IV. Das Innere der Häuser

Bevölkerung

Köln mochte vor fünfzig Jahren in vielleicht 7000 Häusern einige vierzigtausend Menschen beherbergen.

Ueber die Bevölkerung des mittelalterlichen Kölns ist gar viel gefabelt worden. Man spricht von weit mehr als 100,000 Seelen. Wo sollen sie aber gewohnt haben? Denn keinenfalls hat die Stadt je mehr, als 10,000 Häuser gehabt – wenn sie so viele hatte. Die Stadt zählte 1781 nach dem Material zur geistlichen und weltlichen Statistik des Erzstiftes 8000 Häuser und 40,000 Einwohner, von denen aber nur 6000 Bürger und 2600 Geistliche beiderlei Geschlechts. Minola gibt in seinen Beiträgen für das Jahr 1800 nur 7404 Häuser an, mit 38,844 Bewohnern, dieselbe Häuserzahl hatte die Stadt auch 1795. Im Jahre 1802 werden 42,000 Seelen angegeben, und 1804 schon allein an katholischen Pfarrgenossen 48,300, wobei aber zu bemerken, daß die Zahl der Unterstützungsbedürftigen stets auf ein Viertel der Einwohner veranschlagt wird. Die Bevölkerung betrug Ende 1826 aber schon 66,073 Seelen in 7000 und einigen zwanzig Häusern; 1827 war sie gestiegen auf 57,022 in 7193 Häusern; Katholiken waren 54 210. Evangelische 2886, und Israeliten 425. Die Bevölkerung zählte 1840 schon 67,000 Seelen, von denen 62,000 katholisch, 4000 evangelisch und die übrigen mosaischen Bekenntnisses, und ist bis jetzt in immer steigender Progression gewachsen. Jetzt hat Köln 110,000 Einwohner in vielleicht 10,000 Häusern.

Dies ist ein historischer Text, welcher nicht geändert wurde, um seine Authentizität nicht zu gefährden. Bitte beachten Sie, dass z. B. technische, wissenschaftliche oder juristische Aussagen überholt sein können. Farbige Bilder sind i. d. R. Beispielbilder oder nachcolorierte Bilder, welche ursprünglich in schwarz/weiß vorlagen. Bei diesen Bildern kann nicht von einer historisch korrekten Farbechtheit ausgegangen werden. Darüber hinaus gibt der Artikel die Sprache seiner Zeit wieder, unabhängig davon, ob diese heute als politisch oder inhaltlich korrekt eingestuft würde. Lokalgeschichte.de gibt die Texte (zu denen i. d. R. auch die Bildunterschriften gehören) unverändert wieder. Das bedeutet jedoch nicht, dass die darin erklärten Aussagen oder Ausdruckweisen von Lokalgeschichte.de inhaltlich geteilt werden.

Millionär

Herr von ein paar Millionen Thalern – ein Begriff, welcher in der Zeit, von der ich rede, die Vorstellung der Mehrzahl der Bürger Kölns überstieg, denn ein Millionär, mit ehrfurchtsvoller Scheu wurde das Wort ausgesprochen, war uns Kindern ein unbegreifliches Wesen, dem alle Schätze der Welt zu Gebote standen; hatten wir nicht gehört, daß Napoleon, erkundigte er sich nach dem Wohlstande einer Stadt, in seiner lakonischen Weise fragte: „Combien de millionaires?“ – Herr von ein paar Millionen, sage ich, geneigter Leser, hättest Du ganz Köln sammt seinen Kirchen kaufen können.

Werth des Grundeigenthums

Höre nur, um welche Preise damals Häuser auf den gangbarsten Straßen verkauft wurden, verschaffe Dir einige Kaufbriefe aus der Zeit, von der wir reden, nicht trauen wirst Du Deinen Augen, vergleichst Du den damaligen Preis des Grundeigenthums mit dem heutigen. Ich kenne Häuser und Grundstücke in der Mitte der Stadt, die damals mit 1800 bis 2000 Reichsthalern, zu 60 Stüber oder 23 Neugroschen angekauft wurden und jetzt nicht für 20- bis 30,000 Thalern feil sind. In demselben Verhältnisse stand der Zins, die Miethe.

Bei 200 Reichsthalern für das größte Haus schlug man die Hände über dem Kopf zusammen. Es mußte schon ein hochstehender Beamter sein, der 1200 Francs Gehalt bezog. Von den Wingerten und Gärten will ich gar nicht reden – was konnte man da nicht für ein paar hundert Reichsthaler kaufen?

Wer dachte aber auch an Kaufen? Die wenigen Speculanten in Domainen-Gütern, darüber schüttelte die Mehrzahl der Bürger den Kopf, das konnten sie mit ihren Grundsätzen nicht vereinbaren. Auch warnte das alte kölnische Sprüchwort nicht umsonst:

„Wer wellt verderve un weiss nitt we,
Dae kaeuf ahl Hüser un baut de!“

Zo Döhr/Innere Disposition der Häuser

Die innere Einrichtung der Häuser, selbst derer, die eine „Zo Döhr“ hatten, in denen kein Geschäft betrieben wurde, ist möglichst einfach, fern von allem Schein-Luxus, aber durch und durch däftig. Comfort und bequeme Wohnlichkeit in der Disposition des Innern, vernünftige Benutzung des Raumes, das waren Dinge, von welchen die damalige Baumeister keinen Begriff hatten. Wie sich die Familie vermehrte, mehr Räume nöthig machte, hatte man in den meisten Häusern Kammern und Hangstübchen hineingeflickt. Selbst auf die beiden Haupt-Lebensbedingungen: Licht und Luft, achtete man nicht.

Charakteristisch war es in allen gewöhnlichen Bürgerhäusern, daß der Eingang zum Keller im Vorhause unmittelbar an die Hausthür stieß, weil diese auch als Schrotthür benutzt wurde.

Purzelbäume in den Keller von Jung und Alt waren an der Tagesordnung. Wer war da nicht einmal in den Keller gefallen? Die Vertheilung des Raumes in den kleinen Häusern hatte man rein dem Zufall überlassen, die Zimmer wahre Kauen.

Heilige Lampe

In größeren Häusern waren die Hausfluren, die Dielen, mit großer Raumverschwendung angelegt, was sich in den dem Rheinviertel zu gelegenen erklären läßt, denn hier dienten die Dielen als Waarenlager; dann fehlte auch nie der Wagenbalken von der Decke hängend. Wenige oder gar keine Häuser von Katholiken gibt es aber, wo das Vorhaus nicht ein Kruzifix, ein Muttergottesbild ziert, gewöhnlich über der Stubenthür, vor welchem an gewissen Tagen, Freitag oder Samstag, und bei gewissen Festen ein Licht brennt. Auch der geringste Bürger spart sich am eigenen Munde vielleicht die Kosten des Oels ab.

Vorhaus

Im Vorhause des däftigen Bürgers ist die „Pähsch“, die Leinwandpresse, ein unentbehrliches Möbel. Das Tischleinen wurde nach dem Gebrauch in derselben gepreßt und das kleine Tischgeräthe aufbewahrt. Zierde des Vorhauses war die stattliche Hausuhr mit dem kunstvoll geschreinerten Kasten, oft Meisterstücke der Marqueterie, mit dem in Messing oder Zinn reichgravirten Zifferblatte, künstlich gezeichnet, zeigt die Uhr auch noch die Daten und die Mondviertel an. Für uns Kinder unbegreiflich, selbst übernatürlich, wenn sich auf dem Zifferblatte ein Thürchen öffnete, ein Vogel heraussprang und mit heller Stimme sein: Kuckuck! Kuckuck! Kuckuck! zu rufen schien.

Die Wohnzimmer eng; aus der Wohnstube führt immer ein Fenster, das sich öffnen läßt, in das Vorhaus. Dunkle düstere hölzerne Wendeltreppen findet man in der Mehrzahl der Häuser; ein Seil, das charakteristisch kölnische Treppenseil, ersetzt das Treppengeländer; doch ist mitunter der Stiegenbaum so gegliedert, daß man ihn als Rampe benutzen kann. Außerordentlich bauschön sind aber in vielen der ehemaligen Patricier- und Bürgermeister-Wohnungen die stattlichen steinernen Wendeltreppen, oft wahre Meisterstücke der Construction.

Ausstattung der Zimmer

Die Ausstattung der Zimmer in den Bürgerwohnungen möglichst einfach. Eine über die gewöhnliche Dimension hinaus gehende Fensterscheibe war uns Kindern ein Gegenstand der Bewunderung, und noch steht es lebendig in meiner Seele, mit welchem Staunen ich in einem Bürgerhause von der Straße aus ein tapezirtes Zimmer bewunderte. Beim ordentlichen Bürger ersetzte der Weißquast um Ostern oder Pfingsten alle Tapeten und Malerei, und hatte das Zimmer keine Fußbekleidung aus Strohmatten, kein hölzernes Getäfel, keine Lamperie, wie wir Kölner sagten, wurde der Fuß, nach urherkömmlicher Weise, mit Schwärze oder Lackmuß angemalt. Meisterwerke der Kunst waren für mich einzelne, in Wasserfarbe angestrichene, mit einer durch Chablonen gemalte Draperie oder Blumen-Guirlande als Simsverzierung geschmückte Zimmer. Ausgaben, die gewiß in den Augen mancher Kölner für Verschwendung galten, und welche sich nur der bemittelte Bürger erlaubte und erlauben konnte.

Möbel der Staats-Gemächer

In den Staats-Gemächern der Häuser der Vornehmen sieht man nur Lurxus entfaltet in mächtigen formenreichen Kaminen, in der reichen Stukatur-Arbeit der Decken, deren Manche bis ins sechszehnte Jahrhundert hinaufreichen und mitunter polychromirt sind, in den Tapeten von antwerpener Leder in Gold und Farben gedruckt, oder von Tuch mit Dessins in Gold; seltener kommen Hautelisse Tapeten vor. Gewöhnlich sind die Prachtmöbel, die schweren Tische schön eingelegt mit kunstvoll gearbeiteten Stollen, Sessel und Stühle den Teppichen der Wänden entsprechend, entweder mit antwerpener Leder, oder mit Hautelisse überzogen. Zimmer mit Wald-Landschaften der Gebrüder Manskirsch geschmückt, gehörten zu den Seltenheiten; moderner Luxus waren in gar wenigen vornehmen Häusern pariser Tapeten mit Landschaften und bunt knallender Figuren-Staffage.

Reinlichkeit

Fußteppiche bilden die seltensten Ausnahmen, nur hier und da findet man Strohmatten als Fußwischer, das Scheuertuch, „Opnemmensdohg“, mußte deren Stelle ersetzen, war gerade am Samstag gescheuert. Bei dem wohlhabenden Bürger sind die Zimmerböden, auch wohl die Kellerdiele, mit weißem Streusande bestreut, und auf diesem, nach holländischer Sitte, mit dem Kehrbesen allerlei Figuren gezogen. Reinlichkeit ist eine Tugend der kölner Hausfrauen.

Freier

Die Haupt-Scheuertage fallen vor den Haupt Feiertagen des Jahres, besonders um Ostern, dann wird der „Judas gefegt“; um Fastnacht und Pfingsten sonst aber fleißig Jagd auf die von der Decke hängenden „Freier“ gemacht, wie die Kölnerinnen das Spinngewebe nennen.

Freier heißt eigentlich der Bewerber, der einem Mädchen den Hof machende. Hat die Magd nun viele Liebhaber, denkt sie wenig an die Hausarbeit, das Putzen und Fegen, und das Spinngewebe, die Freier stellen sich ein. Hängt sich einem Mädchen Spinngewebe ans Kleid, denkt ihr Freier an sie. Daher das Sprüchwort: „Vill Freier an der Hand, vill Preier an der Wand“.

Macht sich auch das Wort „altfränkisch“ schon geltend, und drängen sich auch schon Möbel in dem ungelenken französirten griechischen Geschmacke, oder à l’Egyptienne in einzelne Häuser im Allgemeinen aber hält man noch treu an dem altväterlicher Hausrath. Vielsagend sind allenthalben die mächtigen eichener Tische mit ihren gewundenen und Knauf-Stollen, die gewichtiger Stühle und lederüberzogenen Sessel mit ihren hohen Rücken, phantastisch mit geschnitztem Laubwerk und Fratzenköpfen verziert, und mit breiten kupfernen Nägeln beschlagen, die gewaltigen reichgeschnitzten Schränke, selbst Laden aus Ebenholz, die gar oft bis ins fünfzehnte Jahrhundert hinaufreichen, die altehrwürdigen Himmelbettstellen – wahre Familien-Chroniken. Nur bei vornehmen Familien findet man Prachtmöbel à la Louis XV.

Rumpelkammer

Diese Familienstücke, sind sie selbst invalide, werden mit einer rührenden Pietät aufbewahrt, und eben darum ist in jedem echtkölnischen Bürgerhause die „Rumpelkammer“ ein wahres Heiligthum, uns Kindern eine neue Welt, wenn wir da einmal mausen konnten, eine reiche Fundgrube der Wunder und Märchen, denn was wurde da nicht alles in schwerbeschlagenen Kisten und Kasten, in Truhen und Pappschachteln aufbewahrt? Auch das Kleinste, das je der Familie gedient, an das sich nur irgend eine Familien-Erinnerung knüpfte, wird gewissenhaft aufgehoben, ein Bunterlei, das selbst die lebendigste Phantasie nicht zu schaffen im Stande ist. Im bunten Durcheinander sind hier Erzeugnisse der letzten Jahrhunderte aufgestapelt, defect gewordene Möbel, Kleidungsstücke aller Arten, Hüte, Hauben, Perücken, hochabsätzige Mulen oder Pantoffel, wenn auch mottenzerfressen, bis zu den „Reihlievern“ aus Fischbein zusammengesteppte, oft kostbar in Gold und Silber gestickte Cuiraffen oder Leibchen, die Poschen oder vertugades, die aus Stuhlrieth geformten Gestelle der Reifröcke, der vertugadins, in welchen die Großmama oder Urgroßmama einst einherstolzirt. Alles, selbst Gläser und Porzellangeschirr, wenn auch defect, außer Gebrauch gekommenes Kupfer- und Zinngeschirr findet sein Plätzchen – eine kölner Hausfrau ließ nicht das Mindeste verkommen, „zo Schande waede“, wie sie sagt. Selbst der Moderduft, welcher die Luft der Rumpelkammer schwängert, hat etwas Ehrfurcht Athmendes.

Leinwandschrank

Der damaligen kölner Hausfrauen Stolz war der Leinwandschrank und die Küche. Den ersteren bezeichnete man treffend als heimlichen Reichthum und heimliche Armuth. Der aus schwerem Eichen- oder Nußbaumholz, ja, selbst massiv aus Ebenholz gearbeitete Schrank mußte strotzen von blendend weißem Linnen und künstlich gewebtem „Gebild“, wie der Kölner das Tischleinen nennt. Mit Wohlgefallen sah die Hausfrau auf die Rollen der selbstgesponnenen Leinwand, welche die Bekrönung des Schrankes zierten.

Küche

Von einer kölnischen Küche gibt uns Wallraf folgende Schilderung:

Die gegebene Schilderung ist eine Reliquie unseres seligen Wallraf, einer kölnischen Idylle entnommen, deren Inhalt das „Wursten“ in einem vornehmen Bürgerhause, zu welchem nach altem Herkommen, die Frauen der Nachbarschaft geladen sind, wie dies bei allen im Jahr epochemachenden Haushaltsgeschäften der Fall war.

Noh gienk’t (1) vun der Anriech (2) schnak (3) en de Staats-Köch (4)
Alt va feens (5) schung (6) doh Alles geschoot (7) un gelöch (8),
Un selvs alt em Vörbuhs, wa’mr quoom (9) vun der Strohssen,
Doh sooch mer den Teesch met de zinnene Moossen (10),
De blenkigte (11) Hevver (12), dat grosse Geweech,
Un de Lamp vör dem Krutz met dem ihwige Leechs (13);
Un boven der Saalsthör doh blezzte (14) va wikkem (15)
Op’r schwatze Stellasch (16) met Hoek (17) an der Sikken (18),
De grosse Credenskump op altfränksche Wijhs,
Met Adam un Eva em Paradijs,
Zwei Schinkekesslen, zehn, drückzehn Castrollen (19),
Veer koffere(20) Büssen met Taaterollen,
Drei Kruckstein (21), zwei Stöllpen (22)’t sehung Alles wie Gold,
Funf Lööehten (23) wommett mer dee Heeren heim hollt,
Met Maentelcher drömm vun ahlem Kattung (24),
Hiengen drungen an Kraemp noh der Oodenung,
Die meddelste wohr e suh’n griesselich (25) Dink,
Die brouchten sei, wam mer beriechten (26) en gink.
Ich’n sall et ming Siel! (27) üch ‚t nitt üvverdrieven,
Deh Glanz un deh Richthom es nit zo beschrieven.
Am Dürpel (28) der Staatsköch, do loog’n Strüh-Matt,
För denn, deh die Schon noch nitt rein genoog hat.
Vorhaeufs (29) stund der Heed (30) metzwei deceke Brandreechter (31)
Met griessliche Klauen un Lievegesechter (32),
Un för op dem Klozz stund’t Woopen (33) vam Huhs:
Zwei Köpp an der Sikken, en der Mezzen en Ruhs (34),
Schöpp (35), Stäuver (36) un Klooch (37) met geschwänzelte Stillen
Un der Hehlhook (38) met dreimohl gekrezzelte Spilen (39),
Woor Alles va Koffer, woud met Lappen van Joucht (40)
D’Woch dreimohl geschoot, un Keimohl gebroucht.
Der Schorrestein (41) stund op vier Marmel Pilaren,
Boven öm versoff Faro met singen Husaren.
De Lies (42) woor met dubbler Falbla (43) garneet,
Un Mohr huh met hollaendsche Plaetger gezeeht.
De Plaat op der Aehden, do Kunt mer van essen,
Op dem Teeseh un am Schaaf (44) sich speeglen un messen,
Do sogh (45) mer kei Waentgen (46) Stöp (47) oder Dreck:
De Tellere van Blockzinn anenander om Reck(48),
De Kumpen, de Schotteln (49) för Zinter Cloos (50)
De glinzten (51) durch’t Finster bes üver de Strohs.
För’n Frau, de wie ich, jet op Nettigkeit haelt,
Woer, docht (52) mer, kein staatzere Köch en d’r Welt.

1) Es ging;
2) die Anricht, der Küchentisch, wo die Speisen angerichtet werden;
3) gerade aus, von schnak, gerade;
4) die Pracht-Küche, englisch: state-kitehen, der Staat, der Luxus, Put, staaz, adj. geputzt;
5) von ferne;
6) schien;
7) gescheuert;
8) zum Glänzen geputzt, von löchden, schimmern, glänzen, wie das hochdeutsche leuchten, auch in der Bedeutung von sehen: „ich kann in nitt löchden, noch sinn; aber ebenfalls in der Bedeutung Gemüse durch Wasser frischen, so auch in der Küche „dat Löchbrett“, wo die Teller nach dem Spülen aufgestellt werden;
9) Kann;
10) die Meßkanne, Maße;
11) blinkend;
12) der Weinheber;
13) das ewige Licht;
14) blitzte;
15) von Weitem;
16) Gestell, franz. étalage;
17) Haken;
18) an der Seite;
19) das französische casserole;
20) kupferne;
21) Krautstein, Mörser, Kruek, Kraut, für Specerei, Gewürz, holländisch: kruit, kruidenier, Specereihändler;
22) ein flaches Gefäß, Stülpe, Botterstölp, holländ. stolp, stulp;
23) Laterne, Leuchte;
24) Kattun;
25) gräßlich;
26) berichten, einem Kranken die Sterbe-Sacramente bringen;
27) Auf meine Seele! auch im englischen: upon my soul!; die italienische Interjection: in anima mial;
28) Thürschwelle, holländisch: Dorpel, mittellateinisch: durpilus;
29) Gerade aus, Vorhaupt;
30) Heerd;
31) Brandböcke – resehten, in gerader Linie halten;
32) Löwengesichter;
33) Wappen;
34) Rose;
35) Schaufel, Schüppe, Schippe;
36) Stäuber, norddeutsch: Stöver, Stöber;
37) Feuerzange, Kluft, Kluppe, Zange;
38) Heerdhaken;
39) Spille, Spillen;
40) Juchten, oder Juchtenleder;
41) gescheuert;
42) Leiste, Schlußleiste, Sims;
43) das franzosische salbala, die Valbel;
44) Schrant, norddeutsch: Schopp, Schaff;
45) sah, sinn, sogh, gesinn;
46) das mindeste, geringste, von dem englischen: want;
47) Staub;
48) Gestell, Gerüst für Küchengeräthe;
49) Schüsseln;
50) heiliger zinter Niklas;
51) glänzte;
52) däuchte mir.

Beschreibung

Neben dem herkömmlichen Küchenschmuck, dem Kupfer und Zinn, fehlten in keiner Küche die frechemer irdenen Schüsseln und Kumpen, recht bunt bemalt, mit Sprüchen auf den Rändern in wahrer Runenschrift, für den Knaben paläographische Studien. Noch erinnere ich mich mehrerer, die ich nach langer Mühe entziffert:

Uns Magd die Ann,
Hat e Kind un geine Mann.

Uns Magd die Ann,
Haett esu gaehn ’ne Mann.

Lieben und nicht haben,
Ist haerter als Stein graben.

Ich bin ein Vöglein fein
Und hab mein Nest allein.

Alle Tage neue Plage.

Alles was wir haben,
Sind lauter Gottes Gaben.

War ein solches Geschirr gesprungen, wurde es nicht fortgeworfen, kostete es auch nur ein paar Stüber, es mußte, wo möglich, mit Draht zusammengeflickt, „gebungen“ werden, was der von früh Morgens bis zum späten Abend durch die Straße ziehende „zo Binge-Mann besorgte.

Der Saal

Das Allerheiligste des Hauses ist das Staats-Zimmer oder, wie es bei den Vornehmen hieß, der „Saal“. Gewöhnlich verschlossen, daß kein ungeweihter Fuß ihn betrat, selbst die Hausfrau zog gar die Pantoffeln oder Mulen aus, wenn sie auf dem Saal etwas zu holen, oder zu „stiveln“, zu ordnen hatte. Der Saal umschloß uns Kindern alle Wunder der Märchenwelt. Wie geizten wir nach einem Blicke in das Heiligthum, wie glücklich waren wir, war uns einmal vergönnt, hinein zu gucken. Hier hingen die alten Schildereien, denn einige Kunstsachen fehlten in keinem ordentlichen Bürgerhause; hier stand der Silberschrank, mit der Reihe aufgehängter Löffel, den Bannerköpfen und ähn- Familienkleinodien, dem chinesischen Porzellan, und wie die Wunder alle hießen. Und welch‘ ein Schmerz, welch‘ Herzeleid, wenn die Bedrängnisse der Umstände, der Zeiten Noth eine Familie zwangen, irgend ein werthvolles Familienstück zu versilbern! Ohne förmlich gehaltenen Familienrath geschah es gewiß nicht, und ohne Thränen schied man nicht von dem theuren Erbstück. Der echte Kölner hielt es sogar für einen Schimpf, zwang ihn die Noth zu solchem Schritt, sagte ihm doch ein altes Sprüchwort:

„Faengk mer än an de Waeng,
Dan haett et bahl en Eng.“

Diese Familienkleinode, der Kunstschmuck der Häuser in Gemälden, Schnitzarbeiten und Möbeln wurden erst zu Gelde gemacht, als die Kunstjuden schnüffelnd und forschend durch’s Land zogen, und man anfing, dem äußeren Scheine in Mobilien und Hausrath die alte gediegene Däftigkeit zu opfern.

Bestanden auch einige privilegirte Pfandhäuser, kölnisch Lumbards, so war das auf Pfänder leihen doch auch ein Geschäft alter Frauen, woher der kölnische Ausdruck: „Jett no der Bess“ tragen. Bess heißt eigentlich die beste Mutter, die Großmutter und so auch alte Frau. Als Kind hörte ich Manchen als ,“Aach un veeziger“ bezeichnen, wie man die Geldwucherer nannte.

Nur bei Hochzeiten, Kindtaufen, Namenstagen, Kirchweihfesten, Fastelabend und bei so genannten Reu-Essen wird der Saal zu den altherkömmlichen Schmausereien geöffnet, bei denen es, wenn auch die Lebensweise sonst noch so einfach, an nichts fehlen darf, Alles aufgeboten wird, was Küche und Keller vermag.

Haus-Conditorei/Festgelage

Bei solchen festlichen Gelegenheiten hatte ein Koch oder eine Kochfrau das Regiment in der Küche, was sich sonst die Hausfrau unter keiner Bedingung nehmen ließ. In jeder däftigen Familie befand sich auch ein geschriebenes Kochbuch, denn selbst die Conditorwaare ist hausbacken, in keiner ordentlichen Haushaltung fehlt die Tortenpfanne, die Bunteform, das Waffeleisen, Muhzeroll, Muhzeröllche und Mändelchesform. Die Kunst unserer Conditoren beschränkte sich auf Mürbbäckerei, in Botterbretzel, Botterstüttchen, so genannten Blätterteig, Hefen-Bund, Biskuit, Makronen, Speculatius, Demmerjöhncher (5), gebrannte Mandeln, Zuckerstängelcher (überzuckerte Calmus-Wurzel), Caramellen und Gerstenzucker. Ein eigener Geschäftszweig war die Kuchenbäckerei.

Speculatius, eine Art Zuckerbackwerk in den verschiedenartigsten Formen und Figuren. Vielleicht von dem lateinischen speculor, engl. to speculate, weil man nachgrübeln muß, um die Figuren zu erkennen.

Oemmerjöhncher, die italienischen Consetti di Coriandolo, nämlich ein Koriander-Korn, rund mit Zucker in allen Farben überzogen, daher auch das Wort, von „heroemjohn“, herumgehen. Die Koriander-Körner werden in einen runden Kessel mit Zucker gebracht, und die Masse immer gedreht, wodurch sich der Zucker an das Korn hängt und die runde Form entsteht. Wie man in Italien mit den Consetti um Fastnacht wirft, so wurden in Köln Oemmerjöhncher bei dem alten Doctorritte der Universität geworfen. Oemmorjöhncher sind die kölnischen dragées.

Kölsche Pefferlecker

Gilt es nun ein Festgelage, einen Gelegenheitsschmaus, dann geht es hoch her, – berühmt ist die kölnische Köchin, die kölnische Küche, schmackhaft und däftig, und eines guten Trunkes befleißigt man sich nicht minder. Nennen doch die Bauern der Umgegend die Kölner nicht umsonst: „Kölsche Pefferlecker“, was anders nichts heißt, als – Feinschmecker, Leckermaul.

Pefferlecker bezeichnet im Kölnischen ein Leckermaul. Unter Pfeffer, als das Vorzüglichste der Gewürze, wurden früher alle Gewürze verstanden, der Gewürzhändler hieß „Piperarius“, und daher auch die Ausdrücke Pefferkuchen, engl. peper-cake, Peffernoess, Hasepeffer, Birrepeffer u.s.w.

Aus dem Mittelalter sind die Pfefferzölle bekannt; so schickte auch Nürnberg der Stadt Köln jährlich einen hölzernen Pocal voller Pfeffer und ein paar Handschuhe. Auch bei Geschenken an Fürsten kommt der Pfeffer häufig vor. Der Ausdruck: „Et es gepeffert“, es ist sehr theuer, hat seinen Grund darin, daß der Pfeffer im Mittelalter sehr theuer bezahlt wurde, im Alterthume, zu Plinius Zeiten, sogar mit Gold und Silber in gleichem Werthe stand. – Die Kölner hatten den Spitznamen Pfefferlecker, weil sie eine gute Küche liebten und lieben, ohne gerade Phaeaken zu sein.

Wohnstuben der Handwerker

Die Wohnstube des geringeren Bürgers, des Handwerkers ist meist, wenigstens im Winter, auch Küche und Werkstätte, wenn das Handwerk nicht größeren Raum erheischt. Er hat sonst nur die „Stuff“ und die Kammer, wo die Familie schläft. Stühle und Sessel gehören zu den Seltenheiten, Truhen, in denen Alles aufbewahrt wird, bilden die Sitze. Es mochte aber eine Seltenheit sein, eine Wohnstube, ob reicher, oder armer Leute, ohne den herkömmlichen Vogelbauer mit einem Singvogel zu finden.

Singvögel

Bei den meisten Bürgern war der Zimmer-Musiker ein Canarienvogel, und dann fehlte auch fast nirgend das Vogel-Oergelchen, mit dem der gelbe Sänger eingeübt wurde, und zwar täglich zur bestimmten Stunde.

Pützvögelchen

Ein Wunderthier war für uns Kinder ein so genanntes „Pötzvügelchen“, ein Hänfling, der sich selbst sein Futter mit einem Kärrchen heraufzog, sein Wasser pützte. Sonst gab es Nachtigallen, Zeisige, Buchfinken, Lerchen, mit deren Käfigen manch Zimmer ausgestattet war.

Eichhörnchen

Ein in einem Rade laufendes Eichhörnchen kam auch vor.

Wachtel oder Böckteröck!

Bei Bäckern und Brauern hing am Giebel häufig eine Amsel, die so genannte Merle, mit Tagesanbruch bis zum Sinken der Sonne an einem fort dasselbe Lied pfeifend, oder eine Wachtel, kölnisch „Böckteröck“, welche mit ihrem Schlage die ganze Nachbarschaft weckte.

Hinter der Thür des Wohnzimmers hängt das allgemeine Handtuch, der Twiel. Ein Möbel des Winters ist der hinter dem Ofen stehende Deckelstrog; Deckels nennt man das mit Lehm angemachte Brandgeriß, das aber auch noch in „Klütten“ geformt wird, wie noch in Aachen und in Belgien.

Kinderzucht

In keiner „Stuff“ (Stube) fehlt unter oder über dem Spiegel das Crucifix, unter demselben das Kammfutter, der große oder kleine „hinkende Bote“ mit dem Aderlaß-Täfelchen, und hinter dem Spiegel, sind Kinder im Hause, die birke Juffer, die Ruthe für die Mädchen, und für die Knaben der Ohsepisel oder das Engkge Tau’s.

Prügelexecutionen

Die altkölnische Erziehung hielt es mit Jesus Sirach, der da spricht: „Wer seine Kinder liebt, schonet der Ruthe nicht!“ Förmliche Prügel-Executionen ließ man durch die Alexianer-Brüder vornehmen, wenn irgend ein schon herangewachsener Sohn nicht ganz nach der elterlichen Pfeife tanzen wollte. Mit Grausen schlichen wir an einem Hause „unter Kästen“ vorbei, wo, wie man erzählte, bei einer solchen exemplarischen Execution ein junger Mensch todt geprügelt worden, – und jetzt als Spuk umging.

Einer meiner Onkel, schon Student in der Rhetorica des Montaner-Gymnasiums, hatte auf dem Altenmarkte sein Schätzchen, zu dem er wohl zuweilen Abends freien ging. Da Vorstellungen nicht geholfen, schritt man zu dem gewöhnlichen Mittel, man bezahlte ein paar Sackträger, die in Begleitung seines ältesten Bruders dem jungen Manne auflauerten, und ihn, als er eben bei der Geliebten an der Thür stand, tüchtig durchgerbten, mit dem Bemerken, sie wollten ihm das Caressiren vertreiben. Der junge Mann konnte diese Zurechtweisung Angesichts der Geliebten nicht verschmerzen, zu tief war sein Ehrgefühl gekränkt, er ging noch denselben Abend auf und davon und ließ sich bei den Oesterreichern anwerben.

Gärten

Wenige Häuser gab es, die keinen Garten oder doch ein Gärtchen hatten. Hier war bei Vornehm und Gering die Hauptsache die Bleiche, da, mit sehr seltener Ausnahme, die Hausfrau im Hause die Wäsche besorgen ließ. Sonst waren der Gärten Hauptzierde die Spaliere mit den Reben und den an denselben gezogenen Obstbäumen, besonders Birnen und Pfirsiche, Melacatungse, wie der Kölner sagt. In den größeren Gärten der Vornehmen waren die anderen Obstbäume steif zugestutzt, zu Kronen und Pyramiden, auch fand man wohl Taxushecken, die à la bollandaise, in allen nur denkbaren Figuren verschnitten waren, und weiß angestrichene oder bunt bemalte Statuetten heidnischer Gottheiten und allegorische Gestalten der vier Jahreszeiten im baroksten Style. In keinem Garten fehlte das Sommerhaus, der spanische Flieder, die kölnischen Maiblumen, und bei geringen Leuten die Sonnenblumen, deren reifer Samen, „Pimpernüsse“ genannt, den Kindern ein Naschwerk, und mit welchen bei festlichen Gelegenheiten die Hausfacade geschmückt wurde.

Höfe

Hatte das Haus keinen Garten, so hatte es doch wenigstens ein Höfchen oder einen Hof mit dem „Saerk“, dem Regensarg.

Auf dem Hofe fehlte selten beim ordentlichen Bürger „et Höndersch“, der Hühnerstall, oder die „Hönderkau“.

Dies ist ein Auschnitt aus dem Buch Köln 1812, mehr Infos dazu hier. Das Inhaltsverzeichnis zum Buch, in dem die online verfügbaren Abschnitte verlinkt sind, ist hier zu finden.