Königin Wilhelmina von Holland hat die mit ihrem Gemahl unternommene Deutschlandreise über Mecklenburg ausgedehnt und auch unserm Kaiserpaar einen Besuch abgestattet.
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Sie nahm im Neuen Palais zu Potsdam Wohnung und beehrte zum erstenmal auch Berlin offiziell mit ihrer Anwesenheit. Es waren ein paar Tage ungetrũbter Festesfreude die sie am deutschen Hof verlebte; sie wurde von dem Kaiserpaar mit offenen Armen empfangen und von der Bevölkerung mit Jubel begrüßt, wie überall, wo ihre sympathische Erscheinung sich bisher gezeigt hat. Gleich bei der Ankunft in Potsdam am 30. Mai konnte sie sich überzeugen, mit welchen Gefühlen ihrer Ankunft entgegengesehn wurde.
Der Kaiser und die Kaiserin selbst erschienen zu ihrem Empfang auf dem Bahnhof, und die Gardejäger, bei denen der Prinzgemahl Heinrich früher als Leutnant gestanden, zogen mit der Fahne und der Bataillonsmusik auf, um die Ehrenkompagnie zu stellen. Im festlichen Schmuck harrte der holländischen Gäste das Neue Palais, wo vor ihnen schon der Großherzog Friedrich Franz von Mecklenburg-Schwerin als Gast des Kaisers eingetroffen war. Hier fand am Abend nach der Ankunft eine Festtafel statt; der Kaiser brachte einen Trinkspruch auf das Wohl der Königin Wilhelmina aus, den diese mit einem kurzen, aber herzlichen Toast auf das Wohl des Kaisers und der Kaiserin erwiderte. Bei Einbruch der Dunkelheit folgte ein Zapfenstreich, an dem alle in Potsdam anwesenden Musikkorps und Spielleute teilnahmen, im ganzen nicht weniger als zweitausend Mann. Es war ein wundervoller Anblick, als diese, von Fackelträgern geleitet, aufzogen, während sich gleichzeitig über das Palais, dessen Fassade den Tausenden weißer Glühlichter erstrahlte, ein Meer von roten bengalischen Flammen ergoß.
Ein prächtiges Vorspiel zu dem militärischen Hauptstück am nächsten Tage; der großen Frühjahrsparade auf dem Tempelhoferfeld. Während sich nach Beendigung der Uebungen der Kaiser mit dem Prinzgemahl Heinrich und dem Großherzog Friedrich Franz zu Pferde an die Spitze der Fahnenkompagnie setzte, begaben sich die Kaiserin und die Königin Wilhelmina zu Wagen nach dem Königlichen Schloß. Doch wurde die Fahrt am Brandenburger Thor unterbrochen, das in aller Eile mit den holländischen Fahnen geschmückt worden war. Hier hatten sich die Vertreter der Stadt Berlin, Mitglieder des Magistrats und der Stadtverordnetenversammlung, sowie fünfundzwanzig weißgekleidete junge Damen eingefunden, um dem Gast des Kaisers den feierlichen Gruß der Bürgerschaft zu entbieten. Oberbürgermeister Kirschner trat mit dem Stadtverordnetenvorsteher Dr. Langerhans und Fräulein Gesa Friedel, die der Königin einen gern genommenen Blumenstrauß überreichte, an den Wagen und hielt eine kurze Ansprache, auf die die Königin mit herzlichem Dank antwortete. Die Berliner brachten „Ons Wilhelmintje“, wie sie von den Holländern genannt wird, schon früher die wärmsten Sympathien entgegen. Seit sie in den Mauern der Reichshauptstadt geweilt, hat sich die Zuneigung noch verstärkt.
Dieser Artikel erschien zuerst am 03.06.1901 in Die Woche unter der Rubrik Bilder vom Tage.