(Architekten: J, Vollmer & H. Jassoy in Berlin.) Im Jahre 1891 schrieb die Luisengemeinde in Charlottenburg einen Wettbewerb zur Erlangung von Entwürfen zum Bau einer Kapelle und eines Portals für ihren neu angelegten Kirchhof aus, aus dem die Architekten J. Vollmer & H. Jassoy in Berlin als Sieger hervorgingen und schliesslich auch den Auftrag zur Ausarbeitung der Baupläne und zur Bauleitung erhielten.
Für Kapelle und Portalbau war eine Gesammt-Kostensumme von 50 000 M. ausgeworfen, von welchen nach dem von den Architekten aufgestellten Kostenanschlag rd. 40 000 M. auf die Kapelle und 10000 M. auf den Portalbau kamen. Entsprechend diesen Summen war die architektonische Gestaltung beider Bautheile eine verhältnissmässig bescheidene, entbehrt aber trotzdem nicht eines anziehenden malerischen Reizes, der sich in glücklicher Weise mit der Umgebung vereinigt. Kapelle wie Portal sind in Ziegelfugenbau erstellt, bei welchem die Fläche der rothen Steine in wirkungsvoller Weise durch glasirte Ziegel und weisse Putzflächen unterbrochen wird. Der Portalbau, an den sich seitlich die in gleichem Material gehaltenen Umfassungsmauern des Kirchhofes anschliessen sollten, für die eine dachförmige Abdeckung geplant war und deren Flächen mit spitzbogigen Oeffnungen durchbrochen werden sollten, wölbt sich in einem stattlichen Bogen über dem Eingang. Sein Widerlager findet der Bogen in zwei starken Mauerkörpern, deren Masse in der den Künstlern eigenartigen und gute Gruppirungen ergebenden Weise durch Schrägen, Aufbauten, Bekrönungen, durch Wappenthiere usw. gegliedert ist. Ueber dem Bogen selbst erhebt sich ein giebelartiger, abgetreppter Aufbau, von dem sich neben 4 Schlitzen die Kreuzform als Dekorationsmotiv abhebt.
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Leider ist der Portalbau nicht zur Ausführung gelangt. Es ist dies umsomehr zu beklagen, als schon bei Gelegenheit der Besprechung des Wettbewerbes bedauernd darauf hingewiesen werden musste, dass nicht die Gesammt-Gestaltung des Kirchhofes, der eine schöne Lage an der nördlichen Abdachung des sogen. Spandauer Berges hat, zum Gegenstand des Preisausschreibens gemacht und so ein Gesammtbild angestrebt wurde, wie es leider die Berliner Kirchhöfe nicht bieten. Wie die Verhältnisse heute liegen, muss mit der Möglichkeit gerechnet werden, dass neben der Kapelle, welche allein den Architekten zur Ausführung übertragen war, andere, vielleicht gar unberufene Hände weitere Bauten hinzufügen und so eine heterogene Anlage schaffen, wo eine einheitliche Anlage möglich gewesen wäre.
Die Kapelle hat ausschliesslich der Freitreppe vor dem Eingang eine Länge von rd. 21 m und eine Breite von rd. 11,5 m, Sie besteht aus gewölbter Vorhalle, drei Gewölbesystemen und dem gewölbten Altarraum. Im Untergeschoss sind Aufbewahrungsräume für die Leichen bis zur Beerdigung. Die Verbindung mit der Leichenhalle wird durch zwei Fahrstühle hergestellt: durch einen gewöhnlichen Fahrstuhl, dessen Lage mit der Sakristei korrespondirt, und durch einen mechanischen Fahrstuhl, welcher bei der Leichenfeier die Leichen in die Kapelle befördert. Beide Fahrstühle sind nach dem System Floor gebaut. Die Spannweite der Gewölbe des Schiffes beträgt rd. 8,5 m. Die Eingangshalle ist durch einen grossen Bogen nach aussen geöffnet, über dem sich ein einfacher aber ansprechender Giebelaufbau erhebt. Das hohe Dach, durch Dachluken, welche ausser den Fenstern der Seitenmauern als Lichtquelle für das Innere dienen, belebt, wird überragt von einem schlanken spitzen Dachreiter.
Was die Materialien des Baues anbelangt, so ist zu erwähnen, dass zu den Treppenstufen Granit, zum Sockel der Kunststein Ischyrota Verwendung gefunden hat. Der gesammte Aufbau ist aus rothen und farbig glasirten Ziegeln der Firma Bienwald & Rother erstellt. Die Maurer-, Zimmer- und Tischlerarbeiten hatte die Firma H. Fransser in Berlin in General-Unternehmung. Die glasirten Ziegel des Daches sind von H. Ludovici in Ludwigshafen, die Klempnerarbeiten durch den Klempner Heinrich in Berlin besorgt. Das Innere der Kapelle ist verputzt und in bescheidenem Maasse durch den Dekorationsmaler Köhn in Berlin ausgemalt. Der Fussboden besteht aus Beton und ist mit Linoleum belegt. Die Thonwaarenfabrik von Gebr. March in Charlottenburg stiftete einen Christuskopf in Thon. Die Fenster der Seitenmauern und die Rosette des Chores sind mit Glasmalereien versehen, welche das kgl. Glasmalerei-Institut lieferte. Die Kunstschmiedearbeiten besorgte Paul Krüger in Berlin, die Altargeräthe gingen aus der Anstalt des Hrn. Dr. Ernst in Berlin hervor.
Die Kapelle überdeckt einen Flächenraum von rd. 240 qm und hat einen räumlichen Inhalt von rd. 2080 cbm. Als Preis der kubischen Einheit hat sich ein Betrag von annähernd 20 M. für 1 cbm ergeben.
Dieser Artikel erschien zuerst 1894 in der Deutsche Bauzeitung, er war gekennzeichnet mit „-H.-„.