Vor einem der Loosautomaten in der Berliner Kunstausstellung

Vor einem der Loosautomaten in der Berliner Kunstausstellung. Nach einer Originalskizze von F. Hofang

Ein Automat im weiteren Sinne ist jede sich selbst bewegende mechanische Vorrichtung, die durch im Inneren verborgene Kraftmittel, wie Federn oder Gewichte, in Bewegung gesetzt wird. Im engeren Sinne verstand man darunter bisher jene Art von Kunstwerken, welche vermittelst eines inneren Mechanismus die Thätigkeit lebender Wesen nachahmen und oft auch an Gestalt diesen nachgebildet sind.

Solche Automaten waren früher sehr beliebt, doch macht sich das Publikum heutzutage nicht mehr viel aus solchen Spielereien, mögen sie auch noch so kunstvoll angefertigt sein. Dagegen sind neuerdings Automaten aufgekommen, die binnen kurzer Zeit eine sehr große Verbreitung gefunden haben.

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Zuerst erschienen sie in Form der ursprünglich aus Amerika herübergekommenen Waagen, die, nachdem man eine bestimmte Münze hineingesteckt hat, das genaue Körpergewicht des auf sie Tretenden angeben. Dann folgten Automaten, die Chokoladentäfelchen, Cigarren, Postmarken, Zündholzdöschen, Pferdebahnbillets, Zeitungen und wer weiß was sonst Alles noch lieferten, und neuerdings hat der „Verein Berliner Künstler“, welchem der Ankauf und die Verloosung von Kunstwerken auf der diesjährigen großen akademischen Kunstausstellung in Berlin übertragen ist, auch Loose spendende Automaten in den Ausstellungsräumen der Unter den Linden gelegenen königlichen Akademie der bildenden Künste aufstellen lassen. Sie erfreuen sich, wie unser Bild zeigt, lebhaften Zuspruches und werden scherzweise „Leierkasten“ genannt. Nach Einwurf eines Einmarkstückes dreht man nämlich an einer mächtigen Kurbel, wodurch ein lautes, schnarrendes Geräusch entsteht. An der linken Seite des Apparates rollt dann nach einigen Umdrehungen der Kurbel in eine muschelförmige Schale eine kleine Holzkugel, welche in der Mitte durchlocht ist. Darin steckt eine kleine Papierrolle, welche den Gewinn oder die Niete angibt. Es sind mehrere Automaten aufgestellt, aber alle sind polizeilich versiegelt, so daß keine Unregelmäßigkeit stattfinden kann.

Vor einem der Loosautomaten in der Berliner Kunstausstellung. Nach einer Originalskizze von F. Hofang
Vor einem der Loosautomaten in der Berliner Kunstausstellung. Nach einer Originalskizze von F. Hofang

Während man bei früheren Ausstellungen auf die Loose von der Verloosungskommission angekaufte Kunstwerke gewinnen konnte, bestehen jetzt die Gewinne nur in Geldanweisungen, die im Verkaufscomptoir beim Einkauf von Kunstwerken in Anrechnung gebracht werden. Ist die Geldanweisung höher, als das gewünschte Werk, so kann sich der Gewinner für den überschießenden Rest des Geldes noch einen anderen, im Preise entsprechenden Kunstgegenstand auswählen, denn baares Geld wird nicht zurückgezahlt. Es sind 30,000 Loose und 6000 Gewinne zu 1000, 500, 300 u. s. w. Mark vorhanden. Die meisten Gewinne bestehen natürlich in den unvermeidlichen Photographien, welche man sich bei den Verkaufsdamen auswählen kann.

Dieser Artikel erschien zuerst in Heft 8/1890 des Das Buch für Alle.