum wenigsten die Hauptzüge des von jener Ausstellung dargebotenen Bildes in der Erinnerung festzuhalten.

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Eine Ausstellung der flüchtigen und schnell vergänglichen Erzeugnisse des Gartenbaues zu veranstalten, die über 5 Monate sich erstrecken sollte und daher einer beständigen Erneuerung, eines andauernden, der fortschreitenden Jahreszeit angepassten Wechsels der meisten Ausstellungs-Gegenstände bedurfte, war jedenfalls ein ungewöhnliches und gewagtes Unternehmen. Dank dem Geschick und der Thatkraft seiner Leiter ist es jedoch aufs glücklichste gelungen – nicht allein inbezug auf den von allen Sachverständigen freudig anerkannten Werth der fachlichen gärtnerischen Vorführungen, sondern auch in geschäftlichem Sinne. Denn trotzdem eine solche wechselnde Ausstellung ungleich höhere Kosten bedingt, als jede andere, hat die inrede stehende Hamburger mit einem Ueberschusse von rd. 300 000 M. abgeschlossen. Allerdings haben zu diesem Erfolge wohl auch die Gunst des Wetters, vor allem aber die Anziehungskraft beigetragen, welche der Schauplatz der Ausstellung sowohl durch seine natürliche Beschaffenheit, wie durch die ihm gegebene gärtnerische und bauliche Ausgestaltung auszuüben vermochte. – Auf letztere allein erstreckt sich unser Bericht.

Hamburg Gartenbau-Ausstellung 1897

Die obere Leitung des Unternehmens und also auch der bezgl. Arbeiten unterstand einem aus Angehörigen der verschiedenen für eine solche Gartenbau-Ausstellung inbetracht kommenden Fachrichtungen zusammengesetzten Ausschusse, dessen Vorsitz Hr. Oberingenieur Fr. Andreas Meyer übernommen hatte, Und man dürfte schwerlich irren, wenn man der Anregung und Führung dieses durch eine seltene Vereinigung scharfsinnigen Denkens und künstlerischer Empfindung ausgezeichneten Mannes, dem Hamburg neben den Leistungen seines eigentlichen Fachgebietes bekanntlich, seine planmässige Ausgestaltung als Garten- und Parkstadt zu danken hat, auch einen wesentlichen Antheil an dem Gelingen dieses jüngsten Ausstellungs-Unternehmens zuschreibt. Die örtliche Bauleitung und die Ueberwachung der gesammten ausgeführten Gebäude und Anlagen war Anfangs Hrn. Bauinspektor Roeper und nach dessen Tode Hrn. Bauinspektor Wulff anvertraut, der die schwierige Aufgabe mit bereits früher erprobtem Geschick zu lösen wusste.

Als Stätte der Ausstellung war wiederum der schon so oft zu ähnlichen Zwecken benutzte, zwischen dem Holstenthor und Millern-Thor gelegene Theil der herrlichen Park-Anlagen gewählt worden, die anstelle der alten Hamburger Umwallung geschaffen worden sind und die landschaftlich neben der Alster den Hauptreiz der Stadt bilden. Es hat dieser Theil der Wallpromenaden in den letzten Jahren dadurch eine sehr erhebliche Verbesserung erfahren, dass man – wie schon früher zwischen Dammthor und Holstenthor – die auf seiner Innenseite liegenden, mit Häusern der untergeordnetsten Art bebauten Viertel abgebrochen und am Rande des Parks eine neue ansehnliche Strasse (den Holstenwall) angelegt hat, die bald mit vornehmen, dieser bevorzugten Lage entsprechenden Häusern besetzt werden dürfte. Dass diese Neubebauung noch nicht begonnen hat und dass infolgedessen der grössere Theil sowohl jener Strasse, wie der Stadtseits derselben gelegenen Bauviertel für die Ausstellung mit verwendet werden konnte, war für letztere ein ebenso grosser Gewinn, wie der Umstand, dass auch die dem Platz am Holstenthor zunächst liegende, zur Baustelle für ein neues Zivil-Justiz-Gebäude bestimmte Parkfläche noch frei ist. Spätere Ausstellungen werden sich zwar mit geringerem Raume auf diesem Gelände begnügen müssen, doch wird für solche leicht ein guter Anschluss an den benachbarten 29 ha grossen Fest- und Ausstellungsplatz des Heiligen Geistfeldes zu schaffen sein.

li. Grosse Ausstellungs-Halle, Mitte Haupt-Restaurant, re. Schweizerhaus

Für die Gesammt-Eintheilung des zur Verfügung stehenden Platzes und die Anordnung der Hauptgebäude auf demselben ergab sich der Grundgedanke in einfachster Weise aus der natürlichen Gestaltung des Geländes, das, an den Aussenseiten auf der Höhe der alten Wälle bezw. Bastionen liegend, nach innen zu theils in flacherer, theils in stärkerer Neigung bis zum Spiegel der als Reste des alten Wallgrabens zu betrachtenden Wasserbecken sich absenkt. Hiernach war es geboten, sämmtliche grösseren zusammen hängenden Bauten an den Rand des Geländes zu verlegen, während im Inneren, wo selbstverständlich auch mit der Rücksicht auf Erhaltung des vorhandenen herrlichen Baumwuchses gerechnet werden musste, nur kleinere Freibauten, meist Restaurationen, errichtet werden konnten. Eine ins Einzelne gehende Schilderung der Anlage würde zu weit führen; so sei unter Hinweis auf den umstehenden Lageplan nur das Wichtigste kurz erwähnt.

Grundriss

Die beiden Eingänge des Ausstellungs-Platzes waren an den der inneren Stadt zugekehrten Ecken desselben angeordnet. Als der wichtigere von ihnen dürfte nach seiner Lage und seinen Verkehrs-Verbindungen der am Holstenplatz liegende betrachtet werden, zumal hinter ihm auch eine grössere ebene Fläche sich ausbreitet. Hierher waren (an der linken Seite des eigentlichen Parkgeländes) das Verwaltungs- und Baubureau sowie ein grösseres Restaurant (Schwegler v. Arch. Groothoff) verlegt, während rechts von ihm längs der nördlichen und auf mehr als der Hälfte der westlichen Grenze des Ausstellungs-Platzes die zur Vorführung der wechselnden Früchte des Gartenbaues bestimmten, zugleich als bedeckter Zugang zu benutzenden sogen. „permanenten Ausstellungs-Hallen“ sich hinzogen – unterbrochen durch das grosse Haupt-Café (Archit. Viol) und abschliessend mit dem Hauptrestaurant und der mit diesem zusammen hängenden grossen Ausstellungshalle, der ihr Platz in dem zwischen den beiden Wasserbecken einspringenden Winkel gegeben war. Es hat diese Lage der Halle, auf theilweise abfallendem Gelände zu interessanten Lösungen geführt und es ebenso ermöglicht, den Bau allseitig von weiten Standpunkten her sichtbar zu machen, ihn also als beherrschenden Mittelpunkt der ganzen Anlage zur Geltung zu bringen. Man fragt sich aber doch unwillkürlich, ob es nicht zweckmässiger gewesen wäre, ihm seine Stelle nicht am Rande des Platzes und in ziemlich erheblicher Entfernung: von den Eingängen, sondern in der Mitte des nördlichen Geländetheils anzuweisen, wo namentlich mehr Raum für das im Freien sitzende Publikum und eine günstigere Aussicht auf die Wasserflächen hätten gewonnen werden können. Der Grund, durch den eine solche Anordnung ausgeschlossen war, ist u. W. der Umstand, dass bei Feststellung des Planes noch nicht endgiltig entschieden war, ob der oben erwähnte, zur Baustelle für das Zivil-Justiz-Gebäude bestimmte Parktheil für die Zwecke der Ausstellung zur Verfügung gestellt werden würde. Auf der nach dieser Entscheidung bewirkten Veränderung des Planes dürfte es auch beruhen, dass die das grosse nördliche Blumenparterre vom Haupttheile der Ausstellung abschliessende, in 2 Orchesterpavillons endigende und durch einen Triumphbogen unterbrochene gedeckte Wandelhalle in ihrer jetzigen Stellung nicht recht verständlich erscheint. Als ein selbständiger Theil der Ausstellung war das auf dem Holstenwall und den Bauvierteln diesseits desselben gewonnene Gelände behandelt; man hatte auf diesem Zubehör des Platzes neben den Obst-Plantagen auch das Zubehör der Ausstellung, Gartengeräthe, Gegenstände des Gartenschmucks usw. untergebracht. Wie im Norden und Westen des Platzes die permanenten Ausstellungs-Hallen, so bildeten hier im Osten die „Industriehallen“ den seitlichen Abschluss desselben. Und wie dort im Süden die grosse Ausstellungs-Halle, so erhob sich hier die sogen. Vegetations-Halle – ein Bau mit landschaftlichen Dioramen – als beherrschender Endpunkt der baulichen Anlage. Beiläufig erwähnt seien endlich noch die beiden das grössere Wasserbecken überspannenden Brücken – die nördliche tiefer gelegene aus rohen Baumstäimmen gezimmert, die südliche als leichte Hängebrücke gestaltet.

Konstruktiver Durchschnitt durch das Hauptgebäude

Nicht minder geschickt als die Anlage an sich und die Vertheilung der einzelnen Gebäude in der landschaftlichen Umgebung, aus der sich überall eine in ihrer Mannichfaltigkeit überraschende Fülle der reizendsten Bilder ergab – die am Kopfe mitgetheilte Ansicht mag ein Beispiel dafür liefern – war die künstlerische Anordnung und Ausgestaltung der meisten Bauten, in der eine Anzahl begabter Hamburger Architekten mit einander rühmlichst gewetteifert hatte. Die meisten derselben waren in freiem Holzbaustile mit überhängenden Dächern, in kräftiger farbiger Haltung durchgeführt und auf malerische Wirkung berechnet; jedoch auch einzelne zierliche Rokoko-Bauten in geschlossenerer Haltung fanden sich unter ihnen.

Um keinen der betheiligten Künstler zurückzusetzen, unter denen wir an dieser Stelle nur die Hrn. v. Melle, permanente Ausstellungshallen, Industriehallen und Thorbauten und mit Hrn. P. G. Jürgensen zusammen das Restaurant „Zum Elbschloss“, Schwartz, Union-Restaurant und Molkerei, Schmidt & Wurzbach, Weinrestaurant „Bella Vista“ und eine reizende Stehbierhalle „Zur Waldschänke“, Dorn, Kantine, Schlepps & Rzekonski, Weinhütte im Thal, Faulwasser, „Zum Weinschmidt“, Semper, Sekt-Kiosk, und Wolbrandt, ein im Innern mit köstlichem niedersächsischen Humor ausgestattetes Restaurant „Treibhaus“ – nennen wollen, müssten wir eine Mehrzahl der Bauten im Bilde mittheilen, was der uns zugemessene Raum leider unmöglich macht. Eine Schilderung in Worten aber würde wenig Werth haben.

Das Haupt-Ausstellungs-Gebäude mit Restaurant

So wollen wir uns damit genügen lassen, als eine Probe dessen, was vonseiten der Hamburger Architektenschaft aus Anlass dieser Ausstellung geleistet worden ist, lediglich denjenigen Bau vorzuführen, der an Umfang der grösste, zugleich unbestritten als die beste und eigenartigste jener künstlerischen Schöpfungen gelten darf – die durch Architekt Georg Thielen errichtete „Grosse Ausstellungshalle“ mit dem Hauptrestaurant. Die Abbildungen geben Grundriss und Durchschnitt der ganzen Anlage, sowie einen in etwas grösserem Maassstabe gehaltenen Durchschnitt des konstruktiven Gerüstes, das dem eigentlichen Hallenbau zugrunde liegt, während die Bildbeilage – leider nur in sehr unvollkommener, von der Wirklichkeit weit übertroffener Weise – den Eindruck des grossen Innenraums zur Anschauung bringt.

Den Kern des letzteren bildet ein kreuzförmiger Bau, dessen 26 m weiten, 17 m hohen Arme mit Tonnengewölben von Korbbogenform und dessen zu einem Achteck von 45 m grösster Spannung erweiterte Vierung mit einer bis zum Oberlicht 23 m hohen Flachkuppel überdeckt sind. Durch die Verlängerung des einen (südlichen) Armes um 3 Joche mit einer an das letzte derselben angeschlossenen Orchester-Nische ist eine Art Langschiff hergestellt, das von niedrigeren Seitenschiffen begleitet wird; ihre Aussenwände sowie diejenigen des Querschiffs öffnen sich nach zwei äusseren noch niedrigeren Nebenschiffen. Auf der dem Orchester entgegen gesetzten (nördlichen) Seite des Raumes legt demselben ein zweigeschossiger (Querbau sich vor, der im Erdgeschoss zu Vorhallen, Kleiderablagen usw. aufgelöst ist, im Obergeschoss dagegen einen Konzert- und Festsaal von 500 qm enthält. Nach innen ist dieser Saal durch Bogenstellungen & der grossen Halle verbunden; nach aussen wird er von über den unteren Nebenräumen angelegten Altan umgeben, der durch Freitreppen auch vom Park her unmittelbar zugänglich ist und zugleich den ganzen Hallen- und Saalbau mit dem etwas weiter nördlich liegenden Hauptrestaurant zu einer wirthschaftliehen Einheit verknüpft. Dass auch aus der grossen Halle allseitig Ausgänge nach aussen führen, bedarf kaum einer besonderen Erwähnung; einer derselben – nach Angabe des Hrn. Bauinspektors Wulff inform eines 30 m langen Tunnels angelegt – leitet unmittelbar zu dem tiefer gelegenen Wege am Ufer der beiden Wasserbecken hinab und mündet auf die zwischen ihnen gelegene Landzunge.

Der ganze, etwa 7600 qm Grundfläche bedeckende Bau ist, wie der bezügl. Durchschnitt zeigt, in Holzwerk konstruirt, jedoch durch passend angeordnete eiserne Verstärkungen gesichert. Namentlich sind die Dachbinder des Langschiffes und der Vierung mit starken Verankerungen versehen und durch solche auch entsprechende Längs-Verbindungen hergestellt, während dem Winddruck starke eiserne Verstrebungen entgegenwirken, die an tief angeordneten Erdböcken befestigt sind. Die aus je 4 Stielen zusammen gesetzten Säulen erhielten ein breites Bohlen-Auflager. Alle für die Konstruktion erforderlichen statischen Berechnungen hat Hr. Bauinspektor Sperber geliefert. Durch Verschaalung und Verputz, mit Anwendung von Stuck für die ornamentalen Theile, ist dem Bau die Erscheinung eines Steinbaues gegeben worden; die Gewölbe sind durch eine Ueberspannung von Leinen hergestellt und mit Papier überklebt. Zur Dachdeckung wurden leichte eiserne Ziegel (7 kg auf 1 qm) verwendet.

Eine Beschreibung des Aussenbaues, dessen mit der Gestaltung des Inneren nur wenig zusammen hängende Form wenigtens ungefähr aus dem Durchschnitt und der auf dem Kopfbilde enthaltenen Vorderansicht sich ersehen isst, glauben wir unterlassen zu können. In seiner Architektur und seiner farbigen Haltung dem Gepräge der übrigen Ausstellungsbauten sich anschliessend, fügte er aufs beste in den Rahmen des Gesammtbildes sich ein und wirkte gefällig, ohne jedoch ein besonderes Interesse zu erwecken. Am günstigsten erschien er von seitlich und hinten gesehen, wo den wuchtigen Massen des Daches und der oberen Wandheile in den Erdböschungen des Unterbaues ein kräftigeres Gegengewicht gegeben war, als es die leichten Hallen und Wände des Erdgeschosses an der Vorderseite darboten.

Desto grossartiger und überwältigender war die Wirkung des Innenraums und seines gärtnerischen Gehaltes. Wie die Abbildungen ersichtlich machen, waren die Vierung und der grössere Theil des Langschiffs gegen die Querarme des Kreuzes, die vordere Vorhalle, die Seitenschiffe und das äusserste Joch des Langschiffs vertieft und durch Treppen mit diesem oberen Umgange verbunden, während in den Zwischenräumen dieser Treppen der Höhenunterschied durch frei gestaltete, mit Pflanzen besetzte Erdböschungen ausgeglichen war. In flacherer Böschung stieg auch der Boden der ganz von Pflanzenwuchs erfüllten äusseren Seitenschiffe nach aussen an, und ebenso war das Orchester durch einen Gartenstreifen von jenem Umgange getrennt. In der Mitte des Raumes befand sich ein grösseres Beet mit einem kleinen, aus einer Kaskade im westlichsten Nebenschiff gespeisten Teiche. Das Ganze sowohl in seinen räumlichen Verhältnissen, wie in seiner farbigen, auf dem Gegensatz zwischen dem tiefen Grün der Pflanzen und den leuchtenden Tönen ihrer Blüthen zu der vorwiegend in Weiss und Gold gehaltenen Architektur beruhenden Haltung von geradezu zauberhaftem Eindruck – ein Einklang zwischen den hier vereinter Leistungen der Bau- und der Gartenkunst, wie er vollendeter nicht gedacht werden konnte. Denn angesichts dieses Bildes konnte weder die Vorstellung aufkommen, dass das für sich geschaffene Gebäude mit gärtnerischem Schmucke versehen worden sei, noch umgekehrt, dass man eine für sich geplante gärtnerische Anlage mit schützender Wandung und Dachung umschlossen habe. Mit überzeugender Kraft drängte vielmehr dem Beschauer die Empfindung sich auf, eine aus künstlerischer Eigenart geborene Schöpfung aus einem Gusse vor sich zu haben. Ein Erfolg, der nicht nur dem Architekten, sondern auch dem in Gemeinschaft mit ihm thätig gewesenen Gartenkünstler, Hrn. Rudolf Jürgens zur höchsten Ehre gereicht und allein genügen würde, um der Hamburger Gartenbau-Ausstellung, für die ein solches Werk geschaffen worden ist, einen seltenen Rang zuzuweisen. – Besonders glücklich bewährte sich auch die Beleuchtung des Raumes. Für die grosse Mehrzahl der Tagesbesucher war es von grossem Werthe, beim Eintritt in die Halle nicht durch einen unmittelbar gegenüber liegenden Lichtquell geblendet zu werden und, im Halbdunkel stehend, auf die von den seitlichen Fenstern erhellten Pflanzengruppen herabschauen zu können. Am Abend, während die unter dem Oberlicht hängende grosse Krone den Haupt-Lichtqueil bildete, die Seitenschifte dagegen theilweise im Schatten lagen, ergaben sich entgegen gesetzte, nicht: minder reizvolle Wirkungen.

Diese für 260 elektrische Glühlampen eingerichte 8 m im Durchmesser grosse Krone ist aus Schmiedeisen konstruirt; mit Glasbehang erreichte sie ein Gewicht von 3500 kg und war an 8 Drahtseilen aufgehängt. Die von einem Baldachin überragte farbig behandelte Figur, die aus ihr aufsteigt, verkörperte die Hamonia, welche ihre Gäste begrüsst. Sämmtliche Einrichtungen für die elektrische Beleuchtung sind von Hrn. Ingenieur Hennicke getroffen worden.

Die Baukosten der grossen Ausstellungshalle einschl. des 555 qm bedeckenden Hauptrestaurants haben angeblich 300 000 M. betragen. –

Mag es mit diesen Mittheilungen über die Anlage der Ausstellung und ihre Bauten genug sein. Von ihrem Inhalte seien neben den Dioramen der Vegetations-Halle trefflichen, zumtheil sogar ausgezeichneten Leistungen des Hamburger Malers Hrn. Friedrich Schwinge – nur 2 Sammlungen von Gartenplänen bezw. Gartendarstellungen erwähnt, die in dem nördlichen Theile der Industriehalle Platz gefunden hatten. Die eine derselben, durch den Direktor des Hamburger Kunstgewerbe-Museums, Hrn. Dr. Brinckmann veranstaltet, umfasste einige hundert Kupferstiche, in denen die zumtheil schon längst untergegangenen – bedeutsamsten gartenkünstlerischen Schöpfungen früherer Jahrhunderte der Nachwelt überliefert worden sind – ein hochinteressanter Stoff, der wohl eine Bearbeitung und Veröffentlichung inform eines besonderen Werkes lohnen würde. – Die andere, durch die Bemühungen des Hrn. Oberingenieur Fr. Andreas Meyer zustande gekommene, gewährte ein Bild von den neueren Leistungen der Gartenkunst inbezug auf Anlage und Ausgestaltung städtischer Parks und Schmuckanlagen.

Die grosse Ausstellungshalle der allgemeinen Gartenbau-Ausstellung in Hamburg 1897

Wir werden auf diese nicht minder interessante Sammlung in einem kurzen Sonderbericht zurück kommen und bemerken hier vorläufig nur, dass sich an derselben aus dem Auslande die Stadt Antwerpen, aus Deutschland die Städte Bremen, Düsseldorf, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Kassel, Köln, Mainz, München, Strassburg, Stuttgart und Würzburg betheiligt hatten. Der Magistrat der Reichshauptstadt ist seinen Ueberlieferungen treu geblieben; er hat eine Mitwirkung an diesem gemeinnützigen idealen Unternehmen rundweg abgelehnt.

Dieser Artikel erschien zuerst am 09.10.1897 in der Deutsche Bauzeitung, er war gekennzeichnet mit „-F.-“.

Die Pläne und Modelle städtischer Grünanlagen in der Allgemeinen Gartenbau-Ausstellung zu Hamburg 1897.

Beim die grossen Aufgaben zu veranschaulichen, die der 18 Gartenbaukunst auf dem Gebiete des städtischen Baum Wesens gestellt werden, war auf Anstoss des Hrn. Ob.Ing. F. Andreas Meyer hin die Abtheilung der Pläne und Modelle städtischer Grünanlagen als eine besondere Gruppe in das Programm der diesjährigen Allgemeinen Gartenbau-Ausstellung aufgenommen worden. Wie mit Genugthuung zu begrüssen ist, hatten sich 17 verschiedene Verwaltungen von 13 Städten an dieser Ausstellung, welche die erste ihrer Art war, betheiligt. Die in grosser Zahl eingeschickten Zeichnungen, sowie die Modelle, hatten in einer dem vorliegenden Zwecke besonders angepassten Halle Aufstellung gefunden, die im Hinblick auf die Ausstellungs-Gegenstände mit aus Gartenwerkzeugen gebildeten Tropäen ausgeschmückt war.

Das hierdurch ermöglichte Studium der in den verschiedenen Städten zur Ausführung gekommenen Grünanlagen bot dem Fachmann erklärlicher Weise einen ganz besonderen Reiz, da ihm die durch örtliche Verhältnisse der verschiedensten Art bedingten Abweichungen in der Anordnung und Ausführung dieser für jede Stadt in hygienischer und ästhetischer Beziehung so ausserordentlich bedeutungsvollen Schöpfungen in der Nebeneinanderstellung vor Augen geführt wurden.

Von ebenfalls grossem Interesse war die Verschiedenheit, die sich in der Art und Weise der Ausgestaltung der Pläne kundgab. Während die Mehrzahl der Pläne eine flotte Darstellung zeigten und die Aquarellmanier vielfach mit Vorliebe angewandt war, bewiesen die Pläne Stuttgarts, dass auch durch ein fast rein geometrisches Zeichnen eine ausserordentlich schöne Wirkung zu erzielen ist.

Die Ausstellung liess jedoch deutlich erkennen, dass die Verschiedenartigkeit in der Gestaltung der öffentlichen Grünanlagen nicht allein von örtlichen Verhältnissen abhängig ist, sondern dass hierbei die Individualität ihrer Schöpfer eine maassgebende Rolle spielt. Selbst dort, wo die Ursachen zur Entstehung der Grünanlagen die gleichen waren, wie z. B. in Mainz und Köln, woselbst die bedeutungsvollen Stadterweiterungen den Anstoss gaben, die geschaffenen neuen wichtigen Strassenzüge gärtnerisch auszuschmücken, sehen wir, wie die individuelle Geschmacksrichtung der Schöpfer derselben die gleichartige Aufgabe in verschiedener Weise löste. Ebenso zeigen die auf dem Gelände ehemaliger Stadtbefestigungen geschaffenen Gartenanlagen der Städte Bremen, Frankfurt a. M., Hamburg und Würzburg eine grosse Verschiedenheit und gerade diese Mannichfaltigkeit wirkt für den Beschauer besonders reizvoll.

Gehen wir auf die von den einzelnen Städten zur Ausstellung gebrachten Pläne im Einzelnen ein, so finden wir das Ausland durch Antwerpen vertreten. Ohne Weiteres bekunden die ausgestellten Zeichnungen den französischen Einfluss in der ausserordentlich farbenreichen Darstellung und in der Gestaltung der Gartenanlagen. Die Anlagen dieser gleich Bremen und Hamburg in der Niederung gelegenen Stadt besitzen nichts von den Eigenschaften, welche den Anlagen der letztgenannten Städte ihre Eigenart verleihen. Aber man ersieht, dass eine geniale Künstlerhand über der Entwicklung des Bebauungsplanes waltet. Ohne die Verhältnisse der belgischen Stadt genauer zu kennen, kann man doch annehmen, dass die Gestaltungskunst des Ober-Ingenieurs der Stadt Antwerpen, Royers, den grössten Einfluss ausübt. Hat er es doch verstanden, mitten in den Kohlen- und Dampfbetrieb des Scheldekais eine herrliche Hochpromenade einzufügen und sogar dem mittelalterlichen Rest der alten Burg von Antwerpen, der Steen genannt, inmitten dieser Getriebe den poetischen und reizvollen Platz zu erhalten.

Von der Nachbarstadt Hämburgs, Bremen, haben sich die Deputation für die Spaziergänge und der Bürgerpark-Verein an der Ausstellung betheiligt

Die bildlichen Darstellungen des Bremer Walles zeigen uns diese Anlagen in der Hauptsache noch so, wie dieselben von dem bekannten Landschaftsgärtner Altmann, dem auch die Hamburger Wälle ihre erste Umgestaltung verdanken, nach Beendigung der französischen Besatzung im Anfange dieses Jahrhunderts geschaffen wurden. Die Entwicklung Bremens und die Aufschliessung der Stadt hat sich in einer vollständig anderen Weise vollzogen wie in Hamburg und diesem Umstande ist es zuzuschreiben, dass die Grundlinien der Bremer Wallanlagen dieselben geblieben sind und nur in ihrer Ausstattung Verbesserungen unterzogen wurden, während die Hamburger Wallanlagen in den letzten Jahrzehnten sehr durchgreifende Veränderungen erfahren haben. Einen ganz besonderen Schatz besitzt bekanntlich Bremen in seinem in den Jahren 1866-1884 von dem Landschaftsgärtner W. Bengne geschaffenen weltberühmten Bürgerpark, eine Schöpfung, in der sich die Bethätigung des Gemeindesinns in so schöner Weise verkörpert.

Die Schaffung derartiger Parkanlagen hat in neuerer Zeit, namentlich in der Rheingegend und in Süddeutschland, erfreulicherweise Nachahmung gefunden und die in jenen Städten entstandenen Volks- und Stadtgärten verleihen hoffentlich den Bestrebungen, die darauf gerichtet sind, auch für Hamburg einen Stadtpark anzulegen, kräftige Förderung.

Von den auf der Ausstellung vertretenen Städten sind in erster Linie Köln und Düsseldorf, die durch ihre grossen Volksgärten, und Mainz und Stuttgart, die durch ihre Stadtgärten den Neid erregen müssen. Kassel hat in seiner Karls-Aue und Hannover in seiner Eilenriede Anlagen, die schon durch ihre Ausdehnung als von ausserordentlichem Werthe für die Städte bezeichnet werden müssen und denselben Zweck wie jene Volksgärten erfüllen. Die Ausstellung führt uns die schönsten Theile des Bremer Parks in Aquarellen vor Augen. Diese Bilder zeigen, dass in Bremen nicht allein der Gärtner schöpferisch thätig ist, sondern dass sich zu dieser Thätigkeit harmonisch diejenige des Architekten und Ingenieurs hinzugesellt. Ein ähnliches Zusammenwirken bekunden die Pläne der grösseren Anzahl der auf der Ausstellung vertretenen Städte, und es lässt sich nicht leugnen, dass sich dasselbe für die äussere Gestaltung der städtischen Grünanlagen als von hohem Werthe erweist. Durch ein solches gemeinsames Arbeiten, wie nicht minder durch die bekundete, feinfühlige Anpassung der Grünanlagen an die gegebenen örtlichen Verhältnisse zeichnen sich besonders auch die Anlagen Hamburgs aus. Hoffentlich bricht sich die Erkenntniss von der Nothwendigkeit einer derartigen gemeinsamen Thätigkeit des Gärtners und des Architekten und Ingenieurs in den betheiligten Kreisen immer mehr Bahn und lässt nach und nach die Anschauung verschwinden, dass allein der Gärtner bei diesen Schöpfungen sprechen dürfe.

Die hervorragendste gärtnerische Anlage Kassels ist die bereits oben erwähnte Karls-Aue, die in aller ersten Anlagen von dem berühmten Gartenkünstler Le Nötre geschaffen wurde und in ihrer jetzigen Beschaffenheit der Stadt Kassel einen ausserordentlichen Reiz verleiht.

Von den Düsseldorfer Anlagen beansprucht der Hofgarten den ersten Platz, eine Schöpfung aus dem Ende des vorigen und dem Anfange dieses Jahrhunderts. Diese Anlagen ziehen sich bis zum Rhein hinab und werden demnächst in harmonischer Beziehung zu der im Bau begriffenen grossen Rheinbrücke der neu entstandenen Rheinischen Bahngesellschaft gesetzt werden.

Frankfurt a. M. muss verhältnissmässig arm an öffentlichen Grünanlagen genannt werden. Die vorhandenen Anlagen sind auf sehr sauber gezeichneten Uebersichtsplänen zur Vorführung gekommen. Leider fehlen Photographien oder sonstige bildliche Darstellungen, wie solche von der Mehrzahl der Städte auf der Ausstellung vorgeführt sind und dem Besucher von den dargestellten Ausführungen ein sehr anschauliches Bild geben. Der grösste Theil der Frankfurter Anlagen befindet sich auf dem Gelände der ehemaligen Festungswerke; die geringe Breitenausdehnung der Anlagen lässt vielfach eine weitergehende gärtnerische Gestaltung derselben nicht zu. Diese Anlagen verdanken ihre Entstehung dem Hofkammerrath Jakob Guiollett, der dieselben mit geringen Mitteln aus den Unterstützungen des bekannten Fürsten-Primas Karl von Dalberg im Anfange dieses Jahrhunderts schuf und inmitten derselben, bei seiner Lieblingsschöpfung, dem Rechnei-Graben, seinem Wunsche gemäss seine Ruhestätte erhielt.

Das Bestreben, die in den Plänen ausgestellten Anlagen durch bildliche Darstellungen dem. Beschauer sichtbarer vorzuführen, lässt besonders die Ausstellung der Hamburgischen Grünanlagen erkennen. Hier finden sich neben den Grundrissen stets eine grössere Zahl Photographien und auf diesen finden wir auch alle jene Einzelheiten wieder, die durch das bei ihrer Schaffung bekundete eigenartige architektonische Gestaltungsvermögen ihres Schöpfers, des Oberingenieurs F. Andreas Meyer, nicht nur eine Zierde, sondern auch eine Besonderheit dieser Anlagen geworden sind. Die strahlenförmig sich verschiebende Bebauung der Stadt Hamburg hat auch in dessen Vororten Grünanlagen entstehen lassen, die, wenn irgend möglich, mit dem Wasser in Verbindung gebracht worden sind. Der schönste Theil der Hamburger Anlagen, diejenigen an der Alster, die hoffentlich dereinst einen vollständig geschlossenen Ring bilden werden, verdanken einen wesentlichen Theil ihrer Schönheit dem mit so ausserordentlichem Verständniss durchgeführten harmonischen Zusammenhang mit dem Lebenselement Hamburgs, dem Wasser.

Welch’ hervorragendes Element in der Gartenkunst das Wasser überhaupt bildet, erkennt man aus zahlreichen der ausgestellten Grünanlagen und nicht am wenigsten aus den Bestrebungen vieler Städte, sich das, was die Natur ihnen versagt hat, künstlich zu schaffen. So finden wir unter den Plänen Hannovers auch jenen Entwurf vertreten, der darauf hinzielte, dieser Stadt in der Masch, wenn auch in kleinerem Maasse, eine Wasserfläche zu schaffen, wie sie Hamburg seit nunmehr Jahrhunderten in seinem Alsterbassin besitzt.

Hannover gehört zu jenen Städten, deren neuere öffentliche Grünanlagen als das fast ausschliessliche Werk der Gartenkünstler zu bezeichnen sind. Gewiss muss zugegeben werden, dass der Plan und die Ausführung der Umgestaltung des vorderen Theiles der Eilenriede eine hohe Leistungsfähigkeit ihres Schöpfers erkennen lassen, aber es kann andererseits doch auch kaum geleugnet werden, dass diese Waldanlage durch die Mitbenutzung der Architektur gewiss noch weiter gewonnen hätte.

Die lange Einengung Kölns durch die mittelalterlichen Festungsmauern ist die Ursache, dass diese Stadt bis vor kurzem arm an öffentlichen Gartenanlagen war, Die Stadterweiterung und die in Verbindung mit derselben zur Ausführung gekommene Anlage der Ringstrasse gaben Gelegenheit zur Schaffung einer grösseren Anzahl mit dieser letzteren in Verbindung stehender öffentlicher Grünanlagen, bei welchen man auf eine reizvolle Abwechslung sorgsam bedacht war. Namentlich die vertieften Blumenparterres, welche auch in der Kaiserstrasse in Mainz zur Ausführung gekommen sind, wirken sehr gut. Die Schöpfer dieser Anlagen haben es ausserdem meisterhaft verstanden, die vorhandenen Baumpartien und Bauwerke, die alten Thore und Mauern, in die neuen Anlagen passend hineinzuziehen.

Eine ganz hervorragende Bereicherung haben die Kölner Anlagen durch den nach den Plänen des Gartendirektors Kowallek zur Ausführung gekommenen Volksgarten erhalten. Seine Grösse beträgt 15,3 ha und es darf somit diese städtische Grünanlage schon allein durch ihre immerhin nicht gewöhnliche Grösse auf Beachtung Anspruch erheben. Sie enthält neben den eigentlichen Grünanlagen Teichpartien, eine grosse Spielwiese, eine Reitbahn, sowie einen Konzertplatz.

Auf den Anstoss des Ober-Bürgermeisters ist es zurückzuführen, dass in den letzten 2 Jahren ein grosser Stadtwald von 100 ha Umfang angelegt ist, welcher sich an einen eigens zu diesem Zweck erworbenen alten vornehmen Landbesitz mit interessanter und baumreicher Gartenanlage anlehnt. Die im Anschluss an das zum Restaurant verwandelte Herrenhaus (mit einer langen Gartenperspektive) geschaffene See- und Waldpartie, welche sich in bedeutender Höhenbewegung weithin ausdehnt, und bereits eine sehr umfangreiche Bepflanzung erfahren hat, dient der Kölner Bevölkerung, nachdem eine aus der Stadt führende Strassenbahn sie in 20 Minuten erreichbar gemacht hat, bereits zur sehr beliebten Erholung. Der Grundriss ist in der Ausstellung zur Anschauung gebracht.

Die beiden anderen auf der Ausstellung vertretenen alten Römerstädte, Mainz und Strassburg, sind gleich Köln durch ihre Eigenschaft als Festungsstädte in der Anlegung Öffentlicher Grünanlagen behindert gewesen. Auch in diesen beiden Städten haben die Stadterweiterungen neben ihren sonstigen Vortheilen den Segen gehabt, Raum für weitere städtische Grünanlagen zu schaffen.

In Mainz sind in Verbindung mit der neuen Kaiserstrasse geschmackvolle Anlagen entstanden, die ihre Fortsetzung in den an dem Rheinufer sich hinziehenden Promenaden finden, in deren Mitte die Stadthalle Platz gefunden hat.

Als ein besonderer Reiz der Mainzer Anlagen, namentlich der sogen. „Neuen Anlage“, muss ihr Pflanzenwuchs bezeichnet werden, der an manchen Stellen einen exotischen Charakter zeigt, was auch die ausgestellten Photographien deutlich erkennen lassen. Der Eingang in die genannte Anlage wirkt besonders günstig, Die ausgestellten Pläne sind sehr sauber gezeichnet, in der Art der Stuttgarter Zeichnungen.

Die Ausstellung führt die Haupt-Parkanlagen Strassburg ’s, besonders die Orangerie, in Zeichnung und Bild vor. Diese letztere Anlage hat ihre ursprüngliche Gestalt durch Le Nötre erhalten. In den letzten Jahren wurde sie nach den Plänen des Stdtbrths. Ott umgestaltet und erweitert und besitzt gegenwärtig die Gestalt, wie sie die ausgestellten Bilder wiedergaben. Die Orangerie vereinigt neben einem über 3,5 ha grossen, von Bäumen beschatteten, aus Rasenflächen bestehenden Spielplatz, einen grossen Orangeriepark mit Gewächshäusern und einen Volksgarten. Als eine in ihrer Art wahrhaft grossartige Anlage ist die Partie Strassburgs zu bezeichnen, die sich von der Palaststrasse über den Kaiserplatz, die Universitätsbrücke und den Universitätsplatz bis zur Sternwartstrasse erstreckt und eine einzige grosse Parkpromenade bildet.

München ist auf der Ausstellung leider nur in geringem Umfange vertreten und die ausgestellten Pläne und Bilder vermögen nicht ein richtiges Bild von den Schätzen, welche München auch auf dem Gebiete der öffentlichen Grünanlagen und der Gartenkunst besitzt, zu geben.

Die tadellos gezeichneten Pläne Stuttgarts haben bereits oben Erwähnung gefunden. Dieselben veranschaulichen den grösseren Theil der Anlagen, die Stuttgart besitzt und zwar ist sowohl die Stadtverwaltung (Tiefbau) wie die Königliche Bau- und Gartendirektion durch Zeichnungen ihrer verschiedenen Schöpfungen vertreten. Ausserdem ist von der Verwaltung der Frau Herzogin Wera von Württemberg der Plan der hervorragenden Parkanlagen der Villa Berg zur Ausstellung gekommen.

Der Schlossplatz zu Stuttgart gilt mit Recht als einer der schönsten Plätze dieser Art. Die Anlagen des bei Stuttgart liegenden Lustschlosses „Wilhelma“ sind zum Theil dem im maurischen Stil errichteten Schlosse angepasst und bieten ein besonderes Interesse. Die topographische Lage Stuttgarts stellt dem Gartenkünstler sowohl wie dem Ingenieur infolge der immer mehr an den Bergabhängen hinaufklimmenden Bebauung schwierige Aufgaben. Die ausgestellten Pläne der neueren Anlagen am Bopser und auf der Karlshöhe zeigen, wie beide geschickt die gestellten Aufgaben zu lösen gewusst haben. Die Pläne und Ansichten des Stadtgartens lassen die Schönheiten dieser inmitten der Stadt liegenden Anlage erkennen.

Als letzte der ausstellenden Städte ist Würzburg zu Nennen, das ungemein reich an öffentlichen Grünanlagen ist. Die innere alte Stadt wird von solchen vollständig umgeben; ausserdem befinden sich ausgedehnte Parkanlagen auf dem jenseitigen Mainufer, das neuerdings durch die schöne Ludwigsbrücke in eine weitere Verbindung mit der eigentlichen Stadtseite gesetzt worden ist. In die die Stadt umgebenden Anlagen fügt sich der Hofgarten ein, in dem die prachtvolle Residenz, das erzbischöfliche Schloss, liegt, ein Bau, der zu den hervorragendsten Schlossanlagen des 18. Jahrhunderts gehört. Während die erwähnten Anlagen, mit Ausnahme des Hofgartens, der städtischen Verwaltung unterstehen, sind die auf dem linken Mainufer befindlichen ausgedehnten Anlagen zum grösseren Theil der Pflege und Obhut des Verschönerungsvereins anvertraut, dem dieselben auch ihre Entstehung verdanken. Die Schönheiten dieser Anlagen waren im Bilde vorgeführt, und es liessen die Aquarelle erkennen, dass der Verein seine Aufgabe in einer seinem Namen durchaus angemessenen schönen Weise gerecht wird. Zu bedauern ist, dass diese Ansichten nicht mit einer Angabe über das auf ihnen Dargestellte versehen sind. Diese Ansichten, wie auch das Modell eines Aussichtsthurmes auf dem Waldkugel zeigten, dass auch in Würzburg der Gärtner Hand in Hand mit dem Architekten thätig ist. Als eine Besonderheit der ausgedehnten Anlagen im Steinbachthal dürften noch die in demselben angelegten Waldfestwiesen zu erwähnen sein.

Das Verdienst der Gartenbau-Ausstellung ist es, ein,in seiner Art höchst werthvolles Material im Zusammenhange sowohl Laien wie Fachleuten zugänglich gemacht zu haben. Dem Komité wie nicht minder den ausstellenden Städten gebührt herzlicher Dank für die aufgewandte Mühe und die gewährte Belehrung. Hamburg.

Dieser Artikel von Curt Merkel erschien zuerst am 20.11.1897 in der Deutsche Bauzeitung.