Architekt: Ludwig Otte in Gross-Lichterfelde. Dem Hause Imelmann des Hrn. Regier.-Bmstr. Ludwig Otte, welches wir in No. 31 veröffentlichten, reihen wir heute das eigene Wohnhaus des Künstlers an, welches dessen interessante Thätigkeit nach einer anderen Richtung, in der möglichsten Beschränkung der zur Wirkung herangezogenen Mittel zeigt.
Trotz dieser Beschränkung aber war der Künstler auch hier bedacht, dem schon bei Besprechung des eingangs genannten Hauses vertretenen Grundsatze nachzugehen, die Rück- bezw. Gartenfassaden eines freistehenden Wohnhauses in der Ausbildung nicht zu vernachlässigen, sondern ihnen die gleiche, bei entsprechender Lage hinsichtlich der Himmelsrichtung des Gebäudes sogar unter Umständen erhöhte Sorgfalt zutheil werden zu lassen, wie den Strassenansichten.
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Was die Gesammtanlage des feinen Bauwerkes anbelangt, so weicht dieselbe nicht unerheblich von dem üblichen Durchschnitts-Grundriss für eine Familie mit Kindern ab, da sie durchaus auf die individuellen Bedürfnisse der Berufsthätigkeit des Künstlers und die Wünsche seiner Familie zugeschnitten ist. In dieser Beziehung sind im Erdgeschoss die dem Beruf gewidmeten Räume grundsätzlich getrennt von den Wohn- und Empfangsräumen. Die Wirthschaftsräume liegen im Sockelgeschoss, die Schlafräume im Obergeschoss. Der Erfahrung, dass Einfamilienhäuser leicht zu klein gebaut werden, suchte der Architekt durch eine geräumige, aber doch wieder nicht zu grosse Anlage zu begegnen. Reserveräume und grosse Vorflure hält er für angenehm und vortheilhaft. Im Aufbau enthält sich das Werk jeden unnützen Aufwandes und sucht die Wirkung mit Erfolg in einer weisen Oekonomie der architektonischen Ausdrucksmittel. Durch diese Zurückhaltung entstand eine vornehm wirkende, dabei fein gegliederte Baugruppe, in mancher Beziehung etwas an den amerikanischen colonial style erinnert. Die zurückhaltende Farbenwirkung unterstützt die Formenwirkung. Ueber dem rothen Backsteinsockel erheben sich ohne Horizontalgliederung die verputzten, einfarbig grau gestrichenen zwei Geschosse, in ihrer Einfarbigkeit nur unterbrochen durch das Weiss der Fensterkreuze und -Sprossen, durch das Grün der Läden und durch das Gold der Balkongitter. Ein rothes Ziegeldach deckt das Haus ab. In dieser Farbengebung steht es vortrefflich in der freien landschaftlichen Umgebung. Wir geben in der oberen unserer Abbildungen die Strassen-Ansicht, in der unteren die Ansicht nach dem Garten wieder und fügen diesen Ansichten die Grundrisse des Sockel-, des Erd- und des Obergeschosses an.
Dieser Artikel erschien zuerst am 22.06.1898 in der Deutsche Bauzeitung.