Berliner Neubauten 90 – Der Augustinerbräu-Ausschank, Friedrich-Strasse No. 84 in Berlin

1. Obergeschoss

Architekten: Kayser & von Groszheim in Berlin. Schon als wir in No. 14 ff. d. J. dem Augustinerbräu-Ausschank in München eine kurze Darstellung widmeten, konnten wir auf einen gemeinsamen Zug reicherer künstlerischer Ausstattung der modernen Bierhäuser hinweisen und bei dieser Gelegenheit auf das Berliner Ausschankhaus derselben Münchener Grossbrauerei die Aufmerksamkeit lenken.

Dieses Berliner Haus, im Auftrage des Besitzers der Augustiner-Brauerei in München, Josef Wagner, nach den Plänen und unter der Oberleitung der Architekten und königlichen Bauräthe Kayser & von Groszheim in Berlin errichtet, wurde gegen Schluss des vergangenen Jahres dem Betrieb übergeben und bildet seitdem eine charakteristische Erscheinung in der an Bierhäusern reichen südlichen Hälfte der Friedrich-Strasse. Auf seine Gesammtanlage haben fast ausschliesslich die eigenartigen örtlichen Verhältnisse ihren Einfluss ausgeübt.

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Auf einer Eckbaustelle von knapp 170 qm Fläche errichtet und durch die Enge der Friedrich-Strasse und der Rosmariengasse und die daraus hervorgehenden baupolizeilichen Vorschriften in seiner Höhenentwicklung stark beschränkt, bedurfte es der schärfsten Raumausnutzung sowohl der Fläche wie der Höhe nach, um das Gebäude seinen Zwecken in möglichst vollkommener Weise dienstbar zu machen. Dass dieses den Architekten, deren Ruf als Meister baulicher Disposition nicht erst seit gestern begründet ist, in ausgezeichneter Weise gelungen ist, lehrt ein Blick auf die Grundrisse sowie auf den in schematischer Darstellung gegebenen Längsschnitt.

Zum Augustiner
Zum Augustiner
Zum Augustiner. Schnitt und Grundrisse
Zum Augustiner. Schnitt und Grundrisse

Das Haus enthält in dem 3 m hohen Kellergeschoss die Lagerräume mit Kühleinrichtungen für Bier und Fleischvorräthe, sowie diejenigen Einrichtungen, welche für die Zentralheizung und die Lüftung der Restaurationsräume anzulegen waren. Das ganze Erdgeschoss besteht aus einem grossen Restaurations-Raum mit Bier-Ausschank unter dem oberen Theil der zum Obergeschoss führenden einläufigen Treppe und mit Speisen-Ausgabe. Zwei Eingänge, der Haupteingang zum Restaurant in der Friedrichstrasse, der Nebeneingang für wirthschaftliche Zwecke in der Rosmariengasse machen das Grundstück zugänglich. In gleicher Weise wie das Erdgeschoss ist auch das erste Obergeschoss als ein grosser Raum für Restaurationszwecke dienstbar gemacht. Hier befinden sich auch die Toiletten für Herren und Damen. Im zweiten Obergeschoss liegen die Wirthschafts-Räumlichkeiten, wie die Küche mit Spülküche, der Expeditionsraum für Speisen mit 2 Aufzügen, eine Vorrathskammer, ein Raum für kalte Küche und das Kontor des Wirthes. Das ausgebaute Dachgeschoss enthält die Wohnräume für das Personal.

Erdgeschoss
Erdgeschoss
1. Obergeschoss
1. Obergeschoss

Über den Auf- und Ausbau des Hauses und über die feine künstlerische Auffassung derselben geben die Bildbeilage und die Ansichten des Inneren eine ausreichende Vorstellung. Es ist in der formalen und ornamentalen Behandlung mit Glück versucht, in die strengere Stilgebung der Renaissance deutscher Ausbildung ein flüssigeres Element durch Einführung naturalistischer Einzelheiten der Pflanzen- und Thierwelt zu bringen. Ferner ist neben einer licht- und schattenreichen plastischen Behandlung dem farbigen Element durch Vergoldung einzelner Theile und durch die Friesfläche über dem viertheiligen Fenstermotiv und die Fläche mit dem deutschen Reichsadler der Vorderseite eine sich in die Gesammthaltung des Baues gut einfügende Mitwirkung gegeben.

Im Inneren spielt die reich gegliederte Holzarchitektur, theils in der Auflassung eines maassvollen, etwas in die niederländische Renaissance hinüberspielenden Barock, theils mit nordischen Anklängen eine beherrschende Rolle. Ihrem tiefen braunen Ton sind im Erdgeschoss und im grossen Raume des Obergeschosses als Gegenwirkung die weissen Gewölbe und weisse friesartige Stuckreliefs gegenübergestellt. Der hintere nordisch-romanische Ratım des Erdgesehosses hat einen farbigen Schmuck erhalten.

Die Bauarbeiten für das Haus waren in folgender Weise vertheilt.

Die Erd-, Maurer-, Eisen- und Zimmer-Arbeiten waren von der Firma Bussee & Gansow übernommen. Die Steinhauer-Arbeiten der Fassaden wurden in hellgelbem Sandstein von der Firma Gebr. Zeidler in Berlin geliefert. Die Modelle für den plastischen Schmuck der Fassaden einschliesslich der Figur des Brauknechtes unter dem Baldachin der Ecke sind unter dem Holze des Hrn. Bildhauer Gustav Riegelmann in Berlin entstanden. Den Karton für den musivischen Schmuck entwarf der Maler Julius Senft, Inhaber der Firma M. J. Bodenstein; die Mosaikarbeiten selbst fertigte nach ihm die Deutsche Glasmosaik-Gesellschaft Puhl & Wagner in Rixdorf. In die Holzarbeiten des Inneren theilten sich zwei Firmen: die des grossen Restaurations-Raumes im Erdgeschoss waren der Firma Feldmann & Wegner übertragen, wobei die Bildhauerarbeiten dafür wieder Riegelmann ausführte; die Holzarbeiten in (dem kleinen, romanisch-nordisch behandelten Erdgeschossraum und diejenigen des grossen Raumes im Obergeschoss sind in vortrefflicher Weise von der Firma Kimbel & Friedrichsen in Berlin erstellt worden. Die Friese über den Paneelen des letzteren Raumes wurden von Riegelmann freihändig angetragen. Die Malerarbeiten und die dekorativen Gemälde des Inneren sind Werke der Firma M. J. Bodenstein. Die Beleuchtungskörper lieferte die Aktien-Gesellschaft vorm. J. C. Spinn & Sohn in Berlin, die Kunstverglasungen Josef Scherer in Wilmersdorf.

Die besondere Bauleitung übte in gewissenhafter Weise Hr. Architekt G. Fiek aus. –

Dieser Artikel erschien zuerst am 29.04.1899 in der Deutsche Bauzeitung.