Die Einzugspforte für Kaiser Franz Josef I. von Oesterreich auf dem Pariser Platz in Berlin

Die Einzugspforte für Kaiser Franz Josef I. von Oesterreich auf dem Pariser Platz in Berlin. Architekt Ludwig Hoffmann in Berlin

Architekt: Stadtbaurath Ludwig Hoffmann in Berlin.

Die reichen dekorativen Anordnungen, welche in diesen Maitagen für die Begrüssung der zur Feier der Grossjährigkeit des deutschen Kronprinzen in Berlin zusammengekommenen Fürstlichkeiten, insbesondere des Kaisers Franz Josef I. von Oesterreich, getroffen wurden, fanden ihren Höhepunkt auf dem Pariser Platz, wo der österreichische Kaiser durch die städtischen Behörden empfangen wurde.

Hier, in der Mitte etwa der durch die neuere Geschichte Preussens und Deutschlands historisch begründeten Siegesstrasse, die, seitdem die Siegesallee ihren strahlenden Denkmälerschmuck erhalten hat, über das Brandenburger Thor hinaus bis zur Thiergartenstrasse eine natürliche Verlängerung erhalten hat, hier ist die überlieferte Begrüssungsstelle der in feierlichem Einzuge die Reichshauptstadt besuchenden befreundeten Fürsten und hier galt es demnach, den Festschmuck der Strassen durch eine alles übertreffende Anordnung zu krönen. Hr. Stdtbrth. Ludwig Hoffmann, dem diese vornehme Aufgabe zufiel, entledigte sich derselben mit unleugbarem Erfolge. Mit grösserem Glücke, als er es bei der Ausschmückung der Strasse „Unter den Linden“ aus Anlass der Jahrhundertfeier des Geburtstages des alten Kaisers fand, schuf er jetzt eine Anlage von grossartigem, monumentalem, eindrucksvollem und einheitlichem Zug, dessen Wirkung kleinere Einzelheiten, die Dieser oder Jener anders wünschen mochte, nicht zu beeinträchtigen im Stande waren.

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Die Anordnung war, wie unsere Abbildung andeutet, derart getroffen, dass gegenüber dem Brandenburger Thor, an der Stelle etwa, wo die Mittelpromenade der Linden beginnt, die Massen des Thores übertreffend, eine Triumphpforte errichtet war, welche in der Mitte einen stattlichen, im Rundbogen gewölbten Durchgang besass, überragt von einer loggiaartigen und mit einem Zeltdach bekrönten Attika, besetzt mit Lorbeerbäumen, an den Seiten flankirt durch zwei hohe Pylonen ohne Oeffnungen, geziert mit Flaggenmasten. Ueber dem Bogen spannte der österreichische Doppeladler seine Schwingen aus, seitlich des Bogens standen auf korinthischen Säulen zwei Viktorien.

Die Einzugspforte für Kaiser Franz Josef I. von Oesterreich auf dem Pariser Platz in Berlin. Architekt Ludwig Hoffmann in Berlin
Die Einzugspforte für Kaiser Franz Josef I. von Oesterreich auf dem Pariser Platz in Berlin. Architekt Ludwig Hoffmann in Berlin

Zwischen diesem Triumphbogen nun und zwischen dem Brandenburger Thor war innerhalb des Pariser Platzes ein engeres Forum dadurch geschaffen, dass beiderseits vor den gärtnerischen Anlagen des Pariser Platzes zwei Doppelpylonen-Reihen errichtet wurden, eine höhere hintere Reihe aus 6 Pylonen und eine vor den Intervallen dieser Reihe stehende zweite niedrigere Reihe aus 5 Pylonen. Zwischen den Pylonen waren Flaggenmasten mit Fahnenbändern und Siegeszeichen aufgestellt und mit den Pylonen durch Gehänge verbunden. Die Pylonen selbst trugen mächtige Blumenkörbe und waren, die grösseren wenigstens, an ihren Postamenten mit Lorbeerbäumen geschmückt. Diese bildeten in der gesammten künstlerischen Anordnung einen neuen, eigenartigen und mit Geschick verwendeten Schmuck. Sie säumten die Zinnen und Vorsprünge und brachten in die schlichte Linie des Aufbaues durch ihre verhältnissmässig nicht grosse und graziöse Form ein leichtes Kleinleben, welches den strengen Ernst der grossen Linien anmuthig unterbrach.

Die Farbengebung der Schmuckanlage setzte sich im Wesentlichen aus einem dunklen Roth, feingetönt, aus einem ernsten Grün und einem gebrochenen Gold zusammen. Nicht ohne Absicht und Erfolg war diese Farbengebung, entsprechend den einfach grossen Architekturformen des Ganzen, in ihrem Zusammenklang etwas zurückhaltend gestimmt und es kamen so die vereinzelten Punkte, an welchen die Farben ihr uneingeschränktes Recht beanspruchten, in den Blumenkörben, Fahnen und Gehängen, zu grösserer Wirkung. Vortrefflich stand die von der Sonne bestrahlte Anlage unter dem tiefblauen Maihimmel und zu frischem Frühlingsgruss sandten die jungen Blätter der Bäume der Mittelpromenade ihr jungfräuliches Grün durch den Bogen hindurch dem einziehenden Herrscher entgegen. Vielleicht darf die Bemerkung eines feinsinnigen Zuschauers nicht unbeachtet bleiben, dass er um dieses leuchtenden Grünes willen die Bogenöffnung gerne noch etwas grösser gesehen hätte.

Die Farbengebung war so gewählt, dass alle Sockeltheile sowie die Kübel der Lorbeerbäume roth gehalten waren. Die einfassenden Architekturtheile des Bogens und der Pylonen waren vergoldet und an bezeichnenden Stellen mit dem aufschablonirten Doppeladler geschmückt. Vergoldet waren auch die Säulen mit den Viktorien, vergoldet die Musikerloggia und goldgelb das darüber gespannte Zeltdach mit der österreichischen Kaiserkrone. Die Flächen des Bogens und der Pylonen waren mit grünem Reisig belegt, ein leichter und gut wirkender Schmuck, der für die Flaggenmasten, welche die Pylonen des Bogens zierten, für die vergoldeten Schnur- und Laubgehänge usw, einen tiefen Hintergrund bildete. An einzelnen Stellen wurde in den Gehängen ein „Zu viel“ und ein „Zu klein“ beobachtet, aber vielleicht hat man hier mit vorhandenem Material gearbeitet. Von köstlicher Farbenwirkung war der kassettirte tiefe Thorbogen; das hier zur Verwendung gelangte feine Roth und Gold liess das frische Grün des jungen Laubes, durch strahlenden Sonnenschein vergoldet, dem österreichischen Kaiser als seltenen Frühlingsgruss der deutschen Reichshauptstadt entgegenleuchten.

In konstruktiver Hinsicht wäre zu erwähnen, dass die Standsicherheit der Anlage durch Sandfüllungen in Doppelwänden erreicht worden ist, sodass ein umfangreiches Aufreissen des Pflasters vermieden wurde.

Dieser Artikel erschien zuerst am 09.05.1900 in der Deutsche Bauzeitung, er war gekennzeichnet mit „-H.-“.