VI. Kinder-Spiele

Kindheit

Des Lebens höchste Poesie blüht in den Jahren der Kindheit, des Erdendaseins seligster Traum, den wir leider! nur einmal träumen, um den uns aber selbst das erste Elternpaar in seiner Glückseligkeit beneidet, hätte es ihn ahnen können – er fehlte seiner Glückseligkeit.

Leider verwischt der kaltberechnende Verstand unserer Tage diese Poesie immer mehr und mehr, sie muß im Gemüthe des Kindes der gemüthlosen Altklugheit weichen. Mit fünfzehn, sechszehn Jahren soll der Knabe schon gesetzt sein, wie ein Mann, sind die Mädchen schon häufig vollständige Coquetten. Alles frühreift in unseren Tagen. Betrogen sind die Kinder um ihre Kinderzeit, wo des Lebens Schmetterling noch in der vollsten schillernden Pracht seines Flügelstaubes prangen sollte. Ach! mit ungeschlachter Hand streift das Leben denselben schon so frühe, so frühe ab, kalt, erbarmungslos. Indem man der Kindheit ihre Poesie nimmt, knickt man auch für die Folge des Lebens deren beglückende Blüthen; sie sterben hin vor dem eisigen Hauche des crassesten Materialismus, der sich spreizt unter der Scheinlarve des Fortschrittes und der Aufklärung, sich in seinem herzlosen Dünkel nicht entblödet, den Menschen um des Lebens höchste Güter zu betrügen, um Herz und Gemüth.

Bei der Treibhaus-Erziehung, dieser formellen Drillerei der Kinder, müssen sie frühreif, frühalt werden, sind schon blasirt, ehe sie die Kinderschuhe abgetreten haben. So recht aus vollem Herzen, ganzer Seele spielen, läßt man die Kinder nicht mehr; sie dürfen in der tollen Lust des Spiels nicht mehr sich selbst, Himmel und Erde vergessen, sie dürfen nicht mehr ganz Kind sein.

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Das ist unschicklich, ungezogen, roh, und wie die beliebten Epitheta der so genannten feinen Welt sonst heißen. Man bedenkt aber nicht, daß man die Kinder, indem man ihr Spielen beschränkt, sie nicht ihre Spielwuth austoben läßt, auf Dinge sinnen macht, die nichts weniger, als kindlich, und oft für Gegenwart und Zukunft die schrecklichsten Folgen haben, Körper und Seele verderben. Seht Euch unter den Knaben der Stadt einmal um, von wie wenigen Gesichtern leuchtet Euch noch der der volle reine Himmel der Kindheit entgegen? Durch das Vorbild unseres Alltagslebens wird den Kindern schon die Genußsucht anerzogen, und in ihr der Keim zu vielem, vielem Bösen in die Seele des Kindes gelegt, die Grundursache der stets wachsenden Zahl jugendlicher Verbrecher.

Sonst und jetzt

Wie ganz anders war es da in Köln vor fünfzig Jahren?

Zu allen Jahreszeiten nach der Schulzeit, an den freien Nachmittagen, den Sonn- und Feiertagen, an denen damals kein Mangel, hatten die Franzosen auch schon ziemlich aufgeräumt, auf allen Plätzen und Plätzchen der lauteste Kinderjubel, die spieltollste Kinderfreude, in den engen Straßen selbst das heiterste Kinderleben mit seiner reichen Poesie. Welch‘ ein Schatz von Kinderliedern!

Volkslied

Ueberhaupt fand das Volkslied noch, wie früher in allen deutschen Städten, in Köln die lebendigste Pflege. Des öffentlichen Lebens Lust und Leid sprach sich im Liede aus, und der Schalksnarr des derbsten Bürgerwitzes geißelte scharf auffallende Lächerlichleiten und Schwachheiten. Welchen Reichthum an Spottliedern über die Franzosen, ihre Ankunft, ihre Neuerungen, die von ihnen eingeführten Steuern besitzen wir nicht?

Gleich den Blüthen des Frühlings entstehen diese Lieder über Nacht, sind bald im Munde von Jung und Alt, erhalten ihre Singweisen; aber Niemand kennt den Dichter, Niemand den Componisten.

Fängt es an zu frühlingen, steckt das Jahr seine ersten Maien aus, beginnt auch der Lerchenjubel der Kinderfreude.

Mairegen

Wir Kinder wurden hinausgetrieben in die ersten Maischauern, denn ein Mairegen macht groß. Und nun die Kindergruppen in den Straßen, besonders der Mädchen mit übergeschlagenen Röckchen und aus Papier improvisirten Regenschirmen singend durch die Straßen laufend:

„Raene, Raenen Dröpjen
Fall nitt op mi Köpjen,
Fall nitt op mi Fodervähs
Sonz waeden ich janz nähs!“

Fodervähs ließ sich übersetzen „Futterfaß“, doch heißt mittelhochdeutsch „vähs“ Haupthaar.

Maikäfer

Welch ein Schatz der erste Maikäfer? Den glücklichen Inhaber beneidete die gesammte Knaben-Nachbarschaft. Was wurde da gehandelt, geschachert, besonders wenn es ein Königs-Männchen, d. h. einen Käfer mit rothem Kopfschilde galt.

Boten die Bäume in den Straßen, Hecken und Sträuche in den Gärten keine Beute mehr, zogen wir Knaben in hellen Haufen vors Thor auf die Maikäfer-Jagd. Was nur an Schachteln und Kisten, selbst an großen Butternäpfen aufgebracht werden kann, wird beigeschleppt, um den Segen der Jagd aufzunehmen.

Suchte man uns auch abzuschrecken durch die Drohung, man könne von den Maikäfern die Krätze fangen, nichts konnte die Sammelwuth bewältigen. Wie selten ist der Mensch genügsam, und eben deßhalb so oft unglücklich!

Wir Knaben hatten keine Vorstellung von Thierquälerei, steckten wir die armen Käfer zum Herumfliegen an einen Kartenstreifen, der mit einer Nadel auf ein Stöckchen befestigt wurde, machten wir ein so genanntes „Mühlchen“, oder banden wir einen oder zwei, oder mehrere an einen Faden, sie zum Fliegen auffordernd, mit dem Liede:

„Maikefer flég,
Di Vatter es em Krég,
Die Mutter es en Pommerland,
Pommerland es avjebrannt!“

Während der Maikäferzeit kannten die Knaben keine andere Unterhaltung. In den Federbüchsen wurden die Maikäfer in die Schule geschmuggelt, und wer schildert die Erwartung der Schelme, welche, da sie dieselben zum Schabernack mitgebracht, auf ihr Auffliegen harrten, wer den Jubel der lieben Schuljugend, summten plötzlich einige Käfer im Schulzimmer umher zum größten Aerger des Magisters oder Präceptors. Solch‘ eine Freude wog immer eine Tracht Prügel reichlichst auf. Außerdem gaben die Maikäfer in der Schule Stoff zu allerlei Kurzweil, wenn sie mit Wachs zu phantastischen Ungeheuern umgeformt, oder als Duellanten gegen einander gestellt, Anlaß auch zu den tollsten Schelmenstreichen, wurden sie Jemanden in die Tasche, in den Hut, oder gar ins Bett, und den Mädchen, so wie die Kletten, in die Haare praktisirt.

Fanden Mädchen oder Knaben im Frühjahre in den Gärten Schneckenhäuser, trugen sie dieselben herum und sangen:

„Schleck, Schleck kumm herus
Et sitz en Deer en dingem Hus,
Dat suff der all de Mileh ühs!
De Mileh ühs! de Mileh sihsl“

Schleck, die Schnecke, holl. slak, slek.

Oemmer

Sobald sich die Maikäfer empfohlen, werden von den Knaben die „Oemmer“ hervorgesucht, die Klicker, Knicker, Schüsser, Marmeln, wie man die Schnellkügelchen im übrigen Deutschland nennt. Ein Spiel, das so alt, wie die Stadt Köln, denn die Jugend ihrer Gründer, der alten Römer, hatten schon in ihren Straßen, auf ihren Plätzen das „lapillorum ludus“ gespielt.

Kein Wunder, daß sich im Laufe der Jahrhunderte die Spiele mit den „Oemmern“ in den mannigfaltigsten Formen vervielfältigt haben. Wo sich um die Oemmer-Zeit ein paar Knaben begegnen, sofort wird „gepackt“, d. h. Paar oder Unpaar gespielt.

Vom frühen Morgen bis zum späten Abende aller Orte, wo nur ein Plätzchen zu finden, die rührigste Spielthätigkeit mit den allbeliebten Oemmern. Da wird „Kühlchen, Ahne Kühlche“, „Detsche Kühlchen“ gespielt; es kommt darauf an, unter gewissen Regeln eine bestimmte Anzahl Schnellkügelchen, welche die Mitspielenden zusammenlegen, in eine Kuhle, eine in den Boden gemachte Höhlung zu werfen, und stets ist gewonnen, wenn Unpaar aus der Vertiefung zurückbleibt.

Kühlche, das Diminut. von Kuhle, die Grube, holl. kuil, schwed. Kula, aachener Mundart Kull.

Verschiedene Oemmerspiele

Hier spielt eine Partie „Gaenschen“, „Kreitzchen“, dort eine andere „Knutzenbückelche“ oder „Ausschiessen“ mit den größeren Knicker, den so genannten „Kletschere“. Die Kunst besteht darin, den Knicker des Anderen zu treffen. Mit welchen neidischen Augen wurden die Inhaber eines oder mehrerer Achat-Klicker betrachtet?

Kletscher, Onomatopee, Klatscher. So die Interjection Klitseh!, das Ztw. klitschen.

Das allgemeinste Spiel war aber das „Hauen“ oder „Paengehen“. In gewissen Entfernungen von einander werden Linien in den Boden gezogen, und Schnellkügelchen auf denselben aufgestellt, und nun kommt es darauf an, dieselben von einem bestimmten Puncte aus mit einem anderen Knicker fortzuschnellen. Die Reihenfolge der Spielenden wird durch „Paar“ oder „Unpaar“ bestimmt. Der Erstspielende heißt „Ahn“, der Letzte „Leck“.

Leck, der Letzte. Das engl. lack.

Unzählig sind die Kunstausdrücke des Spiels, wie: „Allester“, „Zweiester“, „Nixter, wo do küss“, „Schrubbester“, „Moenjester“, „Moendjester derdurch“ u.s.w. Mit einem solchen unermüdlichen Eifer wird dies Spiel getrieben, daß Haut und Fleisch von den Knöcheln geht, sind auch die Knöchel wohl mit einem Schutzleder versehen, daß die Mütter den Knieen der Hosen nur dadurch zu Hülfe kommen können, daß sie dieselben mit ledernen Herzen besetzen lassen, welche auch wohl zuweilen zum Schutze des Gesäßes angewandt werden.

Die Litsch am Kaufhaus (Gürzenich)

Der Hosen ärgster Feind, aller Mütter Schreck, die in der Nachbarschaft des Kaufhauses wohnten, war die „Litsch“ auf der Haupttreppe desselben, auf welcher man die Ballen herabließ, und die von den Knaben als Rutschbahn benutzt wurde.

Alle Juchte

Von schon Erwachsenen wurde „Alle Juchte“ gespielt mit acht größeren Knickern, die von einem festgestellten Puncte aus in eine Kuhle geschoben werden, wobei der Gewinn nach der Zahl der Schnellkugeln, welche die Vertiefung erreichen, bestimmt wird. Da dies Spiel gewöhnlich um Geld gespielt ward, fahndete die Policei auf die Spieler. Schwarze Janitscharen eines französischen Infanterie-Regiments sollen das Spiel nach Köln gebracht haben. [Anmerkung aus dem Jahr 2022: Hier wurde das N.-Wort durch „Schwarze“ ersetzt.]

Höppe Mötzchen

Während die Knaben sich mit den Oemmern ergötzen, spielen die Mädchen, Höppe Mözchen“ (6).

Höpe Mözchen, zusammengesetzt aus hoepe, hüpfen und Mözchen, Mützchen. In Aachen heißt das Spiel „Henkschul“, welches Müller in seinem Idiotikon der aachener Mundart von den ehemaligen neun Schulen der Jesuiten-Collegien herleitet.

Mit Kreide wird ein längliches Viereck auf dem Boden gezogen, auch wohl bloß in den Grund geritzt, und mit quer durchgehenden Strichen in neun Felder getheilt, am oberen Ende wird das Viereck mit einem Halbkreis geschlossen, in dem sich zwei Linien durchschneiden.

Springspiele

Auf einem Beine hüpfend, muß die Spielende eine Scherbe oder ein Stück Schiefer mit dem anderen Fuß durch die einzelnen Felder fortschieben, ohne daß die Scherbe an den Langseiten herausfährt, oder sie selbst auf eine der Linien tritt. Im Halbkreise, dem so genannten Himmel angekommen, muß mit gespreizten Beinen gesprungen und dann die Scherbe, auf einer Fußspitze liegend, hüpfend aus der Langecke gebracht werden. Der Verlierende muß eine gewisse Anzahl Mal um das Langeck hüpfen oder die Anderen „Hackepeuzje“, Huckepack tragen.

Hackepeuzje, Huckpack, von Hacke, Hocke, der Rücken und peuze, tragen. In Aachen Hackelepack.

Stuppe, stuppe Steinche

„Stuppe, stuppe Steinche!“ war auch ein Mädchenspiel.

Die Spielenden sitzen in einer Reihe oder im Kreise, und Eine verbirgt einer Anderen ein Steinchen im Schooße; es kommt nun darauf an, zu errathen, welche von den Mitspielenden wirklich den Stein hat.

Verstecke Steinche

Ein ähnliches Spiel ist das „Versteche Steinche“, wo ein Stein, ohne daß die Anderen es sehen, irgendwo versteckt wird und nun gesucht werden muß. Ist der Suchende in der Nähe des Verstecks, so heißt es: er ist heiß, er brennt.

Stom Handwerk

Von Mädchen und Knaben wird das allbeliebte „Stumm Handwerk“ gespielt. Jeder der im Kreise sitzenden, muß durch Pantomime irgend ein Handwerk angeben, welches andere errathen müssen.

Sind sie so glücklich, dies zu können, nehmen sie die Stelle derer ein, deren Handwerk sie errathen haben. Kann man die Pantomime nicht errathen, gibt man sich gefangen, und dann heißt die Bedingung, unter der sie erklärt wird: „Hatt ov höhsch?“ „Salz oder Pfeffer?“

Eine gewöhnliche Unterhaltung bildet das Erzählen der Kinder unter einander, wobei die Thierfabel, die Verzellchen vom Wölfehen und vom Füssjen, die Mährlein vom Daeumeling, vom Schmittchen von Bielefeld, von Johannes Unverzag, sibben en einem Schlag und wie der Mährchenschatz heißt, den Stoff bieten. Hochgeachtet von den Kinder sind die Knechte und Mägde, die reich an solchen Erzählchen, wo es des Spukes und der Hexengeschichten so viele gab und so grausliche, daß die Kleinen ohne Gänsehaut und böse Träume nicht davon kamen die Furcht uns aber auch eingeimpft ward.

Plumpsack

Bei gemischten Kinderkreisen wird auch „Plumpsack“ aufgeführt.

Piepiep!

Bannt schlechtes Wetter die Kinder ins Haus, oder sind sie bei einander auf Besuch, dann ist das gewöhnlichste Spiel „Piepiep!“, wie das Versteckenspiel im Kölnischen heißt. In den Häusern der Reicheren entzückt zuweilen eine Optik oder eine Laterna magica die Kleinen mit ihren Wundern.

Piepiep! Interj. der Piep, der Pfiff, engl. pip, to peep – woher auch das kölnische Ztw. piepe. Die Kinder, welche sich versteckt hatten, gaben mit dem Ausruf „Piepiep!“ den Suchenden ein Zeichen.

Altarspiel

Wenige Häuser, wo Knaben waren, mochte es geben, wo nicht „Altar“ gespielt wurde. Mit welchem Eifer baute man den Altar, stifelte, d. h. schmückte man denselben, und mit welchem Ernste wurde Messe gelesen, die Vesper und Complet gesungen, gepredigt und durch Haus und Hof, Trepp auf Trepp ab Procession gegangen. Das Gegenstück zu diesem friedlichen Spiel war das Soldatenspiel, welches gerade vor fünfzig Jahren, wo alles den französischen, militärischen Anstrich trug, allbeliebt unter den Knaben. Bei festlichen Gelegenheiten schossen sie auch wohl, vollständig in Schützen-Vereine organisirt, mit dem Pfeilbogen nach dem Vogel.

Blinje Mömmesche

Allgemein ist auch das „Blinge Mömmesje“, so nennt der Kölner das Blinde-Kuh-Spiel, und das „Isermaennchen“, das „Bäumchen haschen“.

Isermännchen

In den engen Straßen ersetzen die herabhangenden eisernen Balken der hölzernen Fensterblenden die Bäume, daher auch die Benennung des Spiels, und der zwischen den Reihen gehende singt:

„Isermaenchen, ich han kein Iser,
Ich muss noch Iser kaufe!“

Zählreime

Gar mannigfaltiger Art sind die Zähl-Reime, mit welchen die Kinder bei ihren Spielen die Reihenfolge der Mitspielenden bezeichnen, doch seien hier nur ein Paar der originellsten angeführt:

„Egel, Degel, Hopmans Spegel,
Selver Sand, Krane Puff,
Welle mer wedden oem en Blatt
Ditt oder datt!“

„Ein, zwei, drei, vér,
Woer péss en datt Ber,
Datt dun ich nitt,
Datt deit datt freche Dér!“

Als Zählreim, doch auch als Kinderlied hört man:

„Schaelewipp, schaelewapp,
Mach mer en Kapp
Vun weisse Maehl,
De Frau es schaehl,
Der Mann es blink,
De Koh, de hink,
Dat Ferke stink,
De Mabht, de draeht
Dat hölze Kind
Wahl en der Bösch,
Do höp de Möseh,
Do jaeg der Wind,
Do kriesch dat Kind:
Och Grietje loss mer heim jonn,
Noh der jlasere Trappe,
Wo se Jöbbelcher backe;
Wer de Jöbbelcher nit en mag,
Dae mag Fasten der janzen Dag.“

Moesch, Spatz, Sperling, holl. Mosch, musch, vielleicht verwandt mit dem franz. la mouche, lat. musca. Sprüchwörtlich heißt es: „Hae haett vill Moesche“ – viel Geld.

Jöbbelcher, eine Art Semmel in der Form eines zusammengeschlungenen Strickes; sie wurden hauptsächlich auf der Severinstraße gebacken und hatten ein Pfeifchen oder ein Muttergottesbildchen aus Pfeifenerde gebacken als Zierath. Wahrscheinlich hieß der erste Bäcker, der sie backte, „Jöbbels“.

Joebbele heißt im kölnischen sich übergeben, bejöbbele.

Puppen

Wie lange war den Mädchen die Puppe Quelle der mannigfachsten Vergnügungen und Beschäftigungen, so reich an Poesie der reinsten Kinderseligkeit, der Alles belebenden. Alles, was für die Kleinen nur tragbar, um das sich nur ein Tuch, eine Schürze schlagen ließ, selbst junge Hunde und Katzen, mußte als Puppe dienen. Den Puppen-Luxus unserer Tage, der Mädchen erste Anleitung zur Putzsucht, kannte man nicht, widersprach der einfachen Sitte der Bürger. Mit welchem gravitätischen Ernste wird die Mutter nachgeahmt, und welche Seligkeit, konnte gekocht, Laden oder Schule gespielt werden?

Pekele

Unter den Mädchen hat sich auch ein beliebtes Spiel der alten Römerinnen erhalten, das so genannte „Pekele“ oder Knöcheln „ludere talis“. Die tali sind aber weder aus Halbedelsteinen, noch aus edlen Metallen gebildet, sondern einfache Bickelbeine aus den Gelenken der Hinterfüße von spalthufigen Thieren. Das deutsche Mittelalter kannte das Spiel unter demselben Namen, es hieß im Mittelhochdeutschen „bickeln“ von Bickel, der Knöchel, später der Würfel.

Pel oder Pohl öm en Nohl

Reichen Stoff zum Spielen bietet den Mädchen die Stecknadel, da heißt es: „Pel oder Pol öm en Nohl!“, es wird „gefummelt“, nämlich zwei Nadeln so lange geschoben, bis sie über Kreuz liegen und dann durch Aufdrücken mit dem Daumen aufgehoben, oder ein „Schön Raritaetchen“ für eine Nadel gezeigt.

Avhevven

Eine Lieblings-Unterhaltung der Mädchen, auch wohl der Knaben war das „Avhevven“. Eine an den Enden zusammen gebundene Kordel wird über die Hände gehoben und nun mit den Fingern allerlei Verschlingungen geometrischer Figuren gebildet, ohne daß sich die Kordel verfängt. Ein Kind hebt dem anderen die Kordel in ihrer Verschlingung mit den Fingern von den Händen ab, daher der Name des Spiels.

Plätsch un Roß

Der kölner Knaben Stammspiel ist das „Plaetsch un Ross“, welches im Spätsommer auf Plätzen und Straßen selbst den Oemmern den Rang abläuft.

Plaetsch, die Pletsche, ein plattes, breites Ding, das Pritschholz. – Der Hanswurst führt auch in Köln eine Pletsche.

Ross weiß ich etymologisch nicht zu erklären, hängt vielleicht mit dem französischen, rosser, bläuen, klopfen, zusammen.

Krünchen oder Letterche

Eine hölzerne, einen Fuß lange und etwas mehr als einen halben Fuß breite flache Schaufel mit Handhabe, und ein, ein paar Zoll langes, und einen Zoll dickes, rundes oder eckiges Holz, das an den Enden zugespitzt, sind die Spielgeräthe. Zwei Parteien bilden sich unter den Knaben, nachdem die Spielbahn gewählt, eine Vertiefung, die Kuhl gegraben. Durch Aufwerfen eines Stück Geldes, wobei „Krünche oder Letterche“ zu rathen, ein Spiel, das unsere altrömischen Vorfahren schon kannten, denn sie spielten auch: „Caput aut navem?“ – wurde bestimmt, welche Partei begann. Da Geldstücke eben nicht zu den gewöhnlichsten Erscheinungen unter den Knaben, half man sich mit einem Stück Schiefer oder der Plätsch selbst aus, die auf einer Seite naß gemacht, und es hieß dann zu rathen: Trocken, oder naß? Das Roß wird nun zuerst mit der Plätsch fortgetrieben,, usgeplaetscht“. Fängt es die Gegenpartie auf, ist die Reihe des Spiels an ihr, wo nicht, wird es auf die Kuhle zugeworfen, und dann, kommt es nicht in dieselbe, „getippt“, das heißt auf eine der Spitzen des Roß geschlagen, und das aufschnellende Stück Holz wird mit der Plätsch fortgetrieben. Wird dasselbe von den Gegnern nicht aufgefangen, muß gesucht werden, es in die Vertiefung zu werfen, nämlich von dem Puncte aus, bis zu dem es getrieben wurde. Erreicht das Roß die Kuhle nicht, dann wird dreimal getippt, und wenn das Roß von der Gegenpartei nicht aufgefangen, geschnappt wird, die Strecke, die es erreicht hat, bis zur Kuhle nach Fuß oder Ellen abgemessen. Wird das Roß aufgefangen oder in die Kuhl geworfen, ist die Gegenpartei am Spielen. Ungeheure Debatten, selbst Raufereien entspinnen sich, wenn behauptet wird, das Roß habe doch die Kuhl erreicht, „et rueht“, wie der technische Ausdruck heißt, und die Gegenpartei will dies nicht zugeben. So wechselt das Spiel. Diejenige Partie, welche die meisten Ellen gemacht hat, wird von der verlierenden Huckepack getragen, erhält auch wohl eine Anzahl Schläge auf die Fußsohlen mit der Plätsch.

Unglaublich ist die Behendigkeit, welche die Knaben bei diesem Spiel entwickelten, das Hin- und Herrennen, das Schreien, die Zänkereien der Parteien, und das Auseinanderstieben der ganzen Schar, wenn eine Fensterscheibe klirrte, oder das Roß, wider Wissen und Willen der Spielenden, mit dem Hut oder gar mit dem Kopfe eines Vorübergehenden in zu nahe Berührung gerathen ist. So leidenschaftlich war die kölner Knabenwelt auf dieses Spiel versessen, daß ich junge Leute, welche in der Ziehung, den Tag vor der letzten französischen Conscription noch Plätsch und Roß auf dem Domhofe spielen sah.

Conscription

Noch steht der Jammer, das Herzeleid dieser Aushebung lebendig vor meiner Seele. Dieselbe fand auf dem Rathhause Statt. Welches Menschen Wort schildert die bange, seelenangstvolle Erwartung der vor dem Saale harrenden Angehörigen, die Seelenwonne der Mutter, hatte sich ihr Sohn freigeloos’t? Wer malt aber den Jammer, das herzzerreißende Wehklagen der Mütter, die sich in verzweifelndem Gebahren die Haare ausrauften, waren ihre Söhne Soldat, bestimmt, für den fremden Eroberer auf die Schlachtbank geschleppt zu werden? Solche Momente vermag nichts aus der Erinnerung zu verwischen, und noch klingt das Lied in meiner Seele, mit dem die Conscribirten schieden:

„Nun Adieu, herzliebste Mutter,
Nun Adieu, so lebet wohl,
Die Ihr mich in Schmerz geboren,
Für Napoleon auferzogen,
Nun Adieu, so lebet wohl!
Wollt Ihr mich noch einmal sehen,
Müßt Ihr auf hohen Bergen stehen,
Schauen in das tiefe Thal,
Seht Ihr mich zum letzten Mal!“

Ballspiele: Ecken, Verjagen, stippe Fötje

Neben dem „Plaetsch un Ross“ wird auch „Bor pass dingem Haehren op“ gespielt, nämlich mit einem Steine nach einem Haufen aufeinander gestellter Steine geworfen, dann das Ballspiel, welches sich ebenfalls von den alten Römern, die das ludere pila auch leidenschaftlich trieben, herübergeerbt hat. Die Knaben spielten „Ecken“ zu vier gegen vier, oder „Verjagen“ in zwei zahlreicheren Parteien, „Balle Kühlche“ und das urkölnische „Stippe Fötje“, wo der Fangball gegen eine Mauer geworfen und eine bestimmte Anzahl Male aufgefangen werden muß; wird der Ball nicht geschnappt, muß der Spielende sich an die Wand stellen und die Ballwürfe des Gegners aushalten.

Huche Parum / Kette Parum Baum / Käntche, Käntche!

Mit Fuß- und Faustbällen, den palloni, wurde von einigen Italienern gespielt. Barlaufen war unter dem Namen: „Huche Parum!“ das auch die Mädchen spielen, „Parum!“ und „Kette Parum Baum!“ „Kaentche! Kaentche!“ allgemein beliebt.

Huche, südd. der Huchen, die kauernde Stellung, verwandt mit hocken, holl. hukken. Op de Huche sere, niederkauern.

Hieher gehören auch das oft gefährliche „Schlangspielen“, die „Springspiele“, wie, Bockspringen“, „Ueberspringen“ u.s.w.

Gepatte Vüjel

Mit dem Herbste kamen die fliegenden Drachen, die ‚“gepatte Vugel“. Ging ein Drache verloren, hieß es: „He es Paris!“

Döpp

Dann die Kreisel, kölnisch „Doepp“. Da gab es „Münche“, „Beginge“, „Wipdoepp“. Aus einem Streifen Aalhaut „Oelefell“ machte man die Peitschen, mit denen die Kreisel getrieben wurden, und die Kunst bestand darin, die Doepp recht weit zu treiben, wobei, in der Hitze des Spiels, nicht immer auf Fensterscheiben und Laternen geachtet wurde, es oft gar unfreundliche Kopfnüsse absetzte. Döpp, Kreisel, engl. peg-top, wie auch humming-top, whistlingtop, holl. drys-dop.

War in der Nähe der Spielplätze eine Lache von weichem Straßenkothe, und die brauchte man nicht weit zu suchen, wurde mit den Kreiseln aufgeworfen. Es spielten zwei oder drei Knaben, von denen jeder einen Dopp einsetzte, diese wurden auf die flache Hand genommen und in die Höhe geworfen, die waren gewonnen, welche auf dem Kopfe stehen blieben. Daß bei allen Spielen, wo Etwas zu gewinnen, oder zu verlieren, die Spielenden sich mitunter in die Haare geriethen, ist selbstredend.

Mit dem Spielmonat, dem October, holen die Knaben die Peitschen hervor, es war Ochsenmarkt; wer am besten knallen konnte, war der beste Mann.

An den Sommer-Abenden, wenn die Nachbarschaft in aller Genüglichkeit auf der Straße, vor den Hausthüren saßen und sich unterhielten, lagerten die Knaben wohl um einen Erzähler, gewöhnlich reich an Mährchen und Legenden, Ritter- und Räubergeschichten. Welch‘ ein Schreck, wenn dann der bekannte Pfiff oder Ruf, ans zu Bett gehen mahnte.

Ringelreihen

Die Mädchen sangen und tanzten ihre Ringelreihen, von denen ich nur die beliebtesten anführen will:

1.
„Rusekranz, watt jilt der Schanz?
Einen décken Daler,
Morge welle mer bezalen.
Et sitz ae Maennehen op der Pohz,
Weiss nitt, watt et esse sall,
Ei Stökelche Kis un Brud
Fallen all de Engelcher dud.“
(Mit dem Schluß des Reigens kauern sich die im Kreise tanzenden Kinder, die sich, wie bei allen Reigen, bei den Händen halten, nieder.)

2.
„Spéne Flähs, spéne Flähs,
Sibbe Johr gesponnen!
Maria haet sich herömgedrieht,
Spéne Flähs, spéne Flähs,
Sibbe Johr gesponnen!“
(Es wird der Reigen so lange gesungen, bis sich alle Mitspielenden herumgewandt.)

3.
„Kruhne-Krane, wisse Schwane,
Woer welt met noh England fahren?
England es geschlosse,
Der Schlössel es zerbrochen.
Wan krige mer ’ne neue Schlössel?
Wann dat Köhnche rif es,
Wann de Müll stif es,
Wann der Müller mahle kann,
Wann doer Baecker backe kann,
Wann et Maedche freie kann.
Krig, wen do krige kanns!“

4.
„Bloh, bloh Fingerhöt,
Haette mer Jeld, datt wör wahl jöt,
Blumen alle Daje.
Jungfrau, si muss stille stehn,
Dass man dreimol um sie geh‘,
Jungsfrau, sie muss danzen
In einem grossen Kranze,
Krig, wen do krige kanns!“

5.
„Jammer, Jammer über Jammer,
Hab verlore minge Schatz,
Ich will gehen und will stehen,
Dass ich suche meinen Schatz,
Mache auf die Gartenthür
Ob ich finde meinen Schatz,
Freude, Freude uber Freude,
Hab gefunden meinen Schatz!“

Uralt sind die Singweisen dieser Ringelreihen, die wir am ganzen Niederrheine finden. Nicht selten bilden die Mädchen zwei Reihen, die sich einander gegenüber stellen. Eine Reihe schreitet voran, verneigt sich und singt:

„He kumme de Haere vun Nunnefaehr. Heiza Fipilatus!“
Die Gegenreihe schreitet dann vor und sagt, sich verneigend:
„Wat welle de Haere vun Nunnefaehr? Leiza Fipilatus!“
Und nun wechseln Fragen und Antworten in folgender Weise:
„Es der Vatter nit zo Huhs? Heiza Fipilatus!
Wat welt ehr bei dem Vatter dunn? Heiza etc.
Mer wellen im en Brefjen gevve! Heiza etc.
Watt sall en dem Brefjen stonn? Leiza etc.
Mer wellen de jüngste Dochter han! Heiza etc.
Wat woelt ehr met der jüngsten Dochter dunn? Heiza etc.
Mer wellen sei en e Kluster dunn! Heiza etc.
Su nemt de Jüngste an de Hand,
Un nemt se met no Brobant.“

Ueberreich waren die Kinder an solchen Ringelreihen, welche mitunter Nachklänge von alten Volksliedern und Volksballaden enthalten. Und nun die naiven Kinderräthsel:

„Höpeldepöpelcher op der Bank,
Höpeldepöpelcher unger der Bank,
Et jitt keine Meister en Brobant,
Dae Höpeldepöpelche mache kann.“

„Hipge platt un vör platt,
Fladdergass wat es datt?

„Röre, röre Rippet,
Jaehl es der Pippet,
Schwaz es et Loch,
En dem röre rippet wed gekoch.“

„Watt werfen ich wis op et Dach
Un kütt jaehl widder erav?“

Schneebälle

Auch der Winter hat seine Kinderfreuden. Flockt der erste Schnee, dann jauchzen die Kinder: „Die Mutter Gottes schütte das Bettlein des Heilandes auf, und die Engel die Betten der Heiligen.“ Fällt starker Schnee, werden auf den Plätzen Schneemänner gebildet, je kolossaler, je schöner, deren Augen, Nase und Mund aus Holzkohlen geformt; mit alten Besen oder Knitteln ist die Rechte bewaffnet. Allgemein war das Schneeballen-Werfen, oft in den engen Straßen, da sich auch Erwachsene daran betheiligen, ein so großer Unfug, daß die Nachbarschaften die Fenster-Blenden schließen. Ich erinnere mich noch, daß in der Bechergasse ein Mädchen, von Schneeballen verfolgt, fiel und todt blieb. Durch alle Straßen ras’ten die Schlitten der Knaben bis in die Nacht hinein. Selbst Pferdeschlitten kamen noch vor.

Schlittbahnen

Was wurde von den Knaben nicht aufgeboten, um in den Straßen und auf den Plätzen recht große Schleifbahnen zu haben?

Die schönste Schlittenbahn in der Stadt bot der jähablaufende Domhof. Unbeschreiblich ist der Knabenjubel an den freien Tagen und an den Sonntagen auf demselben, und nicht selten geschieht es, daß den Baracken an der Ostseite die Thüren mit den Schlittstühlen eingerannt wurden, wobei es natürlich Schelte und auch oft Ohrfeigen absetzte. Die erwachsenen Knaben übten das Schlittschuhlaufen auf den Eissäumen des Rheines und den Weihern in der Nähe der Stadt. Die Kleineren übten sich in den Straßen und auf den Plätzen auf einem Schlittschuh, den gar oft eine Ochsenrippe ersetzen mußte.

Müsche fangen

Ein besonderer Unfug der Knaben und auch wohl der Mädchen war an den Winter-Abenden das so genannte „Mueschen fangen“ oder Klingeln an den Häusern. Schelmenstreiche wurden den Kappesbäurinnen gespielt, die in ihren Wachthäuschen auf dem Markte ihre Kappes-Haufen bewachten, und nicht weniger den Kramhaltern auf den Märkten der Gottestracht und des heiligen Nicolaus. An den Krämern erlustigen sich die schon älteren Knaben mit „Kuchenschlagen“, „Herzchenknippen“ und „Bretzelziehen“, wie um Ostern mit dem am ganzen Niederrheine allgemeinen „Eierspiele“, dem „Kippen“.

Vögel- und Taubenhandel

Auf dem Altenmarkte war Sonntags Morgens das größte Leben in dem Vogel-, aber besonders in dem Taubenhandel, denn das Taubenhalten war eine wahre Leidenschaft bei Jung und Alt, wie noch in Belgien.

Taubenkönige

Es gab keine Straße, die nicht ihren Taubenkönig hatte, der im Frühjahr und im Sommer fast den ganzen Tag auf dem Dache oder in der Streufe lag, wie man den Taubenschlag nennt, seine Tauben jagend, um fremde zu fangen. Ein Bäckermeister, einer der renommirtesten Taubenkönige, macht, während er sein Brod im Backofen hat, eben seinen Tauben einen Besuch und vergißt darüber Backofen und Brod. Die Frau kommt zuletzt, nachdem sie ihn, der Himmel weiß, wie oft gerufen, scheltend hinauf, um ihm zu melden, das Brod sei am Verbrennen, und erhält zur Antwort: „D- en di Brud, ich han e Frembje séze!“ Da gab es Tummler, Kivitte, Kapuziner, Kröppels, Bajadette, wer kennt die Namen alle? Lug und Betrug wurde in dem Taubenhandel gehegt und gepflegt, und Sonntags gewöhnlich auf dem Altenmarkt um Tauben gespielt, entweder „Alle Juchte“, oder „Krünchen oder Letterche“, oder gewürfelt, kölnisch „gedobbelt“.

Schifen-Brüdje

Von den in der Nähe des Rheines wohnenden Knaben wird die Angelfischerei emsig betrieben. Eine krumm gebogene Nadel, ein Stück Zwirn und eine Federspule bildet nebst einer Gerte den ganzen Fischapparat. Wir spielten auch „Schifen-Brüdje“, das Prellwerfen mit einem Stück Schiefer oder einem flachen Steine, und bauten Schiffe aus Holzschuhen und Schachteln. Zu den nautischen Uebungen werden die Straßenrinne gestaut, und bei den jährlichen Ueberschwemmungen dienten den verwegenen Knaben in den dem Rhein nächstgelegenen Straßen Thüren und Kufen als Fahrzeuge. An unwillkürliche Bäder waren wir ziemlich gewohnt.

Klävleder / Schlippschlapp / Castagnetten

Noch Manches könnte ich berichten von den „Windmühlchen“, den aus einer geschliffenen Aprikosenkerne gemachten Mühlchen, den so genannten „bleie Möschen“, aus einer plattgeschlagenen Flintenkugel oder auch wohl aus einem Stück Schiefer fabricirten Scheibe, die an einer Kordel schnurrt, von den Papierklatschen, dem Reifenschlagen, den aus einem Tuffsteine gemeißelten „Kumförchen“, von den „Schibbelleutchen“, den „Dillendöpchen“, von „Flitschbogen“, von den „Klaevledern“, mit denen die Pflastersteine gehoben wurden, von den „Schlippschlappen“ aus Weidenschalen geformten Schleudern, den eigentlichen Schleudern in den verschiedensten Gestalten, von den aus Scherben, Schieferstücken, Brettchen und Knochen gebildeten Castagnetten, den Spielen: „Fleisch op den Desch, Plaetschen Haengche, Botterstussen“ u.s.w. Doch ich sehe, daß ich mich zu lange bei den Kinderspielen aufgehalten habe; aber wer gedenkt nicht gern jener schönen Zeit des Lebens? Wer träumt nicht gern in der Erinnerung wieder einmal den seligen Traum des noch unumwölkten Morgens unseres Erden-Daseins? Wohl wahr sagt ein englischer Schriftsteller: „Let us pity those who have forgotten their youth, as we pity Lucifer who fell from heaven!“

Dies ist ein Auschnitt aus dem Buch Köln 1812, mehr Infos dazu hier. Das Inhaltsverzeichnis zum Buch, in dem die online verfügbaren Abschnitte verlinkt sind, ist hier zu finden.