Die Stadthalle in Barmen

Die Stadthalle in Barmen. Architekt Direktor Erdmann Hartig in Barmen

Unter den zahlreichen Vereinen der Stadt Barmen, welche sich der Förderung gemeinnütziger Bestrebungen widmen, muss an erster Stelle der Verschönerungs-Verein genannt werden, der, vor 40 Jahren ins Leben gerufen, heute in unmittelbarer Nähe des Zentrums der Stadt prächtige Waldungen und Parkanlagen in der Grösse von etwa 500 Morgen besitzt. –

Mit welcher Freude diese Schöpfung unterstützt wird und welche Bedeutung dieselbe für das Leben und die Gesundheit der Bürgerschaft hat, beweist wohl der Thatbestand, dass es nicht zu den Seltenheiten gehört, an Sonntagen 15 000 und mehr Personen in den Anlagen wandeln zu sehen. Unbemittelte und Reiche tragen durch freiwillige Gaben alljährlich zur Unterhaltung dieser grossartigen Schöpfung freudig bei, deren Jahresetat sich auf die Summe von 94 974 M. beläuft. –

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Seit einer Reihe von Jahren bereits waren die Nothwendigkeit, für ausreichende Unterkunft auch bei schlechtem Wetter in den Anlagen Sorge zu tragen, sowie das Bedürfniss, zu festlichen Gelegenheiten Tausende der Mitbürger und der näheren und entfernteren Nachbarn zu vereinen, betont worden, so dass der Verschönerungsverein sich im Jahre 1895 entschloss, durch Errichtung einer Stadthalle den allseitigen Wunsch zu erfüllen.

Die Stadthalle in Barmen
Die Stadthalle in Barmen

Das in den beistehenden Abbildungen wiedergegebene Bauwerk hat während der Ausführung manche Aenderung gegen den ursprünglichen Entwurf, der zumtheil auch reiche Verwendung von Holzfachwerk vorgesehen hatte, erfahren, was seinen Grund in der eigenartigen Zusammensetzung eines vielgliederigen Bauausschusses hatte. Wenn es dem Unterzeichneten infolgedessen auch nicht möglich war, ein seinen Empfindungen und Anschauungen voll entsprechendes Werk zu schaffen, so hat derselbe doch versucht, den verschiedenartigen Ansichten und Forderungen nach Möglichkeit gerecht zu werden. Das Gebäude, welches eine bebaute Fläche von rd. 2623 qm aufweist, ist so angeordnet, dass die Längsseite des grossen Saales mit den angrenzenden offenen Hallen nach dem Plateau (Norden) hin die Hauptfront bildet. Westlich vom Saale – nach der Luisenstrasse – schliessen sich die umfangreichen Restaurationsräume an, während östlich vom Saale die Eingangshalle für Konzerte, Treppenhaus, Garderobe, der Orchesterraum mit Uebungszimmer, Stimmzimmer usw. untergebracht sind.

Eine nicht unbedeutende Schwierigkeit in der Lösung der Aufgabe erwuchs dadurch, dass die Rückfront (Südseite) an der Lichtenplatzerstrasse 7 m höher als das Plateau selbst lieg. Um auch von ersterer aus einen bequemen Zugang zu den Restaurationsräumen und dem kleinen Saal zu erhalten, wurde das erste Obergeschoss in der Höhe der Lichtenplatzerstrasse angeordnet und durch Treppenanlagen mit dem Erdgeschoss verbunden. Inbezug auf die Grössenverhältnisse sei folgendes erwähnt:

Erdgeschoss
Erdgeschoss
Obergeschoss
Obergeschoss
Schnitt
Schnitt

Der grosse Konzertsaal hat 770 qm Grundfläche, ausserdem 230 qm an Gallerien und 200 qm für die an den beiden Längsseiten angelegten Loggien. Nicht eingerechnet ist hierbei der Orchesterraum mit Orgel von zusammen 140 qm. Die überdeckten offenen Hallen an der Nordfront enthalten 306 qm, während die an der Südfront (unter Scheitelhöhe der Lichtenplatzer Strasse) liegenden Wirthschaftsräume einen Flächeninhalt von 511 qm aufweisen. Sie liegen in gleicher Höhe mit dem Konzertsaal und stehen ebenso in Verbindung mit den Restaurationsräumen des Erdgeschosses, die eine Grundfläche von 387 qm haben. Im ersten Obergeschoss befindet sich ausser den offenen Terrassen, den Gallerien, Loggien usw. der kleine Saal (150 qm) mit Nebenzimmer, Garderoben und Vorhallen. Die Höhenlage der Gallerien ist so gewählt, dass bei Veranstaltung grosser Festlichkeiten die Zuschauer aus dem kleinen Saal und den Loggien über die Besucher der Gallerie hinwegsehen und den Orchesterraum zu überblicken vermögen.

Im zweiten Obergeschoss des nach der Lichtenplatzer- und Luisenstrasse belegenen Bautheiles sind die Wohnräume für den Wirth und die Dienerschaft untergebracht, während der zwischen den Hauptthürmen der Nordseite belegene Saal, welcher einen prächtigen Ausblick über die Stadt und das bergische Land gewährt, von Freunden der künstlerischen Bestrebungen des Wupperthales als sinniges Kneiplokal ausgestattet ist.

Die Stadthalle in Barmen. Architekt Direktor Erdmann Hartig in Barmen
Die Stadthalle in Barmen. Architekt Direktor Erdmann Hartig in Barmen

Der grosse Saal sowie die Vorhallen und Nebenräume an der Ostseite haben Zentralheizung und elektrische Beleuchtung erhalten, die übrigen Räume sind mit Ofen- bezw. Gasheizung und Gasbeleuchtung versehen. Die Baukosten vertheilen sich, wie folgt:

Erd- und Maurerarbeiten190 735,30 M.
Zimmerarbeiten26 080,63 M.
Dachdeckerarbeiten24 462,06 M.
Tischlerarbeiten50 318,78 M.
Schmiede- und Schlosserarbeiten58 033,53 M.
Glaserarbeiten1 639,34 M.
Maler- und Anstreicherarbeiten14 874,23 M.
Klemptnerarbeiten8 971,10 M.
Stuck- und Terrazzoarbeiten50 409,44 M.
Insgemein (Heizung, Beleuchtung) usw.74 967,14 M.
zusammen501 391,55 M.

Es wurden ferner verausgabt:

für Mobiliar39 060,88 M.
für Kanalisation, Einfriedig.-Mauer usw.61 250,71 M.
Gesammtkosten601 703,14 M.

1 qm bebaute Fläche stellt sich auf 191,15 M., 1 cbm umbauten Raumes auf rd. 13,40 M.

Barmen, den 23. Juni 1899.

Erdm. Hartig, kgl. Baugewerkschul-Direktor.

Dieser Artikel erschien zuerst am 02.05.1900 in der Deutsche Bauzeitung.