Das Haus der Burschenschaft “Teutonia” zu Jena

In neuerer Zeit macht sich unter den deutschen Studenten-Verbindungen mehrfach das Bestreben geltend, auch nach aussen hin Zeugniss abzulegen von dem Geiste der Zusammengehörigkeit, welcher die Mitglieder einer Verbindung noch in späteren Lebensjahren beseelt und von Zeit zu Zeit immer wieder an dem Orte vereinigt, wo die Tage in fröhlicher Jugendlust verlebt wurden.

Was könnte wohl diesen “Korpsgeist” einer Verbindung besser zum Ausdruck bringen, als der Besitz eines eigenen Heimes? In richtiger Würdigung des festen Haltes, welcher mit dem Besitz eines eigenen Hauses jeder gesellschaftlichen Vereinigung erwächst, haben daher schon verschiedene studentische Verbindungen, sei es durch Erwerb alter Stammkneipen, sei es durch den Bau eines neuen Hauses sich eine dauernde Heimstätte gesichert.

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Diesem Beispiele ist nun vor kurzem auch die Burschenschaft “Teutonia” in Jena gefolgt. Dank dem liebenswürdigen Entgegenkommen der “Alten Herren” der Verbindung, welche die Mittel zum Ankauf eines schön gelegenen Grundstückes inmitten der Stadt, sowie die erforderlichen Gelder zum Bau selbst mit großer Bereitwilligkeit aufgebracht haben, hat das neue Heim, dessen Bau am 20. September 1888 begonnen wurde, schon im Juli v. J. seiner Bestimmung übergeben werden können.

Dem Bau standen mancherlei Schwierigkeiten entgegen. Zunächst waren Bauplatz und Geldmittel sehr beschränkt, Die Schmalseiten des Gebäudes sind. durch Strassen begrenzt; die eine Langseite stösst an Nachbargrundstücke, konnte daher keine Lichtöffnungen erhalten und die andere Langseite durfte eine durch “Servitut” vorgeschriebene Baufluchtlinie nicht überschreiten. Das zur Verfügung stehende Baugelände war also nach allen Seiten scharf begrenzt. Dabei musste ausserdem noch eine Reihe persönlicher Wünsche für den Bau berücksichtigt werden. Aus den beistehenden Grundrissen ist die Anordnung der beiden Hauptgeschosse ersichtlich. Im Erdgeschoss befinden sich die für den täglichen Gebrauch bestimmten Kneip-, bezw. Spiel- oder Lesezimmer, ferner eine Dienerwohnung, das Schmuckzimmer zur Aufbewahrung der Insignien der Verbindung und die erforderlichen Nebenräume. Das 1. Obergeschoss enthält den 6,50 m hohen Festsaal, ein Nebenzimmer mit anstossender Damen-Toilette, Buffetraum und ein kleines Pissoir. Eine Treppe höher liegen die Orchester-Galerie und einige Wohnräume für Mitglieder der Verbindung.

Grundriss

Das Untergeschoss des vollständig unterkellerten Hauses enthält Wirthschaftsküche, Waschküche, Bierkeller, Wohnung für den Hausmann, Kohlen- und verschiedene kleinere Wirthschaftskeller.

Um an Kosten zu sparen, musste leider zum Putzbau gegriffen werden. Die Stärke der Umfassungs- und Schiedwände ist, um den Raum gehörig auszunutzen, so gering wie möglich bemessen worden; es war dies nur unter ausgiebiger Heranziehung des Fachwerksbaues zu erreichen.

Zum Sockel und den Keller-Umfassungsmauern wurde der hiesige Muschelkalkstein verwandt, alle übrigen Mauerungen sind in Backstein (zum Theil mit porösen Bitterfelder Steinen) und Kalkmörtel ausgeführt. Das Dach ist mit Schiefer eingedeckt.

Die innere Ausstattung der Räume ist in einfachste Weise durchgeführt. Die Fussböden der Kneipzimmer sind von imprägnirtem Buchenholz hergestellt, der Festsaal hat diagonal verlegten, eichenen Stabfussboden erhalten.

Decke und Wandflächen des Saales sind einfach, aber kräftig stuckirt.

Das Haus hält rd. 205 qm Grundfläche und hat einschliesslich der gesammten inneren Ausstattung 86 000 M. gekostet, wonach 1 qm bebauter Fläche auf 175,50 M. zu stehen kommt.

Jena, im August 1889. L. Hirsch, Architekt.

Dieser Artikel erschien zuerst 1890 in der Deutschen Bauzeitung.