Die Gaisbergbahn bei Salzburg

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Die am 25. Mai 1887 eröffnete Zahnradbahn auf den von Salzburg aus in 2 ½ Stunden bequem zu ersteigenden Gaisberg (1286 Meter Höhe über dem Meere), den „Rigi“ des schönen Salzburger Alpenlandes, hat eine der herrlichsten Aussichtswarten selbst dem Schwachen und Gebrechlichen zugänglich gemacht.

Erbaut ist die Bahn auf Veranlassung des bekannten Schweizer Ingenieurs Riggenbach durch die Berliner Firma Soenderop & Comp., welche auch die beiden Niederwaldbahnen am Rhein fertig gestellt hat; allein noch vor der Eröffnung ging sie an eine Aktiengesellschaft über, deren Sitz sich in Salzburg befindet. Mitte Juli 1886 wurde der eigentliche Bau der Gaisbergbahn (siehe unser Bild) in Angriff genommen und so umsichtig und energisch durchgeführt, daß bereits Anfang Februar 1887 die Zahnradlokomotive auf dem Gipfel des Berges pfiff, worauf dann die feierliche Eröffnung an dem oben genannten Termin stattfand. Die Gaisbergbahn ist nach dem von Riggenbach zuerst bei der Rigibahn angewandten System, aber unter Benützung aller seither gemachten Vervollkommnungen erbaut; ihre Länge beträgt 5,3 Kilometer, wovon etwa 1800 Meter in einer Steigung von 25 Prozent (1:4) liegen. Die Spurweite beträgt 1 Meter, die im Ganzen zu ersteigende Höhe 848 Meter. Die Bergfahrt dauert 45 Minuten, die Thalfahrt 51 Minuten; allstündlich gehen Züge auf die Gaisbergspitze. Der Oberbau, bei dessen Herstellung eine Abtheilung des k. k. österreichischen Eisenbahnregiments mitgewirkt hat, ist ganz aus Stahl hergestellt; zwischen den beiden Laufschienen liegt in der bekannten Weise die Zahnschiene.

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Die für die außergewöhnlichen Steigungsverhältnisse dieser Bahn von der Maschinenfabrik Eßlingen besonders konstruirten Zahnradlokomotiven sind im Stande, zwei Personenwagen mit 60 Personen nebst Gepäck mit 10 Kilometer Geschwindigkeit auf der größten Steigung zu befördern. Sie haben zwei Haupttriebzahnräder, um die Beanspruchung der Zahnstange zu vermindern. Ferner besitzt jede Lokomotive drei sicher wirkende Bremsvorrichtungen: die Bremse des Lokomotivführers, welche direkt auf die Kurbelachse, und die des Heizers, welche auf die vordere Laufachse wirkt, dann die Luftbremse, welche durch komprimirte Luft in den Cylindern mittelst des Gestänges und der Zahnradübersetzung direkt auf das Zahnrad wirkt. Als weitere Sicherheit kann endlich der Contredampf angewendet werden; außerdem werden jetzt noch automatische Bremsen angebracht, welche bei Ueberschreitung einer gewissen Geschwindigkeit selbstthätig in Funktion treten. Die Wagen sind Aussichtswagen und fassen zum Theil 30, zum Theil 50 Personen nebst Gepäck. Sie fahren mit der Lokomotive nicht zusammengekuppelt, welche die Wagen bergwärts, wobei mit Dampf gefahren wird, schiebt, und sie bei der Thalfahrt, wobei nur komprimirte Luft in Anwendung kommt, aufhält. Gegenwärtig sind 5 Zahnradlokomotiven, 10 Personen- und 1 Güterwagen vorhanden, mit denen im ersten Sommer 40,000 Touristen und 180,000 Kilogramm und Güter auf den Gaisberg gefahren wurden. Die Anlage der Bahn, von der uns Skizze 3 eine Gesammtansicht gibt, ist sehr gelungen, und die Linie so glücklich gewählt, daß die herrlichsten Ausblicke auf das prächtige Hochgebirgspanorama von den Tiroler Bergen an bis hinüber zum Traunstein sich dem Reisenden eröffnen, der während der ganzen Fahrt das Gefühl der größten Sicherheit hat und sich ungestört dem Genusse der herrlichen Aussicht hingeben kann.

Die Gaisbergbahn bei Salzburg
Die Gaisbergbahn bei Salzburg. Die Gaisbergbahn bei Salzburg. Nach Photographien gezeichnet von H. Nisle. 1. Station auf der Zistelalpe. 2. Station und Hotel Gaisbergspitze. 3. Gesammtansicht der Bahn. 4. Station auf der Judenbergalpe, 5. Felsdurchstich mit Aussicht auf den Dachstein. 6. Blick auf Salzburg. 7. Gaisbergbahnhof.

Die Anfangsstation Parsch, auf welcher der Gaisbergbahnhof (Skizze 7) errichtet ist, bildet zugleich eine Haltestelle der Staatsbahnlinie Salzburg-Innsbruck. Dort befinden sich die Depot- und Schuppenanlagen, eine Pulsometer-Wasserstation und eine Schiebebühne. Skizze 6 verauschaulicht einen herrlichen Blick auf Salzburg von der Bahnstrecke aus; Skizze 5 einen Felsdurchstich mit großartiger Aussicht auf den Dachstein. Die übrigen Skizzen geben die drei Bergstationen wieder: Skizze 4 stellt die erste Station auf der Judenbergalpe dar, Skizze 1 die zweite Station auf der Zistelalpe, jedoch ist das dort befindliche, im Sommer 1889 erst ganz neu hergerichtete Hotel am Morgen des 4. August durch eine Feuersbrunst zerstört worden. Skizze 2 endlich bietet eine Ansicht von der höchsten Station Gaisbergspitze mit dem dortigen Hotel und gibt eine schwache Vorstellung von dem herrlichen Alpenpanorama, welches sich dort dem Blicke der Besucher erschließt.

Dieser Artikel erschien zuerst in Heft 4/1890 des Das Buch für Alle.