Architekt: George Roensch in Charlottenburg.
Bekanntlich hat das „Motiv“ in Berlin in Gemeinschaft mit seinen alten Herren in letzter Zeit den Plan verfolgt, ein Vereinshaus in der Nähe der Technischen Hochschule in Charlottenburg zu schaffen. Unter den anebotenen Plätzen vereinigten sich die Meinungen auf eine Baustelle in der Hardenberg-Strasse, Ecke Knesebeck-Strasse, welche rd. 116 Quadratruthen gross ist, und eine besonders günstige Lage zur Technischen Hochschule, zu der der Vollendung entgegengehenden Kunstakademie und zu der Militär-Ingenieur-Schule hat. Zur Erlangung eines zur Bebauung geeigneten Planes wurde eine Konkurrenz unter den Mitgliedern des „Berliner Architekten-Vereins“, der „Vereinigung Berliner Architekten“ und des „Motiv“ ausgeschrieben, infolge deren acht Entwürfe einliefen.
Das Preisgericht bestand aus den Hrn. v. d. Hude, Vorsitzender, Schwechten, Becker, Klutmann, Knoblauch, K. Krause und Fr. Schulze. Einstimmig wurde dem Entwurf mit dem Kennwort „Baut’s“ des Hrn. Georg Roensch in Charlottenburg der I. Preis zuerkannt. Das Urtheil der Preisrichter über den Entwurf lautet: „Der Zugang von der Restauration nach dem Vorgarten an der Hardenberg-Strasse dürfte zu verlegen sein, um den Zugang zur Garderobe zweckmässiger zu gestalten. Die Verlegung der Küche nach dem Hofe zu, welche wegen Fortfalls des Risalits an sich nothwendig werden wird, ist auch schon deswegen zu empfehlen, um die Frontfenster zu Restaurationszwecken auszunutzen. Im übrigen ist die Anordnung der Grundrisse und die Ausbildung der Fassaden derartig geglückt, dass der Entwurf als Grundlage zur etwaigen Ausführung sehr brauchbar erscheint. Besonders anzuerkennen ist die Anordnung der Räume inbezug auf die Fernhaltung des Kneiplärmes von der Strasse.“
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Aufgrund dieses Gutachtens beschloss die Kommission, der Erwerbung und Bebauung des betr. Grundstückes näher zu treten und zur Bildung einer Aktien-Gesellschaft die älteren und jüngeren Motiver und deren Gönner demnächst aufzufordern. Um denselben die Beurtheilung des Unternehmens zu ermöglichen, wurde ferner beschlossen, den preisgekrönten Entwurf von seinem Verfasser, dem Gutachten gemäss, soweit dies leicht thunlich, abändern zu lassen und den verbreitetsten Berliner Fachblättern zur Veröffentlichung zu übergeben. Dabei sind die Grundrisse des Kellergeschosses und das Dachgeschoss, weil sie ohnehin nicht zur Ausführung kommen würden, weggeblieben; ebenso der Einfachheit wegen die Fassade nach der Hardenberg-Strasse und die Durchschnitte.
Zu dem in der so abgeänderten Form vorliegenden Plane sei indess ausdrücklich bemerkt, dass derselbe noch nicht ohne weiteres zur Ausführung bestimmt ist; vielmehr hat sich die Kommission sofort mit der Frage beschäftigt, wie derselbe weiter durchgearbeitet werden solle, um ihn zu einem durchaus einwandsfreien und rentablen zu gestalten.
Die Rentabilität hat offenbar dem Verfasser bei der Bearbeitung nicht allzuviel Sorge gemacht, sonst würde er nicht die Küche in das Erdgeschoss gelegt, nicht dem Motiv die ganze erste Etage zur alleinigen Benutzung zugewiesen, nicht den werthvollen Eckraum des Erdgeschosses als Garderobe ausgebildet haben usw. Aber auch die Konstruktion ist noch nicht genügend durchdacht, da, wie leicht ersichtlich, die Grundrisse schlecht übereinander passen.
Durch alle diese Mängel mögen sich indess. die Interessenten nicht beirren lassen. Sie sind zu beseitigen und werden sicher beseitigt werden, bis die Rechnung ergeben hat, dass für ein preiswerthes Haus eine entsprechende Rente erzielt werden kann. Der Grundgedanke des Planes, d. i. Lage und Form des Hauptsaales und seiner Nebenräume, ist gut, wie dies die Beurtheilungs-Kommission erkannt hat und wie dies namentlich aus den Grundrissen des zweiten und dritten Geschosses hervorgeht. Bei allen übrigen Entwürfen, die für dieses Grundstück aufgestellt wurden, hat sich ergeben, dass bei der eigenthümlichen Form des Grundstückes die Unterbringung rechtwinkliger Säle mit sehr grossen Schwierigkeiten verbunden sein würde. Die in dem vorliegenden Plane gewählte Form des Hauptsaales dürfte die einzige sein, die auf das Grundstück passt.
Inzwischen ist das Grundstück von einem Motiver angekauft worden, der es der zu bildenden Aktiengesellschaft gegen Erstattung der Selbstkosten frei hält. Wir hoffen, demnächst in der Lage zu sein, den zur Ausführung bestimmten Entwurf, soweit er von dem vorliegenden abweicht, in diesem Blatte vorführen zu können. –
Berlin, im Juli 1900. W. B.
Dieser Artikel erschien zuerst am 1.8.1900 in der Deutsche Bauzeitung.