Die neue Hauptmarkthalle in Dresden

Dresden besitzt zurzeit 2 Markthallen, diejenige auf dem Antonsplatz – für Kleinhandel – und die Hauptmarkthalle an der Weisseritzstrasse; in der nächsten Zeit sollen noch 2 Bezirks-Markthallen erbaut werden, die eine in der Neustadt an der Ritterstrasse, die andere in der Johann-Vorstadt zwischen Elisen- und Wintergartenstrasse,

Die erst vor kurzem dem Betrieb übergebene Hauptmarkthalle ist an einer Haupt-Verkehrsstrasse, nur 900 m vom Haupt-Verkehrsmittelpunkt, dem Postplatz, entfernt und an der Verbindungsbahn Altstadt-Neustadt unmittelbar neben der Haltestelle „Wettinerstrasse“ gelegen (s. umst. Lageplan). Der Bauplatz war 10 300 qm gross, das Gebäude bedeckt eine Fläche von 9600 qm.

Dies ist ein historischer Text, welcher nicht geändert wurde, um seine Authentizität nicht zu gefährden. Bitte beachten Sie, dass z. B. technische, wissenschaftliche oder juristische Aussagen überholt sein können. Farbige Bilder sind i. d. R. Beispielbilder oder nachcolorierte Bilder, welche ursprünglich in schwarz/weiß vorlagen. Bei diesen Bildern kann nicht von einer historisch korrekten Farbechtheit ausgegangen werden. Darüber hinaus gibt der Artikel die Sprache seiner Zeit wieder, unabhängig davon, ob diese heute als politisch oder inhaltlich korrekt eingestuft würde. Lokalgeschichte.de gibt die Texte (zu denen i. d. R. auch die Bildunterschriften gehören) unverändert wieder. Das bedeutet jedoch nicht, dass die darin erklärten Aussagen oder Ausdruckweisen von Lokalgeschichte.de inhaltlich geteilt werden.

Die Halle hat Eisenbahnverbindung und verfügt über 2 Gleise, ein rd. 190 m langes Abstellgleis ausserhalb der Halle und ein 150 m langes Gleis in derselben.

Lageplan

Das ganze Gebäude ist unterkellert. Zur Sicherung gegen um sich greifendes Feuer ist der Keller durch Brandmauern in 3 Abtheilungen getrennt. Jede derselben hat besondere Zugänge und Aufzüge, sodass der unmittelbare Verkehr von einer Abtheilung zur anderen entbehrt werden kann.

Grundriss

Der Hallenraum wird in seiner Längsrichtung von einer Fahrstrasse und annähernd rechtwinklig zu derselben von zwei Querstrassen durchschnitten, um welche sich die Standinseln gruppiren; ausserdem ist, von der Hauptdurchfahrt abzweigend, eine weitere Fahrstrasse an dem Eisenbahngleis im Innern der Halle entlang geführt, welche das Umladen der Markthallengüter aus den Eisenbahnwaggons auf die Rollwagen ermöglicht. Das genannte Gleis ist mit einer Gleisbrückenwage versehen; auch ist auf den späteren Einbau einer Schiebebühne Bedacht genommen worden, um im Falle starken Eisenbahngüter-Verkehrs mit Umgehung der Weichen ein Auswechseln der Waggons vom Innen- nach dem Aussengleis vornehmen zu können.

Die Halle besitzt 5 Eingänge, unmittelbar neben denselben sind die Aborte und die unmittelbaren Zugänge zu den Kellerräumen angeordnet.

Die neue Hauptmarkhalle in Dresden

Die Schankwirthschaftsräume, an der gebrochenen Ecke der Schäfer- und der Weisseritzstrasse gelegen, sind sowohl von der Strasse als auch von der Halle aus zugänglich. Die hierzu gehörigen Küchen, Vorraths- und Wohnräume sind über den Restaurationsräumen in einem Zwischengeschoss gelegen, während die ursprünglich für die Produktenbörse bestimmten umfangreichen Räume im Obergeschoss des vorbezeichneten Eckbaues für städtische Verwaltungszwecke verfügbar gehalten werden.

Die Expeditionsräume für die Eisenbahnverwaltung liegen an der Jahnstrasse unmittelbar neben der Einfahrt der Eisenbahn in die Halle, weil von hier aus die Zufuhr der Waaren eisenbahnseitig überwacht und der Rangirdienst geleitet werden muss; an diese Räume schliesst sich ein Eisenbahn-Güterboden an, welcher gegen die Halle nur durch Drahtvergitterung abgeschlossen und dazu bestimmt ist, die vom Adressaten noch nicht übernommenen Stückgüter bis zur Abfertigung aufzubewahren. Mit diesem Güterboden steht eine kleinere Kellerabtheilung in Verbindung, zur Ablagerung solcher Stückgüter bestimmt, welche leicht verderben.

Portalbauten

Am nördlichen Ende des Gebäudes ist eine grössere Kühl- und Gefrier-Anlage einzubauen geplant und in der Ausführung begriffen, deren Maschinenraum zu ebener Erde, deren Kühlräume aber im Keller gelegen sind. Die letzten bedecken eine Grundfläche von 1550 qm. Die Kälte-Erzeugung erfolgt nach dem bewährten System Linde. Zum Betrieb der Maschinen werden 5 Elektromotoren von 4-80 Pferdekraft aufgestellt, die elektrische Energie wird von dem benachbarten städtischen Lichtwerk abgegeben, Die Beleuchtung des Gebäudes erfolgt durch 67 Bogen- und annähernd 500 Glühlampen.

Das Tageslicht erhält die Halle durch die in einer durchschnittlichen Höhe von 7,5 m über dem Fussboden angeordneten, auf eisernen Säulen ruhenden Sheddächer, Ueber den Fahrstrassen erheben sich, gleichfalls von eisernen Säulen und ebensolchen Bogenbindern getragene Satteldächer, welche die Sheds um 5 m überragend, zwar ebenfalls zur Erhellung des Halleninnern beitragen, hauptsächlich aber zur Lüftung der Halle bestimmt sind. Durch einen einfachen Mechanismus, aus Kurbel mit Schneckenantrieb, Seil und liegender Welle bestehend, können die in etwa 11 m Höhe befindlichen Ventilationsflügel mittels Kniehebel um eine wagrechte Axe gedreht und so vom Hallenfussboden aus geöffnet und geschlossen werden.

Die Abfallstoffe von sämmtlichen Aborten werden durch ein besonderes Schleussensystem ausserhalb des Gebäudes einer an der Weisseritzstrasse angeordneten Desinfektionsgrube zugeführt, welche mit der städtischen Hauptschleusse verbunden ist. Zur Abführung des bei andauernden Elbhochfluthen etwa in die Keller eintretenden Grundwassers und zur Spülung der letzten ist eine zweite Schleussenanlage in der über die ganze Baufläche geschlagenen 1,25 m starken Betonsohle hergestellt worden, welche um Schleussenstauwasser abzuhalten, am unteren Ende verschliessbar gemacht und mit Ueberpump-Vorrichtungen versehen worden ist. Um aber in solchem Falle nicht an der Benutzung der in der Markthalle selbst vorhandenen Wasserleitungs- und Spüleinrichtungen behindert zu werden, ist ein drittes Schleussennetz, in Gusseisenrohren ausgeführt, an dem Kellergewölbe angebracht worden, welches infolge seiner Höhenlage von dem Wasserstand der Elbe unabhängig bleibt.

Gesammt-Ansicht

Die Umfassungen des Gebäudes in einer Gesammtausdehnung von 440 m sind in reiner Arbeit, Granit (Sockel bis 2,70 m hoch), Sandstein und schlesischen Verblendern ausgeführt; die Innenwandungen sind zumtheil mit gelben, zumtheil mit weissglasirten Verblendern verkleidet, die Standeinrichtungen sind in der üblichen Weise in Schmiedeisen ausgeführt worden.

Die Baukosten einschliesslich derjenigen für die Ausstattung und die vollständige Kühl- und Gefrieranlage betragen nach dem Anschlage 1385 000 M., von welcher Summe bei der Ausführung etwa noch 20 000 M. erspart werden, sodass 1 qm bebaute Fläche sich auf nur 142 M. stellt. An Bauzeit waren 2 ½ Jahre erforderlich.

Dresden, im Febr. 1896. Stadtbaurath Bräter.

Dieser Artikel erschien zuerst am 28.03.1896 in der Deutsche Bauzeitung.