Bilder vom Tage 24/1900: Der Deutsche Reichstag

ist nun nach einer an Arbeit und Erregung reichen Session geschlossen worden. Außer dem Etat und verschiedenen andern, mehr oder weniger wichtigen Gesetzen hat er in diesem Jahr nach dem Ausbau der Unfallversicherungsgesetzgebung die lex Heinze, die das Parlament bereits seit 1892 beschäftigte, ohne die viel angefochtenen Bestimmungen über Kunst und Theater und schließlich die Verstärkung unserer Marine zustande gebracht.

Nach Pfingsten, der Zeit, in der es galt, viele bedeutsame Beschlüsse zu fassen war die Volksvertretung – eine Seltenheit – dauernd beschlußfähig, d. h. es waren stets mehr als die Hälfte aller Mitglieder anwesend Sie brauchen sich ja auch nicht während der ganzen Verhandlungen im Sitzungssaal aufzuhalten, sondern nur, wenn Abstimmungen vorgenommen werden.

Bilder aus dem Deutsche Reichstag – Im grossen Lesesaal der Abgeordneten

Werden ihnen die Reden zu langweilig und sind ihnen ihre Plätze auf die Dauer zu unbequem, so stehen den Abgeordneten in dem prächtigen Reichshaus am Königsplatz viele Räume zur Verfügung, in denen sie für ihr leibliches und geistiges Wohl sorgen können.

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Neben der Restauration und der Wandelhalle wird besonders viel der Lesesaal benutzt, in dem viele Hunderte von Zeitungen der verschiedensten Parteirichtungen ausliegen. Hier widmen sich die Herren stehend oder sitzend, wie es unser Bild zeigt, der Lektüre. Wie im Sitzungssaal selbst, bildet auch hier die politische Gesinnung keineswegs eine unübersteigbare Schranke, Freisinnige und Agrarier, Sozialdemokraten und Konservative oder Zentrumsleute verkehren in den Formen zwangloser Höflichkeit miteinander.

Bilder aus dem Deutsche Reichstag – Präsident Graf Ballestrem und Direktor Geheimrat Knack

Sein besonderes Zimmer hat natürlich der Präsident, dort kann er alle Personen empfangen, die zum Sitzungssaal nicht Zutritt haben und mit dem Direktor am Büreau des Reichtags, Geheimrat Knack, mancherlei besprechen. Der Direktor ist wohl rechtlich nur ein ausführendes Organ, thatsächlich aber vermag er aus eigenem viel zu thun; er ist dem Haus unentbehrlich, denn er kennt die Geschäftsordnung besser als selbst die meisten Präsidenten; er weiß mit allen Eingängen und Anträgen genau Bescheid und hat daher schon oft wesentlich zur Entwirrung verwickelter Situationen beitragen können.

Bilder aus dem Deutsche Reichstag – Die Beratung über die Flottenverträge in der Plenarsitzung am 7. Juni

Unser drittes Bild gewährt einen Ueberblick über den Sitzungssaal am zweiten Tag der zweiten Beratung der Flottenvorlage, während Graf Kanitz über die Deckungsfrage sprach.

Dieser Artikel erschien zuerst 1900 in Die Woche.