Die Um- und Neubauten der Universität Leipzig

Architekt: Brth. Dr. Arwed Rassbach in Leipzig.

I. Geschichtliches

Fast ein halbes Jahrtausend ist vergangen, seitdem etwa 2000 Angehörige der sächsischen, bayerischen und polnischen Landsmannschalten, müde der fortgesetzten Streitigkeiten mit ihren böhmischen Kommilitonen, Prag verliessen und dem ehemaligen Lipzk, der Stadt Leipzig, sich zuwandten.

Markgraf Dietrich der Streitbare gewährte ihnen Herberge und gründete für sie am 2. Dezember 1409 in dem Refektorium der Chorherren zu St. Thomas die Universität Leipzig. Sofort wurden ihr 2 Grundstücke zur Benutzung überwiesen: das eine in der Ritterstrasse, das andere an dem Schloss (Pleissenburg), welche noch jetzt im Besitz der philosophischen und juristischen Fakultät der Universität sind. Die Universität wuchs rasch und ansehnlich und erhielt als höchst werthvolles Geschenk im Jahre 1543 durch Herzog Moritz das aufgehobene Paulinerkloster überwiesen. Dasselbe war zwischen 1224 und 1240 errichtet worden dort, wo eine ehemalige Zwingburg Markgraf Dietrichs gestanden hatte, an der Ostseite der Stadt, nahe dem Grimmaischen Thore, zumtheil nach dem Stadtgraben hinaus. Aus alten Bildern und Beschreibungen ist die in Abbildg. 1 enthaltene Raumeintheilung des dem Apostel Paulus gewidmeten Pauler- oder Paulinerklosters zu erkennen. An die Kirche, deren Bau etwa 1231 begonnen worden sein mag, schloss sich das Pförtlein (nach der Stadt), weiter die Schneiderei, Schusterei und andere Handwerksräume. An der Seite der jetzigen Universitätsstrasse befanden sich Wirthschaftsräume, auch der Pferdestall; denn das Kloster besass in der Umgebung der Stadt grossen Landbesitz, auch eine eigene Ziegelei. Das Kornhaus, die „Begkenstube“ mit dem Backofen, das Malzhaus, Bad- und Barbierstube lagen auf derselben Seite, während der Hof im Süden das „steinerne Haus“ mit den Carceres der Mönche abschloss. Im Süden stiess an das steinerne Haus das „Beguinenhaus“ – es diente den Laienschwestern, denen die Besorgung der Wäsche, die Krankenpflege und sonstige Dienste oblagen, zur Wohnung. Nach der jetzigen Promenade zu stiessen daran noch ein Bäckerhaus, ein Waschhaus, eine Wohnung für alte Beguinenschwestern, die Baderei und der grosse Klostergarten mit einer Gärtnerei.

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Von der Kirche zog sich am Stadtgraben entlang neben der alten Chorkirche ein Bau, welcher der Vertheidigung des Klosteranwesens diente, der Zwinger, wahrscheinlich erbaut auf den alten Grundvesten der 1224 geschleiften Zwingburg Dietrichs. In den Räumen nach dem Hofe hinaus befanden sich die Wohn- und Schlafgemächer der Mönche. In dem oberen Theile der mittleren Gebäude befand sich in schön gewölbten Räumen die Bibliothek, welche mit ihren 600 Bänden den Grundstock der Universitäts-Bibliothek bildet.

Abbildg. 1 (Zustand zur Zeit des Klosters)
Abbildg. 2 (Zustand unmittelbar vor dem Neubau)

Von den alten Klostergebäuden ist nur ein Theil bis auf die neuere Zeit erhalten gewesen; denn das Bedürfniss nach Hörsälen und Sammlungsräumen für die immer mehr wachsende Universität veranlasste nach und nach eine Beseitigung der alten Klostergebäude, soweit nicht Krieg oder Altersschwäche zu ihrem Verschwinden beigetragen haben. Bis zum Jahre 1830 stand noch als ein Haupttheil das Zwingergebäude oder Schlafhaus am Stadtgraben; es war von besonderem architektonischem Interesse durch die Verwendung der „gläsernen“ (glasirten) Ziegel, welche die mönchischen Architekten in vortrefflicher Weise zur Dekoration verwendet hatten.

Die ganze Wandfläche war von einem Netzwerk grün glasirter Ziegel, ein Blattwerk darstellend, überzogen; ein breiter dreitheiliger Fries, dessen Mittelstreifen aus glasirten Ziegeln, abwechselnd Christusköpfe und bunte Rosetten darstellend, gebildet war, bildete einen wirkungsvollen Abschluss. Im genannten, Jahre wurde an dieser Stelle „das Augusteum“ errichtet als ein Landesdenkmal für König Friedrich August den Grossen.

Es bot dasselbe wiederum ein besonderes Interesse für den Architekten, da für den vom Universitäts-Baudirektor Geutebrück ausgeführten neuen Bau ganz unzweifelhaft der geniale Baumeister Schinkel zu Rathe gezogen wurde. Es lässt sich wohl annehmen, dass er für die nach dem Augustusplatz zu gelegene alte Fassade Skizzen angefertigt hat; wenigstens erinnerten die freien, von hellenischem Geiste durchzogenen Ornamente der kräftigen Pilaster, die Harmonie der Gliederungen und endlich die jene Pilaster krönenden, sich gegen die Luft abhebenden anmuthigen Figuren – Darstellungen des Forschens und der Begeisterung – an die Periode Schinkels, in welcher die besten Werke des Berliner Meisters entstanden sind. Als eine ausgesprochene Schöpfung Schinkels ist jederzeit das Portal betrachtet worden, das den Eingang durch das Augusteum nach demjenigen Theil bildete, welcher bis zum Beginn des jetzigen Umbaues von den alten Klostergebäuden erhalten geblieben war; es waren dies der Kreuzgang, die Gärten – „das gertlein gegen dem Pförtlein“, der Priorsgarten – der Kapitelsaal, das Bräuhaus, die Bibliothekana mit dem Sommer-Speisehaus.

Die stetige Vergrösserung der Universitäts-Bibliothek drängte im Laufe der Zeit immer mehr zu einem Vergrösserungsbau oder zur Aufführung eines neuen Gebäudes. Verschiedene Entwürfe für den Umbau der früheren Räume und für einen Neubau auf dem alten Anwesen der Universität fanden keinen Anklang und so kam man vor 10 Jahren zu dem Vorschlag, einen Bauplatz im Westen der Stadt, am neuen Konzerthaus, zu erwerben. Der Widerspruch vonseiten des Universitäts-Senats gegen die räumliche Abtrennung der Bibliothek von den Kollegien- und Sammlungs-Gebäuden war wohl erklärlich und ist erst verstummt, als das herrliche Gebäude der Albertina durch Rossbach vollendet und es dem hochverdienten Minister von Gerber gelungen war, sein Wohlwollen für die gedeihliche Entwicklung der wichtigsten wissenschaftlichen Grundlage, für die alma mater Lipsiensis, zu bethätigen.

Als im Jahre 1890 die Räume der ehemaligen Universitäts-Bibliothek verfügbar geworden waren, trat an den Universitäts-Senat die Frage heran, wie die Ausnutzung des Platzes nunmehr zu bewerkstelligen sein werde. Der damalige Rektor, Hr. Prof. C. Binding, verstand es mit einer ausserordentlichen lebenssprühenden Energie, nicht nur den Architekten für seine weitgehenden Pläne zu begeistern und zur schnellsten Anfertigung einiger grundlegenden Skizzen anzuregen, sondern auch Universitäts-Behörde und Regierung wusste er für den Vorschlag eines vollständigen Umbaues bezw. Neubaues zu erwärmen, so dass die Landstände von der Nothwendigkeit sich überzeugen mussten und die grossen Mittel dem warm befürwortenden Minister v. Gerber bewilligten.

Für den Architekten, zu welchem Hr. Brth. Rossbach erwählt wurde, lagen ausser dem Bauprogramm selbst noch einige Rücksichten vor, welche in künstlerischer und kunsthistorischer Beziehung zu nehmen waren.

Abbildg. 3 – Neubau

Die Beseitigung der alten Reste mönchischer Baukunst erweckte allseitig in den Kreisen der Universitäts-Mitglieder wie der Bevölkerung der Stadt Leipzig nicht geringe Verstimmung, man beklagte den Verlust liebgewordener Zeugen längst entschwundener Zeiten um so mehr, da die Stadt Leipzig nicht reich an solchen Denkmälern der Vergangenheit mehr ist. Besonders an dem Kreuzgang hing man so, dass man denselben jedenfalls erhalten wissen wollte, um so mehr, da er alte Wandmalereien besass, welche im Anfange der 60er Jahre mit vieler Mühe und vielen Kosten durch Leipziger Künstler und Kunstfreunde wiederhergestellt worden waren, nachdem man sie unter Putz und Tünche entdeckt hatte. Denn auch sie waren dem Wiederherstellungs- und Reinlichkeitsbedürfniss des ersten Rektors, Kaspar Börner aus Münsterberg, verfallen, welcher alles, was bemalt, gemeisselt oder sonstwie durch Kunst veredelt erschien, weiss übertünchen liess. Nächst diesem Kreuzgang war es besonders der Kapitelsaal, welcher in vielen Kreisen Interesse und angenehme Erinnerungen erregte, da er lange Jahre dem grossen Universitäts-Gesangverein Paulus als Uebungslokal gedient hat. In letzter Linie und doch als besonders wichtig und schwerwiegend für den Architekten, welchem die grosse Aufgabe gestellt war, den Plan auszuarbeiten, hatte die Mitwirkung des grossen Meisters Schinkel an der Ausgestaltung des Augusteums zu gelten, dessen möglichste Erhaltung überhaupt selbstredend einen Punkt des Programmes aus Rücksichten der Pietät bilden musste.

Die Wandelhalle des neuen universitäts-Gebäudes in Leipzig. Architekt Baurath Dr. Arwed Rossbach in Leipzig

Der Ausführung der Neubauten haben sich daher vielfache Schwierigkeiten entgegen gestellt und zu den erwähnten Rücksichten traten noch die Erfordernisse, welche die unveränderte Geschäftsführung der Universitäts-Behörden wie der Fortgang der Vorträge als Raumbedürfnisse selbst zu stellen hatten. Dank der Umsicht und Fürsorglichkeit des ersten Universitäts-Rentbeamten, Kommissionsrath Gebhardt, welcher den Bau nach allen diesen Richtungen hin förderte, wurden sie überwunden; als glücklicher Umstand kam hinzu, dass zufällig ein grösseres Besitzthum der Universität selbst verfügbar wurde, das sogen. Triersche Institut, dessen Bestimmung als Frauenklinik durch Errichtung eines Neubaues erledigt worden war.

Unter solchen Verhältnissen wurde der Bau 1893 begonnen und am 15. Juni 1897 bis auf eine Wiederherstellung der Universitäts-Kirche vollendet. Den Zustand unmittelbar vor Beginn des Neubaues veranschaulicht Abbildg. 2. Die ehemaligen, ziemlich schmucklos vor über 670 Jahren ausgeführten Klosterbauten sind verschwunden – herübergenommen aus dem alten Bau ist lediglich der Kapitelsaal, welcher nach genauer Zeichnungsaufnahme sorgfältig Stück für Stück abgebrochen und an anderer Stelle wieder aufgeführt wurde, um als neuzeitliches Refektorium den Studirenden zur Erholung und zur Erfrischung zu dienen.

Abbildg. 4 – Ansicht gegen den Augustusplatz

Die Rücksicht auf die Mitwirkung Schinkels an der Fassade des Augusteums konnte nicht so weit gehen, dass eine dringend gebotene, aus der Veränderung der Innenräume, besonders der Aula, sich entwickelnde Herstellung eines grösseren dreitheiligen Einganges mit reicherem Portalvorbau aufgegeben zu werden brauchte. Das alte Portal wurde sorgfältig abgebrochen und fand neben dem Augusteum in wenig veränderter Form wieder Aufstellung; die als „Schinkel’sches Giebelfeld“ bezeichneten Figurengruppen schmücken wiederum, allerdings in grösserer Höhe, den Mittelbau der Universitas Litterarum Lipsiensis.

Dieser Artikel erschien zuerst am 22.01.1898 in Die Woche, er war gekennzeichnet mit „E. Prasse“.

II. Künstlerisches und Technisches

Ueber die Neugestaltung der Universitäts-Gebäude entnehmen wir einer Niederschrift des Architekten, der auch die vorausgegangenen historischen Ausführungen zum grössten Theil entnommen sind, dass bei der ersteren mit einer Reihe gegebener Faktoren zu rechnen war. Das war zunächst die Begrenzung des zur Verfügung stehenden Geländes durch Augustusplatz, Pauliner Kirche und Universitäts-Strasse; ferner die möglichste Erhaltung des Augusteums und des Bornerianums, nachdem man sich schweren Herzens und nicht ohne eingehende Erwägungen entschlossen hatte, die Ueberreste der alten Baulichkeiten zu beseitigen „Wohl waren“, so rechtfertigt sich der Architekt diesem von mancher Seite angefochtenen Vorgange gegenüber, „einige schöne, mit gothischen Wölbungen überdeckte Räume bis auf unsere Zeit erhalten, wohl hatte der altersgraue Kreuzgang im idealen Besitzstand der Leipziger Bevölkerung obenan gestanden, allein ihre Lage, ihre Grösse und Formen, die Destruktion ihres Mauerwerks durch Grundfeuchtigkeit mussten dazu führen, auch dieses Erbe alter Zeit verschwinden zu lassen. Dass solche Entschliessungen auch hier schwer wurden, ist selbstverständlich, aber „der Lebende hat Recht“. Unbeirrt von sentimentalen Anwandlungen muss der Baukünstler frei und frisch Neues auf Altem entstehen lassen, anstatt der Erfüllung berechtigter, aus dem grossen Zuge der Zeit entstehenden Bedürfnisse Fesseln anzulegen, um alte, jetzt schon unhaltbar gewordene Zustände wieder noch Jahrhunderte mit fortzuschleppen“.

Fernere Gesichtspunkte für den Entwurf der Neurungen waren die Ausnutzung des Erdgeschosses des gegen die Universitätsstrasse gelegenen Gebäudetheiles durch Läden und endlich die Schaffung der Möglichkeit eines ungehinderten und freien Verkehrs sowohl als Durchgangs-Verkehr vom Augustusplatz zur Universitätsstrasse und umgekehrt, wie auch von diesen beiden Verkehrsstrassen aus innerhalb der Gebäudegruppe. Auf diese Gesichtspunkte gründet sich der gegebene Plan. Das Bornerianum und die Pauliner Kirche werden noch einer Wiederherstellung unterzogen, welche indessen in den alten Bestand dieser Baulichkeiten weniger tief einschneiden dürfte, wie die Umwandlung des Augusteums. An dieses mussten sich die Neubauten unter Berücksichtigung der Grundrissanlage und der Höhenverhältnisse folgerichtig angliedern. – Das Augusteum ist nach dem Umbau in der Hauptsache Repräsentations- und Verwaltungszwecken gewidmet; es enthält im Erdgeschoss neben dem geräumigen Vestibül die Kasse, die Quästur, eine Kastellans-Wohnung, Räume für Pedelle, Richter, Expedition, Archiv usw.; im I. Obergeschoss liegen das Rektorat und weitere Verwaltungsräume, im II. Obergeschoss Räume der medizinischen Fakultät und der kgl. Gesellschaft der Wissenschaften. Die im Mitteltheil liegende Aula hat durch Entfernung der eingebauten Gallerie und durch Angliederung von zwei geräumigen Logen für Damen eine wesentliche Erweiterung bei gleichzeitigem Gewinn von 170 Sitzplätzen erhalten. Das umgestaltete Aeussere ist aus dem Kopfbild ersichtlich. Der frühere, Schinkelsche einaxige Eingang ist durch einen dreiaxigen mit Karytidenvorbau ersetzt und vermittelt, an andere Stelle übertragen, den Durchgang durch den südlich gelegenen Hof des archäologischen Museums.

An das Vestibül des Augusteums gliedert sich die 19 m breite, 30 m lange und 23 m hohe Wandelhalle (siehe die Bildbeilage) an, welche das Herz der Bauanlage bildet, in welchem der gesammte Verkehr sich konzentrirt. An ihr, die in stattlicher römischer Art mit einem kassettirten Tonnengewölbe überspannt ist, liegen die hauptsächlichsten Lehrräume, unter anderen nach Norden das grosse, amphitheatralische Auditorium, darüber der Senatssaal, nach Süden das Museum des archäologischen Institutes, das sich gegen die Wandelhalle zu Durchblicken öffnet. In der Wandelhalle gelangten auf Hermenpostamenten die Büsten berühmter Professoren der Universität von Seffner zur Aufstellung; ein ähnlicher dekorativer Gedanke kehrt in dem bildnerischen Schmuck des Gewölbes wieder. Das grosse Tympanon über dem östlichen Eingang der Halle schmückt ein Gemälde Friedrich Prellers, Prometheus, das Feuer der Wissenschaft den Sterblichen bringend, darstellend, während die entgegen gesetzte Fläche der westlichen Seite eine Darstellung der Burg Wettin trägt. Max Klinger ist ausersehen, die grosse Wand der Aula zu schmücken.

Der westlich sich an die Wandelhalle anschliessende, mit dem Augusteum gleichlaufende Gebäudetheil enthält neben geräumigen Treppenanlagen vorwiegend die Hörsäle, unter ihnen den grössten Hörsaal mit rd. 460 Sitzplätzen. Das ganze Gebäude enthält 28 Hörsäle mit nahezu 3300 Sitzplätzen. Die Anzahl der Sitzplätze der einzelnen Hörsäle wechselt zwischen 30 und 460, die Grösse für den einzelnen Platz schwankt zwischen 0,6 und 0,8 qm. Neben den Hörsälen sind in diesem Theile des Gebäudes noch untergebracht das archäologische und das kunsthistorische Institut, ein Theil des physiologischen Seminars, Professoren- und Sprechzimmer usw.

Dass das Paulinum an der Universitätsstrasse der alten Tradition gemäss im Erdgeschoss Läden erhalten hat, wurde schon erwähnt; in seinen 3 Obergeschossen dient es zur Aufnahme von Seminarien. An das Paulinum schliesst sich das neuerbaute Beguinenhaus an, das ehemals Laienschwestern des Klosters zur Wohnung gedient hatte. Es enthält nun die Universitäts-Lesehalle und im 3. Obergeschoss die Universitäts-Karzer, sowie die Wohnung eines Pedells. Das Bornerianum enthält nach seiner Wiederherstellung nur Seminarien.

Soviel Allgemeines über die Um- und Neugestaltung der gesammten Universitätsbauten. So verlockend es wäre, auf Einzelheiten der Baukonstruktion, auf die verwendeten Materialien, auf die Einrichtung der Räume, insbesondere der physikalischen Hörsäle, auf Einzelheiten der künstlerischen Gestaltung einzugehen, so müssen wir es uns doch versagen. Selbst die sehr wichtigen, schon im 13. Jahrhundert niedergeschriebenen Wünsche des Lehrers der Universität Bologna, Boncampagno, über die Einrichtung der Hörsäle können wir nur flüchtig erwähnen. Was er nicht erleben sollte, ist heute in Leipzig zur Wirklichkeit geworden.

Die Aufstellung der Baupläne und die Leitung der Bauausführung war durch das kgl. Sächs. Ministerium für Kultus und öffentl. Unterricht Hrn. Brth. Dr. Arwed Rossbach in Leipzig übertragen; bei der Erledigung der wirthschaftlichen Angelegenheiten wirkte das Universitäts-Rentamt mit seinem Vorstand, Hrn. Kommiss.-Rth. Gebhardt mit. Die besondere Bauleitung lag in den bewährten Händen der Hrn. Arch. Theodor Quietzsch und Otto Kleinhempel. Ueber die gesammte Bausumme sind wir nur unbestimmt unterrichtet. Sie dürfte sich auf rd. 3 Mill. M. belaufen haben und setzte sich zusammen aus den Bewilligungen der sächsischen Landstände und einer Summe von 75 000 M., die aus dem sächsischen Kunstfonds zur Beschaffung von Skulpturen und monumentalen Malereien bewilligt wurden. Es erübrigt noch, einer stets von uns gepflogenen Uebung entsprechend, hier die Künstler und Firmen aufzuführen, die, soweit sie nicht schon genannt wurden, am Bau mitgewirkt haben.

Zunächst die Firmen des Rohbaues. Die Maurerarbeiten desselben wurden für die verschiedenen Baugruppen an verschiedene Meister vergeben: Das Hörsaal-Gebäude führten die Maurermstr. B. Leuthier und Jul. Hoffmann, das Augusteum die Firma Ullrich Nachfolger (Inh. Zehmisch & Sichler), das Paulinum Richard Uhlmann aus. Die Steinmetzarbeiten waren den Firmen Anders, Ehmig, Günther, Einsiedel Nachf. und Wilh. Wölfel (Granittreppen) übertragen worden. Die Zimmerarbeiten und Fussbodenlieferungen hatten Ad. Heym und G. F. Lüders übernommen. Die Modelle zu den Bildhauerarbeiten fertigten die Hrn. Hartmann, Heydrich, Lehnert, Magr, Seffner und Trebst; die Uebertragung im Stein besorgten die Hrn. Cöllen; Franzel, Schenker und Schütze. Die Dächer deckten Franke, Habenicht und Hempel, die Klempnerarbeiten fertigte Louis Miethe Nachf. Die Eisenarbeiten hatten F. Mosenthin und C. Schiege in Leipzig übernommen.

Für den Ausbau lieferten: die Akt.-Ges. für Marmorindustrie in Kiefersfelden die Bekleidungen in Untersberger Marmor; Axerio & Bastuchi in Berlin die Arbeiten in Stuckmarmor. Leonardo di Pol in Leipzig und C. H. Mascha in Pieschen die Terrazzo-Arbeiten; Louis Heydrich in Leipzig die Stuckarbeiten; A. Böhne, A. Degner, C. Fritzschmann, R. Koch, E. Lüdecke, Rohrberg und G.

Schellenberger, sämmtlich in Leipzig, die Glaserarbeiten; de Bouche in München und Schulze & Stockinger in Leipzig die Glasmalerei-Arbeiten; C. Förster, A. Leine, W. Schärfig, F. Schneider, F. A. Schütz u. F. Sievers in Leipzig die Tischler- und Kunst-Tischlerarb.; Friedrich, Herm. Kayser, C. Nagel, W. Nake und Pfeiffer in Leipzig die Schlosser- und Kunst-Schlosserarbeiten; Gollmar & Franke, R. Hesse, G. Knobloch und R. Schulz die Malerarbeiten; L. Miethe Nachf. in Leipzig die Wasser-, Oberläuter Nachfolger in Leipzig die Gasleitung; O. Schöppe in Leipzig die Blitzableitung und die Anlagen für die elektrische Beleuchtung; Körting & Mathiesen in Leutzsch die Bogenlampen und die Sächs. Bronzewaaren-Fabrik Wurzen, sowie A. Wagner in Chemnitz die Beleuchtungskörper hierzu; H. Schwarz in Leipzig die elektrischen Uhren. Die Einrichtung einer Zentralheizung für die gesammte Bauanlage hatten Rietschel & Henneberg in Dresden übernommen; die elektrischen Thermometer für die Hörsäle lieferte A. Eichhorn in Dresden. Die Tapeziererarbeiten hatten E. Richter und Ronniger & Co. in Leipzig. An der Einrichtung der Hörsäle waren betheiligt: Fr. Hoffmann in Leipzig durch Lieferung der Wandtafeln, Paul Hyan in Berlin durch Lieferung der gesammten Sibsellien.

Am 15. Juni vor. Jahres sind, wie wir bereits berichtet haben, die neuen Universitäts-Gebäude unter Anwesenheit des sächsischen Königspaares feierlich eingeweiht worden. Die Uebergabe der Neubauten an die Universität begleitete der sächs. Kultusminister Dr. v. Seydewitz mit einer geistvollen Ansprache, in welcher er der tiefen Wahrheit gedachte, dass nur aus den lebendigen Wurzeln der Vergangenheit die Zukunft mächtig erblühen könne und dass jedes Volk, das mit der Vorzeit gebrochen, auch keine Nachwelt zu erwarten habe. Er schloss: „Möge unsere theure Universität auch in dem neuen Heim und auf dem alten Boden, mit dem die werthvollsten geschichtlichen Erinnerungen verknüpft sind, diese lebendigen Wurzeln der Vergangenheit, in Zukunft sein und bleiben eine Werkstatt freudigster, pflichtgetreuer Arbeit, eine Hochburg freier Forschung, eine Glanzstätte deutscher Geisteskultur.“

Dieser Artikel erschien zuerst am 29.01.1898 in Die Woche, er war gekennzeichnet mit „xy“.