Die neue Rheinbrücke zwischen Bonn und Beuel, Teil 2

II. Die Konstruktion der Brücke.
Auf die konstruktive Gesammt-Anordnung der Brücke und die Wahl des Trägersystems übten neben praktischen Forderungen ästhetische Rücksichten maassgebenden Einfluss aus. Die Interessen der Schiffahrt verlangten eine nahezu rechtwinklige Lage der Brückenaxe zum Stromstrich, den Ausschluss von Pfeilereinbauten in der 150 m breiten Schiffahrtsrinne, einen Mindestabstand der Pfeiler vom Ufer von 60 m, um längs desselben den Schiffsverkehr in keiner Weise zu behindern, und eine lichte Durchfahrtshöhe von mindestens 8,8 m über dem höchsten schiffbaren Wasserstande + 51,116 N. N. in angemessener Breite in jeder Stromöffnung. Diese Bedingungen führten fast naturgemäss zu einer Dreitheilung der den etwa 400 m breiten Strom überspannenden Brücke, wobei die Mittelöffnung eine erheblich grössere Lichtweite als 150 m erhalten musste, um trotz der unsymmetrischen Lage der Schiffahrtsrinne zwischen den Uferlinien die im Schönheitsinteresse erforderliche symmetrische Ausbildung der Strombrücke zu ermöglichen.

Für die Wahl des Trägersystems war eine schöne Gesammt-Erscheinung des Bauwerkes, das sich nach den seiner Zeit beim Wettbewerb gestellten Ansprüchen harmonisch in die Landschaft einfügen und den freien Blick auf Strom und Ufer in möglichst geringer Weise beeinträchtigen sollte, in erster Linie bestimmend.

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Von den 3 bei den grossen Spannweiten in praktischer Beziehung mit einander in Konkurrenz tretenden Systemen einer Ausleger-, Hänge- oder Bogen-Brücke schied das erstere daher von vornherein aus, da mit demselben eine befriedigende Lösung wohl nicht zu erzielen gewesen wäre; und von den beiden anderen wurde der Bogenbrücke der Vorzug gegeben, weil sie einerseits den vom ästhetischen Standpunkte gemachten Forderungen am besten genügte und auch in praktischer Beziehung wegen der grösseren Steifigkeit, dem geringeren Materialaufwand in der Eisenkonstruktion und der billigeren Pfeileranlageden Vorzug verdiente.

Diese Artikelserie besteht aus 3 Teilen

I. Die Geschichte der Brücke
II. Die Konstruktion der Brücke
III. Die Architektur der Brücke

Nach dem ursprünglichen, preisgekrönten Entwurfe, bei welchem die Brücke in der Lage I (vergl. den Uebersichtsplan) gedacht war, also am sogen, „Alten Zoll“ auf der Bonner Seite an ein hochgelegenes Ufer anschloss, konnte mit der einen Seitenöffnung zugleich die Rhein-Uferstrasse mit überspannt werden. Bei einer Mittelöffnung von 195 m blieb für jede der beiden Seitenöffnungen dann noch eine Spannweite von 109 m übrig. An der gewählten Baustelle im Zuge des Vierecksplatzes aber liegt das Ufer mehr als 2 m tiefer, die Brückenbahn musste also, wollte man nicht allzu ungünstige Steigungs-Verhältnisse der Rampen erhalten, ebenfalls entsprechend tiefer gelegt werden. Als weitere Folge dieser Anordnung ergab sich die Nothwendigkeit, die Uferstrasse mit einem besonderen Bogen zu überspannen, die beiden Landpfeiler der Strombrücke also ungefähr in die Uferlinien zu stellen. Die Länge der Strombrücke verkürzte sich hierdurch wesentlich, sodass für die Mittelöffnung nur noch eine Stützweite von 187,2 m zwischen den Auflager-Gelenkmitten, für die Seitenöffnungen je die Hälfte dieses Maasses, also 93,6 m verblieb.

Konstruktion der Brücke

Trotzdem besitzt die Mittelöffnung hiermit noch die grösste Spannung aller bisher ausgeführten Bogenbrücken. Als Vergleich sei angeführt, dass die alte Rheinbrücke bei Koblenz 3 Oeffnungen zu 97 m, die Duero-Brücke bei Oporto eine Oeffnung von 172 m, die Brücke über den Kaiser Wilhelm-Kanal bei Levensau von 163 m, die Thalbrücke bei Müngsten von 170 m, – die neue Düsseldorfer Rheinbrücke schliesslich zwei Oeffnungen von je 181m aufweist.

Wie aus dem Längsprofil ersichtlich ist, konnten die Bögen der Seitenöffnung, die etwa 1/11 Stich erhielten, ganz unter die Fahrbahn gelegt werden. Sie lassen dann in 30,5 m Breite noch eine lichte Durchfahrt von 9,1 m Höhe über dem höchsten schiffbaren Wasserstand frei. Bei der Mittelöffnung musste behufs Erzielung eines angemessenen Pfeilverhältnisses, das für den Untergurt auf etwa 1/7 festgesetzt wurde, der Bogen z. Th. über die Fahrbahn gelegt werden. Um dabei die hässliche Durchschneidung der Fahrbahn mit dem Bogen zu vermeiden, ist der Obergurt des Bogens ganz über die Fahrbahn gelegt worden. Er erhebt sich dabei im Scheitel mehr als 41 m über den mittleren Wasserstand und mehr als 22 m über die Fahrbahn. Letztere hat in den Rampen und noch bis über die Mitte der beiden Seitenöffnungen hinaus die starke Steigung von 1:30 erhalten, die man jedoch mit Rücksicht auf die örtlichen Verhältnisse und die übliche Art der Fuhrwerke noch als zulässig erachtete. Eine Ermässigung dieses Steigungs-Verhältnisses würde die ohnehin schon theuren Rampen noch wesentlich verlängert haben. Es liegt hierin ein entschiedener Nachtheil der gewählten Brückenlage gegenüber der Lage I, wo trotz höherer Lage der Brücke beiderseits nur Rampen von 1:40 erforderlich geworden wären.

Der mittlere Fahrbahntheil ist nach einer Parabel gekrümmt, deren Scheitel auf + 65,43 liegt. Im Mittel ergiebt sich dann hier ein Gefälle von 1:60. In der Mittelöffnung ist über dem höchsten schiffbaren Wasserstande eine Lichthöhe von 9,1″ in 164 m Breite vorhanden.

Auf der Bonner Seite schliesst sich an die Hauptbrücke ein eiserner Bogen über dem Rheinufer von 32,5 m Stützweite an, dann folgen noch 2 gewölbte Oeffnungen von je 13 m Lichtweite, welche schon ausserhalb des Hochwasser – Gebietes liegen. Auf weitere 52,65 m ist die Rampe zwischen Stützmauern in dem zum Vierecksplatz geführten neuen Durchbruch gefasst. Mit einer Ausrundung und einem Endgefälle von 1 : 111 wird die Rampe in die vorhandenen Strassen übergeleitet. Zu bemerken ist hierbei noch, dass in Fortsetzung des Vierecksplatzes ein auf dem Lageplan in No. 101 nicht dargestellter Durchbruch die „Neue Strasse“ bis zur Friedrichstrasse angelegt worden und die Brücke damit in günstige Verbindung mit dem Herzen der Altstadt gesetzt worden ist.

Auf der Beueler Seite liegt das flach zum Rhein abfallende Ufer erheblich tiefer, sodass ein breiter Uferstreifen noch vom Hochwasser überschwemmt wird. An die eigentliche Strombrücke schliesst sich daher noch ein langer, massiv gewölbter Viadukt, dessen erste, z. Th. noch in das Strombett fallende Oeffnung 18,55 m Lichtweite besitzt. Auf diese folgen 2 Oeffnungen zu je 14 m und 4 zu je 13m Lichtweite.

Auf 86,23 , Länge ist die Rampe weiterhin zwischen Stützmauern geführt. Mit einem Uebergangsgefälle von 1:52 wird schliesslich der Anschluss an die vorhandene Uferhöhe erreicht. Vom Rampenfuss aus ist zunächst eine rechtwinklige Abzweigung zur Wilhelmsstrasse, dem Hauptstrassenzuge von Beuel, angelegt; für später sind die Durchlegungen in Aussicht genommen, die in dem Lageplan der No. 101 punktirt dargestellt sind. Ueber die Brücke ist eine neue Strassenbahnlinie geführt, deren beide Gleise seitlich an den Bordkanten angeordnet sind.

Von der neuen Rheinbrücke zwischen Bonn und Beuel

Das eigentliche Brückenbauwerk hat zwischen den Endpunkten der von Stützmauern eingefassten Rampen eine Länge von rd. 739 m, während sich dieses Maass zwischen den Rampenfüssen auf rd. 853 m erhöht. Die gesammte Strassenbreite ist auf der Bonner Seite bis zum Uferpfeiler auf 18 m bemessen, wovon 10 m auf den Fahrdamm, je 4 m auf die beiderseitigen Bürgersteige entfallen. Die Rampe der Beueler Seite einschl. des Viaduktes hat bis zum Uferpfeiler 15 m Breite, davon 8 m Fahrdamm.

Auf der Strombrücke ist die Fahrbahn derartig eingeschränkt, dass auf den Damm 7,15 m, auf die beiderseitigen Bürgersteige je 3,425 m entfallen. Ueber den Mittelöffnungen zertheilen die in 9 m von Mitte zu Mitte angeordneten Hauptträger den Bürgersteig derart, dass zwischen Träger und Geländer noch etwa 2,25 m verbleiben, während zwischen Bordkante und Träger ein rd, 0,7 m breiter Streifen benutzbar ist. Ueber den Strompfeilern sind die Bürgersteige in 2,15 m Breite um die Thorthürme herumgeführt.

Die Baugrund-Verhältnisse sind auf der Brückenbaustelle sehr günstige. Unter Flussohle liegt eine etwa 14 m starke Schicht mit Sand und groben Steinen untermischten Kieses, unter welcher sich Thon befindet. Die Strom- und Landpfeiler konnten daher in einfacher Weise auf Beton zwischen Spundwänden gegründet werden. Die Strompfeiler haben ein je 13,75 m breites, 5 m starkes Betonbett erhalten, dessen Oberfläche auf Flussohle liegt, während die Sohle auf der Beueler Seite bis + 37,5, auf der Bonner, tiefer ausgekolkten Seite bis + 36 herabreicht. Die Spundwände sind, da in dem groben Kies hölzerne Wände nicht genügend tief einzurammen waren, in bekannter Weise aus einer Kombination von grösseren und kleineren I-Eisen hergestellt I-I-I, welche bei den Strompfeilern die ungewöhnliche Länge von 17 m besassen. Um die Spundwände wurde zur Erzielung von Wasserdichtigkeit ein 4 m breiter, mit seiner Krone reichlich 2 m über Mittelwasser reichender Fangedamm geschlagen. Das Betonbett wurde mit Trichtern geschüttet, deren 2 auf einer Schiebebühne aufgestellt waren von je 0,6 m Durchmesser und der respektablen Anfangslänge von 12 m. Die einzelnen Schüsse der Blechtrichter und demgemäss die Lagen der Schüttung besassen 0,8 m Höhe. Der Beton wurde im Mischungs-Verhältniss 1:3:5, wobei dem Portlandzement, wie sich neuerdings als für rascheres Abbinden zweckmässig ergeben haben soll, etwas Trass zugesetzt war, in einer schwimmenden Mischmaschinen-Anlage hergestellt und mit Muldenkippern den Trichtern zugeführt. Sehr mühsam und kostspielig gestaltete sich das Abschneiden der eisernen Wände auf Flussohle. Sie wurden unter Wasserhaltung vom Inneren der Baugrube aus mit elektrisch angetriebenen Bohrmaschinen abgebohrt und dann nach Entfernung des Fangedammes gänzlich abgebrochen.

Die neue Rheinbrücke zwischen Bonn und Beuel von unten

Zur Sicherung der Pfeiler ist um dieselben in 9 m Breite eine am Pfeiler bis 3 m tiefe Schüttung aus schweren Basaltsteinen hergestellt worden. Die Fundamentbreite ist so bemessen, dass die Pressung des Baugrundes höchstens bis auf 6 kg/qm steigen kann. Günstig wirkt dabei der Umstand, dass das Pfeilerverhältniss des grossen Mittelbogens zu den halb so weit gespannten Seitenbögen so gewählt werden konnte, dass die Resultirende des Druckes nicht allzu schräg und nicht allzu exzentrisch wirkt.

Der Aufbau des auf dem Fundament noch 10,60 m starken Pfeilers ist daher vollständig symmetrisch. Er besitzt oberhalb der Auflager noch eine Stärke von 6,30 m. Das Kernmauerwerk aller Pfeiler und das gesammte Mauerwerk der die Rampen einfassenden Futtermauern besteht aus Platten-Basalt, die Ansichtsflächen der Pfeiler usw. sind bis zur Fahrbahn mit Basaltlava-Werkstücken verkleidet, während die architektonischen Aufbauten über der Fahrbahn aus gelbem pfälzer Sandstein hergestellt sind. Zur Aufnahme des Druckes der Bögen dienen mächtige Quader aus schwarzwälder Granit. Die Gewölbe der Viadukte sind in Klinkern hergestellt und mit Asphaltfilz abgedeckt, die Entwässerung erfolgt durch die Pfeiler, die in der Axe der Brücke überwölbte Durchbrechungen von 3 m Lichtweite zeigen.

Im ganzen sind etwa 7000 cbm Beton und 21 900 cbm Mauerwerk zur Ausführung gekommen. Letzteres zertheilt sich in 17 230 cbm Bruchstein, 2065 cbm Gewölbe, 1350 cbm Basaltlava-Werkstein und 1255 cbm Sandstein-Mauerwerk. Die Auflager erforderten etwa 100 cbm Granit. Zum Beton und zum Mörtel wurden etwa 3,27 Mill. kg Portlandzement und etwas mehr als1/10 dieses Gewichts an Trasszusatz verbraucht.

Zur Bewegung der Materialien dienten Dampf- und namentlich elektrische Krähne. Für die letzteren, die sonstigen Motoren und die elektrische Beleuchtung der Arbeitsstelle war eine besondere elektrische Zentrale mit einer 12pferdigen Dynamomaschine bei der Baustelle angelegt.

Die sämmtlichen Gründungs- und Maurerarbeiten, die Schüttung der Rampen und die Pflasterung derselben, sowie die Ausführung der Beleuchtungs-Anlagen lag der Bauunternehmer-Firma R. Schneider-Berlin ob, welche schon bei dem Wettbewerbs-Entwurf diesen Theil des Bauwerks insbesondere bearbeitet hatte.

Die örtliche Bauleitung für die Firma wurde vom Ingenieur Gadow wahrgenommen.

Die Eisenkonstruktion ist von der Gutenhoffungshütte unter der Oberleitung des Direktors Prof. Krohn entworfen und ausgeführt. Der Mittelbogen ist in den Abbildg. dargestellt. Es sei ferner auf die Ansichten der Brücke in den weiteren Abbildungen verwiesen. Der zwischen den Auflagergelenkmitten 187,2 m weit gespannte Mittelbogen ist als Fachwerksbogen mit nach der Mitte fallenden Diagonalen und Kämpfergelenken konstruirt. Letztere liegen noch über dem Hochwasser von 1882.

Die Bogengurte sind kontinuirlich gekrümmt, der Obergurt besitzt einen Halbmesser von 195 m. Die Fahrbahn ist, entsprechend den 7,8 m weiten Bogenfeldern, an Hängestangen von gleichem Abstande, welche die Fahrbahn-Querträger fassen, aufgehängt.

Die Enden des mittleren Fahrbahntheiles sind mit dem Bogen nicht fest verbunden, sodass die Fahrbahn also keinen Theil des Bogenschubes aufnimmt, dieser vielmehr voll auf die Pfeiler übertragen wird.

Die Hauptquerträger der Fahrbahn sind konsolartig seitlich über die in 9 m Abstand von Mitte zu Mitte angeordneten Hauptträger verlängert und tragen die Fusswegkonstruktion. Die Fahrbahntafel wird aus einem System von Längsträgern und Zwischen-Querträgern gebildet, deren Felder mit verzinkten Buckelplatten abgedeckt sind. Die Buckelplatten sind ausbetonirt und noch 8 cm hoch mit Beton überdeckt.

Zeichnung

Darauf ruht zur Verminderung des Eigengewichtes und der Stösse Holzpflaster von 12 cm Höhe, das von der Hamburger Jalousie-Fabrik Heinrich Freese hergestellt ist. Die Fusswegkonstruktion wird gebildet von Querträgern, die einerseits auf dem äusseren Längsträger der Fahrbahn und andererseits auf einem an den Konsolen aufgehängten äusseren Längsträger ruhen. Darauf liegen in der Längsrichtung Zores-Eisen, die mit Beton ausgestampft und von demselben noch etwa 3 cm überdeckt sind. Die Decke bildet eine 2,5 cm starke Gussasphalt-Schicht.

Die Anordnung der Hauptträger und ihrer Querschnitte usw. geht zur Genüge aus den Abbildungen hervor. Der Windverband des Bogens ist in den unter der Fahrbahn liegenden Enden am Untergurt angeordnet; ausserdem liegen zwischen Bogen und Fahrbahntafel an jedem Knotenpunkt Querversteifungen. Im mittleren Theile zwischen den Durchschnittspunkten von Bogen und Fahrbahn liegt der Windverband der Hauptträger am Obergurt, ausserdem sind zwischen beiden Gurten Querversteifungen eingelegt. An den beiden Durchschneidungspunkten ist je ein kräftiges, als steifer Rahmen ausgebildetes Portal angeordnet, das die Windkräfte auf den Untergurt und weiterhin nach den Auflagern überträgt.

Die Fahrbahn der Seitenöffnungen ist in gleicher Weise konstruirt. Die Hauptträger sind hier Bögen mit versteiften Zwickeln, ebenfalls mit nach der Mitte fallenden Diagonalen. In den 4 mittleren Feldern sind diese durch eine Blechwand ersetzt.

Auch über diesen Seitenöffnungen ist der Fahrdamm mit Holz gepflastert, das also hier in der für diese Pflasterart bisher ungewöhnlichen Steigung von 1:30 liegt. Die Zukunft wird erst lehren, ob hierin doch nicht zu weit gegangen ist.

Die gesammte Eisenkonstruktion ist aus basischen Flusseisen hergestellt. Bei der Berechnung sind auch die aus der stetig gekrümmten Form der Gurtung sich ergebenden Nebenspannungen, die bis zu 26% der Hauptspannungen steigen, ermittelt. Die beweglichen Lasten sind mit Rücksicht auf die Stosswirkung, die durch das Holzpflaster übrigens wesentlich abgeschwächt wird, für die Hauptträger mit ihrem 1,2fachen Werthe eingesetzt. Die Querschnitte sind dann so gewählt, dass die größten Spannungen, welche auftreten, beim Zusammentreffen der grössten Vertikalbelastung, des grössten Winddruckes und der grössten Temperaturschwankungen, die zu +/- 30 Grad Celsius angenommen sin,. auf keinen Fall 1500 kg/qm überschreiten kann. Das Eısengewicht für 1 m Spannweite stellt sich darnach zu etwa 8 t für die Mittel- und zu je 6 t für jede Seitenöffnung. Insgesammt sind für die Eisenkonstruktion etwa 3000 t Flusseisen, 127 t Gusseisen und 55 t Stahl verwendet. Die Zahl der Stäbe beläuft sich auf rd. 760 000 mit nahezu 50 km Gesammtlänge, von denen 350 000 bei der Montage zu schlagen waren.

Die Montage erfolgte von festen Rüstungen aus und zwar wurde die Mittelöffnung zuerst eingerüstet und montirt, um an Bauzeit zu sparen, da hier die Montage sofort nach Ausführung der beiden Strompfeiler in Angriff genommen werden konnte, die stark genug waren, um den Schub des grossen Bogens (ausschliesslich Fahrbahntafel) ohne den Gegenschub der Seitenöffnungen ohne Gefahr auszuhalten. Eine gleichzeitige Einrüstung mehrer Oeffnungen war natürlich im Schiffahrts – Interesse ausgeschlossen.

Diese Art der Bau – Ausführung brachte allerdings den Uebelstand mit sich, dass während ‚ dieses ersten Bauabschnittes eine Verbindung der Ufer fehlte. Die Montagerüstungen, die sich in der Mitte bis zu 46 m erhoben, erforderten 68 000 lfd. m oder fast 2000 cbm Holz und noch 185 t Eisentheile. Sie enthielten in allen 3 Oeffnungen, namentlich in den beiden seitlichen, grössere Schiffsdurchlässe. Die zu Thal ohne eigene Triebkraft gehenden Schiffe wurden durch besondere Dampfer durch die Rüstungen geschleppt, um ein Anfahren zu verhindern, Es dürfte noch in Erinnerung sein, dass der plötzlich betriebsunfähig gewordene voll besetzte Schnelldampfer „Humboldt“ eines Tages gegen die Rüstung der Bonner Seite anprallte und dass es nur besonders günstigen Umständen zu verdanken: ist, dass die Sache ohne Unglücksfall abging.

Die von Ruhrort zu Schiff ankommenden Eisentheile wurden an dem Beueler Strompfeiler mit besonderer Aufzugs-Vorrichtung auf die Rüstungen gehoben und mit 2 Krähnen mit je 2 Winden von je 6 t Tragfähigkeit eingebaut. Die schwersten Hauptträgerstücke hatten dabei ein Gewicht von 7,5 t. Für die Einbauung der je 10,35 t schweren gusseisernen Auflager mussten besondere Versetz-Einrichtungen getroffen werden. Die Montage des Mittelbogens wurde in der Weise ausgeführt, dass zunächst die unter der Fahrbahn liegenden Bogentheile und dann die ganze Fahrbahn-Konstruktionen zusammengesetzt wurden. Von den genau einnivellirten Querträgern aus erfolgte dann der weitere Aufbau.

In 12 Wochen, vom 23. Juni bis 14. September 1897, vollzog sich die Montage des Mittelbogens.

Für die Seitenöffnungen waren vom Eintreffen der ersten Eisentheile bis zum Einsetzen des letzten Bogenstückes nur 29 Arbeitstage erforderlich, eine Leistung, die dem ausführenden Werke alle Ehre macht. Als Leiter der Montage ist Ingenieur K. Riensberg zu nennen.

Ueberhaupt wurde das grosse Bauwerk mit ausserordentlicher Schnelligkeit ausgeführt; denn am 6. April 1896 wurden die ersten Messgerüste aufgestellt, im September und Oktober desselben Jahres wurden schon die beiden Strompfeiler betonirt und Ende April 1897 waren sie bis zur Fahrbahnhöhe hochgeführt.

Der Montage-Anfang ist schon oben genannt, der Schluss fällt auf Ende Oktober dieses Jahres. Bis Ende November waren dann die umfangreichen Montagerüstungen bereits entfernt. Es ist also im ganzen noch nicht 2 3/4 Jahre bis zur Eröffnung gearbeitet worden. Die Zahl der aufgewendeten Arbeitstage zu 10 Stunden stellt sich auf 212 800, wovon etwa die Hälfte auf die Eisenkonstruktion nebst Montagerüstung und Anstrich, die andere auf die Maurer-, Gründungs- und sonstige Arbeiten entfällt. In der flottesten Bauzeit beschäftigten die beiden Unternehmer etwa je 150 Mann auf der Baustelle, im Winter 60 bis 80 Mann.

Die Gesammtkosten beliefen sich auf rd. 2 685 000 M., davon kommen auf die Firma Schneider 1 605 000 M., auf die Gutehoffnungshütte 1 080 000 M. Die reiche architektonische Ausschmückung der Brücke ist in diesen Summen einbegriffen, sodass die Kosten für die Bedeutung des Bauwerkes als sehr mässige bezeichnet werden müssen.

Vom rein technischen Standpunkte betrachtet bedeutet das Bauwerk einen weiteren Fortschritt in der Konstruktion weit gespannter eiserner Brücken und legt ein rühmliches Zeugniss von deutscher Ingenieurkunst ab, sowohl hinsichtlich der Planung wie auch in Beziehung auf die Ausführung.

Dieser Artikel erschien zuerst 1898 in der Deutschen Bauzeitung, es war gelennzeichnet mit dem Autorenkürzel „Fr. E.“.

Diese Artikelserie besteht aus 3 Teilen

I. Die Geschichte der Brücke
II. Die Konstruktion der Brücke
III. Die Architektur der Brücke