Der preisgekrönte Entwurf zu einem Kreisständehaus für Kreuznach

Architekten Curjel & Moser in Karlsruhe. Die Erkämpfung des Sieges in einem Wettkampfe gegen 105 Mitbewerber darf als eine so bedeutsame Auszeichnung einer baukünstlerischen Arbeit gelten, dass wir gewiss dem Wunsche vieler Leser entgegen kommen, wenn wir den inzwischen zur Ausführung gewählten Entwurf der Hrn. Curjel & Moser für das Kreisständehaus in Kreuznach veröffentlichen.

Für das im Kreuznacher Badeviertel, an der Salinenstr, zu errichtende Bauwerk, dessen Hauptfront nach NW. sieht, ist, dieser Lage entsprechend, eine allseitig freie Stellung derart gewählt, dass dasselbe um die übliche Vorgarten-Breite hinter der Straßsenflacht zurück liegt.

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Die Grundform der Anlage, welche aus einem 3,10 m hohen, überwölbtem Kellergeschoss, einem je 4,20 m hohen Erd- und Obergechoss und einem zum Theil ausgebauten Dachgeschoss besteht, bildet ein U, dessen Flügel jedoch nicht ganz gleichmässig gestaltet sind.

Erdgeschoss

Durch den in der Axe der Vorderseite befindlichen Haupt-Eingang betritt man einen wohl beleuchteten 2,90 m breiten Korridor, an welchem nach vorn und rechts die Geschäftszimmer des Landraths-Amts, nach hinten – in einem mit dem Erdgeschoss abschlielsenden Anbau – das Sitzungszimmer des Kreisausschusses sowie ein Wartezimmer und die Aborte liegen. Das Dienstzimmer des Landraths, von jenem Korridor nur durch das Vorzimmer zugänglich, hat seinen Platz in der linken Ecke des Hauses erhalten. Es steht durch das Haupttreppenhaus sowie durch die Nebentreppe. welche von der linken Seite des Hauses zugänglich sind, in ungestörter Verbindung mit der im Obergeschoss liegenden Dienstwohnung des Landraths. Der hintere Theil des linken Seitenflügels, für den die Nebentreppe einen gesonderten Zugang bildet, ist im Erdgeschoss als Dienstwohnung des Boten eingerichtet.

Obergeschoss

Im Obergeschoss liegen über diesem Theile die Wirthschaftsräume der Landraths-Wohnung, während über dem Amtszimmer des Landsraths und der vor diesem ausgebauten Loggia der Saal für die Sitzungen des Kreistages angeordnet ist; der ganze übrige Theil des Geschosses wird von der Dienstwohnung des Landraths eingenommen, welche in dem breiten hellen Korridor und der demselben vorgelegten, nach dem Garten sehenden Terrasse nicht gewöhnliche Annehmlichkeiten besitzt. Programmgemäss steht dieselbe mit dem vom Haupttreppenhause unmittelbar zugänglichen Kreistags-Saale, entsprechende, grössere Höhe gegeben worde ist, in Verbindung, so dass letzterer zugleich als Festraum für die Wohnung benutzt werden kann,

Der preisgekrönte Entwurf zu einem Kreisständehaus für Kreuznach

Das Dachgeschoss enthält ausser einem Trockenspeicher und einer Anzahl von Kammern 3 nutzbare Giebelzimmer. Im Kellergeschoss liegen unter dem eingeschossigen Hofanbau die Vorrathsräume für Brennmaterial, unter der der Botenwohnung die Wirthschafts-Keller, während die übrige Räume nach Bedarf als Weinkeller nutzbar gemacht werden können. Namentlich unter dem rechten Flügel hat sich ein grosser zusammen hängender Lagerkeller ergeben, in welchem zu den Seiten eines breiten Mittelganges 2 Doppelstücke bequem Platz finden können.

Die Ausführung der Fassaden des Baues, die dem Stile deutscher Früh-Renaissance sich anschliessen, ist auf die Verwendung des Werksteins aus dem Alsenz-Thale in Verbindung mit Verblendziegeln von St. Wendel berechnet. Bei einem körperlichen Inhalte des Hauses (Kellerfussboden bis Oberkante Hauptgesims) von rd. 7450 cbm stellen sich die aus der festgesetzten Bausumme von 110 000 M. verfügbaren Kosten für 1 cbm auf 14,76 M., welcher Einheitspreis durchaus innerhalb der Grenzen sich hält, welche aus den Ausführungs-Kosten ähnlicher, in letzter Zeit hergestellter Gebäude ermittelt worden sind.

Dieser Artikel erschien zuerst 1890 in der Deutschen Bauzeitung.