Berliner Neubauten 92 – Das Geschäftshaus Herrmann Hoffmann, Friedrichstrasse 50-51

Berliner Neubauten 92 - Das Geschäftshaus Herrmann Hoffmann, Friedrichstrasse 50-51. Verkaufsraum im Erdgeschoss

Architekten: Cremer & Wolffenstein in Berlin.

Am 19. September d. J. ist nach etwa fünfvierteljähriger Bauzeit das nach den Entwürfen und unter der Oberleitung der Architekten Cremer & Wolffenstein in Berlin errichtete Geschäftshaus für Herren- und Damen-Konfektion des Hrn. Herrmann Hoffmann in Benutzung genommen worden. Mit diesem an der Ecke der Schützenstrasse gelegenen Bau, der ohne Umschreibung als ein Prachtbau bezeichnet werden kann, ist der bei der architektonischen Umgestaltung Berlins etwas zurückgebliebene oder auch durch Neubauten von betrübender Durchbildung entstellte, südlich der Leipzigerstrasse gelegene Theil der Friedrichstrasse um ein architektonisches Kunstwerk bereichert worden, welches nicht nur der ganzen dortigen Gegend zur Zierde gereicht, sondern auch, für sich betrachtet, eine Lösung für ein Geschäftshaus darstellt, die wohl als vorbildlich bezeichnet werden darf.

Denn der nicht leicht zu findende Mittelweg für diese Gattung der modernsten Gebäude, die Interessen der berechtigten geschäftlichen Reklame in der Ausbildung des Hauses selbst in Einklang zu bringen mit dem architektonischen Feingefühl, das eine Kunstleistung, die den Eintag überdauern soll, verrathen muss, ist bei diesem Werke ohne Zweifel auf das Glücklichste eingehalten. Daneben ist die stilistische Ausbildung des Gebäudes eine solche, dass sie sich ernste Beachtung zu erringen vermag.

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Das schöne und eigenartige Haus erhebt sich in Keller-, Erd- und vier Obergeschossen auf einer nahezu regelmässigen Eckbaustelle von etwa 19:28 m, die bis auf einen Hof von rd. 6:13 m winkelförmig bebaut ist.

Die Eintheilung der Grundrisse der verschiedenen Geschosse ist, wie die Abbildungen zeigen, augenscheinlich die einfachste und doch ist sie nicht ohne sorgfaltige Durcharbeitung namentlich der Anlage der Nebenräume zustande gekommen. In dem durch die tiefgezogenen Schaufenster ausreichend erhellten Kellergeschoss liegen nach vorn die Geschäftsräume, in welchen die Konfektion für die Dienerschaft verkauft wird. Dahinter liegen die Garderoben für die Angestellten des Hauses und, gegen die Schützenstrasse, ein grosser Raum für die Expedition der Waaren.

Berliner Neubauten 92 - Das Geschäftshaus Herrmann Hoffmann, Friedrichstrasse 50-51 - Grundrisse
Berliner Neubauten 92 – Das Geschäftshaus Herrmann Hoffmann, Friedrichstrasse 50-51 – Grundrisse

Der unterkellerte Hof enthält die Räume für die Heizung, dazu gehörend ein an der Strasse gelegenes Kohlenmagazin, im übrigen Vorrathskeller.

Im Erdgeschoss ist zur Linken eine Eingangshalle mit Treppe und Aufzug abgetrennt, welche den Zwecken des die drei obersten Geschosse einnehmenden Hotels dient: Alles übrige ist Verkaufsraum mit den nothwendigen Nebenräumen wie Kontor, Anproberaum usw.

Eine Nebentreppe stellt die Verbindung durch alle Geschosse her. Die Stockhöhen haben ausgereicht, diese Nebentreppe als Doppeltreppe derart anzulegen, dass die vom Hofe aus diese Treppe benützenden Besucher, etwa die Lieferanten für das Hotel, völlig getrennt bleiben von den Benützern der Treppe, die nur innerhalb der Geschäftsräume verkehren wollen und von hier aus den Zugang zur Treppe nehmen.

Enthält das Erdgeschoss die Zivil-Abtheilung, so ist das erste Obergeschoss für die Sport-Abtheilung eingerichtet, die wiederum mit Anproberäumen für Herren und Damen ausgestattet ist. Ein über dem Hoteleingang gelegener Raum dient als Kontor für das Hotel. Gegen die Schützenstrasse liegen die Zuschneiderräume und gegen den Hof ein Raum für Konfektionsartikel. Die drei weiteren Geschosse haben durchweg eine Eintheilung in Hotelzimmer erhalten, die aus unseren Grundrissen ohne weitere Erläuterung kenntlich ist. Sehr zu statten kam der Eintheilung der kleine Lichthof, der erst im zweiten Obergeschoss beginnt.

Berliner Neubauten 92 - Das Geschäftshaus Herrmann Hoffmann, Friedrichstrasse 50-51. Architekten Cremer und Wolffenstein
Berliner Neubauten 92 – Das Geschäftshaus Herrmann Hoffmann, Friedrichstrasse 50-51. Architekten Cremer und Wolffenstein

In der künstlerischen Ausbildung des Hauses haben die Architekten zumtheil auf Motive der spanischen Gothik zurückgegriffen, die mit Bildungen der französischen Renaissance und mit durchaus modernen Elementen in anziehender Weise und unter voller Wahrung der Einheitlichkeit des Ganzen vermischt sind. Die ornamentalen Theile haben aus den Beziehungen zur Sport- und Thierwelt, die das Geschäft des Besitzers spinnt, eine grosse Mannichfaltigkeit erhalten, die in frischer Weise von der geläufigen Tradition unabhängig geblieben ist. Die Thierwelt, soweit sie mit dem Sport in Berührung steht, das Schneidergewerbe usw. finden in dem ornamentalen Schmuck des Hauses eine Fülle von Beziehungen, bei welchen das heitere Element keineswegs unterdrückt ist. Es würde zu weit führen, hier auf Einzelheiten einzugehen und es würde ungenügend sein, diese Einzelheiten nur beschreiben zu wollen. – Das ganze Aeussere des Gebäudes ist in hellem Sandstein ausgeführt.

Athmet dieses unverkennbar die Absicht einer sich in mässigen Grenzen bewegenden, aber doch gewollten Pracht, so hat das Innere eine Durchbildung erfahren, die auf Reichthum der Formensprache durchaus verzichtet, dafür aber eine vollendete Befriedigung aller Anforderungen, welche ein feines Geschäftshaus an die architektonische Ausgestaltung stellt, erstrebt. Der feinen Holzarbeit ist dabei eine herrschende Rolle zugewiesen; dass sie vorzüglich ausgefallen ist, lässt schon unsere Abbildung des Verkaufsraumes im Erdgeschoss erkennen. In Hotel der drei oberen Geschosse ist die Ausstattung auf eine dauerhafte Einfachheit von gutem Geschmack beschränkt geblieben. Zahlreiche Firmen sind an der Ausführung des Hauses betheiligt gewesen. Den gesammten Rohbau hatte die an Gesellschaft für Bauausführungen übernommen; dazu lieferte Carl Schilling die Steinmetzarbeiten. Für die Bildhauer- und die ornamentalen Stuckarbeiten war der Bildhauer E. Westphal gewonnen worden. Die Schmiedearbeiten führten Schulz & Holdefleiss und Golde & Raebel, die Schlosserarbeiten E. Franke aus. Die Heizanlagen hatten Rietschel & Henneberg, die Beleuchtungsanlagen die Allgemeine Elektricitäts-Gesellschaft, die Gas- und Wasseranlagen Börner & Herzberg übernommen In die Tischlerarbeiten theilten sich sechs Firmen, von welchen Kimbel & Friedrichsen und Siebert & Aschenbach, dazu Max Schulz & Co. in hervorragender Weise betheiligt waren; neben ihnen arbeiteten Hermann, Klempau und Bünger. Die Glaserarbeiten waren an die Firmen J. Schmidt, Westphal und J. Scheerer vergeben, die Malerarbeiten an Heintze. Lieck & Heider und Reichenow lieferten die Tapeten, Frost & Söhne die Beleuchtungskörper. Die Aufzüge richtete Carl Flohr ein. – Sitzmöbel und Stoffe stammen von Friede.

Berliner Neubauten 92 - Das Geschäftshaus Herrmann Hoffmann, Friedrichstrasse 50-51. Verkaufsraum im Erdgeschoss
Berliner Neubauten 92 – Das Geschäftshaus Herrmann Hoffmann, Friedrichstrasse 50-51. Verkaufsraum im Erdgeschoss

Ausserdem waren noch für verschiedene Arbeiten folgende Firmen beschäftigt: Leibe & Co, Wolff & Sohn, Axerio, Marcus Adler, Stahlkopf, Breest & Co., Rosenfeld & Co., Poetzsch, Hardegen Biedermann & Czarnikow, Dellos, Ulfert, E. Boeck, Quantmeyer & Eicke, Odorico und Fr.

Spengler. Die Bauführung lag in den Händen des Hrn. P. Topp, der die Arbeiten mit Umsicht leitete.

Der Vertrauensmann des Bauherrn war der Baumeister Hr. Carl Schäfer, dem mit ein wesentliches Verdienst daran gebührt, dass der Bau in der ausgezeichneten Weise, die ihm nachgerühmt werden muss, zustande kam. –

Dieser Artikel erschien zuerst am 07.10.1899 in der Deutsche Bauzeitung.