Feuerwachen in Kiel

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Das überaus schnelle Wachsthum der Stadt Kiel seit den 80er Jahren machte eine Neuorganisation des städtischen Feuerlöschwesens zur Nothwendigkeit. Dieselbe erfolgte in den Jahren 1897-98 und ist ein Werk des damals in den Dienst der Stadt getretenen Branddirektors Frhrn. v. Moltke.

Anstelle der bisher vorhandenen ständigen Feuerwache von 1 Oberfeuermann und 10 Feuerleuten (dazu 1 Oberfeuermann und 5 Feuerleute dienstfrei und zur Reserve) trat eine Berufsfeuerwehr in Stärke von 35 Mann, denen 1 Branddirektor, 1 Brandmeister, 1 Wachtmeister, 2 Oberfeuerleute und 1 Maschinist vorstehen. Diese für eine Stadt von 100 000 Einwohnern verhältnissmässig geringe Zahl von Mannschaften konnte nur dann genügen, wenn eine Organisation ins Leben trat, welche jederzeit eine hohe Alarmbereitschaft und schnelle Erreichung der Brandstelle ermöglichte. Das Gebiet der Stadt Kiel hat eine Längsausdehnung von fast 7 km bei 4,5 km Breite (davon bis heute höchstens 2 km breit bebaut). Die sich lang hinziehende Bebauung machte eine Dezentralisation nöthig, zumal die Höhenunterschiede des Geländes (+2 bis +30 m) dem schnellen Anfahren der Wehr zur Brandstelle von der zwar zentral aber tief liegenden bisherigen und beibehaltenen Hauptfeuerwache hinderlich war. Demgemäss wurden 2 Nebenfeuerwachen im Norden und Süden der Stadt in rd. 1,5 km Entfernung von der Hauptwache an hochgelegenen Punkten vorgesehen. Der Bau und die Einrichtung dieser beiden Nebenwachen sind charakteristisch für die Neuorganisation. der Kieler Berufsfeuerwehr.

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Während die Hauptwache mit Rücksicht auf Kostenersparnis nur zeitgenmäss aus- und -umgebaut wurde, im wesentlichen aber ihren früheren Umfang und ihre bisherige Anlage behielt, sind die beiden Nebenwachen durch den Unterzeichneten in Verbindung mit dem Branddirektor neu erbaut. Dieselben sind bestimmt zur Aufnahme von je 1 Oberfeuermann und 6 Feuerleuten, von denen einer die elektrischen Meldeapparate bedient und einer dienstfrei ist. An Geräthen sind auf jeder Nebenwache vorhanden: 1 Gasspritze mit Schlauchkarren, zugleich als Wasser- (450 l), Mannschafts- und Leiterwagen gebaut, sowie eine Abprotzspritze. Als Bespannung für erstere sind je 2 Pferde erforderlich, die unmittelbar neben dem Fahrzeuge angeschirrt auf Torfstreu stehen.

Auf der Hauptwache sind ausser der Gasspritze noch eine Dampfspritze, eine grosse mechanische Leiter und ferner Abprotzspritze und Schlauchkarren vorhanden. Auch hier stehen die Pferde angeschirrt neben den Fahrzeugen.

Feuerwache Nord
Feuerwache Nord

Ein umfangreiches und gut funktionirendes Meldewesen, bestehend aus automatisch arbeitenden Feuermeldern mit Morsetaster und Telephon für die 3 Wachen zu je einem Stromkreise geschlossen, unterstützt die Alarmbereitschaft ausserordentlich. Bei jeder Feuermeldung werden die Hauptwache und eine Nebenwache alarmirt. Die Wasserbeschaffung geschieht in der Hauptsache aus 600 öffentlichen und privaten Hydranten der städtischen Wasserleitung, die in etwa 75 m Entfernung von einander liegen. Die kürzlich erfolgte Einrichtung einer besonderen Hochzone hat auch den hochgelegenen Stadttheilen ausreichenden Druck verschafft.

Die beiden Nebenwachen, von denen die eine an einer rechtwinkligen Strassenecke, die andere an einer spitzwinkligen Strassengabelung als allseitig freistehende 2-geschossige Gebäude gebaut sind, weißen ziemlich dieselbe, nur durch Anpassen an die Baustelle veränderte Grundrissform. Im Erdgeschoss sind untergebracht: die Remise als Stand für die Gasspritze und die 2 Pferde, der Schlafraum und der Tagesraum für die Mannschaften in unmittelbarer Verbindung mit der Remise.

Feuerwache Süd
Feuerwache Süd

Der Apparatenraum ist als Erweiterung des Tagesraumes so gelegt, dass der die Apparate Bedienende sowohl die Strasse, als den Eingang, den Tagesraum und die Remise übersehen und sich mit dort befindlichen Leuten unmittelbar verständigen kann, ohne seinen Platz zu verlassen. Ein Kloset liegt am Hofausgange und nahe allen Räumen, in denen sich Mannschaften aufhalten. Im Obergeschoss sind die Wohnung des Oberfeuermannes, bestehend aus zwei Zimmern, Kammer, Küche und Kloset sowie eine Kammer für Dienstzwecke und der Futterraum untergebracht. Im Keller, der sich nur unter einem Theile des Gebäudes erstreckt, sind ausser Kohlen- und Vorrathsräumen 1 Badestube mit Schlauchwäsche eingerichtet.

Feuerwache Nord in Kiel
Feuerwache Nord in Kiel

Die Treppenlage ist thurmartig hergestellt und kann zugleich zum Schlauchtrocknen benutzt werden. Zu jeder Wache gehört ein kleiner Hof zum Reinigen von Pferden, Fahrzeugen und Geräthen. Die Remisenräume sind mit Thonplatten gepflastert und mit Wandkacheln bekleidet, die Lattirbäume zwischen Pferd und Fahrzeug können zugleich mit dem Oeffnen des Thorweges, sei es durch Hebel-, sei es durch Aufzugsvorrichtung, leicht beseitigt werden, ohne die Pferde zu beunruhigen.

Das Aeussere der Gebäude ist dem Bedürfniss entsprechend gruppirt und der Bedeutung des betreffenden Stadttheiles gemäss mehr oder minder reich gehalten. Die Fassaden sind aus einheimischen Verblendsteinen hergestellt, die ortsüblich steilen Dächer mit Falzziegeln eingedeckt. Die Baukosten betrugen für die einfachere Wache Süd 23 000 M. und für die etwas grössere und reicher gehaltene Wache Nord 30 000 M.

Beiläufig sei noch bemerkt, dass die bis zum Inslebentreten der Berufsfeuerwehr bestehenden freiwilligen Feuerwehren der Stadt und des jetzt eingemeindeten Vorortes Wik als Reserve bei aussergewöhnlich grossen und lang dauernden Bränden auch heute noch bestehen und unter das Oberkommando des Branddirektors gestellt sind. Zu einer Alarmirung derselben ist es aber seit dem Bestehen der Berufsfeuerwehr nicht gekommen.

R. Schmidt. Stadtbaurath.

Dieser Artikel erschien zuerst am 22.11.1899 in der Deutsche Bauzeitung.