Berliner Neubauten No. 100 – Das Wohnhaus Schröder-Poggelow, Rauch-Strasse 13

Wohnhaus Schröder-Poggelow

Architekt: Bodo Ebhardt in Grunewald-Berlin.
Das Haus Rauchstrasse 13 wurde für Hrn. Rittergutsbesitzer Dr. Schröder-Poggelow erbaut. Es sollte zum Wohnen für den Bauherrn und seine Familie dienen, aber daneben auch Räume für eine grossartige Geselligkeit bieten. Die Aufgabe, auf dem sehr schmalen und tiefen Grundstück von etwa 75 Quadratruthen oder rd. 1070 qm ein den Anforderungen des Bauherrn entsprechendes Haus zu errichten, war sehr erschwert durch den Umstand, dass das Nachbarhaus No. 14 ein viergeschossiges Gebäude (das einzige der Art in der ganzen Strasse) ist, welches der Baustelle No. 13 eine 45 m lange, 23 m hohe Brandmauer zukehrte.

Es war die erste Aufgabe des Architekten, diese Brandmauer zu verkleiden, so dass sie im Strassenbilde nicht mehr das davorstehende Haus, welches ausser dem mit dem Fussboden 2,8 m über Erdgleiche gelegenen Erdgeschoss nur ein weiteres Stockwerk erhalten sollte, völlig erdrückte. Deshalb wurde ein steil ansteigendes Dach gewählt, welches das etwa 23 tiefe Vorderhaus in einem Sattel überdeckt und mit zahlreichen Giebeln und Dachaufbauten geschmückt ist. Der verbleibende Rest der Brandmauer zwischen Vorderhaus und Stallgebäude, welches die hintere Schmalseite des Grundstückes einnimmt, ist mit einer Blend-Architektur verkleidet. Auch an der unbebauten Seite des Grundstückes ist diese Architektur in niedrigerer Abmessung, als Gartenmauer ausgebildet, fortgesetzt, so dass der Hof von allen Seiten durch einheitliche Architekturen eingeschlossen ist.

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Die Grundrisseintheilung des Inneren war durch die grosse Schmalheit des Grundstückes erschwert; sie ist derart erfolgt, dass im Kellergeschoss des Wohnhauses sämmtliche Wirthschaftsräume, die getrennten Garderoben für Damen und Herren (für grosse Gesellschaften), die Zentralheizung und eine Wohnung des Pförtners untergebracht sind. Wirthschaftsräume und Pförtner haben getrennte Eingänge. Im Erdgeschoss liegen die Gesellschaftsräume. Von der Vorhalle aus gelangt man in eine grosse zweigeschossige Halle, welche den Kern des Hauses bildet und von welcher man im Erdgeschoss in sämmtliche Gesellschaftsräume, im Obergeschoss in die Schlaf- und Wohnräume der Herrschaft gelangt. Für geschäftliche Besuche ist von der kleinen Vorhalle das Billardzimmer zugänglich, welches mit dem Herrenzimmer in Verbindung steht, so dass solche Besuche mit dem übrigen Hause nicht in Berührung kommen.

Wohnhaus Schröder-Poggelow
Wohnhaus Schröder-Poggelow

An der Brandmauer liegt eine durch ein grosses Oberlicht ausgezeichnet erhellte massive Treppe, welche durch sämmtliche Stockwerke des Hauses durchgeführt ist und zum Verkehr der Dienerschaft dient. Die grosse Halle enthält eine Treppe bis zum Obergeschoss. Im Dachgeschoss befinden sich, um eine zweite Halle angeordnet, eine Anzahl Fremdenzimmer, sowie die Räume für die Dienstboten. Darüber sind in dem hohen Dach noch zwei Böden zum Wäschetrocknen und Aufbewahren von Gegenständen angeordnet.

Eine künstlerisch reichere Ausgestaltung haben besonders die Räume des Erdgeschosses erhalten und zwar ist jedes Zimmer seiner Bestimmung gemäss, ohne Anlehnung an einen der herkömmlichen Stile, ausgestaltet worden. Dabei ist auf eine lebendige Farbenwirkung der in einander gehenden Zimmer besonderer Werth gelegt.

Neben dem mit goldener japanischer Tapete ausgestatteten Billardzimmer liegt das kräftig grün bekleidete Herrenzimmer, an das sich das dunkelroth dekorirte Empfangszimmer anschliesst. Die Halle ist weiss mit tiefbraunem Holz, der grosse Speisesaal, welcher auch als Tanzsaal dient, weiss mit wenig Gold und rothen Sammetvorhängen, und das daneben liegende Prunkzimmer in einem venetianischen Blau mit reicher Vergoldung gehalten. Das Billardzimmer ist mit einem Kreuzgewölbe, das Herrenzimmer mit einer flachen Tonne aus Holzbrettern, das grosse Empfangszimmer mit einer flachen Balkendecke in Stuck überdeckt. Der grosse Speisesaal ist theils mit einer ähnlichen flachen Stuck-Balkendecke in weiss gedeckt, in dem nach dem Hofe vorspringnde Theile mit einer flachen Kuppel. Alle Stuckdecken sind reich ornamentirt, im Speisesaal ist auch die ganze Wand zwischen den Marmorpfeilern mit plastischem Ornament bedeckt. Das Prunkzimmer hat eine schwere, reich vergoldete Decke mit reicher Malerei von A. Unger erhalten.

Neben dem grossen Speisesaal liegt ein Frühstückszimmer, welches bei grossen Gesellschaften als Anrichte benutzt wird und durch einen Aufzug mit der Küche verbunden ist; rings an den Wänden stehen Geschirrschränke, ein Tellerwärmschrank und ein kleiner Spültisch zum Aufwaschen besonders kostbarer Geschirre usw., alles in einer Eichenholz-Vertäfelung unauffällig angebracht.

Grundriss
Grundriss
Längsschnitt
Längsschnitt

An dieses Zimmer und auch vom Speisesaal zugänglich schliesst sich der Wintergarten, ein mit Glas überdeckter und abgeschlossener Raum, welcher die künstlerische Darstellung einer Unterwasser-Scene darbietet. Die Wände bilden theils Felsenparthien von geringem Relief, an denen sich unter Wasser lebende Thiere aller Art, nach der Natur modellirt, tummeln, theils zeigen sie schwimmende Fische, welche unzählige Wasserstrahlen in gewaltige indische Muscheln oder Felsbecken speien. Die Fenster zeigen gleichfalls allerhand Wasserthiere und verleihen dem Raume ein dem Wasserton entsprechendes grün-gelbes Licht. Bei der Anlage, die noch durch kostbare Pflanzen bereichert wird, ist vermieden worden, die kleinlichen, künstlichen Tropfsteine zu verwenden. Alle Felsen sind vielmehr frei aus der Hand von dem Bildhauer Albert Kretzschmar in Zement-Mörtel angetragen. Unter dem Wasser befinden sich elektrische Beleuchtungskörper; natürliche indische Muscheln in grosser Zahl, sowie Korallen usw. beleben die Felsen.

Die grosse Halle ist mit einer weissen Futzdecke überdeckt, welche von 6 grossen vom Zimmermann hergestellten Bindern mit reicher Schnitzerei getragen wird. Die Wände sind gleichfalls als glatte weisse Putzflächen gehalten, um einen klaren Hintergrund für die grosse Geweih-Sammlung zu bilden, welche der weit gereiste Besitzer aus allen Theilen der Welt zusammengetragen hat. An der vom Fenster gegenüberliegenden Schmalwand erhebt sich ein grosser Marmorkamin bis zur Höhe des ersten Stockes. Das grosse Flurfenster ist vom Maler Böhland modern, aber unter thunlichster Vermeidung amerikanischer und englischer Motive gezeichnet worden.

Aus dem Hause Schröder-Poggelow. Architekt Bodo Ebhardt in Grunewald
Aus dem Hause Schröder-Poggelow. Architekt Bodo Ebhardt in Grunewald
Aus dem Hause Schröder-Poggelow. Architekt Bodo Ebhardt in Grunewald
Aus dem Hause Schröder-Poggelow. Architekt Bodo Ebhardt in Grunewald

Es lag sowohl im Sinne des Besitzers als auch des Architekten, die Ausschmückung des Hauses unabhängig von der Tagesmode, dagegen durchaus deutsch zu gestalten Die Architektur schliesst an die deutsch-romanische Kunst des frühen Mittelalters an, benutzt jedoch diese Formen mit moderner Empfindung. Es sind stets die Anforderungen eines modernen Hauses inbezug auf Raumgestaltung, Fenstergestaltung und Massenvertheilung in erster Linie maassgebend gewesen.

Die Fassaden sind aus Rathenower Handstrichsteinen unter reicher Verwendung von schlesischem Sandstein für die gesammte Architektur hergestellt, die Fussböden zum grössten Theil massiv mit Kleine’scher Decke, zum geringeren Theil als Balkenkonstruktion. Die Dächer sind mit Schiefer in deutscher Deckung gedeckt, alle Kehlen und Giebelanschlüsse sind ausgeschiefert. Wo Vordeckung vom Klempner nöthig war, besteht dieselbe aus Blei, nur Rinne und Abfallrohr sind aus Zink hergestellt. Die Modelle für die Fassade sind im Atelier des Bildhauers Kretzschmar grossentheils vom Architekten selbst modellirt worden.

Das Innere wird durch eine Zentral-Heizung erwärmt, doch sind im Erdgeschoss ausserdem für jedes Zimmer russische Rohre vorgesehen und im Erdgeschoss 3 grosse Kamine in den hauptsächlichen Zimmern als Nothbehelf bei Störungen und zur Ventilation bei Gesellschaften gesetzt worden. Innen und Aussen sind reiche schmiedeiserne Arbeiten von der Firma Plattner Nachf. geliefert worden.

Dieser Artikel erschien zuerst am 03.08.1901 in der Deutsche Bauzeitung, er war gekennzeichnet mit „E.“.