Zur Betriebseröffnung der Elberfelder Schwebebahn

Abbildg. 17. Bahnhof Döppersberg

Von Fritz Eiselen.
Voraussichtlich wird in nächster Zeit das etwa 4,5 km lange, ganz auf Elberfelder Gebiet liegende Stück Zoologischer Garten – Kluse der Schwebebahn Barmen-Elberfeld-Vohwinkel eröffnet werden. Mit der Durchführung dieser imganzen 13,3 km langen Hochbahn wird für die im schmalen Wupperthale lang hingestreckten und schon fast ganz mit einander verwachsenen Industriestädte Barmen und Elberfeld mit der Vorstadt Sonnborn sowie dem Vororte Vohwinkel eine leistungsfähige Stadtbahn geschaffen, welche für diese im lebhaftesten Aufblühen begriffenen beiden Städte, die ohne Vohwinkel zurzeit etwa 300 000 Einwohner zählen und zu den reichsten Fabrik- und Handelsstädten Deutschlands gehören, ein dringendes Bedürfniss geworden ist.

Es ist dies der Fall, trotzdem die das gesammte Stadtgebiet durchziehende, mit einer grösseren Zahl von Stationen ausgerüstete Eisenbahn von Hagen nach Düsseldorf und Köln, sowie ein schon ziemlich ausgebildetes Netz von elektrischen Strassenbahnen, denen es allerdings in den engen Strassen, namentlich in Barmen, an der nöthigen Bewegungsfreiheit fehlt, den Ansprüchen des Verkehrs in weitgehendem Maasse entgegen kommen.

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Mit der Eröffnung dieser Schwebebahn tritt zugleich ein neues, bisher nur für den Materialien-Transport benutztes System in Wettbewerb mit den übrigen Verkehrsmitteln, dessen Durchbildung sowohl in der eigenartigen Konstruktion des Unterbaues wie in der sinnreichen Ausgestaltung der Betriebsmittel die volle Aufmerksamkeit des Technikers verdient, mag man es nun als das Hochbahn-System der Zukunft oder nur als eine interessante Episode in der Erscheinungen Flucht betrachten.

Abbildg. 1. Uebergang der Schwebebahn von der Wupper auf die Sonnborner Strasse
Abbildg. 1. Uebergang der Schwebebahn von der Wupper auf die Sonnborner Strasse

Im Nachstehenden soll eine Beschreibung der ausgeführten bezw. noch in Ausführung begriffenen Anlage gegeben werden, wobei wir uns jedes Eingehens auf den Kampf der Meinungen über den vergleichsweisen Werth von „Schwebebahn“ und „Standbahn“ enthalten wollen. Verwiesen sei hinsichtlich dieser Frage auf die interessanten Ausführungen im Jhrg. 1895 d. Dtschn. Bztg.(Vergl. Dtsch. Bztg 1895. Zur Kritik der Schwebebahn, S. 216 u. ff; Nochmals zur Kritik der Schwebebahn, S. 542, von O. Gleim, Hamburg; Zu der Gleim’schen Kritik der Schwebebahn, von Reer -Bmstr. Feldmann. S. 200 u. ff.), wobei vorweg bemerkt werden soll, dass die zur Ausführung gekommene Schwebebahn von der ursprünglich geplanten, wie sie unseren früheren Besprechungen zugrunde lag, sehr wesentlich abweicht, wodurch viele der früher geltend gemachten Bedenken von vornherein hinfällig geworden sind (Eine Beschreibung des ursprünglichen Entwurfes einer 2-schienigen Bahn befindet sich ebenfalls im Jhrg. 1895 S. 62 u. ff. unter dem Titel: Neue Hochbahnprojekte für Berlin.).

Die Schwebebahn ist eine Erfindung des inzwischen verstorbenen Geh. Kommerzienrathes Eugen Langen, Köln, der im Jahre 1893 mit einem vom Reg.-Baumeister Feldmann bearbeiteten Entwurfe an die Stadtgemeinden Elberfeld und Barmen herantrat, die demselben nach Anhörung von Sachverständigen den Vorzug gaben gegenüber einer von Siemens & Halske vorgeschlagenen elektrischen Standbahn. Dieser erste Entwurf zeigte noch ein 2-schieniges System, d.h. die Dreh- und Radgestelle der Wagenkasten liefen auf 2, in einem unten offenen Kastenträger gelagerten Schienen, während der Wagenkasten gelenkig mit den Radgestellen verbunden war, derart, dass er in gewissen engen Grenzen seitlich frei ausschwingen konnte. Die nach diesem System ausgeführte erste kleine Versuchsstrecke ist im Jhrg. 1895 S. 65 zusammen mit den Einzelheiten der Radgestelle und der Aufhängung zur Darstellung gebracht.

Vielleicht veranlasst durch die von verschiedenen Seiten gegen das Konstruktions-Prinzip der zweischienigen Schwebebahn aus technischen Kreisen erhobenen Bedenken wurden auf Veranlassung Langen’s von der Elektr.-A.-G. vorm. Schuckert & Co. in Nürnberg, welche die Ausführung der Schwebebahn übernommen hatte, weitere Versuche mit einer einschienigen Bahn gemacht, die ursprünglich nur für Schnellbahnen in Aussicht genommen, für städtischen Verkehr aber nicht als geeignet angesehen worden war. Diese Versuche fielen so günstig aus hinsichtlich der Sicherheit und Annehmlichkeit des Betriebes, und diese Ausführungsart gestattete eine so wesentliche Vereinfachung des ganzen Tragewerkes der Bahnanlage, dass die beiden Städte Barmen und Elberfeld sich für die Ausführung einer einschienigen Bahn entschieden und am 31. Dezember 1894 einen dahingehenden Vertrag mit der A.-Ges. Schuckert abschlossen, in welchen im Jahre 1895 die Continentale Ges. für elektr. Unternehmungen, Nürnberg, eintrat. Bei der Versuchsstrecke wurden Krümmungen von 9,5 m Halbmesser mit 25 km Geschwindigkeit in der Stunde durchfahren, wobei die an den Radgestellen mit Bügel frei aufgehängten Wagen sich bis zu 25° gegen die Senkrechte schief stellten, ohne dass dies seitens der Insassen, auch im Stehen, irgendwie unangenehm empfunden worden sein soll.

Am 31. Dezember 1896 wurde für diese einschienige Bahn die staatliche Konzession ertheilt. Die Ausführung der Schwebebahn wurde nunmehr seitens der Contin. Ges. für elektr. Unternehmungen an die A.-Ges. Schuckert übertragen, die selbst den Entwurf und die Herstellung der elektrischen Einrichtungen der Bahn und der Wagen übernahm, den Bau der Bahnanlage an die Vereinigte Masch.-Fabr. Augsburg und Masch.-Bauges. Nürnberg, A.-G., und die Lieferung der Wagen an die Eisenb.-Waggon-Fabr. van der Zypen & Charlier, Köln-Deutz, abgab. Schon im Jahre 1899 konnten auf einer längeren Strecke Probefahrten in grösserem Umfange vorgenommen werden, welche die günstigen Ergebnisse der ersten Versuchsstrecke bestätigt haben.

Abbildg. 2 Lageplan
Abbildg. 2 Lageplan

In der Abbildg. 2 ist der Lageplan, in Abbildg. 3 der Höhenplan der ganzen 13,3 km langen Schwebebahnstrecke dargestellt, von der die 4,5 km lange Strecke Zoologischer Garten-Kluse zum Betriebe fertig gestellt ist. Die weitere Strecke bis Vohwinkel hofft man ebenfalls noch vor Jahresschluss zu eröffnen, während der auf Barmer Gebiet liegende Rest von etwa 6 km wegen sehr langwieriger Verhandlungen mit der Stadtgemeinde und infolge dessen sehr später Genehmigung der Pläne noch so im Rückstand ist, dass seine Vollendung nicht vor 1902 zu erwarten steht.

Abbildg. 3. Höhenplan
Abbildg. 3. Höhenplan

Wie aus dem Lageplan ersichtlich ist, verfolgt die Schwebebahn von der Endstation Bahnhof Barmen-Rittershausen bis nach der Elberfelder Vorstadt Sonnborn den Lauf der nicht schiffbaren Wupper, der ihr einen das Herz der beiden Städte durchziehenden offenen Weg darbot und für die Trace einer Hochbahn allein infrage kam. In Sonnborn, bald hinter der Station Zoologischer Garten, verlässt sie dann aber den hier seitlich abschwenkenden Wupperlauf und folgt durch Sonnborn und Vohwinkel dem Zuge der Hauptstrasse dieser beiden Orte bis zu ihrem anderen Endpunkte neben dem Bahnhofe Vohwinkel der Staatseisenbahn. Die Gesammtlänge beträgt, wie schon oben erwähnt, 13,3 km; davon liegen 10 km über dem Wupperbett, also 3,3 km über öffentlichen Strassen.

Da die Linienführung der Bahn sich der in vielfachen scharfen Krümmungen dahinfliessenden Wupper anpassen musste, so besteht sie, wie aus dem Kurvenband des Höhenplanes ersichtlich ist, ebenfalls in der Hauptsache aus Krümmungen, deren Halbmesser in der freien Strecke im allgemeinen nicht unter 90° herabsinken, ein Maass, bei welchem sich noch keine Verringerung der Fahrgeschwindigkeit als nothwendig erweist. An einigen wenigen Stellen wird der Halbmesser bis auf 75 m verkleinert, an der Einfahrt in den Vohwinkeler Bahnhof in einem Gleise sogar auf 30 m. In den Betriebsgleisen, die natürlich mit geringer Geschwindigkeit durchfahren werden, kommen Radien von 8 m vor. Der Uebergang aus der geraden Strecke in die Kurve wird durch eine kubische Parabel vermittelt.

Im Gefälle folgt die Schwebebahn auf der Wupperstrecke in der Hauptsache der Hochwasserlinie, in Sonnborn und Vohwinkel dem Längengefälle der berührten Strassenzüge. Die Bahn fällt daher vom Bahnhof Barmen-Rittershausen bis zu ihrem tiefsten Punkte hinter Station Sonnborn zwischen km 11 und 12 um etwa 32 m und steigt sodann wieder bis zum Endbahnhofe Vohwinkel um nahezu 40 m. Das Gefälle ist daher auf dieser letzten, nicht viel über 2 km langen Strecke ein starkes und steigt bis 1:37. Bei der Einfahrt in den Endbahnhof findet sich sogar eine kurze Strecke von 1:25. In den Nebengleisen, bei der Abzweigung der Rückkehrschleifen, über welche später noch gesprochen wird, wächst das Gefälle auf 1:22 (45‰). Auf der freien Strecke sind diese Gefällverhältnisse so bemessen, dass sich keine Verminderung der Fahrgeschwindigkeit ergiebt. Ueber der Wupper konnte mit Rücksicht auf die sehr verschiedene Höhenlage der Brücken, über welchen unter dem Wagenboden mindestens ein freier Raum von 4,50 m Lichthöhe erhalten bleiben musste, das Gefälle natürlich kein stetiges sein, das Längenprofil zeigt vielmehr einen häufigen Wechsel von Fallen und Steigen, an den Haltestellen die Einlegung kurzer Horizontalen (abgesehen von den in schwachem Gefälle liegenden Stationen in Vohwinkel).

Die Höhenlage der Schienen ist bedingt durch den über den Strassen frei zu haltenden Lichtraum, der, wie oben bemerkt, mindestens 4,5 m beträgt, und durch den Höhenunterschied von Schienenoberkante und Wagenunterkante, der sich auf 3,5 m beläuft. Es liegt demnach die Schienenoberkante mindestens 8 m über den Brücken und Strassen. An der Kreuzung mit elektrischen Bahnen ist dieses Maass um 0,25 m gesteigert, auf der Strasse in Vohwinkel, wo die Schwebebahn auf längerer Strecke über einer elektrischen Strassenbahn liegt, um 0,80 m.

Einschliesslich der beiden Endbahnhöfe in Rittershausen und Vohwinkel hat die Schwebebahn nicht weniger als 20 Haltestellen, die also in einer mittleren Entfernung von 700 m von einander liegen. (In Berlin beträgt bei der Siemens’schen Hochbahn die mittlere Entfernung in der Hauptlinie Zoologischer Garten – Warschauer Brücke 790 m) Die kleinste Entfernung mit rd. 300 m findet sich zwischen den Haltestellen Döppersberg und Alexander-Brücke, die grösste von etwa 1000 m zwischen Kaiser-Brücke und Landgericht. Von den Haltestellen entfallen 7 auf das Stadtgebiet von Barmen, 11 auf Elberfeld mit Sonnborn, 2 auf Vohwinkel.

Die ganze Bahnlinie ist zweigleisig und bildet, da die Gleise an den beiden Endbahnhöfen mit Schleifen von 9 m Halbmesser mit einander in Verbindung stehen, einen ununterbrochenen, geschlossenen Ring. Um jedoch die für Barmen und Elberfeld erforderliche Zugdichte nicht auch auf der weiteren Strecke nach den Vororten beibehalten zu müssen, ist hinter Bahnhof Zoologischer Garten ebenfalls eine Rückkehrschleife eingelegt, die natürlich mit Weichen, die das Hauptgleis aber nicht unterbrechen, angeschlossen werden musste. Wir werden auf diese Konstruktion, die zu den interessantesten und schwierigsten Punkten der ganzen Anlage gehört, noch später zurückkommen. Um den Betrieb auf der fertigen Elberfelder Strecke schon jetzt aufnehmen zu können, wird bei dem vorläufigen Endpunkte Kluse ebenfalls eine Rückkehrschleife eingelegt.

Für den Betrieb der Schwebebahn ist zunächst eine Fahrgeschwindigkeit von 40 km in der Stunde in Aussicht genommen, was unter Einrechnung des Aufenthaltes auf den Stationen und des Zeitverlustes beim Anfahren und Anhalten einer Gesammtgeschwindigkeit von 30 km in der Stunde gleichkommen würde, also etwa dem 3fachen der Geschwindigkeit, wie sie von im Strassengelände liegenden Bahnen erreicht werden kann. Die Schwebebahn legt dann den ganzen Weg von Barmen-Rittershausen bis Vohwinkel trotz ihrer 18 Zwischenstationen ebenso rasch zurück, wie die Staatseisenbahn den gleichen, auf ihrer Linie aber 1 km kürzeren Weg mit 2 Zwischenstationen.

Nach den Versuchsfahrten auf der fertigen Strecke ist aber eine Geschwindigkeit von 50 km in der Stunde, die bei der vorhandenen mittleren Entfernung der Haltestellen die Grenze des vortheilhaften Betriebes abgeben würde, sehr wohl zu erreichen. Die Wagen stellen sich dann unter dem Einfluss der Fliehkraft in den Krümmungen bis zu 15° gegen die Lothrechte schief. Die Aufhängung der Wagen und das Tragewerk der Bahn ist daher so ausgebildet, dass die Wagen bis zu dieser Grenze frei ausschwingen können.

Abbildg. 4. Bahnhof Vohwinkel
Abbildg. 4. Bahnhof Vohwinkel

Der Endbahnhof in Vohwinkel, wo der nöthige Raum zur Verfügung stand, ist als Ausgangspunkt des Betriebes gedacht. Wie Abbildg. 4 zeigt, in welcher der Lageplan dieses Bahnhofes dargestellt ist, wird hinter der Personen-Haltestelle durch die Weichen h und f ein Betriebsbahnhof angeschlossen, der aus einer 2geschossigen Wagenhalle von 35 m Breite und 74 m Länge mit 8 Aufstellungsgleisen besteht. Von diesen 8 Gleisen sind die 6 äusseren durch Schleifen verbunden, deren kleinster Halbmesser bis auf 8 m herabsinkt, Diese 8 Gleise können durch um a bezw. c drehbare, schleppweichenartige Träger mit den Zuführungsgleisen in Verbindung gesetzt werden. Zur Erleichterung der Einsetzung der Wagen sind auch die Zuführungsgleise noch mit einer der Endschleife der Hauptgleise zugewendeten 9 m Kurve verbunden, wodurch die Anordnung zweier weiterer Weichen bei e und g erforderlich wurde. Das Tragewerk der Gleisanlage im Wagenschuppen ist an der Deckenkonstruktion aufgehängt. Der Schuppen enthält im Untergeschoss gleichzeitig eine Reparaturwerkstatt, in welche die beschädigten Wagen zwecks Vornahme grösserer Ausbesserungs-Arbeiten durch Oeffnungen in der Decke herabgelassen werden können. Ausserdem dient das Untergeschoss auch noch zur Aufstellung von Wagen anschliessender Strassenbahnen. – (Fortsetzung folgt.)

Zur Betriebseröffnung der Elberfelder Schwebebahn.

(Fortsetzung.)
Die Konstruktion des Tragewerkes der Schwebebahn ist in den Abbildg. 7-14 auf S. 523 in einer Gesammtübersicht und einigen Einzelheiten zur Darstellung gebracht. Ausserdem lassen die Aufnahmen nach der fertigen Ausführung Abbildg. 1, 5 und 6 und Abbildg. 16 die Gesammtanordnung deutlich erkennen. Es ist daraus ersichtlich, dass der Viadukt der Schwebebahn einschliesslich der Stützen durchweg in Eisen hergestellt ist, wie dies bei einem Bahnsystem, welches die völlige Freihaltung des Raumes unter dem Bahnkörper erfordert, auch wohl nicht anders möglich ist. Auch unter günstigeren Verhältnissen, als sie in Barmen-Elberfeld vorliegen, wird man daher bei Schwebebahnen auf die besondere Betonung hervorragender Stellen im Stadtbilde durch Ausführung massiv-monumentaler Pfeilerbauten verzichten müssen, denn diese können nicht.in die tragende Konstruktion einbezogen, sondern müssen lediglich als dekoratives Beiwerk neben diese gestellt werden, eine Anordnung, die als eine befriedigende Lösung jedenfalls nicht anzusehen ist. In Barmen-Elberfeld hat man daher überhaupt auf jeden Versuch einer ästhetischen Ausgestaltung der Konstruktion verzichtet und sich nur bemüht, durch eine möglichst leichte und durchsichtige Ausbildung des Tragewerkes dieses so wenig wie möglich störend in die Erscheinung treten zu lassen. Dass dies Bestreben, wenigstens was die Seitenansicht der Bahn betrifft, nicht erfolglos gewesen ist, zeigen die beigegebenen Abbildungen nach der Natur.

Abbildungen 7-15. Konstruktive Einzelheiten der Elberfelder Schwebebahn
Abbildungen 7-15. Konstruktive Einzelheiten der Elberfelder Schwebebahn

Die Stützen der Bahn sind in verschiedenen Formen ausgebildet. Auf der über den Strassen liegenden Strecke sind sie, wie die Abbildg. 7-9 zeigen, portalartig, über der Wupper nach Abbildg. 10-14 als Spreizen, die sich gegen die Ufereinfassungen des Flusslaufes stützen, gestaltet. In beiden Fällen sind nur alle 2-300 m feste Ankerjoche angeordnet, welche alle Längskräfte im Bahnkörper aufzunehmen haben, während die Zwischenstützen in der Längsrichtung pendeln können. In der Strassenstrecke sind diese Ankerjoche in einfachster Weise durch feste Verbindung zweier in 9 m Abstand stehender gewöhnlicher Joche hergestellt. Die Pendeljoche sind meist als einwandige Blechträger ausgebildet, die aus dem oberen horizontalen Jochbalken, den senkrecht stehenden Stelzen und einem dazwischen liegenden gekrümmten Theile bestehen. Sie sind nach einer Schablone hergestellt, nur die Stelzen sind nach der Höhe der Bahnanlage mehr oder weniger kurz abgeschnitten. Die kürzeren Stelzen haben daher einen breiteren Fuss, was bei der Ausbildung der Lager zu berücksichtigen war. Die Stützenfüsse sind hinter den Bordkanten der berührten Strassen angeordnet. Die Joche haben 11,4 m Stützweite.

In den mit Bäumen besetzten Strassen verschwinden die Stützenschenkel daher fast ganz. Jedenfalls aber entziehen die Joche nur einen sehr geringen Streifen des Bürgersteiges dem Verkehr, während der Strassendamm für den Fuhrwerksverkehr völlig frei gehalten wird.

Abbildg. 5. Die Schwebebahn über der Wupper in Elberfeld
Abbildg. 5. Die Schwebebahn über der Wupper in Elberfeld

Wesentlich schwieriger gestaltete sich die Ausbildung der Stützen über der Wupper, deren Uferlinien sehr verschiedene Entfernungen zeigen. Dazu kommt noch, dass Bahnaxe und Flussmitte keineswegs immer zusammenfallen, sodass sich für die Schenkel der Joche sehr verschiedene Neigungen und Längen ergeben. Durch Einführung einer Anzahl von Normalmittelstücken für verschiedene Schenkellängen und Ausgleich der Längenunterschiede in den Endstücken hat man die rechnerische, zeichnerische und Herstellungsarbeit nach Möglichkeit zu verringern gesucht. Trotzdem ist dieser Theil der Ausführung und die Berechnung der Stützen als Zweigelenkträger eine sehr mühsame gewesen. Der Jochbalken der Wupperstützen besteht aus einem kastenförmigen Blechträger, die Spreizen sind meist aus 4 mit Gitterwerk verbundenen Winkeleisen hergestellt. Besonders stark beanspruchte, weiter gespannte Joche zeigen zumtheil auch in den Schenkeln volle Bleche. Die Spreizen stützen sich mit einfachen Kugellagern gegen die Ufermauern des Flusses, welche an diesen Stellen entsprechende Verstärkungen erhalten haben. Für die Stützen auf der nicht regulirten Wupperstrecke sind Einzelfundamente ausgeführt. Durch diese Anordnung des Unterbaues ist jeder Einbau im Flussbette selbst vermieden, der bei dem Charakter des Wupperflusses, welcher bei N.-W. fast wasserlos, bei H. W. zu einem reissenden Gewässer mit fast 1:400 Längengefälle wird, als unzulässig angesehen werden muss, jedenfalls aber hohe Gründungskosten erfordert hätte. Der Fuss der Spreizen fällt allerdings noch in das Hochwasserprofil der Wupper, deren höchste Wasserstände stellenweise sogar die Ufermauerkrone übersteigen. Da der eintauchende Querschnitt aber nur gering ist und die Stützen ausserdem in einer Entfernung von mindestens 21 bis zu 33 m liegen, so erzeugen dieselben keinen nennenswerthen Aufstau.

Eine dritte Stützenart kommt schliesslich an einer Stelle beim Uebergang der Bahn vom Wupperbette auf die Sonnborner Strasse vor (vergl. das Kopfbild Abbildg. 1 in No. 84). Das Joch steht hier mit einem Fusse auf der Uferböschung und trägt an einem Ausleger den Oberbau, während der zweite, hinter der Bordkante der Strasse stehende Schenkel des Joches, der mit seinem Fundament verankert ist, ein Ueberkippen verhindert.

Die Hauptträger der Schwebebahn haben eine ganz neue und eigenartige, dem besonderen Bahnsystem und den auftretenden Kräften erfolgreich angepasste, durch Patent geschützte, Form erhalten. Die Spannweite besitzt gleich der Stützen-Entfernungen 5 Abstufungen von 21, 24, 27, 30 und 33 m, deren Theilung nur bei den beiden Endfeldern der Träger mit ungerader Längenzahl 4,5 m, sonst durchweg 3 m beträgt. Nach den Abbildgn. 10, 14 u. 15 besteht das Tragewerk der zweigleisigen Bahn nur aus einem einzigen trapezförmigen Fachwerksträger auf 2 Stützen in der Vertikalebene mit einem L-förmigen Untergurt und einem besonderen wagrechten Fachwerksträger als Obergurt. Mit den Knotenpunkten des Untergurtes des senkrechten Trägers verbunden und mit Schrägstäben an den Knotenpunkten des Obergurtes desselben aufgehängt ist schliesslich ein dritter ebenfalls wagrechter Fachwerksträger, dessen I-Gurte unmittelbar die Fahrschiene tragen. Das ganze System ist nur in zwei Punkten lothrecht gestützt und zwar in der Zusammenführung des Untergurtes des Vertikalträgers mit den zusammen gezogenen beiden Gurten des oberen Horizontalträgers. Diese Stützpunkte besitzen Kugellager. Zur Aufnahme seitlicher Kräfte stützt sich ein am Trägerwerk angebrachtes kurzes Querhaupt ausserdem noch auf kleine Nebenlager, die rechts und links vom Stützlager, mit Keilen in der Höhenlage regulirbar, angeordnet sind.

Abbildg. 6. Die Schwebebahn über der Sonnborner Strasse (vor Aufbringung des Bohlenbelages zwischen den Schienen)
Abbildg. 6. Die Schwebebahn über der Sonnborner Strasse (vor Aufbringung des Bohlenbelages zwischen den Schienen)

Um das Trägersystem ausserdem wirksam gegen die bei einseitiger Belastung auftretenden Drehkräfte festzulegen, sind im letzten Trägerfelde des unteren Horizontalträgers ausser den Schienenträgern, die der Richtung der Gleise folgen müssen, noch besondere, ebenfalls in einen Punkt zusammengezogene Gurte eingelegt, die durch einen an den Jochen, in der Längsrichtung federnd aufgehängten, seitlich steifen Rahmen mit ihrem Ende hindurch gesteckt und seitlich, aber nicht lothrecht, gestützt sind. Die Schienenträger, die bis auf die zwischen je zwei Ankerjochen eingelegte Längen-Ausgleichung ununterbrochen durchgehen, sind ebenfalls an dem vorgenannten Rahmen befestigt. Im wagrechten Sinne hat das Trägersystem also 4 Stützpunkte. Diese Ausbildung der Hauptträger sichert die freie Pendelbewegung der Joche auch in den Kurven und gestattet bei letzteren eine verhältnissmässig einfache Konstruktion, da nur der untere Horizontalträger der Krümmung folgt.

Für die Berechnung der Hauptträger ist eine Belastung der Schienenträger durch einen Zug von je 14 t schweren Schwebebahnwagen (durchweg Motorwagen) zugrunde gelegt. Diese Wagen haben 12 m Gesammtlänge zwischen den Kuppelungen und eine Entfernung von 8 m von Mitte zu Mitte Drehschemel. Die mit je 3,5 t belasteten Achsen jedes Drehgestells haben 1,15 m Abstand. Der Winddruck ist mit 150 kg/qm angenommen, die zulässige Beanspruchung entsprechend den ministeriellen Bestimmungen. Das Eisengewicht des Viaduktes ergiebt sich dabei ausserordentlich niedrig mit nur 1140 kg für 1 m einschl. Stützen auf der Strecke über der Wupper und zu 1065 kg desgl. für die Strassenstrecke.

Die Montage der Eisenkonstruktion über der Wupper erfolgte, soweit sie bei niedrigen Wasserständen ausführbar war, von festen Gerüsten aus. Da aber auch bei Hochwasser gearbeitet werden musste, war man gezwungen, in diesem Falle ein anderes Verfahren zu wählen. Das Nürnberger Werk bediente sich zu diesem Zwecke eines verschiebbaren, über 3 Joche hinweg greifenden eisernen Rüstträgers, der während der Montage auf den beiden letzten Jochen ruhte und hinten verankert war. Nach Aufstellung des nächsten Joches am Kopfende des Rüstträgers nahm ein in diesem laufender Krahn den inzwischen auf einer weiter zurückliegenden unteren Rüstung fertig montirten Hauptträger und setzte ihn zwischen den letzten Jochen ein. So wurde jochweise vorgeschritten.

Abbildg. 16. Schwebebahn-Strecke über die Wupper mit Ansicht eines Zuges
Abbildg. 16. Schwebebahn-Strecke über die Wupper mit Ansicht eines Zuges

Als Oberbau der Schwebebahn ist eine 24 kg für 1 m schwere Wechselsteg-Verblattschiene von 115 mm Höhe gewählt, unter deren Unterlagsplatten zur Erzielung möglichster Geräuschlosigkeit im Betriebe starke Filzplatten eingelegt sind. Der 4 m breite Raum zwischen den Schienen ist zwecks Begehung bei Revisionen mit Bohlen abgedeckt, die eine ziemlich geschlossene Fläche bilden und die Schwebebahn, von unten gesehen, daher nicht so leicht wirken lassen, wie das nach den Aufnahmen, in denen der Bohlbelag noch fehlt, den Anschein hat. – (Schluss folgt.)

Zur Betriebseröffnung der Elberfelder Schwebebahn.

(Schluss.)
Die Haltestellen der Schwebebahn haben, abgesehen von dem Endbahnhofe in Vohwinkel, in welchem die Gleise mit Rücksicht auf den anschliessenden Betriebsbahnhof (vergl. Abbildg. 4 in No. 84) auseinander gezogen werden mussten, und mit Ausnahme des an hervorragender Stelle am Brausewerther Platz dicht neben dem Kaiser Wilhelm-Denkmal liegenden, etwas reicher ausgestatteten Döppersberger Bahnhofes, durchweg eine möglichst einfache und gleichartige Form erhalten. Grundlegend für die Ausbildung der Haltestellen ist die glatte Durchführung der Gleise und die ausschliessliche Anwendung von Seitenbahnsteigen, eine Anordnung, wie sie sich mit Ausnahme der Berliner Stadt- und Ringbahn, sowie der neuen Vorortbahnen, wohl bei den meisten der bisher ausgeführten, bezw. in Ausführung begriffenen, ausschliesslich dem städtischen Verkehr dienenden Hoch- und Untergrundbahnen findet (Londoner, Budapester, Pariser und neue New-Yorker Untergrundbahn, Hochbahn in New-York, desgl. von Siemens & Halske, Berlin usw).

Diese Anordnung hat namentlich für eine Schwebebahn grosse Vorzüge, da mit den Gleisen auch der ganze tragende Oberbau unverändert durchgeführt werden kann. Die Haltestellen sind möglichst unmittelbar neben den die Wupper überschreitenden Brücken und Strassenzügen zwischen zwei benachbarten Jochen, von denen das eine stets ein Ankerjoch ist, eingeschoben Ihr Unterbau besteht aus den beiden äusseren Hauptlängsträgern und den beiden Endquerträgern, von denen der eine fest mit dem Ankerjoch, der andere mit federnder Aufhängung mit dem Pendeljoche verbunden ist (vergl. den in Abbildg. 11 S. 523 einpunktirten Querschnitt). Die Wände sind aus leichten senkrechten Stützen gebildet, zwischen denen die Wandflächen nur im untersten Theile und dicht unter dem Dach mit Blechen, im übrigen durch Verglasung geschlossen sind. Das ganze ist mit einem einfachen, in Wellblech hergestellten Satteldach überspannt.

Die Bahnsteige haben meist je 3 m Breite, bei besonders verkehrsreichen Stationen auch 3,5 m Breite erhalten, sodass dann der Bahnhof zwischen den Wänden 12 bezw. 13 m Lichtweite besitzt. Die Bahnsteige sind in einfachster Weise mit Bohlenbelag auf kleinen Zwischen-Längsträgern abgedeckt, während der unter dem Bahnkörper liegende Raum zwischen den Bahnsteig-Vorderkanten nur mit einem Drahtnetz überspannt ist. Zur weiteren Sicherheit des Publikums, für welches der unmittelbare Einblick in die bei Hochwasser wild dahinschäumende Wupper oder auf die belebte Strasse wohl nicht gerade sehr angenehm ist, sind längs der Bahnsteige Geländer aufgestellt, die nur vor den Wagenthüren Oeffnungen besitzen. Die aus 2 Wagen bestehenden Züge, für welche die überdeckte Stationslänge auf 25 m bemessen ist, müssen also sehr genau an bestimmter Stelle anhalten. Ob sich diese Einrichtung bei starkem Verkehr und dichter Zugfolge bewähren wird, erscheint fraglich. Diese Geländer bilden auch den einzigen Abschluss an den Kopfenden der Bahnsteige. Letztere liegen 20 cm unter dem Wagenfussboden. Längs ihrer, dem Bahnkörper zugewendeten Kante zeigen sie noch eine besondere Anordnung, die in mehreren, dicht neben einander verlegten, in ihrer Oberfläche nach der Wagenform abgeschrägten Holzbalken besteht. Auf diese Balken legen sich am Wagenkasten angebrachte Federn auf. Es soll auf diese Weise beim Ein- und Aussteigen, also bei stärkerer einseitiger Belastung der Wagen eine kippende Bewegung derselben verhindert werden, Sehr verschieden ausgebildet und in geschickter Weise den örtlichen Verhältnissen angepasst sind die Bahnhofs-Zugänge, die, wo angängig, unmittelbar von den vorhandenen Brücken, sonst von besonderen, über die Wupper gespannten leichten Laufstegen abzweigen. Die Treppenläufe haben, wo sie gemeinsam für beide Bahnsteige benutzt werden, 2,5 m, im übrigen 2 m Breite. Die Länge der Treppen ist in den meisten Fällen eine sehr geringe, da die Bahnsteige, entsprechend der über den gekreuzten Strassen freizuhaltenden Lichthöhe sich ja höchstens 4,5 m über Strassenniveau zu erheben brauchen.

Abbildg. 17. Bahnhof Döppersberg
Abbildg. 17. Bahnhof Döppersberg

Etwas reicher ausgestaltet ist die Station Döppersberg, für welche seiner Zeit ein Wettbewerb ausgeschrieben war, aus welchem Arch. Bruno Möhring, Berlin, als Gewinner hervorging. In der letzten Nummer des Jhrgs. 1899 der. Dtschn. Bztg. ist auf S. 641 ff. dieser Entwurf im Grundriss, Ansicht und Schnitt dargestellt. (Ausserdem enthält diese Nummer noch einige Aufnahmen der freien Bahnstrecke.) Wie aus Abb. 17 ersichtlich, ist der schöne Entwurf in der Ausführung wohl aus Sparsamkeits-Rücksichten wesentlich vereinfacht worden. Geblieben ist im wesentlichen nur das spitzbogenförmige Dach und der geschweifte Ausbau an beiden Langwänden des Bahnhofes, in welchem kojenartig, durch Zwischenwände getrennt, Sitzplätze eingebaut sind. Der ursprünglich geplante, reiche dekorative Schmuck der Konstruktion ist dagegen auf einige Kunstschmiede- und Kupfertreib-Arbeiten beschränkt worden, welche von der Berliner Firma Hillerscheidt & Kasbaum ausgeführt wurden.

Die sonst in Bahnhöfen üblichen Nebenräume, wie Billetschalter, Klosets usw., sind auf allen Bahnhöfen fortgelassen. Die Fahrkarten werden aus Automaten entnommen, die an den Treppen-Eingängen aufgestellt sind. Nur im Endbahnhof Vohwinkel sind im Untergeschoss Verwaltungsräume angeordnet.

Abbildg. 19. Weichen- und Kehrenanlage bei Bahnhof Zoologischer Garten (von unten gesehen)
Abbildg. 19. Weichen- und Kehrenanlage bei Bahnhof Zoologischer Garten (von unten gesehen)

Wie schon hervorgehoben wurde, sind die Gleise in den Endbahnhöfen schleifenförmig zusammengeführt, sodass die Schwebebahn einen geschlossenen Ring bildet. In diesen Kehren werden die Schienen von einem kräftigen ringförmigen Träger gestützt, der an einem Ankerjoche aufgehängt ist. Die Kehren liegen im Niveau der geraden Strecke. Wesentlich schwieriger gestaltete sich die Ausbildung der Kehre an einer Zwischenstation, also hinter Bahnhof Zoologischer Garten. Da die Hauptgleise nach Vohwinkel mit Rücksicht auf die Sicherheit des Betriebes ununterbrochen durchgehen müssen (bei der ursprünglich geplanten zweischienigen Bahn wäre das nicht ausführbar gewesen), so muss die Kehre unter dem Hauptgleise in solcher Tiefe hindurch geführt werden, dass mindestens die bei den Wagen von S.-O. bis Unterkante vorhandene Höhe von 3,5 m völlig freigehalten wird. Ausserdem muss die Kehre mit Weichen an die Hauptgleise angeschlossen werden. In Abbildg. 18 ist das Schema dieser Gleisanordnung gegeben. Bei a a liegen die aus dem Hauptgleise mit einem Krümmungshalbmesser von 8 m abzweigenden 8 m langen Weichenzungen, die soweit aufklappen müssen, dass die Wagen auf dem Hauptgleise ungehindert durchpassiren können. Es ist hierfür entsprechend der halben Wagenbreite ein Lichtmaass von 1,20 m erforderlich. An die Weichenzunge schliesst sich das Nebengleis an, das, nachdem ein Abstand von 6,75 m bis Hauptgleisaxe erreicht ist, parallel zu demselben geführt wird. Den Beschluss bildet die Kehre von 8 m Halbmesser. Zur Erzielung des Höhenunterschiedes von 3,5 m von Weichenspitze bis zur Kreuzung mit dem Hauptgleise ist bei dem angewendeten starken Gefälle von 1:22 nur eine Entwicklungslänge von 75-80 m erforderlich. Die tragende Konstruktion der Kehre ist die schon beschriebene. Sie ist im übrigen auch in dem Kopfbilde Abbildg. 1 in No. 84 kenntlich, auf dem rechts im Hintergrunde der Bahnhof Zoologischer Garten mit dem Blick gegen die Kehre erscheint. Im übrigen ist die Konstruktion der Weichen und des Tragewerkes der Nebengleise deutlich aus Abbildg. 19 zu ersehen. Danach wird der gerade Theil der Nebengleise von einem ähnlichen Träger getragen, wie er in den Hauptgleisen ausgeführt ist. Das Uebergangsstück bis zur Weiche ist dann unmittelbar an einem Joche aufgehängt, ebenso findet der die Weichenzunge tragende und bewegende Mechanismus dort sein Auflager. Alle Joche von der Abzweigungsstelle bis hinter die Kehre müssen natürlich wesentlich breiter sein als ein gewöhnliches Joch, da zwischen ihren Schenkeln die 4 Gleise Platz haben müssen. Abb. 19 zeigt rechts die geöffnete, aber schon zur Schliessung in Bewegung gesetzte, links die völlig geschlossene Weiche, welche gerade von einem kleinen Revisions- und Montage-Wagen durchfahren wird. Wie rechts klar zu erkennen ist, besteht die Weichenzunge aus einem genieteten Träger, der in geöffnetem Zustande ausser an seinem Drehpunkte noch in 2 m Entfernung davon durch einen gelenkig an ihm angreifenden Arm gestützt wird. Dieser Arm ist mit einem gezahnten Kreissektor fest verbunden, der sich um dieselbe lothrechte Achse dreht, wie die Weichenzunge und durch ein kleines Zahnrad in Bewegung gesetzt werden kann. In geschlossenem Zustande legt sich die Weichenzunge flach gegen die Schiene und den Schienenträger des Hauptgleises, die zu diesem Zwecke entsprechend geformt sind. Die Weichenzunge umfasst dann mit den beiden Backen ihres gusstählernen Kopfes den Schienenträger des Hauptgleises und wird mit demselben verriegelt. Ausserdem schiebt sich der Zungenträger mit der zwischen Weichenspitze und Drehpunkt sichtbaren Vertiefung über den aus dem Schienenträger am Hauptgleis heraustretenden hinteren Zapfen, sodass hier nun noch ein 4. Stützpunkt geschaffen ist.

Da die Räder der Schwebebahnwagen natürlich beiderseits Spurkränze besitzen, so war es nothwendig, die Spitze der Weichenzunge wie bei einer Kletterweiche ansteigen zu lassen und auf den Kopf der Hauptschiene aufzulegen, damit der innere Spurkranz über diese hinweggehoben wird. In Abbildg. 19 ist diese 75 mm hohe Anschwellung auf der Weichenzunge deutlich sichtbar. Die ganze Anordnung ist äusserst sinnreich und glücklich gelöst.

Abbildg. 18
Abbildg. 18

Wie Abbildg. 18 zeigt, sollen an die Kehre noch 2 Aufstellungsgleise angeschlossen werden, für welche dann die Anordnung zweier weiteren Weichen bei b b erforderlich wird. In gleicher Weise zweigen auf dem Endbahnhofe Vohwinkel aus der Kehre die nach dem Wagenschuppen führenden Betriebsgleise ab.

Von dem Aussehen der Wagen der Schwebebahn giebt das Kopfbild Abbildg. 16 in No. 85 ein klares Bild. Sie fassen 50 Personen, davon 30 auf Sitzplätzen und sind durch einen Längsgang getheilt. Die sich nach innen öffnenden Thüren liegen an den Enden der Langseiten und zwar nicht nur an der äusseren, dem Bahnsteig zugekehrten Seite, sondern auch nach der inneren, um im Nothfalle bei Betriebsstörungen den Uebergang von dem stecken gebliebenen Zuge auf einen Zug des anderen Gleises zu ermöglichen. Für das Betriebs-Personal sind auch schmale Thüren in den Kopfenden der Wagen angelegt (wie bei der Pariser Untergrundbahn). Alle Thüren sind während der Fahrt verschlossen und verriegelt und nur vom Zugpersonal zu öffnen. Die Wagen haben I. u. II. Kl.; sie sind in etwa 1/3 ihrer Länge durch eine Querwand getheilt, wobei der kleinere Raum für Nichtraucher I. Kl. bestimmt ist. Sie hängen an 2 Drehgestellen mit 8 m Axabstand, sodass die Wagen trotz ihrer Länge auch enge Krümmungen leicht durchfahren können. Jedes Drehgestell hat 2 Laufräder l, zwischen denen je ein elektrischer Motor m angebracht ist, der mit Zahngetriebe in das auf der Radachse festsitzende Zahnrad z eingreift (vergl. die Abb. 20 u. 21 S. 530). Alle Wagen sind als Motorwagen ausgebildet, sodass jede Achse unmittelbaren Antrieb besitzt. Die Aufhängung der Wagen an den Drehgestellen hat zwei Anforderungen zu genügen. Sie muss einerseits so stark und derart ausgebildet sein, dass jede Entgleisungsgefahr oder die Möglichkeit des Herabfallens eines Wagens selbst bei dem Bruch wichtiger Theile ausgeschlossen ist, während sie anderseits dem Wagen den erforderlichen Spielraum gewähren muss, um seitlich bis zu 15° frei auszuschwingen. Die Aufhängung besteht aus dem überstark in Flusstahl hergestellten gekrümmten Rahmen r, in dessen Kopf die Achsen des Motors und der Laufräder eingesetzt sind. Dieser Haken umfasst den nach einem entsprechenden Kreise geformten Unterflansch des Schienenträgers t mit einem Spielraum von nur 7 mm, sodass ein Abspringen der Räder von der Schiene unmöglich gemacht ist. An dem Haken sind unter dem Schienenträger zwei Nasen angebracht, welche den seitlichen Ausschlag der Wagen bei 15° begrenzen. Der Kopf des Hakens greift mit sehr geringem Spielraum nach innen über die Schiene weg und hat hier ebenfalls eine unter den Schienenkopf herabreichende Nase. Im Falle eines Achsbruches würde sich der Kopf des Aufhängehakens also mit geringer Fallhöhe einfach auf die Schienen aufsetzen, während der erwähnte Ansatz ein seitliches Abgleiten verhindert. Durch den unteren Theil des im Querschnitt kastenförmigen Hakens ist der Bügel b hindurchgesteckt, an welchem der Wagenkasten mit seiner Deckenkonstruktion federnd aufgehängt ist. Dieser Bügel greift mit seinen Enden durch die beiden Hauptlängs-Träger der Wagendecke hindurch, sodass im Falle eines Federbruches der Wagen direkt auf den Bügelenden seine Stütze findet. Der Bügel musste natürlich, um eine Drehung des Wagens gegen das Radgestell in den Kurven zu ermöglichen, mit einem senkrechten Drehbolzen in dem Fusse des Hakens aufgehängt werden. Auch hier ist eine doppelte Sicherheit vorhanden, da sich bei Bruch des Bolzens der Bügel auf das kräftig ausgebildete Fussende des Hakens auflegt. Da ausserdem alle Konstruktionstheile überstark konstruirt sind, so ist nach Möglichkeit jeder Gefahr einer Entgleisung oder eines Herabstürzens der Wagen vorgebeugt.

Der zum Betriebe erforderliche Strom wird den städtischen Elektrizitätswerken entnommen und mittels der Schiene e, sowie den Gleitkontakten g den Motoren zugeführt, die bei 500 Volt Spannung je 36 P. St. entwickeln. Ihre Leistungsfähigkeit kann in ähnlicher Weise wie bei den Strassenbahnen durch Hintereinander- und Parallel-Schaltung, sowie durch Ein- und Ausschalten von Widerständen in mannigfacher Weise abgestuft werden.

Abbildg. 20 u. 21. Aufhängung der Wagen am Drehgestell
Abbildg. 20 u. 21. Aufhängung der Wagen am Drehgestell

Die Bremsung der Wagen kann auf mechanischem und elektrischen Wege erfolgen. Die Bremsbacken k, die auf jedes Laufrad wirken (Abbildg. 20 und 21) können sowohl mit einer Luftdruckbremse, System Westinghouse, wie von Hand vom Führerstande aus in Thätigkeit gesetzt werden. Diese Bremse ist die gewöhnliche Betriebsbremse. In den Gefällstrecken setzt dagegen elektrische Bremsung ein, indem die Motoren vom äusseren Stromkreis abgeschaltet, als Dynamos geschaltet werden und auf Widerstände arbeitend Strom geben. Im Nothfalle wird schliesslich noch eine elektrische Rückstrombremse zur Hilfe genommen.

Es sollen vorläufig nur Einzelwagen oder zwei gekuppelte Wagen in Betrieb genommen werden. In letzterem Falle werden beide Wagen vom Führerstande des ersten Wagens aus gesteuert.

Die Schwebebahn ist mit einem selbstthätigen Blocksystem ausgerüstet, sodass eine Zugfolge von 2 Minuten gesichert ist. Kurz nach Verlassen einer Haltestelle schaltet der Zug beim Durchfahren einer Isolirstrecke das Ausfahrtssignal dieser Haltestelle auf „Halt“ um, während der weiter zurückliegenden Station gleichzeitig das Signal „freie Fahrt“ gegeben wird. Besondere Aufmerksamkeit ist dann noch der Sicherung der Weichen zugewendet. Bei einem Betriebe mit Zügen von 2 Wagen können bei Zweiminuten-Verkehr 3000 Personen in 1 Stunde befördert werden, eine Leistung, die sich durch Vermehrung der Wagenzahl ohne erhebliche Schwierigkeit entsprechend steigern lässt.

Der Fahrpreis ist für die zunächst eröffnete Strecke auf 10 Pfg. für die II., 20 Pfg. für die I. Kl. festgesetzt.

Die Kosten werden nach einer im Vorjahre erschienenen Veröffentlichung der „Continentalen Ges. f. elektr. Unternehmungen“ bei den damaligen Eisenpreisen für die Konstruktion des Viaduktes einschl. Fundamente und Haltestellen auf 450 000 – 500 000 M. für 1 km angegeben, während sich die Gesammtkosten einschl. elektrischer Ausrüstung und Wagen für 1 km auf etwa 700 000 M. stellen sollen, sodass hiernach die Gesammtkosten der 13,3 km langen Strecke 9,31 Mill. M. betragen würden. Den Vernehmen nach sollen sich die thatsächlichen Kosten aber nicht unbeträchtlich höher stellen. Die Kostensumme kann daher, wenn sie auch wesentlich unter derjenigen anderer Hochbahnen bleibt, doch kaum als aussergewöhnlich niedrig bezeichnet werden, da die örtlichen Schwierigkeiten der Ausführung keinenfalls derjenigen in den Verkehrsstrassen einer Grosstadt entsprechen, und die Grunderwerbskosten im vorliegenden Falle doch nur einen verhältnissmässig geringen Antheil an den Gesammtkosten haben dürften. Andererseits muss allerdings auch berücksichtigt werden, dass es sich bei der Schwebebahn um ein neues System, um eine erste Ausführung handelt.

Zum Schlusse sei noch auf diejenigen Ingenieure hingewiesen, die in hervorragender Weise bei dem Entwurf und der Ausführung der Schwebebahn mitgewirkt haben. An erster Stelle ist hier als Oberleiter des ganzen Unternehmens Reg.-Baumeister Feldmann zu nennen, der von Anfang an für die Schwebebahn thätig gewesen ist und alle Phasen ihrer Entwicklung mit durchgemacht hat. Ihm standen als thatkräftige Mitarbeiter die Oberingenieure der Continental-Ges. Petersen für den konstruktiven Theil, Dietz für die Ausbildung der Wagen und der sonstigen maschinellen Einrichtungen zurseite.

Von der Elektr. A.-G. Schuckert seien nur die beiden Leiter, Direktor Baurath Bissinger und Bauinspektor Sobersky, von der Maschinenbau-Gesellschaft Nürnberg Direktor Baurath Rieppel und Reg. Baumeister Carstanjen, der Vorsteher des Konstruktions-Büreaus der Brückenbau-Anstalt Gustavsburg genannt, die von einem grossen Stabe tüchtiger Ingenieure unterstützt wurden (Denjenigen unserer Leser, die sich eingehender mit der Schwebebahn beschäftigen wollen, empfehlen wir die erschöpfende Darstellung in No. 41 d. J. der Ztschrft. d. Ver. Dtsch. Ing. von C. Bernhard, der wir auch einige speziellere Daten entnommen haben.). –

Dieser Artikel erschien zuerst in der Deutsche Bauzeitung am 20., 24. & 27.10.1900.