Geschäftshaus J. Schneider in München

Kaufhaus Schneider - Maximiliansplatz in München

Bei dem Entwurf des hier vorgeführten, am Münchener Maximilians-Platz errichteten Gebäudes gaben die Nachbarschaft klassischer Bauten aus der Blüthezeit Klenze’s und Gärtner’s, zugleich auch das von der Stadt geforderte Bestehenbleiben des unmittelbar anschliessenden, im strengen Empirestil gehaltenen Prannerthor-Portals und seines Gegenstückes, des grünbemoosten Eckbrunnens, dem Architekten Veranlassung, sich diesen Stilformen möglichst anzuschliessen. Während jedoch bei den vorgenannten älteren Werken eine starke Horizontaltheilung überwiegt, ist bei dem Neubau die Betonung der vertikalen Linie angestrebt worden.

Da das Mittel des Hauses in die Axe der Max Josefstrasse fiel, war eine Erhöhung der Mittelpartie das Nächstliegende. Der obere, in Kupfer ausgeführte Theil derselben endigt inform einer Bekrönung.

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Im Gegensatz zu den in letzter Zeit in München häufig hergestellten nahezu oder völlig glatten Hausansichten ist hier durch Anwendung von Karyatiden-Hermen, Balkons usw. ein kräftiges Relief der Fläche hergestellt worden. Die grossen Verhältnisse der Architektur sind durch Vermeidung eines kleinlichen Ornamentes in ihrer Wirkung verstärkt; die Ornamentation selbst ist durch Fassung mit den Farben Roth und Blaugrün und durch Gold gehoben und zur Geltung gebracht. Als neu und eigenartig kann auch die Verwendung von Ornament in Galvanobronze, wie z. B. der Palmetten über den Fenstern im zweiten Obergeschoss, der Sterne usw. bezeichnet werden; desgleichen der Schmück grösserer Flächen durch fast 2 m hohe, in Kupfer getriebene Flachreliefs mit Pfau und Sphinx. Die Formen des Eisengitterwerkes lehnen sich an das wogenartig sich fortbewegende Ornament aus der rothfigurigen Thonperiode des giechischen Stils an und sind stellenweise durch Zuthaten in modernem Charakter ergänzt. Bei Detaillirung der Gitter wurde versucht, in der Erscheinung derselben mehr eine geschlossene, gering durchbrochene Fläche, als die Bewegung der Linie zur Wirkung zu bringen.

Geschäftshaus J. Schneider in München - Grundriss
Geschäftshaus J. Schneider in München – Grundriss

Die Fassade ist als Putzarbeit zur Ausführung gebracht, die Flächen in Kalkmörtel als Filz- und Kammzug, die hervortretenden Theile in Romanzement mit einem etwa 3 mm starken weissen Ueberzug aus einer Mischung von gelöschtem Kalk mit gemahlenen Kehlheimer Kalksteinabfällen.

Um den Pfeilern des Zwischengeschosses die Funktion des Tragens zu nehmen, sind dieselben aus Eichenholz hergestellt und als Einbauten behandelt; ihre Kapitelle und Basen sind in Kupfer gestanzt.

Was die Grundriss-Gestaltung des Hauses betrifft, die hier durch den Grundriss eines der oberen Wohngeschosse veranschaulicht ist, so liess die knappe Grösse der Baustelle für dieselbe nur geringen Spielraum zu, jedoch sind die Nebenräume der Anzahl dir Zimmer entsprechend in genügendem Maasse vorhanden. Die Ausstattung der Zimmer ist vornehm bürgerlich und meist in den Formen des modernen Stils gehalten.

Kaufhaus Schneider - Maximiliansplatz in München
Kaufhaus Schneider – Maximiliansplatz in München
Geschäftshaus J. Schneider in München
Geschäftshaus J. Schneider in München

Das Gebäude ist mit einem Personen-Aufzug, Marmortreppen, Dampfheizung und elektrischem Licht ausgestattet. Einschliesslich letztgenannter Einrichtungen berechnet sich die Gesammt-Bausumme auf rd. 154.000 M.

Der Entwurf ist von dem Unterzeichneten aufgestellt worden; die Bauleitung hatte die Architekten-Firma Liebergesell & Lehmann übernommen. München, den 7. Oktober 1898,

Franz Rank, Architekt.

Dieser Artikel erschien zuerst am 10.12.1898 in der Deutsche Bauzeitung.