Unter den Wettbewerben, welche in neuerer Zeit für die Ueberbrückung grosser Ströme ausgeschrieben wurden, hat bisher wohl keiner ein so inniges Zusammenwirken von Ingenieuren und Architekten im Gefolge gehabt, wie der jüngst entschiedene zu einer festen Rheinbrücke bei Worms.
Es ist das um so erfreulicher, als es sich gezeigt hat, dass dieses Miteinanderarbeiten der beiden Schwesterkünste in dem vorliegenden Falle reiche und schöne Früchte gezeitigt hat. Mit dieser Brücke wird die alte Stadt der Nibelungen, die einst im Mittelalter so prächtig blühte und die nun nach einer langen Zeit des Darniederliegens mit dem jungen Reiche wieder kräftig emporstrebt, einen neuen bedeutenden Schmuck erhalten zu den mancherlei Zierden, die im Laufe der letzten Jahre in ihren Mauern erstanden sind. Worms ist darin glücklicher, als andere Städte in deutschen Landen; jeder Nutzbau ist dieser Stadt ein Schmuckbau geworden. Ihre neuen Bauten bilden sowohl nach technischer wie nach künstlerischer Seite hin ein Vorbild für den bauenden Bürgersmann. – Wie dieser Einfluss wirkt und welches Verständniss die edle Baukunst in Worms findet, das zu sehen ist eine Freude für jeden Kunstsinnigen, der Gelegenheit gehabt hat, Worms zu besuchen.
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Das Ergebniss des inrede stehenden Wettbewerbes nun ist auch insofern als ein besonders erfreuliches zu betrachten, als.es geeignet erscheint, die künstlerischen Grundsätze, die bisher die bauliche Entwicklung der Stadt geleitet haben, auf ein Bauwerk zu übertragen, das in späterer Zeit im Stadtbild eine entscheidende Rolle spielen wird. Diese Bedeutung der neuen Brücke wurde sofort erkannt, deshalb sehen wir auch die ersten Kräfte an der Aufgabe sich messen.
Aus dem verzwickten und weitschweifigen Programm sei zum Verständniss der Aufgabe hier kurz das Wesentlichste mitgetheilt. Die Strassenbrücke soll an einer für die Aufrechterhaltung der bestehenden Verkehrsstrassen möglichst günstigen Stelle, somit in der Nähe des zurzeit in der Schiffbrücke vorhandenen Ueberganges erbaut werden. Baustellen weiter als etwa 100 m oberhalb oder etwa 100 m unterhalb derselben waren nicht inbetracht zu ziehen.
Die Breite des Rheines, gemessen im Wasserspiegel bei Mittelwasser (153 m W.P., 87,632 N.N.) darf nicht unter das Maass von 300 m eingeschränkt werden. Die Länge der Ueberbrückung kann indessen nicht auf diejenige des Stromes beschränkt werden; es ist vielmehr auf dem rechten Ufer die vollständige Ueberbrückung des daselbst durch Abgrabung bezw. Verlegung des Küblinger Landdammes auszubildenden Vorlandes erforderlich. Auf dem linken Ufer ist es erwünscht, die Abfahrtsrampe bis zur Unterführung der Hafenstrasse bezw. der Flosshafenbahn als Viadukt, oder falls dies nicht durchführbar sein sollte, die Rampe bezw. ihre Verzweigungen auch ganz als Dammschüttungen herzustellen und letzteren Falles nur insoweit durch Ueberbrückung zu ersetzen, als dies die Rücksicht auf den Verkehr und die erforderlichen Gleise und Weganlagen erfordert. Es erscheint zweckmässig, auf beiden Ufern zwischen der Korrektionslinie und der flusseitigen Flucht des nächsten Landpfeilers einen Raum von angemessener Breite zu belassen. Die Wahl der Weiten der einzelnen Oeffnungen des Viaduktes auf dem rechten Ufer bleibt dem Ermessen überlassen, jedoch unter dem Gesichtspunkte einer thunlichst geringen Beschränkung des Abschlussprofiles. Es ist wünschenswerth, dass keine der Brückenöffnungen im Wasserspiegel, bei Mittelwasser gemessen, eine geringere Breite als 90 m hat. Es soll indessen gestattet sein, falls besondere Gründe namentlich auch hinsichtlich der architektonischen Gestaltung, des Entwurfs eine Abweichung hiervon als zweckmässig sollten erscheinen lassen, die in der rechtsufrigen, bezw. linksufrigen Oeffnung von der Korrektionslinie bis zum nächsten Strompfeiler sich ergebende Breite im Wasserspiegel bis zu einem Mindestmaass von 84 m einzuschränken.
Der Oberbau ist so anzuordnen, dass in einer jeden Stromöffnung die lichte Höhe von mindestens 14,35 m W. P., relativ auf eine Breite von wenigstens 42 m vorhanden ist.
Die Breite der Brückenfahrbahn soll mindestens 6,50 m, die Breite der beiderseits der Fahrbahn anzulegenden Gehwege je 2 m betragen. Die Anordnung von Treppenaufgängen zur Brücke an hierzu geeigneten und zweckentsprechenden Stellen ist vorzusehen. Auf beiden Ufern sind Einrichtungen für die Erhebung von Brückengeld anzuordnen und in einer entsprechenden architektonischen Gestaltung auszubilden.
Die Wahl des Systems der Eisenoberbauten bleibt den Wettbewerbern anheimgegeben, indessen wird auf eine ästhetisch schöne, wenn auch einfache Ausbildung der gesammten Anlage, bei wissenschaftlich richtiger, praktisch reifer Anordnung besonderer Werth gelegt. Unter sonst gleichen Verhältnissen wird solchen Entwürfen der Vorzug gegeben, welche dieser Forderung entsprechen und es wird insbesondere auch, wenn thunlich, auf Anordnungen Bedacht zu nehmen sein, bei welchen die Bestandtheile der Hauptträger unterhalb der Fahrbahn liegen. Treten zwischen Fahrbahn und Gehweg gelegene Hauptträger über die Fahrbahn hervor, so ist bei der Gestaltung der Hauptträger ein thunlichst ungehinderter Verkehr der Fussgänger von dem Gehwege nach der Fahrbahn und umgekehrt zu ermöglichen. Solchenfalls ist auch die Breite der Gehwege zu mindestens 2,50 m anzunehmen.
Für die Hauptträger ist eine Belastung von 400 Kg für 1 qm der Brückenbahn einschliesslich der Gehwege anzunehmen. Für die Fahrbahntheile eine Belastung durch nebeneinanderfahrende vierrädrige Wagen mit 12 000 kg Gewicht bezw. 3000 kg Raddruck, 3,50 m Radstand, 1,25 m Spurweite und 2,40 m Breite der Ladung. Dabei ist indessen zu berücksichtigen, dass als schwerstes Fuhrwerk ein Wagen mit 24 000 kg Gewicht, Raddrücken von 6000 kg, 4,50 m Radstand, 1,50 m Spurweite und 2,60 m Ladungsbreite die Brücke passiren kann. Für die einzelnen Theile der Gehwege, auf welchen ein starkes Gedränge eintreten kann, ist eine Belastung von 560 kg für 1 qm Gehweg anzunehmen; für die Geländer ein Horizontaldruck von 80 kg für 1 m, angreifend in der Höhe des Geländerholmes; für den Winddruck eine Grenzbelastung mit 150 kg bei belasteter, mit 280 kg bei unbelasteter Brücke für 1 qm der vom Winde getroffenen Fläche. Die Baukosten für die Brücke mit beiderseitigen Auf- und Abfahrten, in allen Theilen für den Gebrauch fertig gestellt, einschliesslich aller Nebenanlagen und Nebenleistungen dürfen den Betrag von 3 110 000 M. nicht übersteigen. In diesem Betrage sind die Kosten der Bauleitung nicht einbegriffen.
Eingegangen waren 13 Entwürfe mit zusammen 311 Blatt Zeichnungen. Darunter zeigten 9 Entwürfe Bogenträger, 2 versteifte Hängeträger, einer Auslegeträger und einer Gewölbe.
Eine eingehende Kritik der Konstruktionen müssen wir uns versagen; denn einerseits bieten dieselben wohl mancherlei geschickte Lösungen, aber nichts besonderes Neues, andererseits ist eine solche, ohne dass man Einsicht in die Erläuterungsberichte nehmen kann, nicht möglich, da letztere für die richtige Beurtheilung der Arbeiten des Ingenieurs sehr schwer ins Gewicht fallen. Die statischen Berechnungen, die Kostenanschläge und die Erläuterungsberichte waren aber, aus welchen Gründen ist uns unerklärlich, von der Ausstellung der Entwürfe ausgeschlossen worden. Da ausserdem der Schwerpunkt der Aufgabe, wie es das Ergebniss beweist, in der architektonischen Lösung gelegen hat, so ist es wohl gerechtfertigt, wenn wir uns die Arbeiten dieses Wettbewerbs nur vom architektonischen Standpunkte näher betrachten.
An die künstlerische Gestaltung einer Brücke muss man eben so hohe Anforderungen stellen, wie an die irgend eines anderen monumentalen Bauwerkes. Findet man doch für eine Brücke theils vom Ufer, theils vom Strome aus, theils von den Zufahrtswegen her, theils von der Brücke selbst aus, viel günstigere Standpunkte, als beispielsweise für ein in einer Strassenflucht eingebautes Gebäude. Eine Brücke soll daher, sowohl aus weiter Entfernung betrachtet, als auch aus der Nähe für den Passanten eine möglichst günstige Wirkung geben.
Die Wormser Brücke wird infolge ihrer Lage und Grösse auf absehbare Zeit weniger im Stadtbilde, als im Bilde der ganzen weiten Flachlandschaft wesentlich mitsprechen, ja der Landschaft einen Charakter geben. Die Stadt liegt am linken Ufer des Rheins, einige hundert Meter von demselben entfernt, sie wird sich allerdings in nicht zu ferner Zeit nach dem Strome zu entwickeln. Das Worms gegenüberliegende rechte Ufer wird durch ein weites Wiesenland gebildet, welches gegen den Rhein hin durch den Küblinger Landdamm und ein 300 m breites Fluthgebiet abgeschlossen ist. Hier ist eine Bebauung vorläufig wohl nicht zu erwarten. Es war also die Aufgabe der Wettstreitenden, die Brücke geschickt in die Landschaft zu komponiren, was allerdings nicht ganz leicht war, da die ganze schmale, etwa 750 m lange Brücke eigentlich aus 3 Brücken besteht und zwar aus der linken Uferbrücke von rd. 150 m Länge, aus der eigentlichen Strombrücke von über 300 m Länge und der rechten, auch etwa 300 m langen Fluthbrücke. Die Aufgabe, diese drei Theile zu einem einheitlichen Ganzen zusammen zu schmieden und dabei alle anderen Bedingungen einzuhalten, haben mehre Verfasser in hervorragender Weise gelöst.
Der mit dem ersten Preise (10 000 M.) ausgezeichnete Entwurf mit dem Kennwort „Civitati Vangionum“, Verf. Gr. Brth. und Stdtbmstr. Karl Hofmann in Worms, die Maschinenbau-Aktienges. Nürnberg, Filiale Gustavsburg b. Mainz und Grün & Bilfinger in Mannheim, ist eine hochbedeutsame künstlerische Leistung. Die Verfasser überspannen den Rhein mit drei ungemein leichten Sichelbögen; die Uferflächen hingegen mit steinernen Stichbogen-Gewölben. Die auf der Dreitheilung beruhende Austheilung ist sehr harmonisch gelöst. Zunächst bilden drei grosse Stichbögen die Wormser Fluthbrücke; dann folgt der Glanzpunkt des ganzen Bauwerkes: der Wormser Uferpfeiler (s. d. Beilage u. Abb. S. 113). An einen mächtigen Thorthurm mit hohem stark profilirtem Portal schliesst sich nach Norden, stromabwärts durch den breiten Thorpfeiler geschützt, mittels eines grossen Bogens mit Wehrgang und einer malerischen Treppenanlage die zum Ufer führt, ein romanisches Gebäude. in schlichter aber schöner Architektur an. Dieses für die Aufnahme der Hafenbau-Verwaltung gedacht. Der Thorthurm ist mit dem eigentlichen Uferpfeiler durch einen Korbbogen verbunden, so dass der letztere als ein Vorkopf zu dem grossen Thurme erscheint. Diese Trennung ist durch die Unterführung einer Uferstrasse und einer zweigleisigen Uferbahn bedingt. Durch den fein empfundenen Wechsel in der Gewölbelinie wird der Zweck, den Vorkopf und den Thurm als ein Ganzes zur Wirkung zu bringen, vollständig erreicht. In der Ausführung würde diese prächtige burgartige Anlage viele reizvolle Bilder gewähren.
Die Brückenwärter sind geschickt untergebracht. Die drei Stromöffnungen von 95,1 m bezw. 106,3 m und 95,1 m Kämpferweite werden durch zwei Strompfeiler getrennt, welche durch Schutzhäuschen bekrönt sind, ähnlich wie die des Vorkopfes. Die Form der Strompfeiler erscheint uns nicht so glücklich gelungen, wie die andere Architektur. Der rechte Uferpfeiler trägt gleichfalls einen Thorthurm, welcher der geringeren Bedeutung dieses Ufers entsprechend, in bescheideneren Abmessungen gehalten ist, als der linke Uferpfeiler. Die Rosengartner Fluthbrücke ist in drei Theile von je 3 Steinbögen gegliedert, die Theilung wird durch 2 stärkere Pfeiler betont, welche wieder die Schutzhäuschen tragen. Auf diese Weise ist auch dem langen Rosengartner Viadukt mit wenig Mitteln ein künstlerisches Gepräge gegeben. –
Die Eisenkonstruktion steht nicht ganz auf der gleichen Höhe wie die Architektur, unter den anderen Entwürfen befinden sich zweifellos bessere Arbeiten. Sie bietet zwar mancherlei interessante Einzelheiten, müsste aber für die Ausführung umgearbeitet werden. Die Tiefbau-Konstruktionen fallen gegen die anderer Entwürfe noch mehr ab.
Den Sieg hat in diesem Wettkampfe ohne Frage der Architekt errungen. Was hat es aber für einen Sinn, wenn das Preisgericht die Schönheit der Architektur begeistert anerkennt und dann daran herumnörgelt, indem es darauf hinweist, „dass ein grosser Theil der verfügbaren Mittel für Aufbauten verwendet wird, welche hinsichtlich des Baues nur als Zugabe zu betrachten sind. Es dürfte sich empfehlen, die hohen Thurmbauten in maassvollere Grenzen zurückzuführen, zumal deren praktische Verwendung fraglich ist.“? Wie Simsons Kraft dahinschwand, als ihm das Haupthaar verschoren wurde, so geht auch die Schönheit einer solchen harmonischen Arbeit verloren, wenn an den Verhältnissen gerüttelt und geschüttelt wird, wenn die guten Gedanken verstümmelt oder weggestrichen werden. Was sollen denn die anderen Mitstreiter davon denken, wenn sie, die nicht mit einem so grossen idealen Maasstab gemessen haben, die den Wettkampf mehr als Submission auflassten und daher, um billiger zu sein wie die Konkurrenz, an der architektonischen Ausbildung sparten? Haben sie nicht Recht, wenn sie sich ungerecht behandelt fühlen, da sie ihre minder ideale Auffassung bestätigt finden?
Wir wünschen der Stadt Worms, dass der Entwurf ihres genialen Stadtbaumeisters so erstehen möge, wie er ihn gedichtet und gedacht hat, so stolz, so urwüchsig, so märchenhaft anklingend an die alte grosse Wormser Zeit, als Markstein einer neuen Entwicklung, als ein Beweis, dass in ihren Mauern grossdenkende, ihrer Vorfahren würdige Menschen leben, die ebenso wie jene bei ihren grossen Bauten die Schönheit zu würdigen wissen. –
Den II. Preis (6000 4) erhielt der Entwurf mit dem Kennwort „Worms-Rosengarten“, Verf. Prof. R. Krohn, Direktor der Brückenbau-Abth. der Gutehofinungshütte in Oberhausen, Privating. A. Schmoll von Eisenwerth in Darmstadt und Archit. Bruno Möhring in Berlin. Auch dieser Entwurf verdient hohes Lob. Die Verfasser haben auf eine grosse Ausstattung verzichtet und sind bestrebt gewesen, einen möglichst praktischen und soliden Entwurf zu liefern.
Der Strom sowohl wie die Ufer sind durch Eisenkonstruktion und zwar durch Zweigelenkbogen überspannt. Die Uferbrücken haben links 3 und rechts 6 Blechbogen von 30 bis 43 m Spannweite, Die Strombrücke zeigt 3 Bogen von 96,65 m, 107,11 m und 96,65 m Lichtweite. Das Durchflussprofil wird so wenig wie möglich eingeengt. Ueber die knapp bemessenen Pfeilerbreiten treten keinerlei Architekturgebilde hervor, Die Eisenkonstruktion ist elegant und straff, es sind vier Hauptträger nebeneinander angeordnet. Bei den Bogen der Fluthbrücken sind die Pfeilhöhen und die Spannweiten in annähernd gleiche Verhältnisse gebracht und die Kämpferpunkte in eine mit der Fahrbahn aufsteigende Linie gelegt. Durch diese Anordnung ist es gelungen, dem Ganzen ein ruhiges und harmonisches Aussehen zu geben. Hervorzuheben ist die Arbeit, des Tiefbauers; besonders interessant ist die Gründung der Uferpfeiler.
Architektonisch betont sind nur die Uferpfeiler, die grosse schöne Linie der Brückenbahn wird durch keinerlei kleinliche Aufbauten unterbrochen. Der Architekt ist bei Behandlung der Uferpfeiler mehr von malerischen als von strengen Gesichtspunkten ausgegangen. Er hat in der ziemlich reizlosen Landschaft durch Farbe wirken wollen, indem er neben dem rothen Sandstein Putzflächen nach dem in der Nähe liegenden Beispiele der Liebfrauenkirche und dem grossen neuen Lagerhaus anwendete. An den Wormser Uferpfeiler, der reicher behandelt ist als der Rosengartener, schmiegt sich auf der stromab gelegenen Seite eine Freitreppe an, welche etwa in Kämpferhöhe in den Thurm mündet und von dort aus innerhalb des Thurmes zur Brücke empor führt. Der stromaufwärts liegende Theil des Uferpfeilers ist als kräftiger Wehrthurm gedacht, in welchem die Brückenwärter-Wohnungen untergebracht sind. Der als Eisbrecher vorgezogene Sockel trägt ein kleines Gärtchen, ein malerischer Schmuck, durch welchen der Pfeiler bei Hochwasser als kleine Insel wirken würde. Zu beachten ist der Gedanke, die Uferpfeiler unsymmetrisch auszubilden. Der Verfasser betont den Pfeiler in seinem Verhältniss zum Strome, indem er diese Seite, welche dem Ansturme der Hochfluthen, des Eisganges und den Stössen von allerhand treibendem Gut zu trotzen hat, wuchtiger gestaltete, als die stromabwärts gelegene Seite, während die üblichen Portalaufbauten den Pfeiler nur in Beziehung zur Brückenbahn bringen.
Eine vorzügliche Eisenbrücke zeigt der Entwurf, der den ersten III. Preis (3000 M.) erhielt. Er trägt das Kennwort „Wonnegau“, Die Verfasser sind die Brückenbau-Gesellschaft Harkort in Duisburg, R. Schneider in Berlin und Prof. G. Frentzen in Aachen. Die 3 Bogen von 92,04, 106,2 und 92,04 m Stützweite sind elliptisch geformt. Es sind Zweigelenkbogen und zwar je 2 Hauptträger. Die beiden Fluthbrücken bestehen aus gewölbten Viadukten. Die halbkreisförmigen Gewölbe haben eine lichte Weite von 8-2 m. Den Verfassern haben augenscheinlich die römischen Aquädukte der Campagna vorgeschwebt, die in jener weiten Ebene so überaus malerisch wirken. Eine ähnliche Wirkung hätten sie gewiss auch hier erreicht, doch würde durch die vielen Pfeiler das Fluthprofil zu sehr eingeschränkt worden sein.
Die architektonische Auffassung ist einfach und der Bedeutung der Landschaft angepasst. Ein sehr schlichter und einfacher Thorbogen empfängt den vom rechten Ufer kommenden Wanderer auf dem Rosengartener Uferpfeiler, gut gelöste Schutzhäuschen auf den Strompfeilern laden ihn zur Ruhe ein. Durch ein grosses mittelalterliches Stadtthor, welches den linken Uferpfeiler bekrönt, gelangt er nach Worms. Die Verbindungstreppe nach dem Ufer ist nicht an den Uferpfeiler angeschlossen, sondern durch einen Bogen, der die Uferstrasse überbrückt, von demselben getrennt und als selbständiges Gebäude geplant. Die Tiefbauarbeiten dieses Entwurfes sind sehr solide und mit grosser Sorgfalt durchgearbeitet; für die Strompfeiler ist Pfahlrostgründung angenommen.
Den zweiten III. Preis (3000 M.) errang der Entwurf mit dem Kennwort „Gedenket des Alten, lebt mit dem Neuen“, Verfasser sind die Maschinenfabrik Esslinger (Obering. J. Kübler), A. Menzel in Elberfeld und Ludwigshafen und Architekt O. Rieth in Berlin.
Das Vorland ist wie der Strom auf beiden Seiten durch eiserne Bogen überspannt. Die Stromöffnungen haben Zweigelenkbogen mit versteiften Zwickeln von 99, 109 und 99 m Spannweite. Es sind fünf Hauptträger angeordnet. Die Architektur geht mit der Eisenkonstruktion sehr gut zusammen. Beide Ufer sind ganz gleichmässig ausgebildet, wodurch die Gesammtansicht etwas Strenges und Akademisches erhält. So schön die im Einzelnen ziemlich reiche Architektur auch ist, so will sie unseres Erachtens nicht recht zur Landschaft passen; sie wäre in einer Grosstadt am Platze bei einer Brücke, die zwei bedeutende Stadttheile mit einander verbindet. Die Strompfeiler tragen grosse dekorative Aufbauten und auch sämmtliche Fluthpfeiler sind durch Figuren oder Kandelaber-Aufbauten geschmückt. Die Ufertreppen sind in die Pfeiler gelegt in einer Anordnung, die mit dem Reichthum der ganzen Anlage nicht harmonirt. –
Höchst Interessant ist die Gestaltung und Formgebung des angekauften Entwurfs „XIX. Jahrhundert“, Verfasser Union-Dortmund, Ph. Holzmann & Co. in Frankfurt a.M. und Arch. Herm. Billing-Karlsruhe. Die Hauptöffnungen haben 96,5, 110 und 96,5 m Spannweite; es sind Blechbogen und zwar elastische Zweigelenkbogen mit lothrechten Fahrbahnstützen gewählt. Das rechte Ufer ist mit Blechbalken überspannt, auf dem linken Ufer sind Rundbogengewölbe angeordnet. Die Architektur hat etwas ungemein Vornehmes. Der Verfasser hat den etwa 3,7 m breiten Uferpfeiler mit einer Durchfahrt von 10 m lichter Weite durchbrochen. Der Uferpfeiler ist mit 4 Thürmen bekrönt, von denen die beiden kleineren, an der Strombrücke gelegenen, für die Aufnahme der Brückenwärter bestimmt sind. Diese Thürme sind durch je 3 Bogen mit 2 grösseren Thürmen verbunden, die durch einen grossen Bogen zu einem schönen Portal zusammengefasst sind. Unmittelbar daneben befinden sich auf beiden Seiten die reizvoll gestalteten Treppen. Diese ganze Anlage wirkt fast feierlich ernst. Der Architekt hat das Prinzip, möglichst durch Flächen zu wirken, auch auf die Eisenkonstruktion übertragen; infolge dessen erhält die Strombrücke einen ganz eigenartigen Charakter und geht mit der schweren romanischen Steinarchitektur sehr gut zusammen. –
Unter den angekauften Entwürfen befinden sich zwei Hängebrücken. Der von der Maschinenbau Aktien-Gesellschaft Nürnberg, Filiale Gustavsburg, Direktor A. Rieppel und von dem Architekten H. Pylipp in Nürnberg ausgearbeitete Entwurf mit dem Kennwort „Eisenkette“ ist eine ganz ausgezeichnete Ingenieurleistung. Die Architektur ist scheinbar absichtlich sehr bescheiden behandelt, sie ist in romanischen Formen gehalten, schlicht aber etwas trocken.
Künstlerisch steht der andere angekaufte Entwurf mit dem Kennwort „Hessen und bei Rhein“, Verfasser Ph. Holzmann & Co. (Ob.Ingenieur Lauter und Ingenieur Luck) in Frankfurt a. M., Maschinenbau-Aktien-Gesellschaft Nürnberg und Archit. Fr. von Hoven in Frankfurt a.M. höher.
Durch das Ganze geht ein grosser Zug, es ist ein Werk aus einem Gusse. Die drei Stromöffnungen werden durch eine versteifte Hängebrücke von 105, 110 und 105 m Stützweite überbrückt. Die Oeffnungen, die den Rückhaltsketten entsprechen, sind 32 m weit und durch Eisenkonstruktion überdeckt, die anderen Oeflnungen sind überwölbt.
Der höchst interessanten Ingenieurleistung, auf die wir leider nicht weiter eingehen können, steht eine glückliche Architektur zurseite, Sie ist in romanischer Formensprache gehalten, jedoch mit individueller Ausbildung. Die Tiefbauarbeiten dieses Entwurfes sind noch besonders zu loben.
Ein sehr bemerkenswerther Entwurf ist der mit dem Kennwort „Steinbau“, der die Hrn. Bauinsp. Krone in Stettin und Arch. Bodo Ebhardt in Grunewald-Berlin zu Verfassern hat. Der Entwurf ist infolge Krankheit des erstgenannten Verfassers nicht fertiggestellt und demnach auch nicht vom Preisgericht beurtheilt worden. Dass er aber dennoch eingereicht und so der Fachgenossenschaft bekannt wurde, ist im Interesse des bei dem Entwurfe vertretenen Prinzipes im höchsten Grade erfreulich. Das Prinzip ist in dem Kennwort „Steinbau“ bereits angedeutet. Die Verfasser haben den interessanten Versuch unternommen, die Hauptbögen der Brücke nicht in Eisen, sondern in Stein zu konstruiren, um so eine grössere Einheitlichkeit in der stilistischen Behandlung des ganzen Bauwerkes zu erzielen. Vorweg mag bemerkt werden, dass unserer Auffassung nach der Architekt bei der Ausbildung der Ufer- und Strompfeiler insofern einen störenden stilistischen Fehler begangen hat, als er die Unterbauten der Strom- und Uferpfeiler als Schiffskähne ausbildete und so dem einen leicht beweglichen Charakter gegeben hat, was doch fest gegründet sein sollte. Abgesehen aber von dieser, immerhin nicht sehr ins Gewicht fallenden Thatsache, ist der Entwurf eine sehr interessante Leistung, von der nur zu wünschen wäre, dass sie bald einmal irgendwo eine Nachahmung in wirklicher Ausführung erführe; man würde sich dann vielleicht mit Schrecken des Zwiespaltes bewusst, der bisher infolge falscher Gewöhnung bei unseren monumentalen Brücken geduldet wurde. Wem fiele nicht besonders in den Entwürfen der Hrn. Hofmann-Rieppel und Billing-Union der Zwiespalt zwischen den geschlossenen Massen der Architektur und dem losen Maschenwerk der Eisenkonstruktion auf und wer würde nach Betrachtung des Ebhardt-Krone’schen Entwurfes nicht die Ueberzeugung gewinnen, dass sich hier eine Einheitlichkeit herstellen liesse, die auch hinsichtlich der Kosten nicht erheblich über die Grenzen hinausgehen würde, welche eine Eisenkonstruktion zieht?
Die Verfasser begründen ihren Entwurf mit dem Hinweis, dass eine Gewölbekonstruktion innerhalb der Grenzen, in welchen dieselbe ausführbar ist, deshalb den Vorzug vor einer Brücke mit eisernem Oberbau verdiene, weil eine gewölbte Brücke, sachgemässe Ausführung und Verwendung guter Materialien vorausgesetzt, wie die noch bestehenden Römerbrücken beweisen, Jahrtausende überdauere, während man über die Dauer der eisernen Oberbauten noch zu wenig Erfahrung besitze; dieselbe könne selbst bei sorgfältigster Ausführung und Unterhaltung höchstens zu 70-80 Jahren geschätzt werden. Des weiter angeführten Beweggrundes der Einheitlichkeit wurde bereits gedacht.
Die Strombrücke hat 3 Oeffnungen von 96, 100 und 96 m Spannweite. Die Pfeilhöhen sind mit etwa 1/10 zu 9,6 und 10,6 m angenommen und so gewählt, dass der Horizontalschub in den 3 Oeffnungen gleich wird und die im Programm geforderte lichte Durchfahrtshöhe auf die bestimmte Breite erreicht wird. Gleicherweise sind auch die Fluthbrücken gewölbt.
Die Stärke der Gewölbe, die nach der Tolkmitt’schen Formel berechnet ist, ist im Scheitel zu 1,50 m, an den Kämpfern zu 1,70 m angenommen. Die Gewölbe erhalten Kämpfer- und Scheitelgelenke aus Stahl, sodass die Lage der Stützlinie genau bestimmt ist. Für die Brücke ist eine Bauzeit von rd. 3 Jahren angenommen. Die Kosten der gesammten Anlage sind ausschliesslich der künstlerischen Ausschmückung durch die Pfeileraufbauten, Kandelaber, der Treppenanlagen, der Brückenwärter-Häuschen zu 2 100 000 M. berechnet, eine Summe, welche die Kosten für eine entsprechende Eisenkonstruktion nicht oder nur unerheblich überschreiten würde und im Vergleich zu der von der ausschreibenden Behörde festgesetzten Bausumme noch einen ausreichenden Bruchtheil für die künstlerische Ausschmückung übrig lässt. –
Der Entwurf „Rheingold“ von dem Reg.-Bmstr. Nixdorf-Breslau und dem Arch. E. Marx-Dortmund ist eine lobenswerthe Arbeit. –
Die grossen Aufgaben, die unseren Ingenieuren und Architekten durch die öffentlichen Wettbewerbungen gestellt worden sind, haben einen kolossalen Aufwand von Arbeit erfordert. Das Ringen und Suchen nach dem Guten, Wahren und Schönen hat aber auch herrliche Früchte getragen, selbst für diejenigen, welche in dem heissen harten Kampfe keinen Lorbeer errungen haben. Der Segen der Arbeit liegt in ihrer erweiterten Erfahrung, in der Stählung der Kräfte und wird anderen Aufgaben zugute kommen.
Die grossen Wettkämpfe für Brückenbauten haben aber auch einen anderen nicht zu unterschätzenden Gewinn; sie haben den Brückenbau gewissermaassen populär gemacht, nicht nur die Fachgenossen haben diese Konkurrenzen mit regem Interesse verfolgt, sondern auch das grosse Publikum. In Erinnerung ist uns der Wettkampf um die künstlerische Gestaltung der grossen Weserbrücke in Bremen, an welcher die gesammte Bürgerschaft Bremens leidenschaftlichen Antheil nahm. Wir können es nur lebhaft begrüssen, wenn es uns gelingt, die Gleichgiltigkeit des Publikums zu überwinden. Wir erzwingen einen Kultur-Fortschritt, wenn wir den Grundsatz besiegen, das billigste sei das beste. Neben dem Praktischen müssen wir auch auf das Schöne sehen; wir müssen unserer Zeit Denkmale eines geläuterten Geschmacks setzen. Dass das letztere geschieht, das bewirken zumtheil unsere Öffentlichen Wettbewerbungen, bei welchen die tüchtigsten Männer ihre besten Kräfte einsetzen.
Wie störend eine hässliche Brücke in einer architektonischen Umgebung oder schönen Landschaft wirken kann, das zeigen als warnende Beispiele die Ringbahn-Brücke in Halensee und die Gröllwitzer Brücke über die Saale. Dieses schöne Stückchen Erde bei der alten Musenstadt Halle hat auch historische Bedeutung, wird viel besucht und ist oft besungen worden. Eichendorf hat sich hier zu den Versen begeistert:
„Es steht eine Burg überm Thale und schaut in den Strom hinein
Das ist die fröhliche Saale, das ist der Giebichenstein.
Dort hab ich oft gestanden
es grünten Thäler und Höhn
und seitdem in allen Landen
sah ich nimmer die Welt so schön.“
Würde er angesichts der neuen Brücke noch so singen?
Unser deutscher Rhein aber wird durch die in letzter Zeit geplanten neuen Brücken neue Reize und neuen Schmuck erhalten, und wir wollen hoffen, dass wie die Mainzer und die Bonner Brücke so anregend gewirkt haben, auch die Wormser Brücke ein leuchtendes Vorbild werden wird für ähnliche Bauten in deutschen Gauen. -y.
Im Anschluss an den vorstehenden Bericht erhält die „Deutsche Bauzeitung“ die folgende Aeusserung:
„Die in Ihrer Nummer vom 29. v. M. unter der Ueberschrift „Architektonisches aus dem Wettbewerb um eine Strassenbrücke über den Rhein bei Worms“ enthaltene Besprechung des mit dem ersten Preise gekrönten Entwurfes „Civitati Vangionum“ gipfelt in dem Satz: „Den Sieg hat in diesem Wettbewerb ohne Tage der Architekt errungen.“ Dieser Beurtheilung liegt eine Vorstellung über den Antheil des Architekten an der Lösung derartiger Aufgaben zugrunde, die gerade bei Gelegenheit des inrede stehenden Wettbewerbes oft ausgesprochen wurde, die aber nichtsdestoweniger so unrichtig und gegen die Ingenieure so unbillig ist, dass dies einmal öffentlich zum Ausdruck gebracht werden muss. Was würden die prächtigen T’horthürme des Entwurfes Civitati Vangionum für eine Wirkung ausüben in Verbindung mit einer unschönen Gesammtanordnung des Bauwerkes? Kann mit anderen Worten das Werk des Architekten allein den Sieg herbeiführen, wenn die Arbeit des Ingenieurs nicht mit demselben auf gleicher Höhe steht?
Denn die Gesammt- Anlage eines derartigen Bauwerkes kann immer nur das Werk des Ingenieurs sein. Der Architekt mag dem Auge wohlgefällige Formen der Ingenieurbauten zu zeichnen vermögen, aber es kann von ihm nicht vorausgesetzt werden, dass er auch die zugleich statisch richtigen entwerfe, worauf es doch allein ankommt. Das hierzu erforderliche Rüstzeug steht lediglich dem Ingenieur zur Verfügung und wenn dieser nicht zugleich selbst architektonisch zu empfinden vermag, so wird nicht leicht ein guter, d. h. zugleich schöner und richtiger Entwurf entstehen können. Selbst hinsichtlich der Ausbildung im einzelnen wird der Ingenieur vielfach in die Lage kommen, auf den Architekten einen beachtenswerthen Einfluss auszuüben.
Nicht anders ist es in dem vorliegenden Falle gegangen Nicht vom Architekten, sondern hauptsächlich vom Ingenieur rührt die Gesammt-Anlage her und da gerade der Entwurf als Ganzes vom Preisgericht als eine „ganz hervorragende Leistung“ bezeichnet wurde, so haben die Ingenieure wohl Anspruch darauf, dass ihnen ein Theil der Anerkennung zufalle, die in dem vorerwähnten Artikel einseitig blos dem Architekten zugesprochen wird.
Was nun die Durchbildung der Einzelheiten betrifft, so findet der Hr. Verfasser es für gut, sowohl den Entwurf des eisernen Ueberbaues, als namentlich denjenigen des Unterbaues zu tadeln, ohne es für nöthig zu erachten, diesem Tadel auch nur ein einziges Wort der Begründung beizufügen. Wir sind weit entfernt, uns gegen die Kritik zu verwahren, im Gegentheil werden wir eine sachliche und wohlbegründete Kritik stets mit Freuden begrüssen, weil sie nur förderlich wirken kann. Hier handelt es sich aber um ein Vorgehen, das selbst einer hoch über seinen Fachgenossen stehenden Autorität nicht anstehen würde. Uebrigens steht der Tadel in unmittelbarem Widerspruch mit dem Urtheil des Preisgerichtes, dessen auf den eisernen Ueberbau bezüglicher Theil wörtlich lautet:
„Die im einzelnen vorzüglich durchgebildete reife Konstruktion leidet an den zu geringen Höhen der Sichelträger, welche nach Ansicht des Preisgerichts recht fühlbare Schwankungen auf der Brücke zurfolge haben würden. Das Preisgericht war der Ansicht, dass für eine eventuelle Ausführung eine Vergrösserung der Bogenhöhe erstrebt werden solle, usw.“ Man wolle bemerken, dass hinsichtlich der Durchbiegungen kein absolutes Urtheil, sondern eine Ansicht ausgesprochen wird, über die verschiedene Meinungen möglich sind.
Wir waren uns schon bei der ersten Bestimmung der Bogenform aufgrund unserer langjährigen Erfahrungen über die zu erwartenden Einsenkungen völlig klar und fanden unsere Schätzungen durch einen Kräfteplan fast genau bestätigt, den wir den Wettbewerbsplänen beigaben. Diese uns von Anfang an bekannten Formänderungen haben uns nicht davon abhalten können, die Bogenform so zu gestalten, wie sie der Entwurf zeigt und wie wir sie für statisch völlig unbedenklich und für architektonisch erwünscht halten. Die Einsenkungen sind für die Konstruktion selbst völlig unschädlich, weil die dabei auftretenden Spannungen in der Rechnung berücksichtigt sind. Aber auch für das Publikum werden sie nicht störend wirken. Denn erfahrungsgemäss pflegen die vom Publikum als unangenehm empfundenen Schwankungen nicht von den Hauptträgern herzurühren, deren Bewegungen dazu viel zu allmählich sind, sondern sie sind meist die Folge geringer Höhen oder mangelhafter Aussteifung der Fahrbahnträger. Gerade die Fahrbahn ist aber im vorliegenden Falle vermöge ihrer besonderen Anordnung so steif, dass in dieser Hinsicht jede Befürchtung ausgeschlossen erscheint. Unseres Erachtens liegt daher kein Grund vor, mit Rücksicht auf die zu befürchtenden Schwankungen den Entwurf umzuarbeiten.Was der Hr. Verfasser an demselben sonst noch auszusetzen hat, wissen wir nicht. Uns scheint ein Haupterforderniss einer guten Konstruktion die thunlichste Vermeidung aller Nebenspannungen zu sein. Dieser Bedingung genügt von allen bei dem Wettbewerb eingereichten Entwürfen nur einer in gleich weitgehendem Maasse, wie die drei von uns bearbeiteten Entwürfe.
An der vorgeschlagenen Gründung hat das Preisgericht nichts auszusetzen gehabt. Wir wüssten auch nicht, was daran auszusetzen wäre. Die Methode ist nicht neu, sondern von uns selbst gerade in nächster Nähe von Worms mehrfach mit bestem Erfolge angewendet worden. Wir bezweifeln nicht, dass sie uns bei etwaiger Uebertragung der Ausführung auch diesmal sicher zum Ziele führen würde, was uns von einigen der von anderer Seite vorgeschlagenen Arbeitsvorgänge fraglich erscheint.Was endlich noch unsere Beurtheilung des Baugrundes betrifft, so sind wir die einzigen, die sich mit den Angaben des Programmes nicht begnügt, sondern auf eigene Hand Versuche angestellt haben, aufgrund deren wir eine bessere Kenntniss des Baugrundes besitzen, als irgend einer unserer Herren Mitbewerber.
Nach allem wären wir begierig zu wissen, auf was sich der mit dem Urtheil des Preisgerichtes in Widerspruch befindliche Tadel des Hrn. Verfassers gründet.
Maschinenbau-Aktiengesellschaft Nürnberg. Die Direktion: A. Rieppel. – Grün & Bilfinger. – Hofmann.“
Der vorstehenden Aeusserung gegenüber hat der Verfasser zu bemerken, dass es ihm durchaus fern gelegen hat, bei der Besprechung des Entwurfes „Civitati Vangionum“ die Verdienste des Ingenieurs zu unterdrücken, wie die Zuschrift annimmt.
Wird der Satz: „Den Sieg hat in diesem Wettbewerb ohne Frage der Architekt errungen“, einer unbefangenen Prüfung unterworfen, so wird man erkennen, dass mit demselben nicht nothwendigerweise die Verdienste des Ingenieurs von der Arbeit ausgeschlossen zu sein brauchen. Man wird diese Absicht umsomehr nicht annehmen können und dürfen, als in Sp. 1 S. 111 ausdrücklich bemerkt ist, dass den Rhein „drei ungemein leichte Sichelbögen“ überspannen und dass „die auf der Dreitheilung beruhende Austheilung sehr harmonisch gelöst sei“. Den Schlüssel für den angeführten Satz giebt die Bemerkung des Berichtes, dass die Eisenkonstruktion „nicht ganz auf der gleichen Höhe stehe, wie die Architektur“. Damit ist gesagt, dass der Architekt gegenüber der Eisenkonstruktion und gegenüber den anderen Entwürfen ein Plus mit in die Arbeit gebracht habe, und dass dieses Plus es gewesen sei, welches dem Entwurfe den Sieg erzwungen hat. Im übrigen kann doch auch auf die unbestreitbare T’hatsache hingewiesen werden, dass es für einen Zweck mehre „statisch richtigen Formen“ geben kann, die in ihrer Linienführung oft Schönheiten oder Hässlichkeiten zeigen, für deren Unterscheidung das Auge des Ingenieurs, der oft auf einen glücklichen rechnerischen Abschluss mehr Werth legt (unter Umständen mit Recht), als auf eine schöne Form, der nöthigen Unbefangenheit entbehrt. Hier hat der Architekt einzugreifen und es ist aus manchen Entwürfen der inrede stehenden Konkurrenz bekannt, dass dieser Vorgang thatsächlich stattgefunden hat. Ob und inwieweit er auch bei dem Entwurfe „Civitati Vangionum“ beobachtet worden ist, entzieht sich unserer Kenntniss. Jedenfalls aber hat es, um das zu wiederholen, dem Verfasser fern gelegen, durch den genannten Satz die Verdienste des Ingenieurs bei der schönen Arbeit ausschliessen zu wollen.
Wenn der Verfasser ferner sein Urtheil über die Ingenieurarbeit im Einzelnen, das übrigens bereits in der angeführten Stelle des Protokolls eine Begründung erfahren hat, nicht begründet, so geschah es, weil die dem Berichte durch seine Ueberschrift gesteckten Grenzen dies nicht erlaubt hätten, ohne gegen die übrigen Arbeiten in dem Ausmaasse der Besprechung ungerecht zu werden. Auch bei dieser Besprechung ist sich der Verfasser wohl bewusst, lediglich von objektiven Erwägungen geleitet gewesen zu sein. Dasselbe ist bei der Besprechung der Gründung der Fall. Hier steht zunächst Meinung gegen Meinung. Um den hieraus sich ergebenden Gegensatz aufzuklären, würde es weiterer Ausführungen und der Beigabe von Zeichnungen bedürfen, was nicht in dem ursprünglichen Plan der Besprechung liegt. Der Verfasser bittet aber anzunehmen, dass nur seine aufrichtige Meinung in die Ausführungen des Berichtes geflossen ist. Ist diese aber nicht unfehlbar, sondern anfechtbar, so ist sie es, ohne damit die Annahme der vorstehenden Aeusserungen bestätigen zu wollen, weil sie auch nur menschlich ist.
Diese Artikelreihe erschien zuerst am 9.02., 14.03. & 21.03.1896 in der Deutsche Bauzeitung, sie war gekennzeichnet mit “-y.”