Der Fürstenhof in Karlshorst bei Berlin

Gelegentlich der Veröffentlichung, welche die Dtsche. Bztg. in den Nummern 88 u. 90, Jhrg. 96, den baulichen Anlagen der Rennbahn in Karlshorst bei Berlin gewidmet hat, ist bereits des als Zubehör zu diesen Anlagen zu betrachtenden, jedoch ein selbständiges Unternehmen bildenden Logirhauses gedacht worden, dem die nachfolgenden Mittheilungen gelten.

Dieses im Jahre 1894 durch den unterzeichneten Architekten errichtete Logirhaus, welchem mittlerweile der Name „Fürstenhof“ beigelegt worden ist und das neben einer grösseren Anzahl von Unterkunftsräumen noch eine Sommerwirthschaft sowie Tanz- und Festsäle umfasst, liegt unmittelbar an der Rennbahn, von der es durch die Kreischaussee getrennt wird. Im Grundriss bildet die Küche den Kern der Anlage; sie ist an drei Seiten von Korridoren umgeben, sodass nach allen Richtungen hin leicht Speisen und Getränke verabreicht werden können. Gegen die Rennbahn bezw. die Chaussee hin liegen rechts und links von einer sehr geräumigen Vorhalle Speise- bezw. Wirthschaftssäle. Der linke Flügel, von der Chaussee gesehen, wird dagegen von zwei grösseren Räumen eingenommen, welche ursprünglich zu Klubzimmern bestimmt waren und daher getrennt von der grossen Kneipe mit eigenen Kleiderablagen, Aborten usw. angelegt sind. Durch einen Hof von der Küche getrennt liegt rechts ein weiterer Kneipsaal. Der grosse Tanzsaal schliesst sich hinter der Küche an, von der Strasse aus durch die beiden Korridore rechts und links derselben zugänglich. Gegenüber dem Eingang zu ihm befindet sich eine Bühnennische für Musik oder Darstellungen. Rechts und links von dieser Nische liegen zwei Gasträume. Der eben erwähnte Tanzsaal, unter dem ein Bierkeller liegt, reicht bis ins Dach. Das Obergeschoss des Vorderhauses wird in seiner ganzen Ausdehnung von Logirzimmern eingenommen. Im Dachgeschoss befinden sich hier die Leutezimmer,

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Erdgeschoss
Seitenansicht
Obergeschoss

Seiner Lage inmitten einer waldigen Landschaft entsprechend, ist das etwa 55 m lange Gebäude im Erdgeschoss in schlichtem Putzbau ohne alle Gesimse, im Obergeschoss dagegen als Holzfachwerkbau ausgebildet. Die Deckung ist als Doppeldach in den ortsüblichen einfachen rothen Dachsteinen auf sehr steilem Dachstuhl erfolgt. Das eine Treppenhaus geht in einem hohen Thurm bis über Dachhöhe empor, Künstlerisch ist mehr eine Wirkung in kräftiger Theilung der Baumassen und der Dächer, als in reicher Ausbildung der einzelnen Bautheile gesucht. Thürme und Giebelbildungen beleben alle vier Fronten, die hohen Schornsteine die Dachflächen. Das Obergeschoss ist nach Aussen vorgekragt und nur die Balken dieser Vorkragung, sowie die Sparren und Balken über dem ersten Stock haben eine aus dem vollen Holz geschnittene einfache Verzierung erhalten. Sonst blieb das Holzwerk, wo es nicht als Geländer oder an Eingängen in unmittelbarer Berührung mit den Menschen kommt, völlig rauh wie es aus der Sägemühle kam.

Logirhaus und Stallungen Karlshorst – Erbaut 1894 durch Architekt Bodo Ebhardt in Berlin-Grunewald

Die Farbengebung ist sehr lebhaft: weisse Putzflächen zwischen den braunen Hölzern, grüne Dachrinnen, rothe Dachflächen, die leider im Laufe der Jahre schnell von ihrer ursprünglichen leuchtenden Farbe verloren haben, geben allein schon ein frisches Bild; nur am Mittelgiebel ist in lebhaftem Blau mit goldgelben Linien ein breiter Fries über den Fenstern des Obergeschosses gemalt worden.

Grosser Tanz- und Festsaal

Das Innere weist durchweg einfach tapezierte oder schlicht gemalte Wände auf. Die Decken dagegen sind überall mit reichen Ornamenten bemalt, die vom Maler Thiele sehr schwungvoll entworfen wurden. Reicher gestaltet sich der Tanzsaal. Die Decke desselben wird gleich durch das sichtbare Gebälke des etwa 12 m freitragenden Daches gebildet; in das Gebälk ist mit Rücksicht auf die Temperatur-Verhältnisse noch eine Zwischendecke eingeschoben. Das ganze Holzwerk ist in einfachster Weise mit kräftigen Tönen bemalt.. Vor einem tiefrothen Grunde liegen schwarzbraune Balken, lebhaft mit blau und grünen Farben abgesetzt. Die Konstruktion, namentlich an der Stelle, wo die gewölbeartigen Dächer der T’heaternische mit denen des Hauptsaales zusammenschneiden, war eine sehr schwierige. Bei der. grossen Eile mit welcher der Bau durch Hrn. Karl Gregorovius, der auch für den Grundriss maassgebend war, aufgeführt wurde, sind manche von den künstlerischen Feinheiten verloren gegangen, welche nach den Plänen des Unterzeichneten beabsichtigt waren. Das Ganze dürfte aber durch die Massenvertheilung immerhin noch malerisch wirksam bleiben.

Dieser Artikel von Bodo Ebhardt erschien zuerst am 07.08.1897 in der Deutsche Bauzeitung.