VII. Die Kleidung

Wie der Hausrath, so die Kleidung. Stoff und Schnitt bekunden Rang und Stand des Bürgers. Der Handwerker und geringere Bürger läßt es sich nicht beikommen, modisch, wie ein Vornehmer, gekleidet zu gehen. Mit Fingern hätte die Nachbarschaft auf ihn gewiesen, würde er sich in einem modischen Anzuge auf den Straßen gezeigt haben. Der kölnische Handwerker schämte sich noch nicht seines Schurzfelles, ist stolz auf seines Gewerkes Zeichen, hält was auf den Ehrentitel: Meister. Noch kann man auf der Straße an Sonn- und Feiertagen die Herrschaft von der Dienstmagd unterscheiden.

Hauskleidung

Im Hause trägt der Mann von Stand den Japunge (l) von geblümtem Zitz, den Schlafrock, die weiße Schlafmütze mit breiten Bändern, der gewöhnliche Bürger das Camisol, im Winter von Tuch, im Sommer von Cattun, und ebenfalls die baumwollene Schlafmütze, die bei geringeren Bürgern, bei den Handwerkern blau mit weißen Rändern, und im Winter durch die graue wollene ersetzt wird, welche man bei strenger Winterzeit auch wohl unter dem Hut oder der Kappe trägt.

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Kurze Hosen

Bei den Männern aus den geringen Ständen, den Handwerkern, stehen die kurzen Kniehosen mit den Eindringlingen, den langen, in offener Fehde, so die dreieckigen Hüte mit den runden, den so genannten Brabäntern. Die vornehmen Classen steifen sich noch darauf in kurzen Hosen, mit Schnallenschuhen, en escarpin zu erscheinen.

Der Zopf

Der Zopf ist zwar im Allgemeinen verbannt, eine Ausnahme, doch fällt es Vielen so schwer, sich von demselben zu trennen, daß sie die geflochtenen Haare des Hinterkopfes nach vorne mit einem Kämmchen befestigen.

Knotenperrücken

Schlichte Knotenperrücken, selbst mit zwei Reihen Knoten, à deux marteaux, wie der Kölner sagt mit einem oder zwei Stockwerken, kommen auch noch vor und zieren wohl die Schaufenster der wenigen Perrückenmacher, deren Kunst mit jedem Tage mehr auf Kamm und Scheere und Brenneisen beschränkt wird.

Puder

Puder ist noch immer ein Toiletten-Mittel der älteren vornehmen Herren.

Mopshunde

Noch steht die mannstolze Gestalt des Domherrn von Mylius mir lebendig vor den Seelenaugen, der jeden Tag zu bestimmter Stunde in langem braunen Ueberrocke, stattlich gepudert an meinem elterlichen Hause vorbeikam, und zwar in Begleitung von ein paar gelben feisten Mopshunden. Möpse waren die Modehunde. In keinem Hause mit einer “Zo Döhr” fehlte der Mops mit seinem heiseren Gekläffe. Es mochte wenige Mafrauen oder Juffern geben, die nicht einen Lieblingsmops, einen Zemir, ein Azörchen, ein Fidelche hielten. Als Seltenheit sah man hier oder da einen schönen Pudelhund, auch wohl bei vornehmen Damen ein Löwenhündchen.

Halsbinden

Glatt geschoren ist des Mannes Gesicht. Das Kinn ruht in dicker Crawatte über einer gesteppten Unterlage gefaltet; wenn schwarz, auch wohl von einer weißen überragt. Weit ist die Weste mit aufstehendem Kragen, meist brochirter Seide oder gestreiftes Zeug.

Jabot

Bei dem Manne von Stande fehlt nie das Chapöche, das Jabot, “et Laberdöhnchen”, die fein gefältelte Brustkrause aus brabanter Spitzen.

Taschenuhren und Berlocken

Auf dem Bauche baumelt die goldene oder silberne Kette mit mächtigen Berlocken, gewöhnlich auf der rechten Seite getragen, doch sieht man auch wohl noch Berlocken auf beiden Seiten des breiten Hosenlatzes. Hell sind die Modefarben der Hosenstoffe. Der Wechsel der Tuchfarben für Röcke nach der Mode machte sich auch bei unseren Incroyables schon bemerkbar, eine gewaltige Neuerung.

Frackröcke

Der Frackrock ist die gewöhnliche Herrentracht im Sommer, doch wird von Einzelnen im Winter ein Tuchspenser über denselben gezogen.

Roquleaure / Schanzläufer

Noch häufig sieht man im Winter den Roquelaure, den 1715 vom Herzoge von Roquelaure erfundenen Reiserock, als gewöhnlichen Ueberwurf, neben dem Schanzläufer, einem langen Mantel mit langen Kragen, auch noch hier und da einen lackirten dreieckigen Hut, wie wir sie später bei Kutschern und Bedienten, bei Postillonen in runder Form finden.

Muffe

Bei Damen und Herren der vornehmeren Classen fehlt im Winter der Pelzmuff, “der Stuche” nie; je größer derselbe, je vornehmer sein Träger, nicht selten abnorm umfangreich.

Runde Hüte

Wird ein runder Hut, ein Brabänter angeschafft, muß er für die Lebensdauer aushalten, und dient dem Erstgebornen, und sind der Söhne mehrere, allen als Communionshut, wenn derselbe auch, trotz aller Manipulationen der Mutter dem Neu-Communicanten auf dem Kopfe hin und her wankt, oder gar auf der Nase sitzt.

Bratenröcke

So wird der Brautrock des Papa gewöhnlich, nach altem Brauche, zum Communionrocke des Erstgebornen umgemodelt. Bei den alten Bürgern kommen die Festkleider nur zum Vorschein, wenn “enen huhen Dag” ist, an den Hauptfeiertagen, an den Festtagen der Familien. Hundertjährige Röcke, werden sie auch nicht mehr getragen, sind in einzelnen däftigen Bürgerfamilien keine Seltenheit, der Kleiderschränke ehrwürdige Zierde, Erinnerungen aus der Familien-Chronik. Der Urgroßvater oder Großvater trug den Rock bei der oder der Bürgermeisterwahl, bei dem oder dem Rathsessen, was nie zu erzählen vergessen wird, kommt ein solcher Bratenrock zur Schau.

Pariser Herrenmoden

Aeltere Herren und, als Ausnahme, auch wohl Damen, führen Schnupftabaldosen, noch häufig aus bemaltem Porcellan, mit silbervergoldeter Einfassung. Stöcke werden allgemein von den Herren getragen, stattliche spanische Rohre mit goldenen, silbernen, elfenbeingeschnitzten und Porcellan-Knöpfen. Bei der jüngeren Welt sieht man auch schon Bambus- und Zuckerrohre, flach mit Gold oder Silber beschlagen.

Bei den jüngeren Männern der vornehmen Classen werden die Schnallenschuhe durch lange Stiefel mit gelblackirten Stülpen verdrängt, in welche die über dem Knie geknöpften Hosen gingen.

Im Winter tragen auch ältere Herren lange kalblederne Zugstiefel, die mit einem Riemchen am Knie befestigt, doch so, daß man die weißen Strümpfe sehen kann. Bei festlichen Gelegenheiten, auf Bällen u.s.w. behauptet sich natürlich der escarpin.

Bei den Herren kommen auch wohl Steifstiefel à la Suwarow vor.

Pariser Herrenmoden sind eine solche Abnormität, daß man auf die Wenigen, welche es wagen, in denselben zu erscheinen, mit Fingern zeigt, sie um Fastnacht copirt, lächerlich zu machen sucht.

Unter den Bürgerfrauen hat sich in Schnitt und Stoff der Kleider, der alte Typus noch ziemlich erhalten und ist allgemein.

Frauenmäntel

Das unterscheidende Merkmal der Tracht der kölner Bürgerinnen ist der lange tuchene oder cattunene Mantel mit der, mit demselben Zeuge garnirten Kaputze, wie wir sie noch in den Flandern bei den geringen Frauenclassen finden.

Falje / Huik

Eine Ausnahme sind die cattunenen Kragmäntelchen, eine Art Mantille mit krauser Garnirung. Neben dem Kaputzmantel herrscht das schwarze Regentuch, die echt spanische Falla, woher auch die kölnische Bezeichnung “Falje”, das holländische Falie, die sich bei verheiratheten Frauen und alten Jungfern in schweren Seiden- und mehr oder minder kostbaren Stoffen findet, so auch aus Wollentuch oder Sersche, und dann wohl mit dem altkölnischen Namen “Huik” benannt wird, ebenfalls spanischer Abkunft, in den Bauerbänken bei Begräbnissen getragen, und zu diesem Zwecke unter einander geborgt.

Spitzen

Der Staats-Anzug der Damen ist der lange, mit Spitzen garnirte, meist schwarzseidene Kaputzmantel, den sich an Sonntagen auch die Frauen des Mittelstandes erlauben. In der Kirche, besonders wenn die Damen zum Tische des Herrn gehen, fehlt nie der Spitzenschleier, die „Volle”, von dem französischen „le voile” so genannt. In Spitzen, die sich aber, wahre Familien-Kleinode, von Geschlecht zu Geschlecht erben, wie auch Familien-Diamanten, wird viel Luxus getrieben und dies selbst in den däftigen Bürgerclassen. Der Frauen höchste Pracht sind die kostbaren brabanter Spitzen, doch sieht man auch viele mit der Nadel gemachte, dem so genannten englischen oder schottischen needle-work, in deren kunstvollen Anfertigung sich in vorfranzösischer Zeit einzelne Frauenklöster auszeichneten. Das Spitzen- oder Wirkkissen ist in allen besseren Familien noch eine Reliquie der Rumpelkammer, sehr selten wird hier noch geklöppelt, früher eine Lieblings-Beschäftigung der Damen.

Brautkleider

Seidene Frauenkleider, natürlich eng mit Gehren, sind Seltenheiten, werden selbst in den höheren Ständen nur an den höchsten Festtagen, oder bei außerordentlichen Veranlassungen getragen. Mit einem wahren Stolze zeigt aber die Hausfrau die kostbaren, schwerseidenen, in bunter Seide, selbst in Gold und Silber gewirkten Brautkleider der Mutter, Großmutter, nicht selten noch das der Urgroßmutter und das eigene, als Hauptzierde der Garderobe. Gleich Reliquien werden dieselben aufbewahrt, und wohl bei ganz besonderen Angelegenheiten einer Kirche zu Kirchengewändern verehrt. Eine seidene Schürze wird bei einer Bürgerfrau als ein Luxusartikel betrachtet; der gewöhnliche Anzug war aus gedrucktem Leinen, „Gedröeks”, daher die Blaufärber und Drucker ein bedeutendes Geschäft, oder aus englischem oder französischem Cattun, im Sommer aus englischem weißen Barchent. Vor fünfzig Jahren kannte noch keine Kölnerin das moderne Stichwort: „Man sieht mir auf den Kragen, und nicht in den Magen!”

Serretétes

Als Neuerung macht sich die einfache französische Haube, die Serretétes, geltend, welche bald die allgemeine Kopfbedeckung der Bürger-Frauen waren; nur wenige der Vornehmen blieben bei den kostbaren Spitzenhauben.

Marchands de modes

Köln hatte damals nur zwölf Modehändler, unter denen Johann Jacob Federhen der bedeutendste, und von welchen sich einige schon den Namen Marchands de Modes beilegen. Ein Damenhut oder ein modischer pariser Damenkopfputz war ein exotisches Wunder, dem wir Knaben nachgafften und nachliefen. Haubensteckerinnen und so genaunte Rüsterinnen, oder kölnisch, “Röstesche”, welche die Hauben wuschen und aufmachten, gab es aber die Hülle und Fülle.

Nebels- und Kragkappe

Bei den älteren Frauen und Matronen der geringen Stände regiert die Nebelskappe, und die mit Spitzen besetzte Kragkappe aus Sammet, im Winter Pelzverbrämt, auch wohl das so genannte Kappesblättchen, eine in Form eines Kohlblattes in Pfeifen gelegte Spitzenhaube, die rund um den Kopf ging und mit Nadeln befestigt wurde. Kennzeichnend war die blaue Schürze mit dem Brustlatz.

Halbhandschuhe

Wie die Damen die Halbhandschuhe, die Mitaines aus Filet im Sommer trugen, so die älteren Bürgerfrauen die Halbhandschuhe, mit einem Daumen aus Sammet, Manchester oder Plüsch, im Winter mit Pelz verbrämt.

Ohrgehänge und Brustkreuze

Ohrgehänge waren ein gewöhnlicher Schmuck, aber nie fehlte das Halskreuz bei Verheiratheten und Unverheiratheten, nach den Ständen aus Demanten, Gold oder Silber, oder aus vergoldetem Messing gewöhnlich an einem schwarzen Floretbande getragen.

Loderähnsdöscher

Ein wesentlicher Theil des Anzuges der Hausfrauen waren die unter dem Oberkleide umgebundenen Taschen, gewöhnlich aus Zwilch oder Barchent, aber nicht selten aus Leder, in welchen bei den vornehmen Damen nie das “Loderaehns-Dösche” (2) fehlte mit dem Schwämmche in Schlagwasser getaucht, wie man das Eau de Cologne nannte. Waren diese Riechbüchschen bei den Reichen zierlich in Gold und Silber gearbeitet, so begnügte sich die Bürgerclasse mit Loderaehns-Döschen aus Elfenbein oder aus Zinn mit einer hölzernen Kapsel in der Form eines Taubenei’s – ein Hauptartikel der nürnberger Industrie.

Treckmützchen

Die Mädchen und Frauen der Bauerbänke und Bäuerinnen, wie auch die Mägde, trugen als Nationaltracht das niedliche, so schmeichelnd kleidsam zu Gesicht stehende, so genannte “Treckmützchen”, ein rundes Häubchen, von einer runden, den Hinterkopf umschließenden Spange, “Ohreisen” gehalten, deren herunterlaufende Knöpfe sich vor den Ohren an die Schläfe legten. Das Vermögen der Trägerin bestimmt das Metall der Spange; nicht selten sind die Knöpfe fein ciselirt, selbst mit Edelsteinen geschmückt. Die Haare sind glatt auf der Stirn gescheitelt und im Nacken in einen Chignon, die Katze, aufgebunden. An den Wochentagen sind die Treckmützchen aus Cattun oder Barchent, an Sonntagen aber aus Spitzen, coquet garnirt. Bei den Frauen der Bauerbänke und den Landmädchen fehlt das altdeutsche gewöhnlich weiße Kopftuch nie, das, wenn nicht über dem Kopf getragen, malerisch über die Schultern fällt, um das Treckmützchen zu zeigen. Sonst ist der Anzug, wie der der Bürgermädchen, an Werktagen häufig der bloß roth und weiß oder blau und weiß gestreifte Unterrock, “Jusepp”, fern von allem Luxus. Die Bürgermädchen gehen möglichst einfach, meist mit aufgesteckten Haaren und schlichten Umschlagtüchern. Viele wollene und halbwollene Kleider werden getragen, sonst bedingt die Jahreszeit den Stoff.

Regen- und Sonnenschirme: Rähnparaso und Sonnenparaplüe

Das Ueberflüssige, nicht streng Nothwendige kennt man in den Bürgerhaushaltungen nicht. Selbst Regen- und gar Sonnenschirme: “Raehnparasol” und “Sonneparaplueche” waren eine Seltenheit. In den wohlhabenden Familien findet man die mächtigen seidenen Regenschirme mit langem Stocke, oben mit einem Ringe versehen, an denen man sie trug, doch kommen auch Familienschirme aus Zitz und selbst aus Wachstuch noch vor, welche einem halben Dutzend Köpfen Schutz und Schirm verliehen. Beim Bürger ist der seidene Regenschirm noch ein formeller Luxusgegenstand, den er bei schönem Wetter spaziren führt, bei eintreffendem Regen schützend unter dem Rock birgt, während, nach altem Brauch, der Hut mit dem Taschentuche geschützt wird.

Der seidene Schirm ist stets ein Theil des Sonntagsputzes und dies selbst beim klarsten Wetter. Die Frauen schlagen einfach das Oberkleid über den Kopf, wollen sie sich gegen den Regen schützen.

Dies ist ein Auschnitt aus dem Buch Köln 1812, mehr Infos dazu hier. Das Inhaltsverzeichnis zum Buch, in dem die online verfügbaren Abschnitte verlinkt sind, ist hier zu finden.