Die Walhalla bei Regensburg und die Befreiungshalle bei Kelheim

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(Nach einem Vortrage des Hrn. Arch. Faulwasser im Architekten- und Ingenieur-Verein in Hamburg.)

Mit einem Ueberblick der nicht sehr bekannten Baugeschichte – zunächst der Walhalla – beginnend, schildert Redner, wie König Ludwig I. von Bayern, geboren 1786, als jugendlicher Kronprinz, nachdem er 1804 zum erstenmale Italien bereist hatte, im Jahre 1806 in Begleitung Napoleons nach Paris kam. Dem Pantheon in Paris entnahm er die Anregung, eine „Ruhmeshalle für deutsche Geisteshelden“ zu errichten.

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Noch als Kronprinz im Jahre 1814, ehe der Pariser Friede geschlossen war, erliess er in den öffentlichen Blättern ein Preisauschreiben an die deutschen Architekten. Danach sollte das Gebäude Walhalla heissen und Raum zur Aufstellung von Büsten und zur Anbringung von Inschriften bieten. Es sollte ein längliches Viereck sein mit einem sich frei herumziehenden Säulengang und auf dreifachem Sockel ruhen; es sollte keine Wohnzimmer, sondern nur eine grosse Halle enthalten. Breite und Länge waren nicht vorgeschrieben, doch sollte es ein grosses Gebäude sein, in reinstem antikem Geschmacke gezeichnet und mit einer Pforte aus Erz geschlossen. Der Bauplatz war nicht bestimmt, doch sollte eine freie Gegend mit sanfter Anhöhe und Baumgruppen gedacht werden. Weiter heisst es: „zum allgemeinen Augenmerk diene, dass nicht Zierlichkeit, sondern gediegene Grösse die erste Bedingung ist, am besten, wenn die beiden vereinigt werden können; besser noch, es zeige sich als würdige Nachahmung des Grossen im Alterthunie, denn als minder schöne Selbsterfindung“.

Grundrisse
Grundrisse

Von den eingelieferten Plänen konnte keiner der Ausführung für würdig erachtet werden. Der Kronprinz wandte sich daher 1821 an den damals 37jährigen Architekten Leo v. Klenze, dessen Plan denn auch die Grundlage der späteren Ausführung bildete. Gleich nachdem Ludwig am 12. Oktober 1825 den Thron bestiegen hatte, bestimmte er die Gegend von Regensburg für den Bau, und im Frühjahre 1826 musste Klenze dieselbe mit drei erfahrenen Ingenieur-Offizieren bereisen, um einen Platz zu suchen. Unter einer nicht geringen Anzahl wählte der König die Felsenhöhe bei Donaustauff, welche demnächst erworben, durch Strassen zugänglich gemacht und für den Bau vorbereitet wurde. Am 18. Okt. 1830 wurde in Gegenwart von 30 000 Menschen der Grundstein gelegt und am 18. Okt. 1842 die Vollendung des Baues gefeiert mit dem Wunsche des Königs, „dass alle Deutschen stets so zusammen halten möchten, wie die Steine dieses Bauwerks“. –

Die Walhalla bei Regensburg (Architekt Leo von Klenze)
Die Walhalla bei Regensburg (Architekt Leo von Klenze)

Redner geht nun zur Schilderung des Gebäudes über, dessen längliches Viereck aussen von 52 dorischen Säulen umstellt ist, während der Innenraum jonische Säulen enthält. Der Figuren-Schmuck der mächtigen Giebelfelder v. Schwanthaler stellt auf der Vorderseite die Huldigung der Germania nach der Schlacht bei Leipzig, auf der Rückseite die Hermannsschlacht dar. Das Innere ist durch 6 Victorien von Rauch und einen Fries von Martin Wagner, Geschichte und Leben der Germanen bis zur Einführung des Christenthums darstellend, geschmückt. Der Bestimmung des Raumes ist Rechnung getragen durch 163 Büsten berühmter Männer und Frauen deutscher Abstammung und 64 Tafeln mit den Namen derjenigen, von denen kein Porträt existirte.

Der König hat damit, wie es auf einer Inschrift heisst: „Versucht unsterblich zu machen alle, die sich hervorgethan haben mit dem Schwerte oder der Leier, dem Zepter oder dem Kreuz, mit Griffel oder Meissel, durch Wort oder durch That“. Auch eine „Halle der Erwartung“ sollte angefügt werden für solche, die noch lebten und erst nach ihrem Tode in die Walhalla zu verpflanzen wären; sie blieb unausgeführt, „aus Gründen, die der Architektur ferne lagen“, wie Klenze sagt.

Die Walhalla bei Regensburg (Architekt Leo von Klenze)
Die Walhalla bei Regensburg (Architekt Leo von Klenze)

Ueber dem Gebäude, das die beträchtlichen Abmessungen von 67 m Länge, 38 m Breite und 21 m Höhe aufweist, war zum Schutze während der Ausführung ein Holzbau errichtet. Die Ausführung ist sorgfältig trotz einzelner gewagter Konstruktionen, z. B. der kunstvollen Ableitung des Regenwassers innerhalb der Säulen. Zur Ueberdachung des Raumes waren Gewölbe vorgesehen; doch als inzwischen die Anwendung von Eisenkonstruktionen aus England und Frankreich nach Deutschland gekommen war, entschloss man sich, einen Dachstuhl aus Schmiedeisen herzustellen. Das Baumaterial ist durchweg Marmor, theils hellgrau, theils roth, in wunderbar schöner Technik Redner rühmte die Vorzüglichkeit der Ausführung, welche heute noch nicht die geringsten Mängel erkennen lasse, und die schöne Lage, in welcher der auf hohen Terrassen aus dem Berge herauswachsende Bau einen überraschend mächtigen Anblick gewähre.

Sehr verschieden davon ist die Erscheinung der Befreiungshalle bei Kelheim, eines runden Kuppelbaues, mit welchem der König, durch eine Reise nach Griechenland in den Jahren 1835-36 angeregt, neben der den Geisteshelden unseres Volkes geweihten Walhalla auch noch ein Denkmal zur Erinnerung an die Erhebung Deutschlands 1813 und insbesondere an die Schlacht beı Leipzig errichten wollte. Der Architekt Friedrich von Gärtner erhielt den Auftrag, einen Entwurf aufzustellen und schuf eine Kuppelhalle mit Arkadenumgang, zu der am 19. Okt. 1842, eınen Tag nach der Einweihung der Walhalla, der Grundstein gelegt wurde. Als Bauplatz hatte der König eine 24 km oberhalb Regensburg an der Donau belegene Höhe, besummt. Die Gründung verursachte sehr grosse Arbeiten, so dass dieselbe, als Gärtner 1847 starb, noch keineswegs vollendet war. Die Fortführung des Baues wurde an Klenze übertragen, welcher den Entwurf wesentlich umgestaltete, Erst am 18. Okt. 1863, dem 50jährigen Jahrestage der Schlacht bei Leipzig, und nachdem König Ludwig bereits seit 1848 die Regierung niedergelegt hatte, konnte die Einweihung stattfinden.

Die Befreiungshalle bei Kelheim (Architekten Friedrich von Gärtner und Leo von Klenze)
Die Befreiungshalle bei Kelheim (Architekten Friedrich von Gärtner und Leo von Klenze)

Redner schildert den überwältigenden Eindruck des Innenraumes von 25 m Durchmesser und 35 m Höhe, die Pracht der Ausführung, den reichen Schmuck durch den Umgang mit 72 Säulen, und die 34 germanischen Siegesgötinnen von Schwanthaler aus karrarischem Marmor, welche sehr schön und nichts weniger als eintönig wirken, die 17 Bronzeschilder aus französischem Geschütz mit Schlachtennamen, die Beleuchtung durch das 7 m weite Oberlicht in der schönen Kuppel, deren Umgang einen prächtigen Einblick in das Innere, bezw. weiter oben eine gute Fernsicht gewähre Auf einer dreistufigen Terrasse von 7 m Höhe erhebt sich der Bau 66 m hoch. Das Material ist auch hier durchweg Marmor in vollendet schöner Arbeit, das Dach aus Eisen; im Inneren bildet sich ein Echo, das an das Rauschen des deutschen Eichenwaldes erinnern soll. Ueber den Arkaden sind 18 Namen deutscher Heerführer und 18 Namen eroberter Festungen angebracht. Eigenthümlich ist die Wiederkehr der Zahl 18 ım Organismus des Bauwerkes als Anspielung auf den 18. Okt., das Datum der Völkerschlacht. Es ist ein Achtzehneck mit 18 Strebepfeilern, 18 Kandelabern, 18 Fuss hohen Siegesjungfrauen, 18 Fuss breitem Umgang, 180 Fuss hoch usw.

Die Befreiungshalle bei Kelheim (Architekten Friedrich von Gärtner und Leo von Klenze)
Die Befreiungshalle bei Kelheim (Architekten Friedrich von Gärtner und Leo von Klenze)

Wunderbare Merksteine in der Entwicklungsgeschichte Deutschlands stellen diese beiden Bauwerke dar, die König Ludwig in begeisterungsvoller Hingabe an den Gedanken der lange erstrebten Einheit errichtet hat. Redner gedenkt der Schicksale des königlichen Erbauers dieser herrlichen Schöpfungen, welcher erst lange nach seiner Thronentsagung die Vollendung der Befreiungshalle erlebte und bald darauf, am 29. Febr. 1868, in Nizza fern von allem Getriebe der grossen Welt, und wenige Jahre vor der endlichen Verwirklichung seiner deutschen Einheitsträume, zur ewigen Walhalla hinüberschlummerte, und betont zum Schlusse, dass auch das beste Bild keine Vorstellung von der Weihestimmung geben könne, die das Betreten dieser Räume in dem Beschauer erwecke.

Dieser Artikel erschien zuerst am 10.02.1900 in der Deutsche Bauzeitung, er war gekennzeichnet mit „Mo.“.