Die Kaisertage in Posen

Zweimal bereits hat Kaiser Wilhelm II. in den Mauern der Stadt Posen geweilt, aber zum erstenmal ist er am 2. September dort mit der Kaiserin zu mehrtägigem Aufenthalt eingetroffen.

Er hat manches dort verändert gefunden. Die Niederlegung der Festungsmauern hat die Entwicklung der Stadt mächtig gefördert Neben dem berühmten alten Rathaus sind neue Sehenswürdigkeiten entstanden, Gebäude, die der deutschen Kultur zu dienen bestimmt sind: so das neue Museum, so die Kaiser Wilhelms-Bibliothek. Die neuste Zierde Posens aber ist erst bei der Anwesenheit des Kaiserpaares eingeweiht worden, in seiner Gegenwart fiel die Hülle vom Denkmal Kaiser Friedrichs.

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Die Kaisertage in Posen stehen im Zusammenhang mit den Kaisermanövern bei Frankfurt a. O., aus welchem Grunde auch viele Manövergäste bereits an den Posener Festlichkeiten teilgenommen haben. Wir bringen heute die Bilder des Erzherzogs Ferdinand Karl von Oesterreich, des Generals der Infanterie v. Stülpnagel, Kommandeur des V. Armeekorps, das mit dem III. an den Manövern beteiligt ist; des Generalmajors von Wedel, Kommandeurs der 8. Infanteriebrigade, und des Generalmajors von Mitzlaff, der mit dem Grafen Waldersee zum Schiedsrichter berufen ist.

Kaisertage in Posen – 1-3 Zu den Einweihungsfeierlichkeiten während der Anwesenhelt des Kaisers – 1 Das neue Museum. 2 Die Statue des Kaiser Friedrichdenkmals 3 Die Kaiser Wilhelmbibliothek 4 Das alte Rathhaus, ein Juwel deutscher Baukunst

Dieser Artikel erschien zuerst am 05.09.1902 in Die Woche in der Rubrik Unsere Bilder.

Umschau

Kaum sind die dem König Viktor Emanuel zu Ehren veranstalteten Feste in Berlin und Potsdam verrauscht, da hat sich der Kaiser mit der Kaiserin schon aufgemacht, um in Posen neuen Festlichkeiten beizuwohnen. Leider gilt auch hier für ihn das Wort, daß ein Fürst niemals ganz Privatmann ist, und mehr noch als andere Sterbliche weiß er das Dichterwort zu würdigen: „Nichts ist schwerer zu ertragen, als eine Reihe von guten Tagen.“ Denn so herzliche Gefühle er seinen Verbündeten entgegenbringen mag, so sehr es ihn mit Genugthuung erfüllen mag, wenn er allerorten mit Jubel empfangen wird, für ihn bedeutet doch jede Feier Jedes Fest zugleich Arbeit. Er empfängt Gäste und stattet Besuche ab nicht zu seinem Vergnügen, sondern in Erfüllung der Pflichten, die ihm seine Stellung auferlegt. Die Festtage die er jetzt in Posen verlebt, bilden nur die Einleitung zu den großen Manövern bei Frankfurt a. O. an denen das fünfte (Posener) und das dritte (Brandenburger) Armeekorps beteiligt sind. Der Kaiser ist in die Ostmark gegangen und legt so Zeugnis ab, daß ihm alle Teile des Landes gleich nahestehen, mögen auch Widerstände gegen die von seiner Regierung befolgte Politik scharf zu Tage treten. Er spricht seine Gedanken offen aus, mitunter mit einer Rückhaltlosigkeit, vor der andere Monarchen zurückscheuen, aber wenn er in einer politischen Frage noch so schroff seine Anschauung zum Ausdruck gebracht hat, so ist er doch nicht unversöhnlich, weil es ihm eben um die Sache, nicht um die Personen zu thun ist. So hat er in Marienburg den Polen deutlich die Wahrheit gesagt, aber das hat ihn nicht abgehalten, einen polnischen Kammerherrn mit dem Dienst bei der Kaiserin während ihres Aufenthalts in Posen zu betrauen, wo viele Polen zu Hause sind. Sie können daran erkennen, daß es dem Monarchen fernliegt, sie zurückzusetzen, daß vielmehr nur ihre unberechtigten Verstöße gegen das Deutschtum abgewehrt werden sollen. Sie sollen erkennen und anerkennen lernen, was sie der deutschen, der preußischen Kulturarbeit zu danken haben.

Diese Kulturarbeit fortzusetzen, darauf ist die Politik unserer Regierung gerichtet. Die Provinz und mit ihr die Provinzialhauptstadt sollen sich, so will es der Kaiser, weiter gedeihlich entwickeln, wie unter seinen Vorfahren. Der Entwicklung der Stadt aber stand bisher, wenn auch einige Mauern bereits gefallen sind, ihr Charakter als Festung entgegen.

Deshalb hat der Kaiser ihr als Geschenk die Aufhebung des Rayongesetzes mitgebracht, sicherlich die erwünschteste Gabe, die die Posener von den Kaisertagen erhoffen konnten.

Dieser Artikel erschien zuerst am 05.09.1902 in Die Woche in der Rubrik Umschau.