Die Neuyorker Feuerwehr

In den letzten Wochen ist die Feuerwehr Trumpf gewesen. Das Berliner Jubiläum, die internationale Ausstellung und der internationale Kongreß haben mehr als sonst die allgemeine Aufmerksamkeit auf diese militärisch organisierten bürgerlichen Truppen hingelenkt.

Hilfe bei Feuersgefahr zu leisten, sich an den Löscharbeiten zu beteiligen, war früher allgemein Bürgerpflicht und ist es in kleineren Orten auch wohl heute noch.

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Allein wenn man hier mit einer freiwilligen Feuerwehr auskommt, so ist für die Großstadt die Berufsfeuerwehr längst eine Notwendigkeit geworden. Man erkennt ihre Thaten jederzeit gern und dankbar an und sucht ihre Leistungsfähigkeit allenthalben noch fortwährend zu steigern. In diesem edlen Wettbewerb haben vielleicht die Amerikaner den letzten Sieg davongetragen, wenngleich Europa im allgemeinen wie Deutschland im besondern mit einer ganzen Anzahl mustergiltiger Feuerwehren aufwarten kann.

Anschirren der Pferde nach dem Alarmsignal
Abfahrt der Feuerwehr zur Brandstätte

Typisch für die Einrichtungen in den großen Städten Amerikas sind die in Neuyork, die im wesentlichen naturgemäß mit den bei uns bekannten übereinstimmen. Dort wie hier legt man den größten Wert darauf, daß die Rettungsmannschaft möglichst schnell nach Ausbruch des Feuers auf der Brandstätte erscheint. Daher stehen in jedem Depot mindestens zwei Wagen – eine Spritze und ein Schlauchwagen – fertig angeschirrt bereit, um sofort abzufahren, wenn das Alarmsignal gegeben wird. Das Pferdematerial ist vortrefflich, und man rechnet, daß die erste Spritze durchschnittlich zwei bis drei Minuten nach Meldung eines Brandes an Ort und Stelle ist.

Ankunft der Feuerwehr an der Brandstätte

Im übrigen sind alle erdenklichen Vorkehrungen getroffen, damit auch die andern Wagen unnmittelbar hinterher folgen können. Ertönt auf der Straße die Glocke der Feuerwehr, in deren lauten Klang sich das schrille Pfeifen der Dampfspritze mischt, so macht alles Platz.

Die Neuyorker Feuerwehr in voller Thätigkeit

Vor der Feuerwehr beugt sich auch der freiheitstolze und selbstbewußte Amerikaner. Die Bewunderung für ihre Tapferkeit und Aufopferungsfähigkeit geht so weit, daß in Neuyork sogar der ganz unrepublikanische Gedanke auftauchen konnte, ihre Mannschaften durch eine Medaille auszuzeichnen. Der Vorschlag wäre vermutlich angenommen worden, wenn sich die Feuerwehr nicht selbst dagegen gesträubt hätte, weil sie ihren Lohn in der Erfüllung ihres Berufs findet, gegen das Feuer zu kämpfen und Leben zu retten. In der That kann den Beruf der Feuerwehr nur erfüllen, wer mit ganzem Herzen dabei ist; denn er ist schwer, schwer im Sommer, schwerer vielleicht noch im Winter. Da braten die Leute manchmal auf der einen Seite förmlich vor Hitze, während sie auf der andern der eisige Wind erstarren macht. Es ist in Neuyork vorgekommen, daß die Leute stundenlang vor einem brennenden Hause ihre Arbeit verrichteten, während ihre Schuhe am Boden fest froren.

Eisbildungen an Neuyorker Häusern infolge der Löscharbeiten der Feuerwehr

Unser Bild zeigt deutlich die Wirkung der Kälte auf die von der Feuerwehr in Angriff genommenen Häuser; ganz wundersame Gebilde von Eis, wie wir ähnliche nur aus Sandstein oder Tropfstein in den Höhlen unserer Gebirge kennen. Es werden da eben riesige Massen von Wasser auf die Mauern geschleudert, Neuyork hat Spritzen, die bis zu 100 Gallonen in der Minute hergeben.

Ein Neuyorker Feuerboot legt an einem brennenden Holzlager an

Allein das ist verschwindend gegen die Leistungsfähigkeit der sogenannten Feuerboote, die zur Bekämpfung des Feuers im und am Hafen dienen. Neuyork hat vier solcher Boote, deren größtes der „Neuyorker“ in zwanzig Strahlen nicht weniger als 13 000 Galonen in der Minute auf die Brandstätte zu schleudern vermag. Da können dann allerdings selbst die Besitzer der größeren Warenspeicher oder Holzlager am Wasser sich der Furcht entschlagen, ganz abzubrennen; sie dürfen auf die Schnelligkeit der Neuyorker Feuerwehr und die Vorzüglichkeit ihrer Einrichtungen bauen.

Dieser Artikel erschien zuerst am 22.06.1901 in Die Woche.