Am 6. Okltober 1888 ist die neue Marine-Akademie in Kiel, von der unser Bild eine Ansicht gibt feierlich eröffnet worden. Der stolze Bau aus rothem Ziegelstein, der im Schatten mächtiger Buchen auf die Kieler Föhrde herabschaut, bildet das Wahrzeichen des Hafens und zeugt von dem gewaltigen Aufschwung, den die deutsche Marine seit den vierzig Jahren ihres Bestehens genommen hat.
Erst im Jahre 1849 und auf besondere Anregung des Prinzen Adalbert, von Preußen ging man daran, durch Einstellung von Seekadetten für die Ausbildung tüchtiger Schiffsführer zu sorgen. Damals genügte der bescheidene Raum der Stettiner Marineschule, deren Heim später nach Berlin verlegt wurde 1872 machte das vermehrte Bedürfniß nach fachmännischer Ausbildung die Gründung einer Marine-Alademie nöthig, für die sich als geeignetster Ort Kiel ergab.
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Nach zehn Jahren aber erwiesen sich die Räume der Akademie in der Mustiusstraße zu Kiel allmählig als zu eng, und nun erstand der gewaltige Neubau, der mit seiner ansehnlichen Länge von 100 Meter (bei 50 Meter Tiefe) und den herrlichen Gruppen aus Zinkguss auf seinen Zinnen (Germania, welche die Handels- und Kriegsmarine schützt, darstellend) jeder Großstadt zur Zierde gereichen würde. Der Keller des Hauptgebäudes enthält die Küchen und die Wohnung für den Verwalter, sowie die umfassenden Einrichtungen für Heizung und Lüftung. Für die Säle ist Dampfluftheizung, für die Zimmer Warmwasserheizung gewählt.
Das Erdgeschoß wird vom Offizierkasino, der Kadetten-Speiseanstalt, der Dienstwohnung des ersten Offiziers und einigen Räumen für die Sammlungen in Anspruch genommen. Daselbst befindet sich auch ein Gartensaal, der unmittelbar auf die breite, einen herrlichen Ausblick auf den Kieler Hafen bietende Terrasse führt. Bemerkenswerth ist, daß die Decken der Lehr- und Versammlungsraume fast sämmtlich aus Wellblech hergestellt und farbig dekorirt sind. Im ersten Stockwerk, zu dem eine Haupttreppe aus Marmor, sowie zwei Seitentreppen aus Sandstein führen, macht die dreischiffige Festhalle mit ihren Säulen aus rothem Marmor großen Eindruck. Noch schöner ist die große Aula mit ihren bunten Glasfenstern und den grünen Stuckmarmorsäulen, an deren Längswand sich Tafeln mit den Namen der im Dienste der Marine umgekommenen Offiziere befinden. Gegenüber der Aula liegt die große Bibliothek, sowie das chemische und physikalische Laboratorium nebst Hörsaal. An der Wasserseite bemerkt man den Prüfungssaal und das Modellzimmer.
Das zweite Stockwerk ist den Kadetten eingeräumt und enthält deren Wohn- Schlaf- und Lesezimmer; das Dachgeschoß endlich dient zur Aufbewahrung von allerhand Geräthschaften.
Neben dem Hauptgebäude ist im Garten ein Haus als Dienstwohnung für den Direktor des Bildungswesens der Marine errichtet worden.
Dieser Artikel erschien zuerst in Heft 5/1890 des Das Buch für Alle.