Berliner Neubauten 69 – Die Nonn’sche Reitbahn, Nürnbergerstrasse No. 63

Die in den beistehenden Abbildungen dargestellte Anlage ist im Jahre 1892 durch den Baumeister E. Schmid, der s. Z. auch die Thiergarten-Reitbahn entworfen und ausgeführt hat, für den Reitbahn-Besitzer Otto Nonn auf dem Grundstücke Nürnbergerstr. No. 63 erbaut worden.

Durch die eigenthümliche Gestalt des Grundstücks, das aus einem nur 7,29 m breiten und 53 m tiefen Vorderland und einem trapezförmig gestalteten, etwa 3450 qm fassenden Hinterlande besteht, war die Art seiner Bebauung von vornherein vorgeschrieben.

Lageplan

Nach der Strasse zu wird dasselbe abgeschlossen durch ein Dreifensterhaus, dessen Erdgeschoss von der Durchfahrt mit Fussgängersteig und dem Treppenaufgang eingenommen wird, während die 3 Obergeschosse die Wohnung des Besitzers enthalten. Im 1. Obergeschoss liegen Damensalon und Herrenzimmer, im 2. Obergeschoss nach der Strasse ein Wohnzimmer, an einem mittleren Lichthof Bad und Kloset, nach dem Hofe das Schlafzimmer, im 3. Obergeschoss Fremdenzimmer, Mädchenzimmer, Speisekammer, Küche und ein zweites Kloset. Waschküche und Plättstube liegen im Dachgeschoss. Ein Speise-Aufzug, sowie Sprachrohre mit elektrischen Klingelleitungen verbinden sämmtliche Geschosse. Die Einrichtung der Räume entspricht der für Berliner sogen, „hochherrschaftliche“ Wohnungen üblichen.

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Die Bebauung des Hinterlandes bot bei der beabsichtigten vollständigen Ausnutzung insofern Schwierigkeiten, als die Ostgrenze nach grundbuchlichen Eintragungen bis auf eine Entfernung von 6 m frei bleiben musste. An der Süd-Westgrenze mussten auf eine gewisse Strecke 10 m Entfernung eingehalten und an der Nord-Westgrenze durfte nur 8 m hoch gebaut werden. – Den Kern der Anlage bildet die parallel der Ostgrenze angeordnete Reitbahn, welcher Abmessungen von 40 m und 20 m gegeben worden sind. An der westlichen Längsseite liegt die zweigeschossig Zuschauertribüne, die mit den Herren- und Damengarderoben sowie mit dem Büreau in bequeme Verbindung gebracht ist. An der Ostseite wird die Bahn von der nach den oberen Ställen führenden, im Verhältniss 1: 10 ansteigenden Rampe und der darunter befindlichen grossen Sattelkammer begrenzt. Parallel mit dieser Rampe und im unmittelbaren Anschluss hieran ist das zweigeschossige Haupt-Stallgebäude mit den darüber befindlichen Futterboden angeordnet. Der Südseite der Bahn ist der Kühlstall bezw. die Aufsteigehalle vorgelegt, die Nordseite begrenzt der Schulpferdestall und darüber der Stall mit Boxes. Die Verbindung zwischen Schulstall und Bahn wird durch eine zweite Aufsteigehalle hergestellt. Hinter dem Schulstall liegt eine durch Oberlicht erhellte Wagenremise.

Grundriss

Ausserdem sind für die oberen Stallungen noch Sattelkammern über der kleinen Aufsteigehalle und über dem südlichen Theil-Anfang der Rampe angeordnet. Vier Treppen verbinden in hinreichender Weise das Erdgeschoss mit dem Obergeschoss bezw. dem Futterboden.

Durchschnitt nach a-b
Längsschnitt

Ueber dem Büreau und den Garderoben liegen die Wohnungen für den Stall- bezw. den Futtermeister. Bei der Anlage der Ställe wurde in erster Linie auf reichliche Zuführung von Luft und Licht, sowie auf zweckmässigen Betrieb Bedacht genommen. An allen Stellen, wo solches erfordert wird, ist für die bei letzterem so wichtigen Bequemlichkeiten – hinreichende Futter- und Dungschächte, Futteraufzüge, Vorrichtungen für Beschaffung von kaltem und warmem Wasser, Kühlständer, Dunggruben usw. gesorgt. Aber auch inbezug auf das gefällige Aussehen der Einrichtungen sind keine Mittel gespart worden. Die Stände haben eine Breite von 1,75 m bei einer Länge von 3,2 m erhalten. Die Boxes sind auf 3,2 x 3,5 m bemessen und können mittels eingehängter Lattirbäume als Doppelständer benutzt werden. Die Fussböden der Stände sind aus hochkantig in Zement verlegten Klinkersteinen mit 3 cm Gefälle gebildet, die Decken durchweg gewölbt. Die gewölbeartige, zum Schutz der Eisenkonstruktion dienende Decke der Reithalle ist in Rabitzmasse hergestellt.

Die Nonn’sche Reitbahn

Der Bau begann am 1. Mai 1892 und konnte – bis auf das Wohnhaus – bereits am 1. Oktober desselben Jahres dem Betriebe übergeben werden. Die Baukosten betrugen für das Wohnhaus 42000 M., für die Reitbahn mit ihrem Zubehör rd. 250 000 M. einschl. der Anlage für die elektrische Beleuchtung.

Dieser Artikel erschien zuerst 1894 in der Deutsche Bauzeitung.