Ein kurzer vorläufiger Ueberblick über die baulichen Anlagen für dieses jüngsthin abgehaltene grosse Fest, welches die deutsche Hauptstadt durch mehr als eine Woche beherrscht hat, ist bereits in No. 56 d. Bl., gelegentlich des Berichts über einen, dem Festplatz gewidmeten Besuch des Architektenvereines gegeben werden. Indem derselbe hier ergänzt wird, wollen wir vorzugsweise die Erfahrungen klar zu stellen versuchen, welche inbetreff dieser Anlagen gemacht worden sind und welche geeignet sein möchten, den Veranstaltern künftiger Unternehmungen gleicher Art sich nützlich zu erweisen.
Aus den politischen Zeitungen wird den Lesern bekannt sein, dass man es an Tadel und Vorwürfen gegenüber den bezgl. Anordnungen des diesmaligen Bundesschiessens nicht hat fehlen lassen. Zum Theil war diese Kritik auch gewiss berechtigt, zum anderen Theil dagegen entbehrte sie durchaus eines zureichenden Grundes. Das Erste gilt insbesondere inbetreff der allgemeinen Organisation des Festes und der Handhabung der Verwaltung auf dem Festplatz, vor allem in der Schiesshalle. Man ist in Norddeutschland nicht daran gewöhnt, diesem Wettstreit im Schiessen die gleiche Bedeutung beizulegen wie in Süddeutschland; deshalb hatte man auch die Zahl der zu erwartenden, am Schiessen theilnehmenden Festgäste unterschätzt, während man andererseits mit der Ungunst des Wetters zu wenig gerechnet hatte. – Das Zweite bezieht sich vor allem auf die technischen Anordnungen.
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Was zunächst den Hauptvorwurf gegen die angeblich verfehlte Wahl des zu entlegenen Festplatzes betrifft, so mag für Auswärtige hervor gehoben werden, dass der Mittelpunkt des Festplatzes vom Mittelpunkte der Stadt (Rathhaus) rd. 3,2 bis (je nach Wahl des Weges) 3,5 km, von „Ringbahnstation Schönhauser Allee“ rd. 1,4, von „Station Pankow der Stettiner Bahn“ rd. 0,5 und von der „städt Weichbildgrenze“ rd. 0,9 km entfernt liegt, – mithin kaum in ungünstigerer Entfernung, als geeignete Plätze auch in Mittel-Grossstädten sich finden dürften? Hier lag aber noch eine zwiefach bindende Nothwendigkeit vor: einerseits wäre wohl in keiner andren Vorstadtgegend ein geschlossenes, in einer Hand befindliches Gelände genügenden Umfanges, mit gleich guten Verkehrsbedingungen zu haben gewesen, noch würde man in anderen Vorstadtsgegenden auf eine so rege Theilnahme an der Feier und an der Ausschmückung der Feststrasse mit Sicherheit haben rechnen können; derjenige Theil der Berliner Bevölkerung, welcher eine naturgemässe innigere Theilnahme an Schützenfesten zeigt, sitzt eben in den östlichen bezw. nördlichen Stadtgegenden. Auch ist nicht zu übersehen, dass Pankow vielleicht die einzige Vorstadtgemeinde ist, welche ihre baupolizeilichen Anordnungen noch heute selbständig von Fall zu Fall treffen darf, also bei solchen Gelegenheiten gewisse Erleichterungen zu gewähren in der Lage war.
Wenn der Verkehr, trotzdem der Platz unweit zweier leistungsfähigen Bahnhöfe und dicht an Pferdebahn und breiter Landstrasse liegt, mannichfach Stockungen zeigte, so dürfte das wesentlich durch den Mangel geeigneter allgemeiner Maassnahmen (Ausnutzung der Verbindung durch die Berlin-Stettiner Eisenbahn, Vorverkauf von Eintrittskarten mit freier Fahrt von beliebiger Stelle aus, vorherige Verbreitung einer die Lage des Platzes und die verschiedenen Wege zu demselben veranschaulichenden Karte usw.) liegen. Ein Blick auf den beigefügten Lageplan dürfte jedoch zur Genüge zeigen, dass allerdings auch die örtlichen Anlagen, nämlich die Vorplätze an den Eingängen und diese selbst ungenügend waren und dass daraus arge Unzuträglichkeiten sich entwickeln mussten.
Betrachten wir z. B. nur die Anordnung des Haupteingangs. Das innere Halbrund des Vorplatzes, welches keinerlei Bodenbefestigung erhalten hatte, diente als Vorfahrt für gewöhnliches Fuhrwerk, während der Zugang für die zu Fuss und mit der Pferdebahn ankommenden Besucher auf schmale, etwa 2,5 m breite sichelförmige Gänge sich beschränkte. So waren denn weder für die Pferdebahn noch für das übrige Fuhrwerk Auf- und Abstieg getrennt, der gesammte Verkehr auf einen Punkt zusammen gedrängt. – Für diesen Haupt-Eingang, der wohl von der Hälfte der Besucher gewählt ward (letztere Zahl betrug an einzelnen Tagen über 170 000 Personen), waren nur sechs Kassen vorgesehen, welche jede nur für den Durchgang je einer Person Raum boten (!) Besondere Ausgänge waren ursprünglich überhaupt nicht geplant und sind erst nachträglich dadurch hergestellt worden, dass man aus der trotzigen Festungsmauer, welche sich beiderseits an das Eingangsthor anschloss, entsprechende Oeffnungen heraus sägte. – Wäre der ganze Vorplatz um etwa 15-20m tiefer angelegt worden, was dem Festplatz keinen Eintrag gethan hätte, so war die Möglichkeit ungleich günstigerer Anordnungen gegeben.
Das Gelände an sich war für die Entwickelung und Anordnung der Gebäude so günstig wie nur möglich. Ergänzend sei zu dem Lageplan noch bemerkt, dass die Front der Festhalle annähernd nach Süden gerichtet ist und diese selbst auf dem höchsten Punkte liegt, von welchem aus die Fläche sich allseitig leicht abdacht. Der Boden, welcher durchweg mit natürlichem derbem Rasen bestanden war, besteht aus strengem, undurchlässigem, lettigem Sand, dessen Untergrund jedoch in einiger Tiefe durchlässiger Sand bildet. Dein Berufstechniker wäre es daher leicht gewesen, mit Aufwand geringer Mittel wenigstens die Hauptwege so zu befestigen, bezw. zu entwässern, dass auch bei den mehrfach eingetretenen wolkenbruchartigen Regengüssen sowohl Ueberschwemmungen als Verschlammung vermieden werden konnten. – Auch wenn der Boden sofort wieder zu Ackerland werden sollte, konnten dadurch grössere Kosten nicht erwachsen; – es war nur leider das Richtige nicht geschehen, trotzdem die bei der unmittelbar vorangegangenen Pferde-Ausstellung gemachten Erfahrungen eine solche Vorsicht nahe gelegt hätten.
Die Anordnung und die allgemeine Ausstattung des Platzes mit Festschmuck verdienten dagegen volle Anerkennung. Wenn einzelne Stimmen laut geworden sind, welche noch die Anlage von Wasserbecken, Springbrunnen, Tannengebüschen u. dergl. forderten. so gehört das für diejenigen, welche die Kosten derartiger Veranstaltungen zu beurtheilen wissen, einfach ins Gebiet des Lächerlichen. Was man zu wünschen noch Ursache hatte, war eine Halle bezw. ein Zelt im Anschluss an den Eingang, wo man bei Regen seine weiteren Schritte überlegen konnte und eine Anordnung, welche es den Besuchern des Festplatzes ermöglichte, dem eigentlichen Schiessen zuzusehen, ohne entweder dem Sonnenbrande oder dem Wassersturz einer Dachtraufe sich auszusetzen. Auch boten die zwischen Festplatz und Budenplatz stehenden Bierzelte meist zu geringen Schutz gegen Wetter und Wind.
Der Gabentempel, so prächtigen Eindruck er insbesondere durch die Kostbarkeit seines Inhalts machte, war leider viel zu klein geplant; den Verhältnissen des Festplatzes entsprechend und um mit der gewaltigen Masse der Festhalle in Einklang zu kommen, hätte er den drei bis vierfachen Durchmesser und die anderthalb- bis zweifache Höhenentwickelung haben dürfen. So wäre es denn auch möglich gewesen, mindestens annähernd die Masse der Werthgaben so auszustellen (nicht die Hälfte fand Platz darin!), dass der Beschauer eine wirkliche „Schau“ halten konnte, anstatt in unsäglichem Gedränge daran vorbei gequetscht zu werden.
Ungewöhnlich, aber durchaus dankenswerth war die Einrichtung von Blitzableitern auf sämmtlichen hochragenden Bauten bezw. Flaggenmasten – auch denjenigen der Bierzelte.
Das Gelände gehört nämlich zu den im weiten Umkreise von Berlin am meisten durch Blitzschlag gefährdeten.
Wir wenden uns nunmehr noch näher den wichtigsten Bauten des Festplatzes zu.
Was bereits über den Gabentempel gesagt wurde, gilt auch für den Thorbau. Die Mittel hatten nicht ganz ausgereicht, um ihn in den Abmessungen herzustellen, welche nöthig gewesen wären, um das gewählte Motiv eines mittelalterlichen Festungsthores einigermassen glaubhaft erscheinen zu lassen. Auch wirkte es wie Ironie, dass man unter das Fallgatter mitten in die Oeffnung nachträglich eine Kassenbude gesetzt hatte.
Von dem Hauptgebäude der ganzen Anlage, der durch die Architekten Hrn. Cremer & Wolffenstein erbauten Festhalle theilen wir in den beistehenden Abbildungen 2 – 5 Grundriss, Aufriss des mittleren Bautheils, Querschnitt und eine Ansicht des Innenraums mit. Als seitlicher Abschluss des Gebäudes dienten je 2 im Querschnitt sichtbare Thürme
Ergänzend sei bezüglich der Annordnung des Innenraums noch bemerkt, dass auf den 3 Emporen über dem Haupt-Eingange und an den Giebeln je ein Musikkorps untergebracht war. Erst nach dem Haupt-Festbankett ward in dem östlichen Theile der Halle eine zwei Gebinde- und die ganze Hallenbreite umfassende Tribüne für 400 Sänger aufgebaut.
Die gesammte Einrichtung der Halle mit Sitzen, Tischen und Gängen, sowie diejenige der Küchen- bezw. Wirthschaftsräume war so durchaus zweckmässig und bequem getroffen, wie unter derartigen Verhältnissen nur denkbar war; dem entgegen stehende Zeitungs-Berichte dürfen nur als Stimmungsbilder von einzelnen Unerfahrenen angesehen werden. Auch die erhobenen Klagen über unzulängliche Räume für Kleider-Ablagen, sind als unberechtigt anzusehen. Freilich hatten die Pächter kaum die Hälfte der Räume mit den nöthigen Einrichtungen versehen!
Die Boden-Befestigung war – mit Ausnahme des gedielten mittleren Theiles, welcher die Festtafeln enthält – nur mit Kiesschlag, jedoch in völlig genügender Weise erfolgt. – Auch die Herstellung des Daches lediglich aus gespanntem, fast rein weissem Zeltleinen war insofern zweckmässig, als damit eine gute Lichtwirkung und selbst bei stechendster Sonne eine recht angenehme und zugfreie Temperatur erzielt ward. Leider erwies sich bei den mehrfach eingetretenen Stürmen diese Deckung jedoch nicht als genügend sicher; sie ward mehrfach abgerissen und erst die nachträglich angeordneten Sturmgurte gaben der Dachhaut etwas grössere Festigkeit.
Ungünstiger freilich noch wirkte die weiße Färbung des Daches auf die äussere Erscheinung des Gebäudes. Uns ist unerfindlich, warum man die mit stumpfblauen Netzwerk durchwebten Stoffe nicht wählte, wie sie zu Zelten in der französischen Armee vielfach gebräuchlich sind; der Eindruck ist ungefähr der eines Schieferdaches und auch in der schärfsten Sonne frei von Blendung, ohne dass dabei das durchfallende Licht wesentlich beeinträchtigt wird. Allenfalls wäre auch gefärbtes Leinen hier am Platz gewesen; zum mindesten hätte seine Farbe besser mit den sattgelben und tiefen braunrothen Backsteintönen der Seitenwände der Halle und Thürme und des Mittelbaues in Einklang gestanden. Bei der gewählten Farben-Zusammenstellung waren die Gegensätze entschieden gar zu hart und grell und es ist wesentlich auf diesen Umstand zurück zu führen, wenn die Erscheinung des Baues den Architekten nicht die ungetheilte Anerkennung eintrug, welche sie bis auf diesen Punkt durch ihre Schöpfung wohl verdient hätten.
Obgleich recht luftig und nur von leichten Schnitthölzern errichtet, ist die Halle doch hinreichend standfest, um für eine fernere Ausnutzung mit Pappdach versehen werden zu können, wobei aber vielleicht Oberlicht-Anordnung anzuordnen wäre.
Fügen wir noch hinzu, dass die Ausführung der Zimmer-Arbeiten in Händen des Hof-Zimmermeisters Krause und Raths-Zimmermeister Heise lag, die Ausschmückungs-Arbeiten von Tapezier Fischer, die Malerarbeiten von Maler Senf (früher Bodenstein) ausgeführt wurden.
Der Küchen- und Wirthschaftsbau, nach Entwürfen von Zimmermeister Goerisch durch Hof-Zimmermeister Krause und Töpfer-Meister E. Brucks ausgeführt, war durchaus übersichtlich eingerichtet und hat allen gerechten Anforderungen im weitesten Sinne entsprochen. Küchengerüche konnten nicht in die Halle dringen. Natürlich war in der Küche der Fussboden mit Pflaster versehen, während die Dächer mit Pappe und Oberlichten eingedeckt waren. Die Herde waren aus Rohkacheln für Steinkoblenfeuerung hergestellt. Um von den Anforderungen, die an solche Festküchen gestellt werden, eine Andeutung zu geben, sei hier angeführt, dass bei dem grossen Festmahle folgende Speisemassen zur Verwendung kamen: 2000 kg Rinderbraten, 800 kg Lachs, 2000 Hähne, 22 hl grüne Gemüse, 19,25 hl Kartoffeln, 1500 Köpfe Salat, sowie zu einem Nachtischgericht: 150 kg Erdbeeren, 2 hl Sahne.
Eine etwas eingehendere Beachtung erfordert sodann noch der eigentliche technische Kern der ganzen Anlage, die Schiesshalle nebst Bureau und Schussfeld.
Im allgemeinen erfreuten sich die bezgl. Einrichtungen der unzweifelhaftesten Anerkennung. Wenn auch zeitweilig das Schiessbureau als etwas zu klein, die Markenverkaufs-Stände als nicht ganz zureichend sich erwiesen und zu gewissen Stunden selbst Schiessstände nicht in genügender Zahl frei waren, so dass einzelne Schützengruppen unverrichteter Sache wieder abkehren mussten, so wird doch seitens der Sachverständigen die Schuld daran nicht der Anlage, sondern den Witterungs-Verhältnissen und anderen, hier nicht zu besprechenden Vorkommnissen zur Last gelegt. – Allerdings wäre es vielleicht zweckmässig gewesen. die Schiesshalle von vorn herein erheblich länger, das Schussfeld also entsprechend breiter anzulegen und die verschiedenen Arten von Ständen durch Zwischenräume zu trennen. Eine solche Trennung wäre bei schwächerem Besuche des Festes unzweifelhaft als eine Annehmlichkeit empfunden worden, während bei unerwartetem Andrange die Möglichkeit vorgelegen hätte, jene Zwischenräume schleunigst noch zur Anlage einer weiteren Anzahl von Ständen auszunutzen. Unsere Abbildungen 6-13 nebst deren Beischrift lassen alles Wissenswerthe so deutlich erkennen, dass eine ausführlichere Beschreibung wohl kaum erforderlich ist. Das Schiessbureau, welches im Obergeschoss einen Aushilfs- Waffenraum enthielt, ist von Hrn. Zimmermeister Goerisch und Arch. Hesse entworfen, von Hrn. Zimmermeister Kallmann ausgeführt worden. Die Farbgebung des einfachen Bretterhauses war lediglich durch Anstrich in Goldocker für die Fache, in stumpfem Englischroth für das Rahmwerk hergestellt.
Die Schiesshalle selbst war nur mit Dachleinwand bespannt und hatte keine andere Boden-Befestigung erhalten als leichten Kiesschlag, der sich auch hier als durchaus hinreichend erwies. Die Pistolen- und Hasenstände hatten weder Tisch- noch Bank-Anlagen. Die Lehnen der Zellenstände für die Stand- und Feldscheiben zeigten je 12 nummerirte Randkimmen zum Einstellen der Gewehre. Nur hinter denjenigen Ständen, welche zu Festscheiben dienten, waren erhöhte Tischsitze aufgestellt; ihre Zahl ward um einige über die in der Zeichnung angedeutete vermehrt, als in den letzten Tagen auf Festscheiben geschossen ward. Auch die Waffenräume waren nur mit Wandtischen, welche mit Kimmen am Rande versehen waren, ausgerüstet. – Der elektrische Klingelknopf in den Ständen (Warnzeichen für den Scheibenzeiger) befand sich an der Aussenwand, unter dem Tischblatt des Warners (links im Stand). An der Untersicht des „Blenddaches“ (welches zu hoch abgekommene Kugeln fangen oder ihre Gewalt brechen soll) waren die Nummer und sonstige Bezeichnung der betr. Scheibe aufgemalt. Dies Dach ist aus doppelter Stülpwand (aus 2 cm starken Brettern) mit Einfüllung von Sandrasen hergestellt. Nur an zwei Stellen zeigten sich die Spuren durchgedrungener Kugeln; dass dieselben ihren Weg über die Blenden und Kugelfänge genommen hätten, scheint nach sorgfältigen Beobachtungen jedoch wenig wahrscheinlich. – Der Entwurf der Halle rührt von den Herren Maurermeister Machineck und Zimmermeister Goerisch her, die Ausführung war den Hrn. Zimmermeistern Stoedtner & Scharnweber anvertraut.
Die Zurichtung des Schussfeldes, dessen Entwurf von Hrn. Maurermeister Machineck herrührt und von Hrn. Maurermstr. P. Madsen ausgeführt ist, hat in den beigefügten Abbildungen eine nur schematische Darstellung gefunden. Die Boden-Beschaffenheit ist die für den Festplatz angegebene, welligabschüssige; ein Theil der den fernsten Kugelfängen nächst gelegenen Geländestreifen besteht aus Sand. Es galt hier wesentlich, diejenigen Kugeln, welche bei zu hohem Abkommen in die Luft, über die Kugelfänge hinweg tragen würden, durch „Blenden“ (aus doppelten, mit Sandrasen ausgefüllten Stülpwänden), die zu tief gehenden – und selbst deren Wiederaufprall durch „Kniewälle“ abzufangen. Der seitliche Schutz gegen übergehende Kugeln war durch glatte, doppelte Brettzäune mit Sandrasenfüllung hergestellt. Nur die Pistolenstände hatten gegen die übrigen Schussfelder seitliche Blenden aus einfachen Brettwänden; ausserdem hatten die Saustände, in welchen „nachgeschossen“ wird, kurze (2 ½ m vorstehende), Scheibenblenden erhalten.
Die Scheiben waren die üblichen aus Papier und dünnem Holzrahmen, welche unten eingehakt in einem Wechselrahmen, wie bei Bühnen-Verwandlungen üblich, abwechselnd eine hoch die andere nieder gingen. Die Anzeige erfolgte dann mit Zeigerstab auf der neuerdings hoch gegangenen Ersatzscheibe, während dessen die obere angeschossene unten, (im sicheren Stande der Scheibenzeiger) aufgepappt ward. Bei den Ständen auf Saue und Hasen, welche auf Schuss umfallen, war das unter Schützenbrüdern schon bekannte „Oering’sche (Eislebener) System“ angewendet. Das auf Schienen vorbei laufende Thierbild fällt um, wenn es die nöthige tödtende Ladung erhält und erscheint wieder beim Rückgange als lebendes oder todtes Thier. Bei den Pistolenständen war die Zeigerei auf neben stehenden festen Zeigern – die Höhe des Schusses rechts und links vom Strich angebend – eingeführt. – Nur ein Zeiger auf einem Fernstand ist leicht verletzt worden – nach seiner Angabe, durch eigene Unvorsichtigkeit, weil er den Zeigerstab zu hoch griff.
Die nachträgliche sorgfältige Untersuchung ergab, dass kein Seitenzaun angeschossen war! Doch sollen einige Kugeln durch den Kamm der 300 m-Scheiben durchgesetzt haben, obgleich, wie die Zeichnung angiebt, die Verschüttung nachträglich bis zum Kamm hinauf geführt war. Es kann dies nur daher rühren, dass bei dem letzttägigem sehr eifrigen Schiessen auf Festscheiben der Unterholm der letzten Blende im Felde der „Feldscheiben“ vollständig zerschossen und – im Eifer des Schiessens – deren Ausbesserung nicht zugelassen ward.
Für die Entwässerung der Zeigerstände war durch Anlage seitlicher Stümpfe gesorgt, welche durch Feuerwehrleute bei starken Regengüssen ausgepumpt wurden. Nicht ganz unerwähnt können endlich die kleineren Nebenbauten des Festplatzes bleiben. Die Bierzelte der verschiedenen einheimischen Brauereien, ebenso wie das Kaffee- bezw. Konditorei-Zelt, boten freilich nichts Aussergewöhnliches dar; immerhin bleibt anzuerkennen, dass dieselben eine für die Bewirthschaftung zweckmässige Anlage zeigten; das Zelt der „Spandauer Bergbrauerei“ war von Zimmer-Meister Seppin gestellt, diejenigen der „Königstädtischen“ und der „Gräfl. Reichach’schen“ von Baumeister Laas und Techniker Roediger entworfen, von Zimmer-Meister Kallmann ausgeführt.
Ganz besonderen Interesses erfreute sich dagegen die Ausschankhalle des „Münchener Kindlbräu“, deren Grundriss und Ansicht in nächster No. nachfolgen sollen. Der Entwurf rührt von Prof. Gabriel Seidl in München her; die von Raths-Zimmermeister Hesse bewirkte Ausführung stand unter Leitung von Maler Lentner aus München, der Malerei und Ausschmückung persönlich bewirkt bezw. angeordnet hat.
Wie der Grundriss durchaus zweckentsprechend, eine Art Windfang bildend gestaltet war, so dass die Halle einen wohl gesicherten Zufluchtsort für das grössere Publikum darbot, so gewährte auch ihre Erscheinung ein höchst reizvolles Bild, das zu den erfreulichsten und gelungensten auf dem ganzen Festplatz gezählt werden muss. Konstruktiv war auch dieser Bau nur eine Bretterhütte mit Pappdach. Durch die Abfärbung der Flächen in mattem Weiss, der Stiele und Giebel-Verschläge in gebrochenem Seegrün, Bemalung mit lustigen Schützenbildern usw. war jedoch das Gepräge eines ausgefachten Holzbaues, durch Aufheften von Strohbunden auf den Sparren der Eindruck eines Strohdaches erzielt worden. Auch die Bemalung der Knotenpunkte der Konstruktion mit tief rothen Bändern und Herzblättern sowie der Herzblatt-Fries der gemalten Sockeltäfelung, gewährten einen recht freundlichen, frischen Eindruck.
Was die allgemeinen Anlagen betrifft, so war die elektrische Beleuchtung des Platzes und der Halle von der Firma „Gebr. Naglo“ die Anlage der elektr. Telegraphen von der Firma „Biedermann & Czarnikow“, die Trinkwasserleitung von der Firma „Otto Peschke“, die zugehörige Entwässerung von der Firma „Ed. Fischer“ ausgeführt worden. Dieselben haben sich sämmtlich bestens bewährt.
Nach einer Mittheilung der „Voss. Ztg.“, für welche wir diesem Blatte die Gewähr überlassen müssen, haben die Baukosten für die Festhalle ohne Schmuck und innere Einrichtung 71000 M. betragen; die Anordnung der Orchester-Tribünen usw. hat noch 3100 M.. diejenige der Tische und Bänke 8400 M. erfordert. Das Wirthschafts-Gebäude hat 16 000 M., die Einrichtung der Herde usw. überdies 7000 M. gekostet. Für die Schiesshalle sind 18500 M., für das Schussfeld 23000 M., für das Schiess-Bureau 3000 M. aufgewendet worden. Dankenswerth wäre es, wenn diese Zahlen von zuständiger Seite richtig gestellt, bezw. vervollständigt würden. – Bemerkt sei dabei, dass die betheiligten Architekten, Hrn. Cremer & Wolfenstein und Hr. Sehring ihre Unterstützung dem Fest-Ausschuss ebenso unentgeltlich zur Verfügung gestellt haben, wie dies seitens der Berliner Architektenschaft bei Einzügen usw. stets zu geschehen pflegt. Mit dem Bau- und Dekorations-Ausschuss, theilen die mit der örtlichen Gesammt-Bauleitung betrauten Hrn. Baumeister Laas und Techniker Roediger das Verdienst, ein möglichst einheitliches Zusammenwirken so zahlreicher Kräfte und verschiedenartigster Leistungen in kurzer Zeit zu recht befriedigendem, und rechtzeitigem – wenn auch durch die Ungunst des Wetters beeinträchtigtem – Abschluss gebracht zu haben.
Dieser Artikel erschien zuerst 1890 in der Deutschen Bauzeitung, er war gekennzeichnet mit „C. Jk.“.